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Heute beim frühen Morgenspaziergang

Heute beim frühen Morgenspaziergang
Heute beim frühen Morgenspaziergang

Unterwegs fallen mir die Kühe auf. Sie sind in dieser Frühe auch schon beim Frühstücken. Aber auf der ziemlich abgegrasten Wiese grasen sie ungewöhnlich weit verstreut. Ich frage mich: Futterneid? Will keine Kuh zusehen müssen, wie ihr eine andere vom knappen Futter noch etwas wegfrisst?

Später die 2 Gänse und 20 Hühner einsam am Wald. In einem Gatter mit dichtem Elektrozaun. Der große Hund lebt immer noch mit ihnen – als Hütehund gegen Fuchs und womöglich auch gegen Wolf. Ein Wolf wurde schon einmal in der Gegend gesehen. Neulich war dem Hund langweilig, und er hat mit offensichtlicher Lust die Hühner gejagt, und ihr Flattern hat ihn wohl begeistert. Aber er hat ihnen nichts getan. Dieses Mal bin ich dran. Er verbellt mich – vielleicht auch mit Begeisterung. Auf gutes Zureden reagiert er jedenfalls nicht. Aber er tut mir sonst auch nichts.

Eine Kapelle ist mein Ziel mit grandiosem Ausblick. Daneben Bänke. Und dort setze ich mich. Im Gras davor aber zwei riesige leere Plastikflaschen und eine zertretene Limonadendose. Ich ärgere mich und denke: Hoffentlich hält ihnen Gott einmal die Schändung dieses Ortes vor! Aber dann habe wie eine Eingebung die Worte von Jesus im Kopf: „Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Hm. Hm. Aber plötzlich ist mir etwas leichter.

Auf dem Rückweg blökt ein ganz, ganz junges Kalb nach seiner Mutter. Es kommt mir auf der anderen Seite des Zaunes etwas ungelenk entgegen. Seine Nabelschnur hängt noch vom Bauch herab. Ich spreche es an. Es schaut mich an. Und während ich tröstend auf es einrede, wendet es nie den Blick ab und schaut mich unverwandt an. Ich habe ein Gefühl von Nähe so von Kreatur zu Kreatur. Aber ich habe keine Milch für das Kälbchen. Ich lasse es dann seine wohl etwas lieblose Mutter weiter suchen und denke: Auch ein Tier muss manchmal in seinem Leben frühe Härten erdulden.

Danach komme ich an einem riesigen Schlepper vorbei. Ich sehe eine verknuddelte Unterlage auf dem Fahrersitz. Ein Stück weiter noch so ein Trumm von Schlepper. Hier ist der Fahrersitz vorn ein Stück durchwetzt. Warum solche Nachlässigkeiten? Dann dämmert mir: Inmitten dieser Unmenge von Stahl und zwischen riesigen Gummireifen fühlt sich das Leben auf gut eingewohnten Sitzen wohl etwas heimeliger an.

Und dann etwas später noch einmal die vier auffälligen weißen kleinen Sandsäcke zwischen Gully und der Treppe, die abwärts zum Haus führt. Ja, bei einem der letzten Gewitter hat man hier wohl ein paar hässliche Erfahrungen gemacht. So ist das Leben eben.

Kommentare

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RolfK 02.07.2022 09:45
Übrigens:
Die Marienkapelle wurde um 1840 von einer Bauersfrau errichtet. Sie hatte in den zwei Jahren davor ihren Mann und ihre sieben Söhne verloren. Etwas später hat sie noch eine Glocke für die Dorfkirche gespendet.
Was für ein Glaube!
 
dub 02.07.2022 10:02
Hast du die Flaschen mitgenommen um sie zu entsorgen🌈🙂
 
(Nutzer gelöscht) 02.07.2022 12:05
Bullerbü, Michel, Pippi Langstrumpf....die begleiteten auch meine Kindheit...habe mich immer darauf gefreut. Mir tun die Kinder heutzutage manchmal Leid, was da für ein Quatsch im TV kommt. Darf ich den Autor fragen, inwiefern ein abgewetzter Sitz eine Nachlässigkeit ist?
 
(Nutzer gelöscht) 02.07.2022 12:54
Lieber @ Rolf, ein schönes Stimmungsbild von deinem frühen Morgenspaziergang. Danke, dass du uns mitgenommen hast! 
 
RolfK 02.07.2022 15:46
Ach, da hat sich schon Antwortbedarf aufgestaut:

dub,
gute Idee, nächstes Mal lege ich noch ein paar leere Plastikflaschen dazu ....

soloconjesus,
bei normalen deutschen Autobesitzern ist es so, dass möglichst alles tiptop sein soll. Bei denen wäre ein abgewetzter Sitz undenkbar.
In der Landwirtschaft ist man zum Glück großzügiger und sieht über Benutzungsspuren hinweg. Und du hast recht: Da erlebt man das nicht als Nachlässigkeit, sondern da steht die Gebrauchsfähigkeit absolut im Vordergrund.
 
RolfK 02.07.2022 15:54
Ich bin auf dem Land aufgewachsen mit Verwandtschaft im landwirtschaftlichen Sektor.
Und ich genieße es, ich im Alter wieder Viecher um mich zu haben: Einen krähenden Hahn beim Nachbarn, weiter hinter in Sichtweite Kühe auf der Weide, oder auf der Hauswiese sind auch schon Störche bei der Futtersuche gelandet.

Es ist allerdings nicht mehr ganz Bullerbüh, wenn so ein Riesentraktor mit entsprechendem Geräuschpegel und drei Meter breitem Mähwerk sich des hohen Grases auf der Wiese annimmt.
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