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„Ziel ist Vollkommenheit“

„Ziel ist Vollkommenheit“
„Ziel ist Vollkommenheit“

Fortsetzung:

Geschickte Segelbootfahrer können auch gegen den Wind kreuzen, zwar langsam und mühevoll, aber doch dabei vorankommend. Wer aber die Sprache des Windes versteht und mit dem Ruder umgehen kann, wird besser vorankommen. Wir kennen die Zielsetzungen Gottes. In dem Maße, in dem wir unsere geistigen, seelischen und körperlichen Fähigkeiten auf die Wünsche und Zielsetzungen Gottes einstimmen und ausrichten, können wir auch die Kräfte des Geistes voll nutzen und schneller vorankommen.

Viele werden an dieser Stelle fragen, warum sie dies persönlich und auch in ihrer Umgebung so wenig erlebt haben, warum immer alles so mühevoll und anstrengend ist, warum sie nach ihrer Bekehrung so wenig „Wind“ im Rücken hatten, warum die Gemeinschaft, in der sie stehen, so träge ist und oft mehr hemmt als entfaltet. Hierfür gibt es sicher viele Gründe. Ein bedeutsamer Grund liegt darin, daß der Heilige Geist, der uns auf den göttlichen Kurs bringt, kein Poltergeist ist. Er lärmt nicht, sondern er ist leise und nur dem Hörenden wahrnehmbar. Er setzt sich nicht durch, sondern er bittet und ermahnt. Er erleuchtet und wartet auf unsere Bereitschaft, dem Licht zu folgen und im Licht zu leben. Er kehrt dort ein, wo man ihm die Tür öffnet. Er füllt das Gefäß, das wir ihm bereitstellen. Er besetzt die Wohnung, die wir ihm einrichten.

Was bedeutet diese Erkenntnis für die Praxis unseres Lebens im einzelnen und in der Gemeinschaft? Viele betrachten sich und ihr Leben als unabänderliche Gegebenheit. Sie stellen sich ständig selbst in Frage und entdecken deshalb auch nicht die verborgenen Schätze und Möglichkeiten ihres Lebens. Sie entschuldigen sich mit der Bemerkung: „Ich bin eben so, und die anderen müssen mich so nehmen, wie ich bin“. Sie werden durch die Verkündigung dazu angeregt, über ihre Sünden und Fehler nachzudenken, nicht aber über ihre Begabungen und Aufgaben. Unsere Gemeinschaften bieten nur sehr wenig originelle Einsatz- und  Entfaltungsmöglichkeiten. Die üblichen innergemeindlichen Rollen sind alle besetzt oder nicht passend, und um neue zu entdecken, fehlt die Phantasie und Beweglichkeit. Viele Werke und Bewegungen sind ein Beweis dafür, daß innerhalb der Kirchen und Gemeinden keine entsprechende Möglichkeit zur Entfaltung vorhanden war.

Im Neuen Testament entdecken wir, in wunderbarer Weise neue Aufgaben und Probleme durch eine neue Berufung bewältigt werden (Apg. 6) ,

So seht euch nun um, Brüder, nach sieben Männern unter euch, von ⟨gutem⟩ Zeugnis, voll Geist und Weisheit, die wir über diese Aufgabe setzen wollen!
Wir aber werden im Gebet und im Dienst des Wortes verharren.

Und die Rede gefiel der ganzen Menge; und sie erwählten Stephanus, einen Mann voll Glaubens und Heiligen Geistes, und Philippus und Prochorus und Nikanor und Timon und Parmenas und Nikolaus, einen Proselyten aus Antiochia. (Apg 6:2-5, Elb)

andererseits wie Begabungen frei werden, damit sie sich an entsprechenden Aufgaben bewähren können (Apg. 13). Die Arbeit des Nachdenkens, welche Gaben und Möglichkeiten mit jedem neuen Glied der Gemeinde geschenkt werden, sollte uns in den Gemeinden und Gemeinschaften mehr beschäftigen. Auch die Beobachtung der Welt, in der wir leben, erfordert eine solche Denkarbeit.

Es ist hilfreich, einmal allein oder im Gespräch mit einem entsprechend begabten Menschen darüber nachzudenken, wie wir sein wollen und wie wir von Gott her sein sollen. Je genauer wir uns dieses Bild vorstellen und die Details durchdenken, desto besser können wir uns dann auch in die Rolle einüben. Am besten frage ich mich: wie soll ich mich z. B. in dieser oder jener Situation verhalten? Wie möchte Gott, daß ich auf meinem Nächsten und meine weitere Umgebung wirke? Wer dies tut, macht sich nicht etwas vor im Sinne eines Schauspielers, der seine Rolle nach der Aufführung wieder ablegt, sondern er wird sich immer mehr mit der ihm zugemessenen Rolle identifizieren, bis er ganz und gar mit ihr verwachsen ist und sie nicht mehr nur „spielt“.

Täglich gibt es Gelegenheit zur Bewältigung und zum Versagen. Jeder hat seine schwachen Stellen, an denen er immer wieder in denselben Fehler verfällt. Jeder kennt Menschen, auf die er ständig negativ reagiert, oder erlebt Situationen, in denen er heftig wird und aus der Rolle fällt. Es hat keinen Zweck, sich durch Selbstmitleid oder Selbstverteidigung aus der Affäre zu ziehen. Täglich haben wir die Chance, unsere Rolle einzuüben. Gute Vorsätze und heilige Entschlüsse helfen dabei weniger als das sorgfältige Nachdenken darüber, wie sich die Panne jeweils abgespielt hat, an welcher Stelle ich falsch reagiert und warum; wo ich mich überrumpeln ließ, wo meine Haltung den anderen gereizt oder enttäuscht hat. Nun spiele ich in Gedanken die selbe Situation positiv durch: Wie verhalte ich mich richtig, welche Impulse hat mir Gottes Geist gegeben, auf die ich aber in der Hitze des Geschehens nicht achtete? Wo hätte ich schweigen, wann reden, an welcher Stelle freundlich und geduldig oder klar und entschieden reagieren müssen?


(Wilhard Becker, „Diktiert von der Freude“, 1970)

Kommentare

 
(Nutzer gelöscht) 28.01.2022 14:24
https://youtu.be/oXsjCTWsgdY
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