Katholische Frauen im NS-Widerstand:
08.11.2021 07:31
Katholische Frauen im NS-Widerstand:
08.11.2021 07:31
Katholische Frauen im NS-Widerstand:
Warum Eva Maria Buch, Gertrud Jaffe und Maria Terwiel sterben mussten
Bernhard Lichtenberg, Max Josef Metzger – ihre Namen sind in der katholischen Kirche bekannt: Männer, die in der NS-Zeit ermordet wurden wegen ihres Glaubens. Frauen gab es auch. Von ihnen ist allerdings selten die Rede.
Sie tippte in der Nazizeit die Predigten des Münsteraner Bischofs von Galen gegen die Euthanasiemorde – und bezahlte das mit ihrem Leben: Maria Terwiel, hingerichtet mit 33 Jahren am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee. Zusammen mit ihrem Verlobten, dem evangelischen Zahnarzt Helmut Himpel, bei dem der Schauspieler Heinz Rühmann in Behandlung war, versorgte sie untergetauchte Juden mit Lebensmitteln – obwohl sie das zusätzlich in Gefahr brachte: Nach der Rassenideologie der Nazis galt Terwiel als "Halbjüdin"; denn ihre Mutter, die 1909 katholisch geworden war, entstammte einer jüdischen Familie.
Es sind katholische Frauen wie diese, die wegen ihres Widerstands gegen die Nazis starben, und die dennoch weitgehend unbekannt geblieben sind. "Dies ist ein Bereich, der in der Tat von der Kirche vernachlässigt wurde. Wahrgenommen wurden in erster Linie die Männer und in zweiter Linie die Frauen. Sie wurden nicht ganz verschwiegen, aber es wurde zu wenig auf sie geachtet", bestätigt Pfarrer Lutz Nehk, Beauftragter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit des Erzbistums Berlin. Die heilig gesprochene Ordensfrau Edith Stein, die wegen ihrer jüdischen Wurzeln verfolgt und 1942 im KZ Auschwitz ermordet wurde, sei eine Ausnahme.
Priester bekommen mehr Aufmerksamkeit
Der ehemalige Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg hat seinen eigenen Gedenktag – den 5. November, an dem es im Erzbistum Berlin regelmäßig Wallfahrten und Gottesdienste zum Gedenken an ihn gibt. Er wurde 1996 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen und damit zum Vorbild des Glaubens erhoben. Den anderen "Märtyrern des Berliner Erzbistums" gedenkt die Kirche allgemein am 8. November – dazu gehören auch die Frauen. "Priester, die gegen die Nazis engagiert waren, bekommen von der Kirche mehr Aufmerksamkeit. Und es gibt auch viele männliche Laien, die herausgestellt wurden. Aber Frauen eben leider nur wenige", räumt Nehk ein.
Ein Grund dafür sei auch, dass es weniger Frauen als Männer im Widerstand gab. "In Plötzensee wurden etwa 20.000 Menschen hingerichtet, darunter 300 Frauen", sagt Nehk. Dies spiegle auch die damalige gesellschaftliche Ordnung wider, bei der Frauen eher im Hintergrund wirkten. "Bei der Widerstandsgruppe des 20. Juli etwa hatten sich Mitglieder des Militärs zusammengeschlossen. Da gab es keine Frauen."
Frauen, die sich in die Politik einmischen, passten nicht in die Zeit. Hitler hatte betont: "Die Frau hat die Aufgabe, schön zu sein und Kinder zur Welt zu bringen." Dieses Weltbild war mit dem Ende der Nazi-Zeit nicht einfach verschwunden. Für die Frauen von hingerichteten Widerstandskämpfern ging "ihr Martyrium" nach 1945 weiter, so Nehk: Sie wurden als "Verräterfrauen, ihre Kinder als Verräterkinder verunglimpft. Die Bundesrepublik hat sie zunächst nicht gut behandelt. Es gab keinen finanziellen Ausgleich."
Umso bemerkenswerter, dass es Frauen gab, die nicht nur Mitwisserinnen waren, sondern sich politisch ganz bewusst gegen die Nazis stellten. Etwa Eva Maria Buch, die 1942 mit 22 Jahren hingerichtet wurde, weil sie Mitglied der von den Nazis "Rote Kapelle" genannten Widerstandsgruppe war. Als sie vor Gericht gefragt wurde, warum sie nicht die Mitangeklagten angezeigt habe, antwortete sie: "Dann wäre ich ja so niederträchtig und verdorben, wie Sie mich hinstellen wollen." In der Urteilsbegründung wurde ihr daraufhin "die Verschlagenheit einer Katholikin und die Staatsfeindlichkeit einer Kommunistin" vorgeworfen.
Aktuell kein Seligsprechungsverfahren
Auch Gertrud Jaffe gehört zu den vergessenen Gegnerinnen, die im KZ Stutthof mit 41 Jahren starb. Sie entstammte einer jüdischen Familie und wurde 1936 getauft. Kurz nach den Novemberpogromen 1938 nahm sie Kontakt mit dem "Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin" auf und bemühte sich besonders um die Rettung jüdischer Kinder ins Ausland.
Mittlerweile gibt es Stolpersteine, die an die Frauen erinnern; vereinzelt werden auch Straßen nach ihnen benannt. Grundsätzlich bestehe aber Nachholbedarf, sagt Pfarrer Nehk. "Es gibt im Vatikan aktuell kein Seligsprechungsverfahren für katholische Frauen aus dem deutschen Widerstand", bedauert er.
Von Nina Schmedding (KNA)
Bernhard Lichtenberg, Max Josef Metzger – ihre Namen sind in der katholischen Kirche bekannt: Männer, die in der NS-Zeit ermordet wurden wegen ihres Glaubens. Frauen gab es auch. Von ihnen ist allerdings selten die Rede.
Sie tippte in der Nazizeit die Predigten des Münsteraner Bischofs von Galen gegen die Euthanasiemorde – und bezahlte das mit ihrem Leben: Maria Terwiel, hingerichtet mit 33 Jahren am 5. August 1943 in Berlin-Plötzensee. Zusammen mit ihrem Verlobten, dem evangelischen Zahnarzt Helmut Himpel, bei dem der Schauspieler Heinz Rühmann in Behandlung war, versorgte sie untergetauchte Juden mit Lebensmitteln – obwohl sie das zusätzlich in Gefahr brachte: Nach der Rassenideologie der Nazis galt Terwiel als "Halbjüdin"; denn ihre Mutter, die 1909 katholisch geworden war, entstammte einer jüdischen Familie.
Es sind katholische Frauen wie diese, die wegen ihres Widerstands gegen die Nazis starben, und die dennoch weitgehend unbekannt geblieben sind. "Dies ist ein Bereich, der in der Tat von der Kirche vernachlässigt wurde. Wahrgenommen wurden in erster Linie die Männer und in zweiter Linie die Frauen. Sie wurden nicht ganz verschwiegen, aber es wurde zu wenig auf sie geachtet", bestätigt Pfarrer Lutz Nehk, Beauftragter für Erinnerungskultur und Gedenkstättenarbeit des Erzbistums Berlin. Die heilig gesprochene Ordensfrau Edith Stein, die wegen ihrer jüdischen Wurzeln verfolgt und 1942 im KZ Auschwitz ermordet wurde, sei eine Ausnahme.
Priester bekommen mehr Aufmerksamkeit
Der ehemalige Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg hat seinen eigenen Gedenktag – den 5. November, an dem es im Erzbistum Berlin regelmäßig Wallfahrten und Gottesdienste zum Gedenken an ihn gibt. Er wurde 1996 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen und damit zum Vorbild des Glaubens erhoben. Den anderen "Märtyrern des Berliner Erzbistums" gedenkt die Kirche allgemein am 8. November – dazu gehören auch die Frauen. "Priester, die gegen die Nazis engagiert waren, bekommen von der Kirche mehr Aufmerksamkeit. Und es gibt auch viele männliche Laien, die herausgestellt wurden. Aber Frauen eben leider nur wenige", räumt Nehk ein.
Ein Grund dafür sei auch, dass es weniger Frauen als Männer im Widerstand gab. "In Plötzensee wurden etwa 20.000 Menschen hingerichtet, darunter 300 Frauen", sagt Nehk. Dies spiegle auch die damalige gesellschaftliche Ordnung wider, bei der Frauen eher im Hintergrund wirkten. "Bei der Widerstandsgruppe des 20. Juli etwa hatten sich Mitglieder des Militärs zusammengeschlossen. Da gab es keine Frauen."
Frauen, die sich in die Politik einmischen, passten nicht in die Zeit. Hitler hatte betont: "Die Frau hat die Aufgabe, schön zu sein und Kinder zur Welt zu bringen." Dieses Weltbild war mit dem Ende der Nazi-Zeit nicht einfach verschwunden. Für die Frauen von hingerichteten Widerstandskämpfern ging "ihr Martyrium" nach 1945 weiter, so Nehk: Sie wurden als "Verräterfrauen, ihre Kinder als Verräterkinder verunglimpft. Die Bundesrepublik hat sie zunächst nicht gut behandelt. Es gab keinen finanziellen Ausgleich."
Umso bemerkenswerter, dass es Frauen gab, die nicht nur Mitwisserinnen waren, sondern sich politisch ganz bewusst gegen die Nazis stellten. Etwa Eva Maria Buch, die 1942 mit 22 Jahren hingerichtet wurde, weil sie Mitglied der von den Nazis "Rote Kapelle" genannten Widerstandsgruppe war. Als sie vor Gericht gefragt wurde, warum sie nicht die Mitangeklagten angezeigt habe, antwortete sie: "Dann wäre ich ja so niederträchtig und verdorben, wie Sie mich hinstellen wollen." In der Urteilsbegründung wurde ihr daraufhin "die Verschlagenheit einer Katholikin und die Staatsfeindlichkeit einer Kommunistin" vorgeworfen.
Aktuell kein Seligsprechungsverfahren
Auch Gertrud Jaffe gehört zu den vergessenen Gegnerinnen, die im KZ Stutthof mit 41 Jahren starb. Sie entstammte einer jüdischen Familie und wurde 1936 getauft. Kurz nach den Novemberpogromen 1938 nahm sie Kontakt mit dem "Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin" auf und bemühte sich besonders um die Rettung jüdischer Kinder ins Ausland.
Mittlerweile gibt es Stolpersteine, die an die Frauen erinnern; vereinzelt werden auch Straßen nach ihnen benannt. Grundsätzlich bestehe aber Nachholbedarf, sagt Pfarrer Nehk. "Es gibt im Vatikan aktuell kein Seligsprechungsverfahren für katholische Frauen aus dem deutschen Widerstand", bedauert er.
Von Nina Schmedding (KNA)
Kommentare
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Klavierspielerin2 08.11.2021 09:34
@zeitloser, das ist nicht korrekt, denn im 3.R. hatten 2/3 der Kleriker anhängige Verfahren laufen.
(Nutzer gelöscht) 08.11.2021 10:13
Liebe@Klavierspielerin, vielen Dank für diesen sehr interessanten Blog....☀️
(Nutzer gelöscht) 08.11.2021 13:54
sehr interressant,Danke....
hansfeuerstein 09.11.2021 00:04
Diese Menschen unterschieden sich vor allem dadurch, daß sie nicht brutal waren. Die Brutalität ihrer Gegner war ihnen zuwider.
steht sogar sinngemäß in der Bibel!
Ein paar Kanonen wären besser gewesen - aber die Bischöfe haben sich von Hitler mit dem "Maulkorb-Vertrag" bestechen lassen (der heute noch gilt).
Zeitlos