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„Harmlose Christen“

„Harmlose Christen“
„Harmlose Christen“

Warum bleiben viele Christen nach ihrem guten Start sobald auf der Strecke? Die Quote der Steckengebliebenen ist nicht nur in unseren Tagen so hoch. Schon im Neuen Testament finden wir Andeutungen, daß viele, die einen guten Anfang gehabt haben, wieder rückfällig geworden sind. Es gibt verschiedene Erscheinungsformen und unterschiedliche Gründe für diese Steckenbleiben: Da sind tatkräftige, lebensfrohe Heiden, die mit Schwung ihre Aufgaben meistern, und dann nach ihrer Bekehrung zu harmlosen und bedeutungslosen Figuren werden – ohne Kraft und Saft. Andere haben in den Wochen nach ihrer Entscheidung für Jesus den Eindruck erweckt, als ob die Welterweckung nur noch eine Frage von Stunden sei, so schwungvoll und begeistert haben sie den Glauben ergriffen. Nach wenigen Monaten muß man sie dann eingeschlafen in irgendeiner Ecke eines christlichen Kreises aufstöbern. Auch viele verheißungsvolle junge Männer und Mädchen, die einen guten Fundus christlicher Erziehung mitgebracht haben, enttäuschen oft auf die Länge der Zeit. Es ist immer wieder erschütternd, wenn man sehen muß, wie ein aktiver Mitarbeiter plötzlich in grobe Verfehlungen gerät und dem Namen Jesu Schande bereitet. Kann man für diese verschiedenen Erscheinungen eine gemeinsame Ursache finden?

Im Neuen Testament wird häufig vor dem Einschlafen gewarnt. Die schärfsten Warnungen in den Reden Jesu, bis hin zu den Sendschreiben der Offenbarung, wenden sich gegen die, die einmal angefangen haben und dann doch steckengeblieben sind. Allgemein biblisch theologische Antworten auf dieses Problem findet man schnell. Aber mit Allgemeinheiten ist uns auf die Dauer nicht geholfen, wenn es nicht gelingt, Gefahrenquellen aufzuzeigen und sie in der Erziehung zur christlich reifen Persönlichkeit zu beachten.


Falsche Erwartungen und Vorstellungen

Manchmal liegt der Fehler schon in der Verkündigung oder in der Art der Evangelisation. Es wird in den Zuhörern die Vorstellung geweckt, als ob das Christsein eine wesentlich bequemere Art des Lebens sei als das Leben eines Nichtchristen. Dazu meinen dann viele, daß es von Tag zu Tag besser gehen müsse, wenn man die Schwierigkeit der Entscheidung hinter sich habe – von einem Sieg zum anderen! Es mag sein, daß es nicht in der Absicht des Verkünders lag, diese Vorstellung zu wecken, entscheidend aber ist das, was sich im Hörer festgesetzt hat.

Die Wirklichkeit des geistlichen Lebens aber ist völlig anders. Das Leben der meisten Christen ist anstrengender als das Leben der Nichtchristen. Das hängt einmal damit zusammen, daß alle höheren Werte des Lebens schwerer zu erreichen sind als die niedrigen: bergab geht es immer schneller als bergauf. Gerade erst ein entschiedener Christ wird für den Teufel interessant. Er erlebt jetzt die Auseinandersetzung zwischen Licht und Finsternis. Er kommt in Gewissenskonflikte. Was er vorher großzügig übergangen hat, nimmt er jetzt genau und beginnt, sich damit auseinanderzusetzen. Dazu kommt häufig der Konflikt in Familie und Beruf. Er steht jetzt früher auf und geht gewöhnlich später ins Bett, weil er den Tag in der Stille beginnen will und abends noch irgendeine Veranstaltung besucht. Man überträgt ihm Aufgaben, und sein Auge wird für die Nöte und Probleme seiner Umwelt geöffnet: er sieht sich immer mehr verpflichtet, da zu helfen und anzupacken, wo er früher die Not gar nicht bemerkte. Je weiter er in der Erkenntnis Gottes wächst, je konsequenter er die Nachfolge praktiziert, desto intensiver werden auf der einen Seite seine Erlebnisse, auf der anderen Seite aber auch die damit verbundenen Anstrengungen.


Der Vorschuß täuscht

Die meisten Anfänger im Reiche Gottes erleben in der ersten Zeit ihres neuen Lebens eine Freude, einen Energiezuschuß und machen geistliche Erfahrungen, die weit über ihrem geistlichen Niveau liegen: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben“ (H. Hesse). Hier gilt nicht das Sprichwort: „Aller Anfang ist schwer.“

Wer nun meint, er habe schon den geistlichen Standort erreicht, den er in der Hochstimmung seiner Gefühle jetzt erlebt, täuscht sich sehr. Es ist eine eigentümliche Beobachtung, daß Anfänger im Glauben erstaunlich starke Erlebnisse haben. Das ist eine Starthilfe Gottes. Das, was man in den ersten Wochen nach dem Eintritt in die neue Welt des Lichts gesehen und erlebt hat, muß nun Stück um Stück erobert, gefestigt und bewahrt werden. Viele erleben deshalb schon nach kurzer Zeit einen Rückschlag in ihrer Gefühlswelt, der zu großer Enttäuschung und Resignation führen kann. Diese Beobachtung ist übrigens nicht nur im geistlichen Bereich zu machen, sondern sie gilt auch für andere Lebensbereiche: Der Schüler, der Student, der Lehrling, der Liebhaber – alle fühlen sich am Anfang fasziniert von dem Neuen und fühlen sich klüger und erfahrener als sechs Wochen später. Man kann dieses „Hoch“ nicht durch Ermahnungen und weise Ratschläge beeinträchtigen. Das wäre genau so töricht, als wenn man in der Traupedigt dem Paar etwas von den Problemen und Durststrecken eines Ehelebens sagt. Sie hören es sich zwar andächtig an, aber sie glauben es nicht und können es nicht begreifen.


Vorschuß Gottes muß aufgearbeitet werden

Das, was wir im Schwung der ersten Begeisterung mit Leichtigkeit überwunden haben, muß nun in mühevoller Kleinarbeit gefestigt werden. Jetzt beginnt die Übung in der Zucht und im Überwinden. Dem Überwinder sind die Verheißungen gegeben. Interessant ist in diesem Zusammenhang die zweite Hälfte der paulinischen Seelsorgebriefe, in denen er darauf aufmerksam macht, daß der neue Mensch nun auch das alte Leben mit seinen Gewohnheiten ablegen muß und sich das neue Leben mit neuen Gewohnheiten anzugewöhnen hat. Die Arbeit und Zuchtübung am eingenen Charakter wird zwar durch den Geist Gottes unterstützt, er fordert aber den ganzen Willen des Menschen. Wer nicht lernt, seinen Willen zu gebrauchen und in Zucht zu nehmen, wird im geistlichen Leben nicht vorwärtskommen. Durch Übung im Verzichten wird der Spannungsbogen des Willens gestärkt und vergrößert; durch die wiederholte Hingabe eigener Wünsche und Ansprüche wird die Fähigkeit vermehrt, die Ich-Konzentriertheit zu überwinden und für andere zu denken und zu leben. …

(Wilhard Becker, „Diktiert von der Freude“, 1970)

Kommentare

 
(Nutzer gelöscht) 29.10.2021 10:33
„Harmlose Christen“

Nicht heiß - nicht kalt - lau

Einen gesegneten Freitag.
 
done 29.10.2021 11:06
mit einem löffel honig fängt man mehr fliegen ,wie mit einem fass essig. franz v. sales
 
(Nutzer gelöscht) 29.10.2021 12:00
…sehr passend- und wahr…

Je mehr man/n versucht „ Lichtvoller zu leben/wirken- zu helfen..-desto heftiger wird die ( nicht sichtbare Angriffsfront) der Dämonen und !ihres Herrn!-Satan..
 
JesusComesBackSoon 29.10.2021 12:02
@Zeitzeuge: „Harmlose Christen“

Das große Problem ist, das diese "Harmlosigkeit" eine ansteckende und tödliche Krankheit für viele andere darstellt. Nein, harmlos würde ich es diesbezüglich nicht nennen. 
 
(Nutzer gelöscht) 29.10.2021 13:45
Mt 7,13+14 Gehet ein durch die enge Pforte; denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind, die durch dieselbe eingehen.
Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden.

Hat Harmlosigkeit nicht etwas selbstzufriedenes? Man ist sich selbst genug, braucht nicht mehr, gesättigt. Leben und Leben lassen...
Wenn aber das Ziel ist, möglichst viele Menschen einer speziellen Kirche, Gemeinschaft oder Gemeinde zuzuführen?
Dann geht es nicht ohne Abstriche.
Wie sah es beim Herrn aus?:
Joh 6,60 Viele nun von seinen Jüngern, die es gehört hatten, sprachen: Diese Rede ist hart; wer kann sie hören?
Joh 6,63+64 Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, welche ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben; aber es sind etliche unter euch, die nicht glauben. Denn Jesus wußte von Anfang, welche es seien, die nicht glaubten, und wer es sei, der ihn überliefern würde.
Joh 6,66 Von da an gingen viele seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit ihm.

Kann man lau sein und trotzdem mit Jesus Christus Gemeinschaft haben/mit Ihm leben?
Was hilft gegen Lauheit?
 
JesusComesBackSoon 29.10.2021 13:49
@holiwup: Was hilft gegen Lauheit?

Den Rat des Treuen Zeugen beherzigen. 

ich rate dir, daß du Gold von mir kaufest, das mit Feuer durchläutert ist, daß du reich werdest, und weiße Kleider, daß du dich antust und nicht offenbart werde die Schande deiner Blöße; und salbe deine Augen mit Augensalbe, daß du sehen mögest. [OFFB. 13,18]

@holiwup: Kann man lau sein und trotzdem mit Jesus Christus Gemeinschaft haben/mit Ihm leben?

Nein, das ist Selbsttäuschung.
 
JesusComesBackSoon 29.10.2021 13:52
In diesem Zustand steht CHRISTUS - was eine Verbindung mit IHM anbelangt - draußen. 

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir. [OFFB. 3,20]
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