Thea, Lia – und der Wazu-Effekt
28.10.2021 13:57
Thea, Lia – und der Wazu-Effekt
28.10.2021 13:57
Thea, Lia – und der Wazu-Effekt
Die beiden Schwestern Lia (82 ) und Thea (92) sind im Leben und am Niederrhein zuhause. Daher kommt es, dass sie sich in die niederrheinischen Besonderheiten integriert haben. Und dann kommt es auch für mich zu interessanten Lern-Erlebnissen. Lest selbst:
Lia: Ach, da sitzt ihr zwei ja schon am Kaffeetisch und esst den leckeren Erdbeerkuchen.
Bluehorse: Ja, er ist wirklich lecker.
Thea: Du bist aber spät zurück. Wo warst Du so lange?
Lia: Ich bin zuerst zum Supermarkt und dann bei Maria vorbei gegangen.
Thea: Wolltest Du sie nicht schon längst besuchen, weil sie krank ist? Warum gehst Du bei ihr nur vorbei?
Lia: Ich war doch bei ihr.
Thea: Vorbei?
Bluehorse: Ach, Thea, das sagt man doch so bei uns am Niederrhein. Wenn Lia die Maria besucht, dann sagen wir: Lia geht mal bei Maria vorbei.
Thea: Vorbeigehen ist aber was anderes als besuchen. Wenn ich jemanden besuche, dann gehe ich nicht bei ihm vorbei.
Bluehorse: Wir Niederrheiner unterscheiden zwischen „an einer Person vorbeigehen“ von „bei jemandem vorbeigehen“.
Lia: Siehst Du, Thea, Bluilein versteht mich.
Thea: Deswegen hättest Du trotzdem früher hier sein können.
Lia: Ich wurde noch von einem kleinen Jungen aufgehalten.
Thea: Wieso?
Lia: Na, er sprach mich vor dem Supermarkt an und wollte 1 € haben.
Thea: Wofür das denn?
Lia: Er sagte: Der Euro ist für einen alten Mann.
Thea: Und?
Lia: Na, da habe ich ihm sogar 10 € gegeben. Mildtätige Zwecke unterstütze ich doch gerne.
Thea: Ja, ja, Du und Dein weiches Herz. Und, was ist dann geschehen?
Lia: Der kleine Junge ging zum Süßigkeitsladen und hat dem alten Verkäufer das Geld gegeben und sich mit Süßigkeiten versorgt.
Thea: Ach Du meine Güte. Da kann man mal sehen, wie naiv Du bist und Dich ausnutzen lässt.
Lia: Aber wie hätte ich das denn vorher wissen können? Man kann doch allen Leuten nur vor die Stirn sehen.
Bluehorse: Auch da sind die Fragen wichtig: Wozu? Und - Warum?
Lia: Das verstehe ich nicht.
Bluehorse: Wozu willst Du das Geld haben? Warum willst Du gerade dem alten Mann das Geld geben? So erkennst Du die eigentlichen Absichten viel besser. Natürlich sollte man diese Frageworte je nach Situation sinnvoll einsetzen. Also die Warum-Frage ist gut, wenn wir den Zusammenhang in der Vergangenheit wissen möchten und die Wozu-Frage ist gut, wenn wir einen Lerneffekt produzieren wollen. Beispiel: Warum ist etwas passiert und Wozu dient das Erlebnis?
Thea: Ach, Bluehorse. Das ist für Lia zu kompliziert.
Lia: Nein, ist es nicht. Ich habe Bluehorse sehr gut verstanden.
Thea: Ach. Als ob Du so komplizierte Erklärungen verstehen würdest.
Lia: Du tust immer so schlau. Aber hast Du Bluehorse verstanden?
Thea: Ja.
Lia: Dann mach mal ein Beispiel.
Thea: Warum kommst Du so spät? Und – wozu kommst Du überhaupt?
Lia: Wazu?
Thea: Wazu? Hab ich ja noch nie gehört.
Lia: Siehst Du, jetzt bin ich schlauer.
Thea: Ja, aber warum sagst Du wazu?
Lia: Weil ich mich dann nicht zwischen warum und wozu entscheiden muss.
Thea: Und wozu sagst Du wazu?
Lia: Weil Du dann mich mal fragen musst, wozu das Wort gut ist.
Thea: Das ist doch albern.
Lia: Wazu?
Bluehorse: Aber wazu versteht doch keiner.
Thea: genau.
Lia: Doch, ich! Seht ihr, jetzt bin ich mal schlauer als ihr beide zusammen und ihr könnt jetzt mal was von mir lernen.
Bluehorse: Irgendwie hat sie ja recht. Auch für Schlaue hört das Lernen nicht auf und manchmal können wir von Menschen lernen, denen wir es nicht zugetraut hätten, dass sie mal etwas Schlaues sagen. Es gibt immer neue Lösungen. Wir müssen nicht bei alten Lösungen stehen bleiben. Selbst die Sprache verändert sich.
© JJ
Lia: Ach, da sitzt ihr zwei ja schon am Kaffeetisch und esst den leckeren Erdbeerkuchen.
Bluehorse: Ja, er ist wirklich lecker.
Thea: Du bist aber spät zurück. Wo warst Du so lange?
Lia: Ich bin zuerst zum Supermarkt und dann bei Maria vorbei gegangen.
Thea: Wolltest Du sie nicht schon längst besuchen, weil sie krank ist? Warum gehst Du bei ihr nur vorbei?
Lia: Ich war doch bei ihr.
Thea: Vorbei?
Bluehorse: Ach, Thea, das sagt man doch so bei uns am Niederrhein. Wenn Lia die Maria besucht, dann sagen wir: Lia geht mal bei Maria vorbei.
Thea: Vorbeigehen ist aber was anderes als besuchen. Wenn ich jemanden besuche, dann gehe ich nicht bei ihm vorbei.
Bluehorse: Wir Niederrheiner unterscheiden zwischen „an einer Person vorbeigehen“ von „bei jemandem vorbeigehen“.
Lia: Siehst Du, Thea, Bluilein versteht mich.
Thea: Deswegen hättest Du trotzdem früher hier sein können.
Lia: Ich wurde noch von einem kleinen Jungen aufgehalten.
Thea: Wieso?
Lia: Na, er sprach mich vor dem Supermarkt an und wollte 1 € haben.
Thea: Wofür das denn?
Lia: Er sagte: Der Euro ist für einen alten Mann.
Thea: Und?
Lia: Na, da habe ich ihm sogar 10 € gegeben. Mildtätige Zwecke unterstütze ich doch gerne.
Thea: Ja, ja, Du und Dein weiches Herz. Und, was ist dann geschehen?
Lia: Der kleine Junge ging zum Süßigkeitsladen und hat dem alten Verkäufer das Geld gegeben und sich mit Süßigkeiten versorgt.
Thea: Ach Du meine Güte. Da kann man mal sehen, wie naiv Du bist und Dich ausnutzen lässt.
Lia: Aber wie hätte ich das denn vorher wissen können? Man kann doch allen Leuten nur vor die Stirn sehen.
Bluehorse: Auch da sind die Fragen wichtig: Wozu? Und - Warum?
Lia: Das verstehe ich nicht.
Bluehorse: Wozu willst Du das Geld haben? Warum willst Du gerade dem alten Mann das Geld geben? So erkennst Du die eigentlichen Absichten viel besser. Natürlich sollte man diese Frageworte je nach Situation sinnvoll einsetzen. Also die Warum-Frage ist gut, wenn wir den Zusammenhang in der Vergangenheit wissen möchten und die Wozu-Frage ist gut, wenn wir einen Lerneffekt produzieren wollen. Beispiel: Warum ist etwas passiert und Wozu dient das Erlebnis?
Thea: Ach, Bluehorse. Das ist für Lia zu kompliziert.
Lia: Nein, ist es nicht. Ich habe Bluehorse sehr gut verstanden.
Thea: Ach. Als ob Du so komplizierte Erklärungen verstehen würdest.
Lia: Du tust immer so schlau. Aber hast Du Bluehorse verstanden?
Thea: Ja.
Lia: Dann mach mal ein Beispiel.
Thea: Warum kommst Du so spät? Und – wozu kommst Du überhaupt?
Lia: Wazu?
Thea: Wazu? Hab ich ja noch nie gehört.
Lia: Siehst Du, jetzt bin ich schlauer.
Thea: Ja, aber warum sagst Du wazu?
Lia: Weil ich mich dann nicht zwischen warum und wozu entscheiden muss.
Thea: Und wozu sagst Du wazu?
Lia: Weil Du dann mich mal fragen musst, wozu das Wort gut ist.
Thea: Das ist doch albern.
Lia: Wazu?
Bluehorse: Aber wazu versteht doch keiner.
Thea: genau.
Lia: Doch, ich! Seht ihr, jetzt bin ich mal schlauer als ihr beide zusammen und ihr könnt jetzt mal was von mir lernen.
Bluehorse: Irgendwie hat sie ja recht. Auch für Schlaue hört das Lernen nicht auf und manchmal können wir von Menschen lernen, denen wir es nicht zugetraut hätten, dass sie mal etwas Schlaues sagen. Es gibt immer neue Lösungen. Wir müssen nicht bei alten Lösungen stehen bleiben. Selbst die Sprache verändert sich.
© JJ
Kommentare
Schreib auch du einen Kommentar
(Nutzer gelöscht) 28.10.2021 17:19
"Wazu " ist nicht gegendert. Das ist gut. 🙂
(Nutzer gelöscht) 28.10.2021 23:46
Anbei: Der kleine Junge hat nicht im Geringsten gelogen .
(Nutzer gelöscht) 28.10.2021 23:49
Er hat "nur" die verknüpfte Erwartung zur Wort-Sach-verwendung nicht erfüllt.
Ganz schön pfiffig.
Ganz schön pfiffig.