„Pflicht oder Verantwortung“

„Pflicht oder Verantwortung“
„Pflicht oder Verantwortung“

...sondern haltet den Herrn, den Christus, in euren Herzen heilig! Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung jedem gegenüber, der Rechenschaft von euch über die Hoffnung in euch fordert,...(1.Petr 3:15, Elb)

Es ist wohl das Kennzeichen und die Verantwortung der älteren Generation (z.B. Rentner) der sogenannten Erfahrungsmenschen, wenn man sich mit dem Glaubensleben der früheren Art beschäftigt, um aus Vergleichen, Forschen einen Erkenntnisgewinn an die nächste Generation weiterzureichen - um zu retten was noch zu retten ist und vielleicht auch Weckrufe ertönen lassen.

So spricht der HERR: Tretet auf die Wege, seht und fragt nach den Pfaden der Vorzeit, wo denn der Weg zum Guten sei, und geht ihn! So werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Aber sie sagen: Wir wollen ihn nicht gehen. (Jer 6:16, Elb)

Hier nun weitere Betrachtungen der Geschehnisse im 19. Jahrhundert, eingeschlossen den wilden Aufbrüchen der 1968ziger Zeit des 20. Jahrhunderts.

Ich zitiere:
Der Begriff „Verantwortung“ und „Verantwortlichkeit“ ist ein neuer Begriff, der sich erst in den letzten Jahrzehnten in den Vordergrund geschoben hat. Bis dahin stand ein anderes Wort für das ethische Verhalten verantwortungsbewußter Menschen, es war das Wort „Pflicht“. In der Theologie des 19. Jahrhunderts spielen Pflicht und Pflichterfüllung eine hervorragende Rolle. Man sah darin die Erfüllung der höchsten Aufgaben des Menschen. Erst nach dem ersten Weltkrieg vollzog sich im theologischen Denken eine Wandlung, die auch das Wort Pflichtbewußtsein ablöste und das Wort „Verantwortung“ aufgriff.

Diese Entwicklung steht im Zusammenhang mit dem Auftauchen der dialektischen Theologie und der Existenz-Philosophie. Mit der Übernahme des Begriffes ist aber noch lange nicht der Inhalt oder die Sache ins Bewußtsein gerückt.

Noch heute scheuen sich viele vor der Verantwortung und wollen lieber „nur ihre Pflicht“ tun. Die Pflicht ist ein streng umgrenzter Aufgabenbereich. Wenn ich diese Aufgaben erfülle, kann ich darüber hinaus nicht zur Verantwortung gezogen werden. „Ich habe ja meine Pflicht getan“. Der Pflichtmensch fühlt sich als Rädchen in einem großen Getriebe und erlebt darin ein Stück Geborgenheit, weil er eben nicht für das Gesamte verantwortlich ist.

Der unselbständige, abhängige und auf sich selbst bezogene Mensch hat kein Verständnis für Verantwortung. Erst der äußere Zerbruch des großen geordneten Gefüges unserer Welt nach dem ersten Weltkrieg machte deutlich, daß ein neues Bewußtsein aufkommen muß, um die neue Situation zu bewältigen. Die Menschen sind wacher und verantwortungsbewußter geworden. Die große Maschinerie des dritten Reiches hat noch einmal versucht, sich die alte geordnete Zeit zunutze zu machen und deshalb den pflichtbewußten, treuen Soldaten und Beamten in den Mittelpunkt der ethischen Vorstellung gerückt. Wir haben miterlebt, wie Pflichtbewußtsein zu ungeheuerer Verantwortungslosigkeit geführt hat; wie die große Maschinerie, in der alle nur mitzulaufen brauchten, zu einer Lawine des Verbrechens und Grauens wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann endlich das Bewußtsein der Verantwortung auch in breite Schichten einzudringen. Dieser Prozeß ist nicht abgeschlossen. Die Unruhe unter der Jugend und in der Studentenschaft, innerhalb der Parteien und Kirchen, ist bei aller Fehlprägung doch ein Zeichen für ein neues Verantwortungsbewußtsein.
Was ist Verantwortung und Verantwortlichkeit? Der Ausdruck Verantwortung hat drei Dimensionen: Ver = ant = Wort.
Ausgangspunkt ist das Wort, das Ursprung und gleichzeitig Dynamik des Lebens ist. Für uns Christen ist der Begriff Wort mit schwerem Inhalt befrachtet. Wir wissen, daß mit „Wort“ letztlich Gott selbst gemeint ist. Zum Wort gehört die Antwort, eigentlich das Anti-Wort. Es ist die Reaktion auf das gehörte Wort. Verantwortlich kann deshalb nur ein Mensch sein, der von dem Wort – von Gott – getroffen und bereit ist, nun auf das Wort zu reagieren. …

Verantwortung tragen heißt, daß ein anderer von mir abhängig ist. Es heißt aber auch gleichzeitig, daß ich für diese Abhängigkeit Antwort und Rechenschaft geben muß.
Sicher fühlen sich viele Menschen anderen gegenüber verantwortlich. Nicht wenige meinen auch durchaus, sie seien sich selbst gegenüber verantwortlich. Aber das reicht nicht aus. Die Größe einer Persönlichkeit zeigt sich in der Größe dessen, von dem sie die Verantwortung empfängt. Nur der Mensch, der sich von Gott verantwortlich weiß, ist in seinem Handeln frei von allen untergeordneten Instanzen und kann gültige Entscheidungen treffen. Unsere letzte Verantwortlichkeit besteht Gott gegenüber. ...

(Aus „Diktiert von der Freude“, Wilhard Becker, 1970)

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"Dialektische Theologie"
Als Dialektische Theologie wird eine theologische Richtung innerhalb des Protestantismus bezeichnet, die nach dem Ersten Weltkrieg aufkam und ihre Blütezeit bis etwa 1933 hatte. (Wikipedia)

Der reformierte Schweizer Theologe Karl Barth gilt als einer der Hauptinitiatoren der Bewegung der dialektischen Theologie, wenn nicht sogar als ihr Hauptinitiator. Doch den meisten Menschen, sind wahrscheinlich sowohl der Name Karl Barth als auch der Begriff dialektische Theologie völlig unbekannt oder zumindest nur in Grundzügen geläufig, wenn sie nicht gerade Theologen sind. Karl Barth gilt jedoch als der Kirchenvater des 20. Jhdts. und die Bewegung der dialektischen Theologie ist ein wichtiger Bestandteil der jüngeren Protestantischen Theologie.


"Existenzphilosophie"
Existenzphilosophie (Existenzialismus) ist eine Sammelbezeichnung für philosophische Ansätze im Europa des 19. und 20. Jh.s, die die Frage nach dem Sinn und der Bedeutung der individuellen Existenz des Menschen in den Mittelpunkt stellen. Damit wendet sie sich gegen den Rationalismus und betont stattdessen das existenzielle, d.h. ganzheitliche, Körper, Seele und Geist miteinbeziehende Denken.
Ursprünglich stellte die Existenzphilosophie eine Reaktion auf das optimistische Ordnungsdenken des deutschen Idealismus dar. Mit den Erfahrungen der Wirtschaftskrise und der Weltkriege erhielten die zentralen Themen des Existenzialismus – die Absurdität des Daseins, Angst und Einsamkeit des Einzelnen – ein ganz neues Gewicht.

https://www.wissen-digital.de/Existenzphilosophie

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