weiße TaubeChrist sucht Christ Logo ohne Taube

Du bist - was Du denkst Teil X Liebe zur Wahrheit

Du bist - was Du denkst  Teil X Liebe zur Wahrheit
René Descarte: Ich denke, also bin ich.
Menschen denken unterschiedlich. Das vergessen wir allzu schnell. Zu oft meinen wir, andere Menschen würden ähnlich ticken wie wir. Das ist ein häufiger Irrtum. Wenn wir uns unverstanden fühlen, so liegt das nicht selten eben genau daran: Der Mensch uns gegenüber tickt anders.

Wir leben, was wir denken. Hinter unserem Einschätzen, Verhalten und Entscheiden im Alltag befinden sich Gedankengebäude, die für uns die Ausgangsbasis allen Tuns sind. Wenn wir mit anderen kommunizieren, tun wir dies vor dem Hintergrund des Bildes, das wir uns von der Welt gemacht haben. Jede unserer Botschaften ist wie eine Ansichtskarte, auf deren Rückseite ein Foto unseres Gedankengebäudes zu sehen ist. Erhalten wir eine Ansichtskarte, machen wir uns meist mehr über den Text Gedanken, als über das Foto auf der Rückseite.

Die Philosophie bietet uns keine Lösungen, die wir bedenkenlos übernehmen dürfen. Im Gegenteil. Jedoch bietet sie uns Einsichten über Menschen, die wir oft nicht besser formulieren können. Dieser 10-teilige Blog bietet die Möglichkeit, Denkanstöße zu erhalten, um besser mit ganz anders tickenden Menschen zurecht zu kommen. Und vielleicht finden auch wir uns wieder und dann kann der Blog eine Hilfe zur Selbstreflexion sein. 

Thema heute: Der Überzeugungsdenker - Liebe zur Wahrheit

Wir treffen hier auf Menschen, die exakte Definitionen und wissenschaftliche Tatsachen lieben. Entscheidungen werden vornehmlich auf rationaler Ebene getroffen. Die Argumentationsbasis ist immer logisch und es ist echt schwer, den Argumenten etwas entgegenzusetzen. Versucht man es trotzdem, so erläutert der (intelligente) Überzeugungsdenker dem etwas begriffsstutzigen Gegenüber nachsichtig die wissenschaftlichen Zusammenhänge, vollzieht logische Herleitungen, bis man überzeugt ist oder aufgibt. Schließlich liegt die Sache klar auf der Hand; Zweifel oder Alternativen sind ausgeschlossen; das Richtige ist eindeutig identifiziert - jedenfalls für den Überzeugungsdenker.

Johann Gottlieb Fichte hat 1801 mit seiner Schrift "Die Bestimmung des Menschen" versucht, seine Leser in drei Schritten vom Zweifel über das Wissen zum wahren Glauben zu führen. Der Weg zur Klarheit der Sonne kann allerdings steinig sein. Doch immer wieder gibt es Menschen, die traditionelle Meinungen und selbst zögerliche Freunde hinter sich lassen, tapfer den steinigen Weg gehen.  Einer von ihnen war Platon.

Platon (um 428 - ca. 348 v. Chr.) ist ein solcher Held der Wahrheitssuche. Er malte dem philosophischen Fußvolk unsere Lage als düstere Szene aus: In einer finstren Höhle sitzen wir angekettet und starren auf Schattenbilder, die an der Wand vorübergleiten. Wir glauben: Das ist das wahre Leben. Was wir nicht wahrnehmen und nicht wissen, dass die vorüberziehenden Schattenbilder nur eine Projektion sind, die nur die Erkenntnis von Teilwahrheiten zulassen.  Schließlich gelingt es einer Person, sich von den Ketten zu befreien und er erkennt, dass die an der Wand vorüberziehenden Schattenbilder eine Vorspiegelung sind. Er klettert aus der Höhe in die Freiheit. Das Sonnenlicht schmerzt zunächst - aber die Wahrheit gibt sich nun mal schonungslos, bis man sich an sie gewöhnt hat. Noch unangenehmer ist es jedoch für den von Unkenntnis befreiten Menschen, wenn er in die Höhle zurückkehrt und versucht, den ehemaligen Mitgefangenen begreiflich zu machen, was Schattenspiel und was Wahrheit ist. Die meisten sind störrisch und beharren auf ihrer vielleicht falschen, aber vertrauten Sicht auf die Dinge. 

Der echte Überzeugungsdenker gibt sich nicht damit zufrieden, vorgefertigte Meinungen zu übernehmen, er scheut weder Zeit noch Mühe, sich selbst auf die Suche nach der Wahrheit zu machen. Er benötigt sie als sicheres Fundament für seine darauf aufbauenden Herleitungen. Die einmal hart erarbeitete Basis hält er aus der eigenen Klarheit heraus für absolut und unwiderstehlich. Er glaubt fest an sie und verteidigt sie vehement. Schließlich hat er sich mehr Gedanken darüber gemacht, als jeder andere. Die Enttäuschung trifft ihn entsprechend hart, wenn sich nicht alle widerstandslos spontan von ihm großzügig weitergegebenes Wissen anschließen.

Ein Partner oder ein Freund, dessen Kritik oder abweichende Ansichten nicht vor der Logik des Überzeugungsdenker kapituliert, ist nicht mehr tragbar. Der unerträgliche Widerspruch schreit nach radikaler Lösung ==> Trennung. 

Bekannte Überzeugungsdenker sind neben den o.g. Philosophen Baruch de Spinoza (1632-1677), Immanuel Kant (17-24-1804) Ludwig Wittgenstein (1889-1951).

Chancen für Überzeugungsdenker:
1) wer sich selbständig auf die Suche nach soliden Grundlagen des Wissens macht, übernimmt Eigenverantwortung für sein Denken. Es entstehen aufrichtige Überzeugungen und intellektuelle Redlichkeit.
2) Beharrlichkeit, gegen Ignoranz und Widerstand immer wieder anzutreten, erfordert Mut.
3) Die Orientierung an mathematischen und logischen Methoden bietet Schutz vor wilder Spekulation, fördert Transparenz der Argumente und Schlussfolgerungen.
4) Überzeugungsdenker führen eine scharfe Klinge gegen Irrationalität und diffuse Esoterik und entlarven Täuschungen, die Unheil anrichten können. 

Risiken für Überzeugungsdenker:
1) Im Glauben, den einen wichtigen Grundsatz herausgefunden zu haben, nach dem alles aufgebaut ist, kann leicht zu einer Scheinsicherheit inclusive Selbstbetrug führen.

2) Die Realität ist viel zu komplex, um sie mit wenigen Grundprinzipien und Regeln zu erfassen. Wenn man dies ausblendet, zwängt man sich in ein Denkkorsett und verliert Flexibilität wie auch Lebendigkeit. 

3) Der Versuch, sich durch klares Denken ein für alle Male für die Welt unangreifbar zu machen, muss misslingen. Gerade Fundamentalisten stehen in der Gefahr, blind zu sein für den Unterschied zwischen aktuellem Kenntnisstand und unumstößlichem Dogma. Sie halten dann bloßes Wissen für endgültige Wahrheit oder erklären es schlicht dazu.

4)Mit der Vehemenz, mit der sie für ihre Überzeugung eintreten, riskieren sie den Absturz in die Unglaubwürdigkeit, wenn sie ihre Ansichten wechseln. Um das zu vermeiden, halten sie gerne ein wenig zu lange an ihren bisherigen Überzeugungen fest.

Kommentare

Schreib auch du einen Kommentar
 
Bluehorse 04.07.2020 15:12
Nun habe ich einige Charaktertypen beschrieben, 
den Hinterfrager, den Glücksfinder, den Schwarzseher, den Lebenskünstler, den Geniesser, den Pflichtbewussten, den Quergeist und die Gemeinschaftsfreunde und heute eben den Überzeugungsdenker.

In jedem Blog habe ich philosophische Beispiele zitiert und hoffe, dass jeder Leser Gewinn daraus ziehen kann. Natürlich gibt es alles in viel ausführlicherer Form. Wer daher noch mehr dazu lesen mag, dem empfehle ich das Buch von Ludger Pfeil "Du lebst, was Du denkst" von Dr. Ludger Pfeil. Diesem Buch habe ich die meisten Textteile entnommen.
weiße TaubeJetzt kostenlos registrieren