Meine Reise im Fernbus oder nobody is perfect
06.04.2020 20:46
Meine Reise im Fernbus oder nobody is perfect
06.04.2020 20:46
Meine Reise im Fernbus oder nobody is perfect
Meine Reise im Fernbus oder nobody is perfect
mir standen 18 Stunden Busfahrt bevor. Das Ziel lockte. Mit Büchern hatte ich mich eingedeckt. Favorit für die Reise war „Stoner“ von John Williams, eine hervorragende Erzählung. Ein gutes Buch versüßt die Reise. Ich spürte bereits doppelte Vorfreude, bevor ich in den Bus stieg.
Bis zur ersten Station, ein öffentlicher Rastplatz, waren nur wenige Fahrgäste im Bus. An der ersten Station warteten weitere Fahrgäste und wir warteten dort mindestens 30 Minuten, bis sich alle erwarteten Fahrgäste eingefunden hatten. Als kontaktfreudiger Mensch ging ich auf einen Stehtisch zu, an dem sich ein Pärchen mit einem Kreuzworträtsel abmühte. Sie schauten mich an und fragten: „welche Bezahlungsart mit 4 Buchstaben passt senkrecht zu Sabbath? Der zweite Buchstabe ist dieses „a“ von Sabbath. „Das weiß ich auch nicht.“ meinte ich. „Vielleicht stimmt Sabbath nicht?“ „Doch, doch“, meinte die junge Frau, während sie ihr Gewicht ausbalancierte, was gar nicht so einfach war, denn ihre Masse hätte locker für 3 Frauen gereicht. „Sabbath ist richtig, denn dort wird nach einem Feiertag mit 7 Buchstaben gefragt. Und Sabbath passt voll.“
Ich warf ein: „Sonntag würde auch passen und dann wäre „Lohn“ die richtige Lösung“. Aber das lies sie nicht gelten, weil Sonntag nicht jüdisch sei. „Nun, dann tragen Sie doch anstatt Lohn den Lahn ein. „Und im nächsten Monat fordern Sie ihren Lahn vom Arbeitgeber.“ „Das ist hier keine Witzveranstaltung“, meinte jetzt ihr hoch aufgeschossener Begleiter, den ich ab sofort - entgegen seiner Glatze - als Wuschelkopf speicherte.
Die pfundige Lady ergänzte dazu: „In diesem Kreuzworträtsel geht es um das Finden des Lösungswortes, welches mit „Wahrheit“ kompatibel ist.“ „Aha“, meinte ich. Und Sonntag nehmen sie nicht, weil Sonntag nicht-jüdisch ist.“ „Genau“, meinte Wuschel. „Aber Gott hat am 7. Tag geruht und diesem keinen Namen gegeben. Also ist doch der 7. Tag wichtig, egal wie er von uns genannt wird, oder?“ Die pfundige Dame funkelte mich böse an, weshalb ich das Weite suchte.
In den Bus stiegen noch zwei Mütter mit ihren drei Kindern im Alter von ca. 6 Jahren, mehrere ältere und jüngere Ehepaare und zwei junge Männer. Einer von ihnen setzte sich neben mich und stellte sich mit David Rosenbaum vor. Die pfundige Dame hatte zwei Sitzplätze inne, was ihr auch niemand streitig machen wollte. Der zweite junge Mann setzte sich ihr gegenüber zu Wuschel. Im Laufe der Fahrt kramten alle etwas zum Essen heraus. Die pfundige Dame aß Konfekt, andere ein Butterbrot, bis auf einmal ein impertinenter Käsegeruch durch den Bus strömte. Auf der Suche nach dem Käsebrot, fiel der Blick eines der Kinder auf den jungen Mann neben Wuschel. Der Junge rief laut: „der hat ja die Schuhe ausgezogen.“ Der Käsemann grinste. Aber das Grinsen verging ihm, als ihn die Mutter des Jungen streng aufforderte, schnell wieder die Schuhe anzuziehen. Die Mutter des Jungen meinte noch zu ihrem Sohn: „Jetzt weißt Du, warum das Waschen der Füße so wichtig ist.“ Alle lachten, nur der Käsemann, der natürlich nicht.
Als es etwas wieder ruhiger war, ging Wuschel nach vorne, lieh sich vom Busfahrer das Mikrophon aus und hielt einen Vortrag über Juden, die seit Martin Luther vornehmlich von Christen verfolgt würden. Noch heute wären viele Christen antisemitisch eingestellt. Als David Rosenbaum den Einwand brachte, dass Israel von Deutschland unterstützt wird, wurde er von Wuschel zurechtgewiesen „wenn Du keine Ahnung hast, dann einfach mal Klappe halten.“ David Rosenbaum ließ sich nicht einschüchtern und fragte, ob Wuschel denn schon mal in Israel gewesen wäre oder Juden oder antisemitische Christen persönlich kenne. Da meldete sich die pfundige Dame und meinte, dass David von Wuschel viel lernen könne und wenn er das nicht will, bei seinesgleichen bleiben soll. Es ginge schließlich auch hier um die Wahrheit. Alle schienen eingeschüchtert zu sein, nur die Mutigen, die natürlich nicht.
Nach seinem Vortrag kramte Wuschel einige Zettel heraus und verkündete:
„Das hier ist eine Aufforderung an die Kirchen, die Politik gegenüber den Juden in Israel zu verbessern und sich von Martin Luther abzuwenden.“ Gute Christen würden seinen Antrag unterstützen und sollten unterschreiben. Alle unterschrieben, nur diejenigen, die noch bei Trost waren, die natürlich nicht.
Nun kehrte Nachtruhe kehrte ein, die meisten schliefen, bis kleine Wellen von lauten Sägegeräuschen den Bus durchwebten. Aber auch ärgerliche Blicke, auf die pfundige Dame gerichtet, halfen da nicht weiter. Alle wachten auf, nur die Tauben, die natürlich nicht.
Der Busfahrer versuchte, die Fahrgäste durch Musik abzulenken und die Geräusche zu übertönen. Zuerst spielte er Hoppladi-Hopplada von den Beatles vor, was breite Zustimmung fand. Die pfundige Dame wachte auf. Nun wählte der Busfahrer Klezmer-Musik aus. Damit waren alle einverstanden, nur natürlich Wuschel und die pfundige Dame, die natürlich nicht.
Als wir an unserem Reiseziel in Asturien ankamen, wurden wir herzlich begrüßt und gefragt, ob wir auf unserer Fahrt bereits die Naturwunder und Schönheiten der Landschaften genossen hätten. Alle stimmten erfreut zu, nur die Blinden, die natürlich nicht.
mir standen 18 Stunden Busfahrt bevor. Das Ziel lockte. Mit Büchern hatte ich mich eingedeckt. Favorit für die Reise war „Stoner“ von John Williams, eine hervorragende Erzählung. Ein gutes Buch versüßt die Reise. Ich spürte bereits doppelte Vorfreude, bevor ich in den Bus stieg.
Bis zur ersten Station, ein öffentlicher Rastplatz, waren nur wenige Fahrgäste im Bus. An der ersten Station warteten weitere Fahrgäste und wir warteten dort mindestens 30 Minuten, bis sich alle erwarteten Fahrgäste eingefunden hatten. Als kontaktfreudiger Mensch ging ich auf einen Stehtisch zu, an dem sich ein Pärchen mit einem Kreuzworträtsel abmühte. Sie schauten mich an und fragten: „welche Bezahlungsart mit 4 Buchstaben passt senkrecht zu Sabbath? Der zweite Buchstabe ist dieses „a“ von Sabbath. „Das weiß ich auch nicht.“ meinte ich. „Vielleicht stimmt Sabbath nicht?“ „Doch, doch“, meinte die junge Frau, während sie ihr Gewicht ausbalancierte, was gar nicht so einfach war, denn ihre Masse hätte locker für 3 Frauen gereicht. „Sabbath ist richtig, denn dort wird nach einem Feiertag mit 7 Buchstaben gefragt. Und Sabbath passt voll.“
Ich warf ein: „Sonntag würde auch passen und dann wäre „Lohn“ die richtige Lösung“. Aber das lies sie nicht gelten, weil Sonntag nicht jüdisch sei. „Nun, dann tragen Sie doch anstatt Lohn den Lahn ein. „Und im nächsten Monat fordern Sie ihren Lahn vom Arbeitgeber.“ „Das ist hier keine Witzveranstaltung“, meinte jetzt ihr hoch aufgeschossener Begleiter, den ich ab sofort - entgegen seiner Glatze - als Wuschelkopf speicherte.
Die pfundige Lady ergänzte dazu: „In diesem Kreuzworträtsel geht es um das Finden des Lösungswortes, welches mit „Wahrheit“ kompatibel ist.“ „Aha“, meinte ich. Und Sonntag nehmen sie nicht, weil Sonntag nicht-jüdisch ist.“ „Genau“, meinte Wuschel. „Aber Gott hat am 7. Tag geruht und diesem keinen Namen gegeben. Also ist doch der 7. Tag wichtig, egal wie er von uns genannt wird, oder?“ Die pfundige Dame funkelte mich böse an, weshalb ich das Weite suchte.
In den Bus stiegen noch zwei Mütter mit ihren drei Kindern im Alter von ca. 6 Jahren, mehrere ältere und jüngere Ehepaare und zwei junge Männer. Einer von ihnen setzte sich neben mich und stellte sich mit David Rosenbaum vor. Die pfundige Dame hatte zwei Sitzplätze inne, was ihr auch niemand streitig machen wollte. Der zweite junge Mann setzte sich ihr gegenüber zu Wuschel. Im Laufe der Fahrt kramten alle etwas zum Essen heraus. Die pfundige Dame aß Konfekt, andere ein Butterbrot, bis auf einmal ein impertinenter Käsegeruch durch den Bus strömte. Auf der Suche nach dem Käsebrot, fiel der Blick eines der Kinder auf den jungen Mann neben Wuschel. Der Junge rief laut: „der hat ja die Schuhe ausgezogen.“ Der Käsemann grinste. Aber das Grinsen verging ihm, als ihn die Mutter des Jungen streng aufforderte, schnell wieder die Schuhe anzuziehen. Die Mutter des Jungen meinte noch zu ihrem Sohn: „Jetzt weißt Du, warum das Waschen der Füße so wichtig ist.“ Alle lachten, nur der Käsemann, der natürlich nicht.
Als es etwas wieder ruhiger war, ging Wuschel nach vorne, lieh sich vom Busfahrer das Mikrophon aus und hielt einen Vortrag über Juden, die seit Martin Luther vornehmlich von Christen verfolgt würden. Noch heute wären viele Christen antisemitisch eingestellt. Als David Rosenbaum den Einwand brachte, dass Israel von Deutschland unterstützt wird, wurde er von Wuschel zurechtgewiesen „wenn Du keine Ahnung hast, dann einfach mal Klappe halten.“ David Rosenbaum ließ sich nicht einschüchtern und fragte, ob Wuschel denn schon mal in Israel gewesen wäre oder Juden oder antisemitische Christen persönlich kenne. Da meldete sich die pfundige Dame und meinte, dass David von Wuschel viel lernen könne und wenn er das nicht will, bei seinesgleichen bleiben soll. Es ginge schließlich auch hier um die Wahrheit. Alle schienen eingeschüchtert zu sein, nur die Mutigen, die natürlich nicht.
Nach seinem Vortrag kramte Wuschel einige Zettel heraus und verkündete:
„Das hier ist eine Aufforderung an die Kirchen, die Politik gegenüber den Juden in Israel zu verbessern und sich von Martin Luther abzuwenden.“ Gute Christen würden seinen Antrag unterstützen und sollten unterschreiben. Alle unterschrieben, nur diejenigen, die noch bei Trost waren, die natürlich nicht.
Nun kehrte Nachtruhe kehrte ein, die meisten schliefen, bis kleine Wellen von lauten Sägegeräuschen den Bus durchwebten. Aber auch ärgerliche Blicke, auf die pfundige Dame gerichtet, halfen da nicht weiter. Alle wachten auf, nur die Tauben, die natürlich nicht.
Der Busfahrer versuchte, die Fahrgäste durch Musik abzulenken und die Geräusche zu übertönen. Zuerst spielte er Hoppladi-Hopplada von den Beatles vor, was breite Zustimmung fand. Die pfundige Dame wachte auf. Nun wählte der Busfahrer Klezmer-Musik aus. Damit waren alle einverstanden, nur natürlich Wuschel und die pfundige Dame, die natürlich nicht.
Als wir an unserem Reiseziel in Asturien ankamen, wurden wir herzlich begrüßt und gefragt, ob wir auf unserer Fahrt bereits die Naturwunder und Schönheiten der Landschaften genossen hätten. Alle stimmten erfreut zu, nur die Blinden, die natürlich nicht.
Kommentare
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(Nutzer gelöscht) 06.04.2020 21:34
Bluehorse, du weißt deine Zeit zu nutzen. Spannend, was dir so einfällt! Danke! 😊
Robert3 06.04.2020 21:36
Danke für deine klasse Kurzgeschichten.
Ich stelle mir beim lesen immer vor, dass Torsten Sträter sie vorlesen würde. Das passt irgendwie vom Erzählstil😊
Ich stelle mir beim lesen immer vor, dass Torsten Sträter sie vorlesen würde. Das passt irgendwie vom Erzählstil😊
(Nutzer gelöscht) 06.04.2020 21:42
Super geschrieben. 👍
Musste dabei an einige Blogs von CsC denken. 😉
Musste dabei an einige Blogs von CsC denken. 😉
(Nutzer gelöscht) 06.04.2020 21:51
Ich auch
(Nutzer gelöscht) 06.04.2020 21:52
Kommt wohl nicht von ungefähr.
(Nutzer gelöscht) 06.04.2020 21:54
Vielleicht kommt ja jetzt die allabendliche Zusammenfassung in dieser Variante. 🙂
Friedensstifter 06.04.2020 22:59
Oh "Bluehorse"... es ist schon lange her, dass ich sooo spontan und von Herzen gelacht habe und mich zwischendurch beruhigen musste ... aber ich wollte ja noch bis zum Ende lesen... 😅😅😅😅😅😅😅
"Wuschel & Co" und die Kreuzworträtsel-Tante waren einfach herrlich👍👍👍
Einfach köstlich und herrlich dein Humor...
Wann kommt dein Buch heraus? 😅😅😅
"Wuschel & Co" und die Kreuzworträtsel-Tante waren einfach herrlich👍👍👍
Einfach köstlich und herrlich dein Humor...
Wann kommt dein Buch heraus? 😅😅😅
Bluehorse 07.04.2020 01:10
UP66
"Bluehorse Wirst du jetzt zum Geschichtenerzähler? Das muß ich nicht erst werden.
"Bluehorse Wirst du jetzt zum Geschichtenerzähler? Das muß ich nicht erst werden.
(Nutzer gelöscht) 07.04.2020 01:44
Lieber Bluehorse,
danke für das 'Dich zeigen' durch Deine phantasievollen Essays. 😊
Ich stimme DB0103 insofern zu, als das Dein Essay gewisse Parallelen zu einigen Blogs aus jüngster Zeit aufweisen - durchaus amüsant und lesenswert. 👍😃
danke für das 'Dich zeigen' durch Deine phantasievollen Essays. 😊
Ich stimme DB0103 insofern zu, als das Dein Essay gewisse Parallelen zu einigen Blogs aus jüngster Zeit aufweisen - durchaus amüsant und lesenswert. 👍😃
(Nutzer gelöscht) 07.04.2020 01:45
* aufweist...sorry
(Nutzer gelöscht) 07.04.2020 08:37
Die Geschichte erinnert mich etwas an den genialen Mr. C.S Lewis , die große
Scheidung- die Herrschaften begaben sich auch auf eine Reise mit dem Bus in den Himmel-
ein Meisterwerk.
Danke, auch deine Geschichte liest sich mit humorvollen Zügen, mit farbiger Phantasie geschmückt und regt mittels einer Prise Ironie zum Denken an.
Scheidung- die Herrschaften begaben sich auch auf eine Reise mit dem Bus in den Himmel-
ein Meisterwerk.
Danke, auch deine Geschichte liest sich mit humorvollen Zügen, mit farbiger Phantasie geschmückt und regt mittels einer Prise Ironie zum Denken an.