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Für Tobias

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Misio 21.07.2013 23:46
Allen eine gute,

ruhige und geborgene Nacht.

Reinhard
 
Misio 22.07.2013 00:00
Wer sich mit den Gedichten und Liedern

von Paul Gerhardt beschäftigt,

interessiert sich früher oder später auch für sein Leben und die Orte, an denen er gelebt hat.

Geboren ist er am 12. März 1607 in Gräfenhainichen.
Sein Vater war Gastwirt und zeitweilig Bürgermeister. Seine Mutter Dorothea stammt aus dem Hause des Superintendenten. Gräfenhainichen heute zu besuchen lohnt sich. Die Stadt hält sein Andenken lebendig. Die Paul Gerhardt Kapelle zeigt seine Welt damals und auch viele Druckerzeugnisse früherer und heutiger Zeit. Im Internet „Gräfenhainichen“ kann man einen virtuellen Blick in die Kapelle und auf die Schautafeln werfen.

Mit 15 Jahren, die Eltern sind bereits gestorben, besucht er die sächsische Fürstenschule in Grimma, ein humanistisches Bildungsinternat mit klösterlich strengem Tageslauf.
Latein war dort die Umgangssprache in der Schule. Grenzt es nicht an ein Wunder, dass er später so meisterlich seine Gedanken in der deutschen Muttersprache ausdrücken konnte?

Im Jahr 1628, im Alter von 21 Jahren beginnt Paul Gerhardt das Studium der Theologie in Wittenberg. Dort war die Hochburg des Luthertums, in reiner Lehre und rechtem Leben.

Dies prägt ihn zeitlebens im Wissen und Gewissen.
Er bleibt 15 Jahren in Wittenberg. War er ein ewiger Student? Doch es sind ja auch die Wirren des 30jährigen Krieges. Einmal besucht er seinen Heimatwort: Alles liegt in Trümmern. Sein Bruder Christian stirbt wenig später mit 31 Jahren an der Pest.
Solche Schreckensbilder von Hungernot und Feuersbrunst, Katastrophen und Krankheiten wird er nie mehr los.
Selbst in seinen hellsten Jubelliedern stehen dunkle Wolken am Horizont.

Noch mit 36 Jahren signiert er ein Hochzeitsgedicht mit „Theologiae Studiosus“. Und dann wird er Privatlehrer im Hause des Kammergerichtsadvokaten Andreas Berthold in Berlin, dem Vater seiner späteren Braut.

In Berlin begegnet er Johann Crüger, dem hochgebildeten Kantor und Musiklehrer am Gymnasium, der 1647 sein erfolgreiches Gesangbuch „Praxis pietatis melica – Das ist Übung der Gottseligkeit in christlichen und trostreichen Gesängen“ herausgibt. 18 Gedichte Gerhardts mit neuen Melodien erscheinen darin.

Das ist eine der Sternstunden der Liedgeschichte. Der Anteil an Gerhardts Liedern steigt bis 1661 auf 95.

1651 erfolgt dann doch die Einführung als Pfarrer und Propst in Mittenwalde und 1655 die Trauung mit Anna Maria Berthold. Tochter Elisabeth stirbt 1657, noch kein Jahr alt.
Ende Mai 1657 erfolgt die Berufung durch den Berliner Magistrat auf die Pfarrstelle an der dortigen Nikolaikirche. Tochter Anna Katharina wird nur gut ein Jahr alt. Auch Sohn Andreas lebt nur kurz. 1662 wird Sohn Paul Friedrich geboren und lebt bis 1716. Sohn Andreas Christian, 1665 geboren, stirbt noch im Jahr seiner Geburt. Und im März 1668 stirbt Gerhards Frau Anna Maria.

Infolge des Konfessionsstreites um das „Toleranzedikt“ des Kurfürsten Friedrich Wilhelm verliert er seine Pfarrstelle.

Außerhalb des Machtbereichs des Kurfürsten wird er Pfarrer in Lübben, wo er am 27. Mai 1676 stirbt.

Mitten im Konfessionsstreit, seines Amtes enthoben, gibt der Nachfolger Crügers im Nikolaikontorat, Johann Georg Ebeling, in zehn Lieferungen die erstes Gesamtausgabe Gerhardtscher Lieder (120) heraus.

So haben viele Christen schon zu Lebzeiten Paul Gerhardts seine Lieder gekannt und gesungen. Und da Crügers Gesangbuch auch in späteren Jahrzehnten oft nachgedruckt wurde, haben sich seine Lieder tief in die Herzen der Menschen eingeprägt.
Da in seinen Liedern die Themen Advent, Weihnachten, Passion, Ostern, Pfingsten bis Morgen und Abend vorkamen, passten seine Lieder auch weiterhin. Die menschlichen Schicksalsschläge wiederholen sich in jeder Generation, so dass seine Trostlieder auch in späterer Zeit trösten können.
Das ist wohl auch das Geheimnis, warum auch in unseren Tagen so manches Paul Gerhardt Lied noch passt.

Wie stark seine Lieder biblische Bezüge haben, kann man allein schon daran sehen, dass ich in meiner Erarbeitung der 139 Paul Gerhardt Lieder im Inhaltsverzeichnis bei 51 Liedern deren biblischen Bezug mit Bibelstelle genannt habe: www.kirchehoechstenbach.de .

Schön wäre z.B., wenn seine Nachdichtung zu Psalm 23 wieder gesungen würde:

1. Der Herr, der aller Enden / regiert mit seinen Händen, / der Brunn, der ewgen Güter, / der ist mein Hirt und Hüter.
2. So lang sich diesen habe, / fehlt mirs an keiner Gabe, / der Reichtum seiner Fülle / gibt mir die Füll und Hülle.
3. Er lässet mich mit Freuden / auf grüner Aue weiden, / führt mich zu frischen Quellen, / schafft Rat in schweren Fällen.
12. Ich will dich hier auf Erden / und dort, da wird dich werden / selbst schaun, im Himmel droben / hoch rühmen, singn und loben.

Von der Wirkungsgeschichte seiner Lieder lassen sich ganze Bücher schreiben.

Christian Bunners, der Präsident unserer Paul Gerhardt Gesellschaft, hat sein Buch über den Liederdichter genannt: Paul Gerhardt – Weg. Werk. Wirkung. Darin gibt es den Abschnitt: Gerhardt-Lieder in Dietrich Bonhoeffers Lebens. Dietrich Bonhoeffer schreibt am 18. November 1943 aus der Gefängniszelle: „In den ersten zwölf Tagen, in denen ich hier als Schwerverbrecher abgesondert und behandelt wurde, hat sich Paul Gerhardt in ungeahnter Weise bewährt…“.

Rudolf Alexander Schröder, selbst ein namhafter Kirchenlieddichter, der ebenfalls im Evangelischen Gesangbuch vorkommt, bekennt: „Es ist mir immer, als ginge die Sonne auf, wenn der Name Paul Gerhardt in mein Gedächtnis tritt“.

Dass Johann Sebastian Bach für seine Musik etliche Paul Gerhardt Lieder aufnahm, hat dazu geführt, dass mit seiner Musik auch Paul Gerhardt in alle Welt getragen wurde.
So liegt es heute an uns, den Pfarrerinnen und Pfarrern, den Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern, dass Paul Gerhardts Erbe heute als hilfreich für Leben und Glauben erlebt wird. Gott segne darin unser Bemühen.

Christian Hählke, Pfarrer in Höchstenbach/Westerwald
 
(Nutzer gelöscht) 22.07.2013 16:21
Danke, Misio, für die interessante Lebensgeschichte von Paul Gerhardt.

Und ich finde es wäre auch sehr schön, wenn in den Gemeinden wieder vermehrt seine Lieder gesungen und gespielt werden.
 
Misio 22.07.2013 17:38
Wenn man um seine Lebensumstände weiß,

und dann seine Lieder hört . . .

dann wird einem das unglaublich große Gottvertrauen dieses Mannes und auch das von Gott getragen werden deutlich.

Er hätte an den Umständen zerbrechen können, hat aber in vielfältiger Weise andere ermutigt.


Er hat es umgesetzt:

Danken schützt vor Wanken -

Loben zieht nach Oben !
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