Wohin gehst du?

Wohin gehst du?
Der Heilige Geist hat die Jungfrau Maria überschattet (Lk 1,35) und am Pfingsttag den Aposteln Kraft gegeben. Er überschattete Maria, um die Wucht des Herabkommens Gottes in ihren jungfräulichen Leib abzumildern; die Apostel wollte er „mit der Kraft aus der Höhe erfüllen“. (Lk 24,49), also aus glühender Liebe... Wie hätten sie denn, schwach wie sie waren, ihre Sendung erfüllen und über den Tod triumphieren können ohne diese Liebe, die „so stark ist wie der Tod“? Wie hätten sie es verhindern können, dass „die Mächte der Unterwelt sie überwältigten“ und ohne „die Leidenschaft, die hart ist wie die Unterwelt“? (Mt 16,18; Hld 8,6) Einige von denen, die ihren Eifer sahen, glaubten gar, sie seine betrunken (Apg 2,13). Sie waren tatsächlich trunken, aber von einem neuen Wein... von dem, den der „wahre Weinstock“ vom Himmel herbeifließen ließ, von dem, „der das Herz des Menschen erfreut“ (Joh 15,1; Ps 103,15)... Für die Bewohner der Erde war es neuer Wein, der Himmel aber war voll davon..., er floss in Strömen auf die Straßen und Plätze der heiligen Stadt, wo er Freude in den Herzen verbreitete...

Es gab also im Himmel einen besonderen Wein, den die Erde nicht kannte. Aber auch die Erde hatte etwas, was nur sie hatte und was ihren Ruhm ausmachte, nämlich das Fleisch Christi – und die Himmel hatten dürsteten nach der Gegenwart dieses Fleisches! Wer könnte denn diesen so sicheren und gnadenreichen Austausch zwischen Himmel und Erde, zwischen Engeln und Aposteln verhindern, mit dem die Erde in den Besitz des Heiligen Geistes und der Himmel in den Besitz des Fleisches Christi kam?... „Wenn ich nicht fortgehe“, sagte Jesus, „wird der Beistand nicht zu euch kommen.“ Das bedeutet: wenn ihr nicht loslasst, was ihr liebt, erhaltet ihr nicht, was ihr ersehnt. „Es ist gut für euch, dass ich fortgehe“, und dass ich euch von der Erde in den Himmel bringe, vom Fleisch zum Geist; denn der Vater ist Geist, der Sohn ist Geist, und auch der Heilige Geist ist Geist... Und der Vater, „der Geist Ist, sucht Beter, die ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten“ (Joh 4,23-24).


Bernhard von Clairvaux (1090 - 1153), Zisterziensermönch, Abt und Kirchenlehrer
3. Predigt zu Pfingsten
Es ist gut für euch, dass ich fortgehe

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Jetzt aber gehe ich zu dem, der mich gesandt hat, und keiner von euch fragt mich: Wohin gehst du?
Vielmehr ist euer Herz von Trauer erfüllt, weil ich euch das gesagt habe.
Doch ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, daß ich fortgehe. Denn wenn ich nicht fortgehe, wird der Beistand nicht zu euch kommen; gehe ich aber, so werde ich ihn zu euch senden.
Und wenn er kommt, wird er die Welt überführen (und aufdecken), was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist;
Sünde: daß sie nicht an mich glauben;
Gerechtigkeit: daß ich zum Vater gehe und ihr mich nicht mehr seht;
Gericht: daß der Herrscher dieser Welt gerichtet ist.

Johannes 16,5-11.

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