Gericht hebt Immunität und Privilegien der Regierung für die Bill & Melinda Gates Foundation auf
von Joe Macharia amMontag, 25. November 2024 - 12:24 Uhr
PCS Musalia Mudavadi durchschneidet bei der Eröffnung des Büros von Bill und Melinda Gates in Nairobi ein Band.
Am Montag erließ das Oberste Gericht in einer von der kenianischen Rechtsanwaltskammer (LSK) eingereichten Petition einstweilige Verfügungen zur Aufhebung der Immunität und Privilegien, die der Bill & Melinda Gates Foundation gemäß dem Privileges and Immunities Act gewährt wurden.
Mit der Legal Notice Nr. 157 im Kenya Gazette Supplement Nr. 181 gewährte die Regierung Gates‘ Stiftung besondere Privilegien und machte sie in Kenia zu einer wohltätigen Stiftung mit Sonderrechten.
Die Privilegien ermöglichten der Stiftung die Durchführung von Verträgen, Rechtsstreitigkeiten und Immobilientransaktionen innerhalb des Landes und ermöglichten ihr zudem rechtliche Immunität.
„Bis zur Anhörung der Parteien und Entscheidung über den Antrag vom 22.11.2024 wird hiermit eine einstweilige Verfügung erlassen,
mit der die Anordnung über die Vorrechte und Immunitäten (Bill & Melinda Gates Foundation) von 2024 ausgesetzt wird, die als rechtliche Mitteilung Nr. 157 vom 19.09.2024 vom Kabinettssekretär für auswärtige Angelegenheiten und Diasporaangelegenheiten erlassen und in der Sonderausgabe der Beilage Nr. 181 der Kenya Gazette vom 04.10.2024 veröffentlicht wurde“, heißt es in Auszügen aus dem Urteil des Obersten Gerichtshofs.
In seinem Urteil verbot Richter Bahati Mwamuye der Stiftung und ihren Direktoren,
leitenden Angestellten, Mitarbeitern und Vertretern, die unter ihrer Autorität handeln, jegliche Privilegien und Immunitäten gemäß dem Privileges and Immunities Act zu genießen oder weiterhin zu genießen.
Die Angelegenheit wird am 5. Februar 2025 erwähnt, um die Einhaltung zu bestätigen und einen vorrangigen Anhörungstermin für die Hervorhebung der schriftlichen Eingaben in Bezug auf den Antrag oder die Petition festzulegen.
Richter Mwamuye warnte, dass die Nichtbefolgung der Gerichtsanordnungen rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen werde. „Beachten Sie, dass jeder Ungehorsam oder jede Nichtbefolgung der hiermit zugestellten Gerichtsanordnung strafrechtliche Konsequenzen für Sie und alle anderen Personen nach sich ziehen wird, die diese Anordnung missachten und nicht befolgen“, warnte er.
Das Urteil des Obersten Gerichtshofs erging, nachdem der Präsident der kenianischen Rechtsanwaltskammer am 11. November vor Gericht die Aufhebung der der Bill & Melinda Gates Foundation gewährten Privilegien beantragt hatte.
Bis zum Abschluss des Falles wies das Gericht den Antragsteller an, den Antragsgegnern und den interessierten Parteien den Antrags- und Gerichtsbeschluss bis zum Geschäftsschluss des 26. November zuzustellen und diesbezüglich bis zum Geschäftsschluss des 27. November eine eidesstattliche Erklärung über die Zustellung einzureichen.
In einer amtlichen Mitteilung vom 23. Oktober erklärte Premierminister CS Musalia Mudavadi, der Stiftung sei Immunität für alle ihre Operationen im Land gewährt worden, was bei den Kenianern für Verwunderung über die Folgen dieses Schritts sorgte.
Der Stiftung wurden ähnliche Privilegien gewährt wie Diplomaten, darunter Steuerbefreiungen und Immunität vor Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit ihren offiziellen Pflichten. Mudavadi argumentierte, dass die Gates-Stiftung eine gemeinnützige Stiftung sei, die in über 140 Ländern weltweit Armut, Krankheiten und Ungleichheit bekämpfe, was sie zu einem Begünstigten von Abschnitt 11 des Privileges and Immunities Act mache.
Am 27. Oktober stellte die Gates-Stiftung Einzelheiten bezüglich der Immunität und des Schutzes aller kenianischen Beamten klar.
In einer Stellungnahme ihres stellvertretenden Direktors für globale Kommunikation in Afrika, Buhle Makamanzi, gab die Stiftung an, dass die Immunitätsvereinbarung im Rahmen des kenianischen Gesetzes über Vorrechte und Immunitäten falle und ähnlichen Vereinbarungen entspreche, die anderen Stiftungen gewährt worden seien.
neues Horrorszenarium vom obersten Gericht in Deutschland abgesegnet
26.11.2024 14:38
neues Horrorszenarium vom obersten Gericht in Deutschland abgesegnet
26.11.2024 14:38
neues Horrorszenarium vom obersten Gericht in Deutschland abgesegnet
Medizinische Behandlungen unter Zwang sind nur in besonderen Situationen möglich und bislang auch nur in Krankenhäusern. Das Bundesverfassungsgericht verlangt nun in bestimmten Fällen eine andere Regelung.
Bundesverfassungsgericht: Ärztliche Zwangsmaßnahmen künftig auch außerhalb von Krankenhäusern möglich
Bundesverfassungsgericht: Ärztliche Zwangsmaßnahmen künftig auch außerhalb von Krankenhäusern möglich
© Uli Deck / dpa
Zwangsbehandlungen durch Ärztinnen und Ärzte müssen unter bestimmten Voraussetzungen auch außerhalb von Kliniken zulässig sein. Das ausnahmslose Verbot entsprechender Maßnahmen ist teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden und verlangt eine entsprechende Änderung durch den Gesetzgeber. Die betroffene gesetzliche Regelung sei mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit teils unvereinbar, erklärte Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung. Das Urteil erging mit einer Mehrheit von fünf zu drei Stimmen der Richter. (Az. 1 BvL 1/24)
Strenge Voraussetzungen für Zwangsbehandlungen
Ärztliche Maßnahmen gegen den Willen von Patientinnen und Patienten sind nur als letztes Mittel und unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Das Gesetz sieht bisher unter anderem vor, dass sie nur »im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist« durchgeführt werden dürfen.
Grundsätzlich gilt: Ärztliche Zwangsmaßnahmen dürfen nur das letzte Mittel sein. Davor gibt es ein mehrstufiges Prüfverfahren. So muss die Maßnahme laut Gesetz etwa notwendig sein, »um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden vom Betreuten abzuwenden«.
Künftig auch in anderen Einrichtungen möglich
Dieser Krankenhausvorbehalt sei insofern nicht verhältnismäßig, wenn Betroffenen dadurch erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit drohen, so Harbarth. Diese Beeinträchtigungen müssten zudem in der Einrichtung, in der die Betroffenen untergebracht sind und die einen notwendigen Krankenhausstandard nahezu erreicht, vermieden oder zumindest signifikant reduziert werden können.
Bisher dürfen diese sogenannten ärztlichen Zwangsmaßnahmen aber nur in Krankenhäusern durchgeführt werden und nicht etwa in spezialisierten ambulanten Zentren, in Pflegeheimen oder im häuslichen Umfeld. Dabei handelt es sich etwa um das Setzen von Spritzen, das Abnehmen von Blut oder das Verabreichen von Medikamenten.
Verfassungsrichter gibt Sondervotum ab
Ein Richter vertrat eine andere Auffassung als die Mehrheit seiner Kollegen und gab deshalb ein Sondervotum ab. Wie das Gericht in einer Pressemitteilung bekanntgab, warnt der Verfassungsrichter Heinrich Amadeus Wolff vor einer Absenkung der Standards für die Behandlung von Patienten. Auch Patientenorganisationen hatten in der Vergangenheit ähnliche Befürchtungen geäußert. Um das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit zu erhalten, so Wolff, sei es auch möglich, auf Eingriffe zu verzichten. Der Gesetzgeber sollte deshalb gerade nicht verpflichtet werden, eine Neuregelung zu erlassen, wie von der Mehrheit seiner Richterkollegen verlangt.
Auch die Senatsmehrheit ging in ihrer Begründung auf diese Vorbehalte ein. Der Gesetzgeber habe aber in jedem Fall sicherzustellen, dass die Grundrechte sämtlicher Betroffener durch strenge Anforderungen weitestgehend geschützt würden. Vor allem dürfe eine ärztliche Zwangsmaßnahme immer nur als »letztes Mittel« ergriffen werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Thema dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil er die geltende Rechtslage für unvereinbar mit der Schutzpflicht des Staates hielt. Der Erste Senat folgte nun dieser Einschätzung. Den Gesetzgeber verpflichteten die Richterinnen und Richter bis Ende 2026 zu einer Neuregelung. Bis dahin gilt das bisherige Recht fort.
Bundesverfassungsgericht: Ärztliche Zwangsmaßnahmen künftig auch außerhalb von Krankenhäusern möglich
Bundesverfassungsgericht: Ärztliche Zwangsmaßnahmen künftig auch außerhalb von Krankenhäusern möglich
© Uli Deck / dpa
Zwangsbehandlungen durch Ärztinnen und Ärzte müssen unter bestimmten Voraussetzungen auch außerhalb von Kliniken zulässig sein. Das ausnahmslose Verbot entsprechender Maßnahmen ist teilweise unvereinbar mit dem Grundgesetz. Das hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden und verlangt eine entsprechende Änderung durch den Gesetzgeber. Die betroffene gesetzliche Regelung sei mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit teils unvereinbar, erklärte Gerichtspräsident Stephan Harbarth bei der Urteilsverkündung. Das Urteil erging mit einer Mehrheit von fünf zu drei Stimmen der Richter. (Az. 1 BvL 1/24)
Strenge Voraussetzungen für Zwangsbehandlungen
Ärztliche Maßnahmen gegen den Willen von Patientinnen und Patienten sind nur als letztes Mittel und unter strengen Voraussetzungen erlaubt. Das Gesetz sieht bisher unter anderem vor, dass sie nur »im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist« durchgeführt werden dürfen.
Grundsätzlich gilt: Ärztliche Zwangsmaßnahmen dürfen nur das letzte Mittel sein. Davor gibt es ein mehrstufiges Prüfverfahren. So muss die Maßnahme laut Gesetz etwa notwendig sein, »um einen drohenden erheblichen gesundheitlichen Schaden vom Betreuten abzuwenden«.
Künftig auch in anderen Einrichtungen möglich
Dieser Krankenhausvorbehalt sei insofern nicht verhältnismäßig, wenn Betroffenen dadurch erhebliche Beeinträchtigungen der körperlichen Unversehrtheit drohen, so Harbarth. Diese Beeinträchtigungen müssten zudem in der Einrichtung, in der die Betroffenen untergebracht sind und die einen notwendigen Krankenhausstandard nahezu erreicht, vermieden oder zumindest signifikant reduziert werden können.
Bisher dürfen diese sogenannten ärztlichen Zwangsmaßnahmen aber nur in Krankenhäusern durchgeführt werden und nicht etwa in spezialisierten ambulanten Zentren, in Pflegeheimen oder im häuslichen Umfeld. Dabei handelt es sich etwa um das Setzen von Spritzen, das Abnehmen von Blut oder das Verabreichen von Medikamenten.
Verfassungsrichter gibt Sondervotum ab
Ein Richter vertrat eine andere Auffassung als die Mehrheit seiner Kollegen und gab deshalb ein Sondervotum ab. Wie das Gericht in einer Pressemitteilung bekanntgab, warnt der Verfassungsrichter Heinrich Amadeus Wolff vor einer Absenkung der Standards für die Behandlung von Patienten. Auch Patientenorganisationen hatten in der Vergangenheit ähnliche Befürchtungen geäußert. Um das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit zu erhalten, so Wolff, sei es auch möglich, auf Eingriffe zu verzichten. Der Gesetzgeber sollte deshalb gerade nicht verpflichtet werden, eine Neuregelung zu erlassen, wie von der Mehrheit seiner Richterkollegen verlangt.
Auch die Senatsmehrheit ging in ihrer Begründung auf diese Vorbehalte ein. Der Gesetzgeber habe aber in jedem Fall sicherzustellen, dass die Grundrechte sämtlicher Betroffener durch strenge Anforderungen weitestgehend geschützt würden. Vor allem dürfe eine ärztliche Zwangsmaßnahme immer nur als »letztes Mittel« ergriffen werden.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das Thema dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil er die geltende Rechtslage für unvereinbar mit der Schutzpflicht des Staates hielt. Der Erste Senat folgte nun dieser Einschätzung. Den Gesetzgeber verpflichteten die Richterinnen und Richter bis Ende 2026 zu einer Neuregelung. Bis dahin gilt das bisherige Recht fort.
Kommentare
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calando 28.11.2024 17:19
Gesundheitsdiktatur voraus: Karlsruhe erlaubt ärztliche Zwangsmaßnahmen auch außerhalb von Kliniken
von Alexander Schwarz
-
26. November 2024
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem heutigen Urteil das ausnahmslose Verbot von ärztlichen Zwangsmaßnahmen außerhalb von Krankenhäusern für teilweise verfassungswidrig erklärt. Dies bezieht sich auf Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nur beschränkt entscheidungsfähig sind und sich deshalb in rechtlicher Betreuung befinden. Bislang sieht das Gesetz vor, das Behandlungen gegen den erklärten Willen solcher Patienten nur „im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist" durchgeführt werden dürfen.
Dagegen war der Betreuer einer Frau mit paranoider Schizophrenie vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, weil er der Ansicht war, die Frau würde in der Klinik retraumatisiert. In der Vergangenheit habe sie teils fixiert werden müssen und einen Spuckschutz bekommen, um zur zwangsweisen Behandlung in die Klinik gebracht zu werden.
In der Realität erhebliche Risiken
Der BGH gab die Frage an das Verfassungsgericht weiter – das nun entschied, dass die Regelung bis Ende 2026 geändert werden muss. Ausnahmen vom Krankenhauszwang seien, wenn Betreuten bei der Behandlung im Krankenhaus eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit drohe und wenn dieses Risiko bei einer Behandlung in ihrer Wohneinrichtung deutlich reduziert werde und diese zudem eine “gute medizinische Versorgung” biete.
Was zunächst wie eine Entlastung für die Patienten erscheint, birgt in der Realität die große Gefahr, dass hilflose Menschen der Willkür von Ärzten und Pflegepersonal in ihren jeweiligen Einrichtungen ausgesetzt werden. Denn mit dem Wegfall der Behandlungspflicht in einem Krankenhaus entfällt auch die Möglichkeit, dass sich interdisziplinäre Fachleute außerhalb der gewöhnlichen Umgebung der Patienten einen Eindruck über deren Zustand verschaffen können. René Talbot, vom Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, kritisierte, mit dem Urteil sei auch außerhalb von Kliniken eine zwangsweise Verabreichung von Medikamenten oder eine Fixierung, zum Beispiel zu Hause, gestattet. „Die Schutzpflicht des Staats gegenüber den Bürgern wird mit diesem Urteil auf perfide Weise ins Gegenteil verkehrt“, erklärte er.
Auch im Senat große Uneinigkeit
Genau das ist leider wohl der Normalfall: Ganz oder teilweise hilflose Menschen werden damit in vielen Fällen endgültig in ihrer gewöhnlichen Umgebung eingesperrt, aus der nichts nach außen dringt. Was dort geschieht, ist nicht mehr erkennbar, während die Verbringung in ein Krankenhaus zumindest die Möglichkeit bot, dass eventuelle Fehlbehandlungen oder gar Misshandlungen erkannt werden. Das Urteil des Ersten Senats fiel denn auch nicht einstimmig, sondern mit fünf zu drei Stimmen. Verfassungsrichter Heinrich Amadeus Wolff erkannte die Gefahr, dass durch die Entscheidung die Schutzstandards bei Zwangsbehandlungen abgesenkt werden könnten, und gab dies in einer abweichenden Sondermeinung zu Protokoll.
Auch das Bundesjustizministerium hatte bereits im Juli dieses Jahres geltend gemacht, dass in Krankenhäusern multiprofessionelle Teams ihre Expertise einbringen könnten. Doch von alledem ließ sich die Mehrheit des Ersten Senats in Karlsruhe nicht beeindrucken. Gerade wenn die nächste „Pandemie“ ausgerufen wird oder der Staat sich sonstige Willkürmaßnahmen ausdenkt, werden demente, psychisch kranke oder behinderte Menschen ab 2027 noch leichtere Opfer sein als bisher; schlimmstenfalls könnten dann sogar häusliche Zwangsimpfungen unter ärztlicher und gesundheitspolizeilicher Gewaltandrohungen zur Anwendungen gelangen. In diesem Deutschland gibt es seit Corona ja nichts, was es nicht gibt. Alles ist hier inzwischen möglich.
von Alexander Schwarz
-
26. November 2024
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem heutigen Urteil das ausnahmslose Verbot von ärztlichen Zwangsmaßnahmen außerhalb von Krankenhäusern für teilweise verfassungswidrig erklärt. Dies bezieht sich auf Menschen, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nur beschränkt entscheidungsfähig sind und sich deshalb in rechtlicher Betreuung befinden. Bislang sieht das Gesetz vor, das Behandlungen gegen den erklärten Willen solcher Patienten nur „im Rahmen eines stationären Aufenthalts in einem Krankenhaus, in dem die gebotene medizinische Versorgung des Betreuten einschließlich einer erforderlichen Nachbehandlung sichergestellt ist" durchgeführt werden dürfen.
Dagegen war der Betreuer einer Frau mit paranoider Schizophrenie vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, weil er der Ansicht war, die Frau würde in der Klinik retraumatisiert. In der Vergangenheit habe sie teils fixiert werden müssen und einen Spuckschutz bekommen, um zur zwangsweisen Behandlung in die Klinik gebracht zu werden.
In der Realität erhebliche Risiken
Der BGH gab die Frage an das Verfassungsgericht weiter – das nun entschied, dass die Regelung bis Ende 2026 geändert werden muss. Ausnahmen vom Krankenhauszwang seien, wenn Betreuten bei der Behandlung im Krankenhaus eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer körperlichen Unversehrtheit drohe und wenn dieses Risiko bei einer Behandlung in ihrer Wohneinrichtung deutlich reduziert werde und diese zudem eine “gute medizinische Versorgung” biete.
Was zunächst wie eine Entlastung für die Patienten erscheint, birgt in der Realität die große Gefahr, dass hilflose Menschen der Willkür von Ärzten und Pflegepersonal in ihren jeweiligen Einrichtungen ausgesetzt werden. Denn mit dem Wegfall der Behandlungspflicht in einem Krankenhaus entfällt auch die Möglichkeit, dass sich interdisziplinäre Fachleute außerhalb der gewöhnlichen Umgebung der Patienten einen Eindruck über deren Zustand verschaffen können. René Talbot, vom Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener, kritisierte, mit dem Urteil sei auch außerhalb von Kliniken eine zwangsweise Verabreichung von Medikamenten oder eine Fixierung, zum Beispiel zu Hause, gestattet. „Die Schutzpflicht des Staats gegenüber den Bürgern wird mit diesem Urteil auf perfide Weise ins Gegenteil verkehrt“, erklärte er.
Auch im Senat große Uneinigkeit
Genau das ist leider wohl der Normalfall: Ganz oder teilweise hilflose Menschen werden damit in vielen Fällen endgültig in ihrer gewöhnlichen Umgebung eingesperrt, aus der nichts nach außen dringt. Was dort geschieht, ist nicht mehr erkennbar, während die Verbringung in ein Krankenhaus zumindest die Möglichkeit bot, dass eventuelle Fehlbehandlungen oder gar Misshandlungen erkannt werden. Das Urteil des Ersten Senats fiel denn auch nicht einstimmig, sondern mit fünf zu drei Stimmen. Verfassungsrichter Heinrich Amadeus Wolff erkannte die Gefahr, dass durch die Entscheidung die Schutzstandards bei Zwangsbehandlungen abgesenkt werden könnten, und gab dies in einer abweichenden Sondermeinung zu Protokoll.
Auch das Bundesjustizministerium hatte bereits im Juli dieses Jahres geltend gemacht, dass in Krankenhäusern multiprofessionelle Teams ihre Expertise einbringen könnten. Doch von alledem ließ sich die Mehrheit des Ersten Senats in Karlsruhe nicht beeindrucken. Gerade wenn die nächste „Pandemie“ ausgerufen wird oder der Staat sich sonstige Willkürmaßnahmen ausdenkt, werden demente, psychisch kranke oder behinderte Menschen ab 2027 noch leichtere Opfer sein als bisher; schlimmstenfalls könnten dann sogar häusliche Zwangsimpfungen unter ärztlicher und gesundheitspolizeilicher Gewaltandrohungen zur Anwendungen gelangen. In diesem Deutschland gibt es seit Corona ja nichts, was es nicht gibt. Alles ist hier inzwischen möglich.
Bundesverfassungsgericht: Ärztliche Zwangsmaßnahmen sollen auch außerhalb von Krankenhäusern möglich sein
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