Christlicher Zionismus
05.09.2024 15:07
Christlicher Zionismus
05.09.2024 15:07
Christlicher Zionismus
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von Detlef Löhde
Der Staat Israel und der „christliche Zionismus“
In der evangelikalen Verkündigung und Theologie ist seit geraumer Zeit eine besorgniserregende Akzentverschiebung zu beobachten. Nach allgemein neutestamentlichem, kirchlichem und insbesondere reformatorischem Verständnis hat unser Herr und Erlöser, der gekreuzigte und auferstandene Herr Jesus Christus, im Mittelpunkt der Verkündigung und des persönlichen Glaubens zu stehen. Jesus Christus ist die Mitte der ganzen Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments. Denn allein er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh. 14, 6).
Da ist es besorgniserregend, wenn Schritt für Schritt andere Themen immer mehr an Gewicht gewinnen, in den Vordergrund drängen und Herzen und Sinne der Gläubigen mehr und mehr in Beschlag nehmen. Zu diesen Themen gehören die Fragen der Gegenwart und Zukunft Israels. Immer mehr evangelikale Christen machen dies zum Mittelpunkt ihrer Gedanken und Gespräche und vernachlässigen den Blick auf's Kreuz Christi, durch das er uns Vergebung und Erlösung geschenkt hat. Da wird das Wort des Apostels Paulus mahnend aktuell (1.Kor. 2, 2): „Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“
Natürlich gehört zur Botschaft Christi auch die Ankündigung seiner Wiederkunft am Ende der Zeit und Welt. Und, dass wir seine Mahnungen beherzigen, zu wachen und zu beten und auf die Vorzeichen seines Kommens zu achten. Doch ist uns kein genauer Zeit- und Ablaufplan gegeben, weder mit den Büchern Daniel und Jesaja noch mit der Offenbarung des Johannes. Wüssten wir aus ihnen schon alles, dann wären wir wissender als der Apostel Paulus und es bedürfte auch nicht mehr der Mahnung Jesu, wachsam zu sein, um nicht tödlich überrascht zu werden, wie die törichten Jungfrauen (Mt. 25). Für die auf die Endzeit und Wiederkunft Christi bezogenen prophetischen Worte gilt die Feststellung des Apostels Paulus (1. Kor. 13, 12):„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“
In Verbindung mit der Endzeit steht auch die Frage um Israel. Dazu hat uns der Apostel Paulus in den Kapitel 2 und 9 – 11 des Römerbriefes einiges geschrieben. Er hat uns gesagt, dass nicht die biologisch-fleischliche Abstammung von Abraham maßgeblich für die Zugehörigkeit zu Israel, zum Volk Gottes, ist (Röm. 2, 28; 9, 6-8), sondern der Glaube an Jesus Christus. Wer nach dem Kommen Christi zu Israel, zum Volk Gottes, gehört, hat er uns mit dem Bild des Ölbaumes vor Augen geführt (Röm. 11, 16 ff.). Die, die aus dem fleischlichen Israel nicht an Jesus Christus glauben, sind als Zweige herausgebrochen worden und die, die aus den Heidenvölkern stammen und an Jesus Christus glauben, sind in den Ölbaum, in das Volk Gottes, eingepfropft worden. Dieser Ölbaum mit den verbliebenen christusgläubig gewordenen Juden und den neu eingepfropften christusgläubigen Zweigen aus den Heidenvölkern ist das geistliche Israel, das Gottesvolk des Neuen Bundes. Gott hat sein Volk Israel also nicht verstoßen (Röm. 11, 1. 4-7), sondern welche um ihres Unglaubens willen ausgebrochen und welche um ihres Glaubens willen neu eingepfropft. Diesem geistlichen Israel gelten alle Verheißungen Gottes.
Da Paulus nach dem Fleisch ein Nachkomme Abrahams war, war er traurig über seine fleischlichen Stammesverwandten, die nicht an Christus glauben und als Zweige aus dem Ölbaum, aus dem Gottesvolk Israel, ausgebrochen worden sind (Röm. 9, 2.3). Paulus schreibt (Röm. 11, 25.26):
„Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist und so wird ganz Israel gerettet werden.“
Das Verständnis dieser Verse ist umstritten. Viele verstehen ihn heute so, dass am Ende der Zeit doch noch das ganze fleischliche Volk Israel zum Glauben an Jesus Christus kommen werde. Die alte Kirche und die Reformation bis hin zur Neuzeit kommt zu einem anderen Verständnis. Gott hat den Großteil der Juden verstockt und in dieser Zeit kommen viele aus den Heidenvölkern zum Glauben an Christus - werden viele geistlich in das Volk Israel eingepfropft. So – auf diese Weise – wird ganz Israel, nämlich das ganze geistliche Israel des Neuen Bundes gerettet. Der Unterschied zwischen den beiden Verständnissen liegt in der Beantwortung der Frage, ob kurz vor der Wiederkunft Christi noch eine große Bekehrung der Juden zu Christus erfolgen wird.
Ungeachtet dessen, zu welcher Einschätzung man bei der Frage kommt, erstaunt es, welche Beachtung und Bewunderung von etlichen Christen den aus Gründen ihres Unglaubens ausgebrochenen Zweigen – dem fleischlichen Israel - entgegen gebracht wird. Dass es mit den Israeliten, den Juden und dem Staat Israel etwas Besonderes auf sich hat, soll nicht in Frage gestellt werden. Die Israeliten und dann die Juden waren Empfänger und Träger der Offenbarung Gottes, und der Sohn Gottes, der Retter aller Völker, ist aus ihrem Fleisch hervorgegangen. So sind die Juden bis heute für alle Welt und Völker das lebende fleischliche Zeugnis der ergangenen Offenbarung Gottes. Jesus spricht (Mt. 24, 34): „Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht“ (Jesu Wiederkunft zum Gericht). Es ist doch wohl auch kein nur weltlich-politisches Geschehen und kein Zufall, dass die Juden 1948 wieder ihren eigenen Staat Israel gründen konnten, sondern es ist schon ein Zeichen Gottes. Aber damit ist nicht alles gut mit dem Staat Israel.
Was sehen wir, wenn wir den Staat Israel vom christlichen Glauben her betrachten? Er wurde von bewusst nichtreligiösen sozialistisch orientierten Juden vorbereitet und dann 1948 ausgerufen. Für die Geflüchteten und Überlebenden der Judenvernichtung Hitlers wurde er zur Rettung und neuen Heimat. Es wurde ein beachtlicher staatlicher, wirtschaftlicher und kultureller Aufbau geleistet, verbunden mit einer beeindruckenden militärischen Fähigkeit.
Doch das Zusammenleben mit der verbliebenen arabischen Bevölkerung der Palästinenser ist seit Staatsgründung katastrophal. Die Verantwortung dafür liegt auf beiden Seiten. Es begann mit Krieg, Flucht vieler Araber und erneuten Kriegen. Der antichristliche und zugleich antijüdische Islam schürt den Hass auf den Staat Israel. Die palästinensischen Angriffe und Terroranschläge konnte und kann der Staat Israel nicht hinnehmen.
Aber Israel, heute als der stärkere Part, mit seiner ständig weiteren Landnahme in Form der Siedlungspolitik, der Besatzung und Repression im West-Jordanland trifft eine beträchtliche Verantwortung und Mitschuld. Von den jüdischen National-Religiösen wird offen gesagt, dass die 3, 7 Millionen Palästinenser überhaupt kein Wohnrecht im West-Jordanland hätten, denn dieses Land wäre von Gott allein Israel zugesprochen worden. Aber selbst zu alttestamentlichen Zeiten haben Angehörige anderer Völker im Reich Israel und Juda gelebt. Sie durften nur nicht zum Heidentum verführen. National-religiöse Juden wollen aufgrund der alttestamentlichen Landverheißungen die derzeitigen Grenzen Israels weiter ausdehnen. Das heutige West-Jordanland sei doch das biblische Samaria. Viele evangelikale Christen stimmen all dem zu. Die Lebens- und Wohnrechte der arabischen Bevölkerung im Staat Israel und im Westjordanland interessieren und berühren sie nicht. Kann man so als Christ denken?
Hinsichtlich der Landverheißungen wird nicht zur Kenntnis genommen, dass sie sich im Lauf der alttestamentlichen Heilsgeschichte schon einmal erfüllt haben. Abrahams Nachkommen haben das Land Kanaan einnehmen können und nach der babylonischen Gefangenschaft durften die Juden wieder nach Jerusalem und Judäa zurückkehren.
Alle noch nicht erfüllten Verheißungen haben sich in und mit Jesus Christus in geistlicher Weise erfüllt. Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja, schreibt der Apostel Paulus (2. Kor. 1, 20). Wenn im Alten Bund Gott seinem fleischlichen Volk Israel das Land verheißen hat, dann erfüllt, ja, „übererfüllt“ sich das mit der Verheißung Jesu an das geistliche Israel des Neuen Bundes: „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen“ (Mt. 5, 5). Auf der ganzen Erde werden die Jünger Christi leben. Und das „verheißene gelobte Land“ ist für Christen die Ewigkeit Gottes. Die alttestamentlichen Verheißungen fürs irdische Leben Israels sind von Christus ins Geistliche transformiert worden. So gelten sie, wie Gott verheißen hat, für ewig - bis in die Ewigkeit hinein.
Wenn sich der säkulare Staat Israel auf alttestamentliche Landverheißungen beruft, dann soll er sich auch erinnern lassen, dass er den Fremdling nicht bedrücken und ihm äußere Gerechtigkeit gewähren soll, weil Israel selbst einmal Fremdling in Ägypten war (2. Mose 22, 20). Im Staat Israel (ohne West-Jordanland) leben 1, 7 Millionen Menschen arabischer Herkunft, das entspricht 21% der Staatsbevölkerung. Sie werden als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt. Im West-Jordanland leben 3, 7 Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung mit sehr eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Sie sind wirtschaftlich schlecht gestellt, im Transithandel auf Israel angewiesen und mangels eines eigenen Staates auch staatenlos.
Unter den Palästinensern sind auch ca. 10 % Christen. Kann man da unkritisch auf Israels Seite stehen, oder muss man nicht viel mehr mit diesen Christen solidarisch sein? Der Apostel Paulus schreibt (1. Kor. 12, 26.27; Gal. 6, 10): „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit … ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied“ und „lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen“.
An Friedenskompromissen ist die israelische Regierung seit Jahren nicht mehr glaubhaft interessiert. Sie genügt sich in ihrer Position der Stärke und der uneingeschränkten Solidarität der Diaspora-Juden und christlichen Zionisten.
Die gegenwärtigen religiösen Bindungen der jüdischen Israelis stellen sich wie folgt dar:
🔹 43 % Säkulare, einschließlich 15 -37 % erklärter Atheisten,
🔹 28 % Traditionelle, ohne strikte Befolgung der religiösen Gesetze,
🔹13 % Traditionelle, mit Beachtung der religiösen Gesetze,
🔹 10 % National-Orthodoxe, befürworten den Staat Israel und seine weitere Ausdehnung,
🔹 6% Ultra-Orthodoxe, lehnen den Staat Israel als nicht gottgewollt ab, erst der Messias wird einen gottgewolltes Reich Israel gründen.
Die Statistik zeigt, dass über zwei Drittel der Juden in Israel religiös uninteressiert bis abweisend sind. Eine Selbstkritik, Selbstprüfung und Glaubenssuche sowie eine Orientierung zum christlichen Glauben hin ist nicht erkennbar. Christliche Mission unter jüdischen Israelis wird behindert. In Israel leben nur 6000 – 15000 messianische Juden, meistens mit Herkunft aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion.
Bei dieser Sachlage ist es schwer verständlich, welche Bewunderung der Staat Israel bei evangelikalen Christen findet. Alles wird bedingungslos gerechtfertigt und bewundernd nachvollzogen. Die israelische Regierung bestätigt öffentlich, dass die evangelikalen Christen der USA und Europas ihre zuverlässigsten Freunde und Förderer sind. Diese bedingungslose Gefolgschaft begründet sich in dem falschen Schluss, dass wer Israel kritisiert, der kritisiert das Gottesvolk und damit Gott. Als Christ müsse man unverbrüchlich an der Seite des Staates Israels stehen, damit stehe man auf der Seite Gottes. Das ist eine alttestamentliche Sicht und der Irrtum des „christlichen Zionismus“. Wer an der Seite Christi und seiner Gemeinde steht, der steht auf Gottes Seite. Ich lese bei Paulus nicht, dass wir den von Gott herausgebrochenen Zweigen Recht und Bestätigung geben müssten. Selbst wenn man von einer Bekehrung der Juden am Ende der Zeit ausgeht, kann das doch nicht bedeuten, dass man heute die im Unglauben stehenden Juden bestätigen und bewundern müsse. Jesus und seine Apostel haben die Juden in ihrem Unglauben zur Buße gerufen!
Als Christen haben wir vom Herrn den unzweifelhaften Auftrag, ihnen das Evangelium zu bringen.
Äußerst besorgniserregend ist, dass bei vielen der Israel-Bewunderer das Thema in den Mittelpunkt ihres Glaubenslebens, ihres Herzens rückt – eine Versuchung und Verführung unter der Maske der Frömmigkeit. Da wird nur noch an Israel gedacht und von Israel gesprochen, so als sei es unfehlbar, vorbildhaft und heilig, als sei es dichter an Gott dran, als Menschen aus den Heidenvölkern, was Paulus nachdrücklich zurückweist (Röm. 3, 9). Das fleischliche Israel wird als Volk Gottes angesehen, das in der Endzeit Heil vermittelt, deshalb müsse man dicht dran bleiben. Gleichzeitig wird Jesus Christus, sein Wort, sein Kreuz, seine Vergebung, seine Verheißung immer nebensächlicher. Jesu Ehre wird unbewusst mehr und mehr geschmälert.
Mitunter feiert man die religiösen jüdischen Feste mit, obwohl Paulus sie abtut (Kol. 2, 16). Paulus sagt, wir haben ein anderes Passah-Lamm – Christus (1. Kor. 5, 7).
Nicht Israel, sondern allein Jesus Christus vermittelt uns das Heil.
Allein durch ihn und mit ihm kommt das Heil von den Juden (Joh. 4, 22).
Nicht mehr Zion und der Tempel, auch kein zukünftiger neuerbauter Tempel in der Endzeit sind Verheißung, Mittelpunkt und Stätte der Anbetung (Mt. 12, 6; Joh. 2, 19.20; 4, 20-26), sondern der Herr Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit (Hebr. 13,8). Amen
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von Detlef Löhde
Der Staat Israel und der „christliche Zionismus“
In der evangelikalen Verkündigung und Theologie ist seit geraumer Zeit eine besorgniserregende Akzentverschiebung zu beobachten. Nach allgemein neutestamentlichem, kirchlichem und insbesondere reformatorischem Verständnis hat unser Herr und Erlöser, der gekreuzigte und auferstandene Herr Jesus Christus, im Mittelpunkt der Verkündigung und des persönlichen Glaubens zu stehen. Jesus Christus ist die Mitte der ganzen Heiligen Schrift des Alten und Neuen Testaments. Denn allein er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh. 14, 6).
Da ist es besorgniserregend, wenn Schritt für Schritt andere Themen immer mehr an Gewicht gewinnen, in den Vordergrund drängen und Herzen und Sinne der Gläubigen mehr und mehr in Beschlag nehmen. Zu diesen Themen gehören die Fragen der Gegenwart und Zukunft Israels. Immer mehr evangelikale Christen machen dies zum Mittelpunkt ihrer Gedanken und Gespräche und vernachlässigen den Blick auf's Kreuz Christi, durch das er uns Vergebung und Erlösung geschenkt hat. Da wird das Wort des Apostels Paulus mahnend aktuell (1.Kor. 2, 2): „Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“
Natürlich gehört zur Botschaft Christi auch die Ankündigung seiner Wiederkunft am Ende der Zeit und Welt. Und, dass wir seine Mahnungen beherzigen, zu wachen und zu beten und auf die Vorzeichen seines Kommens zu achten. Doch ist uns kein genauer Zeit- und Ablaufplan gegeben, weder mit den Büchern Daniel und Jesaja noch mit der Offenbarung des Johannes. Wüssten wir aus ihnen schon alles, dann wären wir wissender als der Apostel Paulus und es bedürfte auch nicht mehr der Mahnung Jesu, wachsam zu sein, um nicht tödlich überrascht zu werden, wie die törichten Jungfrauen (Mt. 25). Für die auf die Endzeit und Wiederkunft Christi bezogenen prophetischen Worte gilt die Feststellung des Apostels Paulus (1. Kor. 13, 12):„Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.“
In Verbindung mit der Endzeit steht auch die Frage um Israel. Dazu hat uns der Apostel Paulus in den Kapitel 2 und 9 – 11 des Römerbriefes einiges geschrieben. Er hat uns gesagt, dass nicht die biologisch-fleischliche Abstammung von Abraham maßgeblich für die Zugehörigkeit zu Israel, zum Volk Gottes, ist (Röm. 2, 28; 9, 6-8), sondern der Glaube an Jesus Christus. Wer nach dem Kommen Christi zu Israel, zum Volk Gottes, gehört, hat er uns mit dem Bild des Ölbaumes vor Augen geführt (Röm. 11, 16 ff.). Die, die aus dem fleischlichen Israel nicht an Jesus Christus glauben, sind als Zweige herausgebrochen worden und die, die aus den Heidenvölkern stammen und an Jesus Christus glauben, sind in den Ölbaum, in das Volk Gottes, eingepfropft worden. Dieser Ölbaum mit den verbliebenen christusgläubig gewordenen Juden und den neu eingepfropften christusgläubigen Zweigen aus den Heidenvölkern ist das geistliche Israel, das Gottesvolk des Neuen Bundes. Gott hat sein Volk Israel also nicht verstoßen (Röm. 11, 1. 4-7), sondern welche um ihres Unglaubens willen ausgebrochen und welche um ihres Glaubens willen neu eingepfropft. Diesem geistlichen Israel gelten alle Verheißungen Gottes.
Da Paulus nach dem Fleisch ein Nachkomme Abrahams war, war er traurig über seine fleischlichen Stammesverwandten, die nicht an Christus glauben und als Zweige aus dem Ölbaum, aus dem Gottesvolk Israel, ausgebrochen worden sind (Röm. 9, 2.3). Paulus schreibt (Röm. 11, 25.26):
„Verstockung ist einem Teil Israels widerfahren, so lange bis die Fülle der Heiden zum Heil gelangt ist und so wird ganz Israel gerettet werden.“
Das Verständnis dieser Verse ist umstritten. Viele verstehen ihn heute so, dass am Ende der Zeit doch noch das ganze fleischliche Volk Israel zum Glauben an Jesus Christus kommen werde. Die alte Kirche und die Reformation bis hin zur Neuzeit kommt zu einem anderen Verständnis. Gott hat den Großteil der Juden verstockt und in dieser Zeit kommen viele aus den Heidenvölkern zum Glauben an Christus - werden viele geistlich in das Volk Israel eingepfropft. So – auf diese Weise – wird ganz Israel, nämlich das ganze geistliche Israel des Neuen Bundes gerettet. Der Unterschied zwischen den beiden Verständnissen liegt in der Beantwortung der Frage, ob kurz vor der Wiederkunft Christi noch eine große Bekehrung der Juden zu Christus erfolgen wird.
Ungeachtet dessen, zu welcher Einschätzung man bei der Frage kommt, erstaunt es, welche Beachtung und Bewunderung von etlichen Christen den aus Gründen ihres Unglaubens ausgebrochenen Zweigen – dem fleischlichen Israel - entgegen gebracht wird. Dass es mit den Israeliten, den Juden und dem Staat Israel etwas Besonderes auf sich hat, soll nicht in Frage gestellt werden. Die Israeliten und dann die Juden waren Empfänger und Träger der Offenbarung Gottes, und der Sohn Gottes, der Retter aller Völker, ist aus ihrem Fleisch hervorgegangen. So sind die Juden bis heute für alle Welt und Völker das lebende fleischliche Zeugnis der ergangenen Offenbarung Gottes. Jesus spricht (Mt. 24, 34): „Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht“ (Jesu Wiederkunft zum Gericht). Es ist doch wohl auch kein nur weltlich-politisches Geschehen und kein Zufall, dass die Juden 1948 wieder ihren eigenen Staat Israel gründen konnten, sondern es ist schon ein Zeichen Gottes. Aber damit ist nicht alles gut mit dem Staat Israel.
Was sehen wir, wenn wir den Staat Israel vom christlichen Glauben her betrachten? Er wurde von bewusst nichtreligiösen sozialistisch orientierten Juden vorbereitet und dann 1948 ausgerufen. Für die Geflüchteten und Überlebenden der Judenvernichtung Hitlers wurde er zur Rettung und neuen Heimat. Es wurde ein beachtlicher staatlicher, wirtschaftlicher und kultureller Aufbau geleistet, verbunden mit einer beeindruckenden militärischen Fähigkeit.
Doch das Zusammenleben mit der verbliebenen arabischen Bevölkerung der Palästinenser ist seit Staatsgründung katastrophal. Die Verantwortung dafür liegt auf beiden Seiten. Es begann mit Krieg, Flucht vieler Araber und erneuten Kriegen. Der antichristliche und zugleich antijüdische Islam schürt den Hass auf den Staat Israel. Die palästinensischen Angriffe und Terroranschläge konnte und kann der Staat Israel nicht hinnehmen.
Aber Israel, heute als der stärkere Part, mit seiner ständig weiteren Landnahme in Form der Siedlungspolitik, der Besatzung und Repression im West-Jordanland trifft eine beträchtliche Verantwortung und Mitschuld. Von den jüdischen National-Religiösen wird offen gesagt, dass die 3, 7 Millionen Palästinenser überhaupt kein Wohnrecht im West-Jordanland hätten, denn dieses Land wäre von Gott allein Israel zugesprochen worden. Aber selbst zu alttestamentlichen Zeiten haben Angehörige anderer Völker im Reich Israel und Juda gelebt. Sie durften nur nicht zum Heidentum verführen. National-religiöse Juden wollen aufgrund der alttestamentlichen Landverheißungen die derzeitigen Grenzen Israels weiter ausdehnen. Das heutige West-Jordanland sei doch das biblische Samaria. Viele evangelikale Christen stimmen all dem zu. Die Lebens- und Wohnrechte der arabischen Bevölkerung im Staat Israel und im Westjordanland interessieren und berühren sie nicht. Kann man so als Christ denken?
Hinsichtlich der Landverheißungen wird nicht zur Kenntnis genommen, dass sie sich im Lauf der alttestamentlichen Heilsgeschichte schon einmal erfüllt haben. Abrahams Nachkommen haben das Land Kanaan einnehmen können und nach der babylonischen Gefangenschaft durften die Juden wieder nach Jerusalem und Judäa zurückkehren.
Alle noch nicht erfüllten Verheißungen haben sich in und mit Jesus Christus in geistlicher Weise erfüllt. Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja, schreibt der Apostel Paulus (2. Kor. 1, 20). Wenn im Alten Bund Gott seinem fleischlichen Volk Israel das Land verheißen hat, dann erfüllt, ja, „übererfüllt“ sich das mit der Verheißung Jesu an das geistliche Israel des Neuen Bundes: „Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen“ (Mt. 5, 5). Auf der ganzen Erde werden die Jünger Christi leben. Und das „verheißene gelobte Land“ ist für Christen die Ewigkeit Gottes. Die alttestamentlichen Verheißungen fürs irdische Leben Israels sind von Christus ins Geistliche transformiert worden. So gelten sie, wie Gott verheißen hat, für ewig - bis in die Ewigkeit hinein.
Wenn sich der säkulare Staat Israel auf alttestamentliche Landverheißungen beruft, dann soll er sich auch erinnern lassen, dass er den Fremdling nicht bedrücken und ihm äußere Gerechtigkeit gewähren soll, weil Israel selbst einmal Fremdling in Ägypten war (2. Mose 22, 20). Im Staat Israel (ohne West-Jordanland) leben 1, 7 Millionen Menschen arabischer Herkunft, das entspricht 21% der Staatsbevölkerung. Sie werden als Staatsbürger zweiter Klasse behandelt. Im West-Jordanland leben 3, 7 Millionen Palästinenser unter israelischer Besatzung mit sehr eingeschränkter Bewegungsfreiheit. Sie sind wirtschaftlich schlecht gestellt, im Transithandel auf Israel angewiesen und mangels eines eigenen Staates auch staatenlos.
Unter den Palästinensern sind auch ca. 10 % Christen. Kann man da unkritisch auf Israels Seite stehen, oder muss man nicht viel mehr mit diesen Christen solidarisch sein? Der Apostel Paulus schreibt (1. Kor. 12, 26.27; Gal. 6, 10): „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit … ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied“ und „lasst uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen“.
An Friedenskompromissen ist die israelische Regierung seit Jahren nicht mehr glaubhaft interessiert. Sie genügt sich in ihrer Position der Stärke und der uneingeschränkten Solidarität der Diaspora-Juden und christlichen Zionisten.
Die gegenwärtigen religiösen Bindungen der jüdischen Israelis stellen sich wie folgt dar:
🔹 43 % Säkulare, einschließlich 15 -37 % erklärter Atheisten,
🔹 28 % Traditionelle, ohne strikte Befolgung der religiösen Gesetze,
🔹13 % Traditionelle, mit Beachtung der religiösen Gesetze,
🔹 10 % National-Orthodoxe, befürworten den Staat Israel und seine weitere Ausdehnung,
🔹 6% Ultra-Orthodoxe, lehnen den Staat Israel als nicht gottgewollt ab, erst der Messias wird einen gottgewolltes Reich Israel gründen.
Die Statistik zeigt, dass über zwei Drittel der Juden in Israel religiös uninteressiert bis abweisend sind. Eine Selbstkritik, Selbstprüfung und Glaubenssuche sowie eine Orientierung zum christlichen Glauben hin ist nicht erkennbar. Christliche Mission unter jüdischen Israelis wird behindert. In Israel leben nur 6000 – 15000 messianische Juden, meistens mit Herkunft aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion.
Bei dieser Sachlage ist es schwer verständlich, welche Bewunderung der Staat Israel bei evangelikalen Christen findet. Alles wird bedingungslos gerechtfertigt und bewundernd nachvollzogen. Die israelische Regierung bestätigt öffentlich, dass die evangelikalen Christen der USA und Europas ihre zuverlässigsten Freunde und Förderer sind. Diese bedingungslose Gefolgschaft begründet sich in dem falschen Schluss, dass wer Israel kritisiert, der kritisiert das Gottesvolk und damit Gott. Als Christ müsse man unverbrüchlich an der Seite des Staates Israels stehen, damit stehe man auf der Seite Gottes. Das ist eine alttestamentliche Sicht und der Irrtum des „christlichen Zionismus“. Wer an der Seite Christi und seiner Gemeinde steht, der steht auf Gottes Seite. Ich lese bei Paulus nicht, dass wir den von Gott herausgebrochenen Zweigen Recht und Bestätigung geben müssten. Selbst wenn man von einer Bekehrung der Juden am Ende der Zeit ausgeht, kann das doch nicht bedeuten, dass man heute die im Unglauben stehenden Juden bestätigen und bewundern müsse. Jesus und seine Apostel haben die Juden in ihrem Unglauben zur Buße gerufen!
Als Christen haben wir vom Herrn den unzweifelhaften Auftrag, ihnen das Evangelium zu bringen.
Äußerst besorgniserregend ist, dass bei vielen der Israel-Bewunderer das Thema in den Mittelpunkt ihres Glaubenslebens, ihres Herzens rückt – eine Versuchung und Verführung unter der Maske der Frömmigkeit. Da wird nur noch an Israel gedacht und von Israel gesprochen, so als sei es unfehlbar, vorbildhaft und heilig, als sei es dichter an Gott dran, als Menschen aus den Heidenvölkern, was Paulus nachdrücklich zurückweist (Röm. 3, 9). Das fleischliche Israel wird als Volk Gottes angesehen, das in der Endzeit Heil vermittelt, deshalb müsse man dicht dran bleiben. Gleichzeitig wird Jesus Christus, sein Wort, sein Kreuz, seine Vergebung, seine Verheißung immer nebensächlicher. Jesu Ehre wird unbewusst mehr und mehr geschmälert.
Mitunter feiert man die religiösen jüdischen Feste mit, obwohl Paulus sie abtut (Kol. 2, 16). Paulus sagt, wir haben ein anderes Passah-Lamm – Christus (1. Kor. 5, 7).
Nicht Israel, sondern allein Jesus Christus vermittelt uns das Heil.
Allein durch ihn und mit ihm kommt das Heil von den Juden (Joh. 4, 22).
Nicht mehr Zion und der Tempel, auch kein zukünftiger neuerbauter Tempel in der Endzeit sind Verheißung, Mittelpunkt und Stätte der Anbetung (Mt. 12, 6; Joh. 2, 19.20; 4, 20-26), sondern der Herr Jesus Christus gestern, heute und derselbe auch in Ewigkeit (Hebr. 13,8). Amen
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Wenn Juden sich von den Zionisten distanzieren
Vor noch nicht all zu langer Zeit erschien eine Gruppierung, die einen Deckmantel für ihre Machenschaften suchten und in Form des Judentum diesen fanden.
Immer mehr Juden stehen auf und setzen ein Zeichen, dass sie mit den verbrecherischen Zionisten nichts gemein haben.
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