Die zerstörerische Geisteshaltung des Menschen

Die zerstörerische Geisteshaltung des Menschen
„Die menschliche Destruktivität“ - Rätsel des Unbewußten

Im Menschen gibt es kein Instinkt, der ihn zurückhält, alles zu tun, was er tun könnte.
=> Der Grundsatz menschlichen Zusammenlebens: „Es ist immer alles möglich.“

Es gibt vielleicht ein unbewußtes Wissen darum, daß in unserem Zusammenleben nichts auf Dauer garantiert ist, auch das vermeintliche Unmögliche passieren kann. …
Wo diese Mächte versagen, nicht hinsehen oder eingreifen, entsteht einerseits auch ein Raum der Freiheit, aber eben auch das Potential der ungeheuerlichen, ungebremsten Gewalt.

Die meisten Menschen in unserer Gesellschaft sind in einer Welt aufgewachsen, in der es immer eine dritte Instanz, den Staat, das Recht, die Polizei gewissermaßen Repräsentanten einer elterlichen Ordnung gibt, die in Konflikte eingreift, Gerechtigkeit herstellt, daß Äußerste nicht geschehen läßt. Diese Instanzen scheinen in unserer Gesellschaft so selbstverständlich, daß wir leicht vergessen können, daß sie keine naturgegebene Tatsache sind, sondern von menschlichem Handeln abhängig.
Das Mobbing auf dem Schulhof, in das kein Lehrer eingreift, ist vielleicht ein Leitbild für destruktive Potenziale, die sich in ungeregelten Räumen des Zusammenlebens auftun. …

Unser Zusammenleben in der Gemeinschaft mit anderen Menschen wird immer auch von einer unbewußten Angst bestimmt. …
Es gibt eine unbewußte Angst vor dem anderen, den man nie ganz durchschauen kann. Das Gefühl der eigenen Sicherheit ist abhängig von den anderen, von einem Gefühl, ohne das wir nicht leben könnten, dem „Vertrauen“. Die Erwartung, daß die anderen unser Lebensrecht achten und uns letztlich mit einem Funken Wärme im Herzen begegnen, basiert auf diesem Vertrauen. Etwas, was auch gar nicht selbstverständlich ist, sondern letztlich ein Versprechen, das uns Menschen in unserem Leben in ihrer liebevollen Zuwendung ungesagt mit gegeben haben, „dir wird nichts geschehen, ich achte auf dich.“

Nichts ist so erschütternd, rührt so sehr an unsere primitivsten Ängste, als wenn dieses Versprechen seine Gültigkeit für unser Leben verliert oder dieses Vertrauen mißbraucht wird.
Institutionen und Gruppen in unserer Gesellschaft sind letztlich so organisiert, daß sie eine dreidimensionale Struktur haben, es immer eine dritte Partei gibt, die darauf achtet, was die anderen beiden tun oder zumindest achten darauf sollte. In Organisationen ist damit letztlich das Prinzip der Führung gemeint, das nicht gleichzusetzen ist mit einer autoritären Figur, die alles bestimmt, sondern eine Struktur, die das Verhalten anderer erwartbar macht, das Zusammenleben nicht ängstigt.

Das Schrecklichste geschieht immer in unserer Gesellschaft da, wo es keine solche Struktur gibt, nichts „Drittes.“ Sei es in der totalen Institution eines Kinderheims, sei es in der eigenen Familie, wo die anderen Dritten wegsehen. Gewalt im Extremfall Krieg bedeutet, dass die dreidimensionale Struktur des Konflikts zusammenbricht, sei es durch die verbrecherische Entscheidung einer Konfliktpartei, die eigenen Interessen ohne Rücksichtnahme von Regeln, Absprachen oder Grundprinzipien der Menschlichkeit durchzusetzen.
Dem gegenüber bedeuten Handlungen immer den Versuch, wieder etwas drittes regeln, Vereinbarungen zwischen den Konfliktparteien zu etablieren. Es ist eine bedrohliche Welt, in der es kaum Anker gibt, immerzu Gefahr droht, was letztlich das eigene Denken unter permanenten Druck setzt. Die Psyche versucht Klarheit zu schaffen, sich zu entängstigen, indem sie auf Spaltungsmechanismen zurückgreift. Die Welt in Schwarz und Weiß einzuteilen hier die Basis des Freund- Feind- Schemas. Der Auftritt oder die Erschaffung eines äußeren Feindes reguliert gewissermaßen die destruktiven Kräfte innerhalb der Gruppe, schafft sie psychisch und nicht selten mit Mitteln der Projektion nach draußen, wo sie bekämpft oder zumindest vermieden werden können. …

=> „Macht entsteht nur durch das gemeinsame Handeln von Menschen.“

=> Jeder Diktator ist ohne Unterstützung der Gruppe ein Kaiser ohne Kleider!“

Eine Gesellschaft unter dem Bann der "Angst" ist auch eine, die sich nicht mehr aus der Machtdynamik befreien kann, die sie selbst erzeugt hat. Meist muß sie dafür einen hohen Preis dafür zahlen, leider auch und gerade viele Menschen, die keine persönliche Schuld tragen oder völlig unbeteiligt sind.
In unserer Gesellschaft und Politik gibt es wohl auch aufgrund unserer historischen Erfahrungen Widerstandskräfte gegen derartige regressive Dynamiken, zumindest eine gewisse Angsthemmung. Wir sollten trotzdem nichts für unmöglich halten. Gerade in den letzten Jahren haben sich entsprechende Tendenzen abgezeichnet, sich unserer Denkfähigkeit, als Basis eines vernünftigen Urteilens und Handelns als den größten Schatz bewußt zu sein, den wir überhaupt in der Hand halten, bedeutet auch sie, angemessen zu verteidigen. Nicht nur gegen äußere Gewalt, sondern auch gegen die Logik der Angst, auch und gerade dann, wenn was zu befürchten ist, sich der Grad der Verrücktheit in der nächsten Zeit sich noch steigern wird. Es wird nicht leicht sein, diese historische Errungenschaft einmal verloren, sie wieder zu finden. Solange es uns irgend möglich ist, sollten wir nicht aufhören, darüber nachzudenken, was wir tun.

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