Geistliche Kraft gegen Seelenkraft

Geistliche Kraft gegen Seelenkraft
Wir werden mit diesem wichtigen Thema der verborgenen Kraft der Seele weiterfahren. Wir haben gesehen, was psychische Kraft tun kann, und wir haben gehört, wie wir zwischen den Dingen Gottes und den Dingen, die nicht von Gott sind, unterscheiden können. Am Ende dieses Zeitalters werden viele Wunder, Zeichen und übernatürliche Tricks auftreten. Werden diese alle von Gott vollbracht oder durch die Wirksamkeit einer anderen Kraft? Wir müssen wissen, wie man das Geistliche vom Seelischen unterscheidet.
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Ich werde jetzt einige Beispiele anführen, die uns helfen sollen zu verstehen, wie gewisse Phänomene nicht geistlicher Kraft, sondern nur Manifestationen verborgener Seelenkraft sind. Da wir schon den wunderwirkenden Teil der Seelenkraft behandelt haben, werden wir uns jetzt auf den nicht wunderwirkenden Teil konzentrieren.

Beispiel: Persönliche Evangelisation

Genauso wie unsere persönlichen psychologischen Zustände von Person zu Person verschieden sind, so sind auch die Seelenkräfte verschieden. Einige Leute haben eine stärkere Psyche; manchmal können sie die Gedanken anderer lesen. Einer mag denken, daß um die treffenderen Worte für jemanden zu finden, er zuerst die Gedanken des Betreffenden kennen muß. Das ist die natürliche Art zu erkennen, und diese sollte abgewiesen werden. Verzeiht mir, wenn ich diesen Punkt mit einer persönlichen Erfahrung illustriere. In meinem Kontakt mit den Menschen kann ich leicht die Gedanken des anderen nach einem nur kurzen Austausch von Worten erkennen. Ich weiß sie einfach,,ohne besonderen Grund. Als ich anfing, dem Herrn zu dienen, dachte ich, daß solche natürliche Wahrnehmung der Gedanken des andern sehr hilfreich für die Arbeit sei. Aber als ich es besser verstand, wagte ich nicht mehr, meine natürliche Fähigkeit zu gebrauchen. Jedes mal, wenn jetzt eine solche Situation entsteht, widerstehe ich ihr sogleich im Gebet. Wenn man mit Menschen spricht, ist es nicht wichtig zu wissen, was sie denken. Zudem ist es auch nichtig; was immer durch die Seele und deren Kraft geschieht, wird in der Niedrigkeit enden. Wenn ein Werk aus psychischer Kraft getan wird, wird es das Leben eines andern nicht erbauen wenn er auch bekennen mag, daß ihm geholfen wurde, denn keine wahre Hilfe wurde in die Tiefe seines Seins gelegt. Wenn eine Person zu uns kommt, müssen wir Gott bitten, er möge uns den richtigen Weg zur Hilfe zeigen, da wir nicht wissen, was der Mensch denkt und in welchem seelischen und geistlichen Zustand er steht. Wir sind äußerst abhängig von Gott und legen uns selbst ihm hin, um von ihm die rechte Hilfe zu empfangen.

Beispiel: Erweckungsversammlung

Ich bin erstaunt, wie viele Prediger mir folgendes Problem schildern: Wenn sie in einen Versammlungsraum gehen und sehen, daß die Lichter trüb sind, nur wenige Zuhörer da sitzen und viele Stühle leer bleiben, sie dann ihre Kraft verlieren, wenn sie zum Predigen aufstehen. Aber wenn die Lichter hell brennen, wenn der Raum voll und die Zuhörer begeistert sind, dann nimmt ihre Kraft zu. Welche Art Kraft ist das? Darf ich sagen, daß das nichts anderes ist als die Kraft ihrer eigenen Seele. Die Kraft, die vom Heiligen Geist kommt, läßt sich nicht durch äußerliche Umstände beeinflussen. Wenn jemand wissen möchte, was predigen in Seelenkraft bedeutet, muß er nur in eine große überfüllte Versammlung gehen, die der besten technischen Ausrüstung versehen ist. Dann höre er, wie die Leute singen, und beobachte, wie das Publikum mitgeht. Sie werden in der Lage sein zu spüren, daß eine besondere Kraft in diesem von Menschen vollgedrängten Saal wirkt. Was für eine Kraft ist es? Bedrückend? Es kann nicht die Kraft des Heiligen Geistes sein, sondern nur die der Seele. Warum? Beobachten wir die Leute: Wenn sie singen, singen sie einstimmig in eine Richtung mit der Wirkung, daß alle Seelenkräfte der ganzen Menge konzentriert werden. Wie groß ist diese Kraft! Man mag mit dem Gedanken hingehen, ihnen zu helfen, aber statt dessen wird man von ihnen beeinflußt. Welche Gefahr da droht! Eine große Anzahl der Diener des Herrn erzählen dieselbe Geschichte: wie die Anzahl der Besucher oder die Atmosphäre usw. ihrer Arbeit entweder aufhilft oder sie hindert. Ich antworte immer, daß sie von ihrem Umstand beeinflußt werden, weil sie in ihrer eigenen Kraft predigen.

Beispiel: Gesang

Oft ist Gesang eine große Hilfe im Werk des Herrn. Manchmal jedoch kann es einfach nichts anderes als seelische Aktivität sein. Eine große Anzahl Leute genießen den Besuch kirchlicher Gruppen, weil die Musik dort hervorragend ist. Einige Gruppen geben eine sehr große Summe aus, nur um eine Orgel zu erwerben. Es gibt Leute, die sich beim Klang der Orgel und des Gesangs in die Gegenwart Gottes gerückt meinen. Aber werden die Geister der Leute durch solche Attraktion frei und näher zu Gott gezogen? Ist das Gottes Weg? Ich befürchte, daß viele dieser Einrichtungen in den Kirchen fleischlich sind. Sie versuchen die Emotionen des Menschen und seinen religiösen Instinkt zu erregen, sei es durch den Klang einer Orgel oder Gesang. Solche Kraft ist nicht von Gott, sondern von den Liedern und der Musik. Auch wir singen Lieder, aber wir setzen unser Vertrauen nicht darauf. Nur was durch den Heiligen Geist gewirkt wurde, ist nützlich. Nichts anderes kann unsere Geister erreichen. Einmal war ich in einem Dorf an der See. Die Einwohner waren alle Fischer. Es gab da zerstreut Gläubige. In den Versammlungen waren da manchmal zwanzig, dreißig, fünfzig oder zu sechzig Personen. Welch unregelmäßiger Gesang drang da einem in die Ohren. Einige sangen schnell, andere langsam. Die ersteren mußten am Ende der letzten Linie mehrere Sekunden warten bis die langsameren sie aufgeholt hatten. Ein Bruder sagte mir, daß, nachdem er ihren Gesang gehört hatte, er nicht mehr predigen konnte. Ich antwortete ihm, daß dafür wohl ein Grund vorlag. Kam seine Kraft von ihm oder von Gott? Gewöhnlich schaut man auf die Umstände und wird davon beeinflußt. Aber wenn es vom Heiligen Geist ist, werden wir die Umstände beherrschen. Dies ist ein tiefes Prinzip, an welches wir uns halten sollten. Gebrauchen wir doch nicht unsere eigene psychische Kraft, damit wir nicht von unserer Umgebung beherrscht werden. Manchmal, wenn die Atmosphäre bedrückend ist, kann Gott Gesang gebrauchen, um Menschen wieder frei zu machen. Manchmal mag auch Gebet helfen. Aber wenn wir Singen oder Beten zum Zentrum machen, stehen wir vor der Gefahr, Seelenkraft freizulegen. Viele Leute leben während sechs Tagen gleichgültig und gehen am Sonntag zu einer Versammlung. Sie hören das Singen vieler Lieder und fühlen sich daher warm und voller Freude. Aber fragen wir uns, woher kommt diese Wärme und Freude? Ich kann bezeugen, daß da etwas nicht stimmt. Wenn jemand sechs Tage oberflächlich lebt und dann an einem Tag vor Gott tritt, sollte er sich schuldig fühlen und nicht freudig. Wie kommt es dann, daß das Singen ihm warme und freudige Gefühle gibt? Das kann nicht geistliche Kraft sein. Ich wünsche nicht, ein engstirniger Kritiker zu sein, aber es muß darauf hingewiesen werden, daß zuviel Gesang seelische Kraft anregt.

Beispiel: Freude

Viele Leute möchten freudige Gefühle haben. Das sogenannte heilige Lachen ist ein Extrem Fall davon. Es wird gelehrt, daß, wenn ein Mensch mit dem Heiligen Geist erfüllt ist, er unweigerlich dieses heilige Lachen haben wird. Jener, der behauptet, diese Art Lachen zu haben, kann sich selbst nicht beherrschen. Ohne irgendeinen Grund wird er lachen und lachen, als ob er von einer Krankheit befallen wäre, und er scheint teilweise verrückt. In einem bestimmten Treffen, nachdem die Predigt beendigt war, wurde gesagt, daß jedermann dieses heilige Lachen suchen sollte. Alle begannen auf die Tische und Stühle zu schlagen oder herumzurennen und springen, bis nicht lange danach dieses heilige Lachen kam. Die Leute brauchten sich nur gegenseitig anzuschauen, und sie brachen in Gelächter aus. Je mehr sie sich ansahen, desto lustiger wurde es. Was ist das? Kann das denn überhaupt die Erfüllung mit dem Heiligen Geist sein? Kann das sein Werk sein? Nein, das ist klar ein Werk der Seele. Ich erwähne diesen außerordentlichen Fall, um durch ein Extrem zu veranschaulichen, wie wir durch eine Unkorrektheit von nur zwei oder drei Graden völlig abweichen können.
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Wie erhalten die Leute dieses Lachen? Was für einen Vorgang befolgen sie, oder welche Bedingungen müssen sie erfüllen? Es ist nichts anderes als einfach um das Lachen zu bitten. Nur ein Gedanke ist da, nämlich zu lachen. Suchen sie wirklich die Erfüllung des Heiligen Geistes? Ihre Lippen mögen tatsächlich Worte äußern wie o Gott, fülle mich mit deinem Geist. Das Ziel ihres Bittens jedoch ist nicht die Erfüllung mit dem Heiligen Geist; ihr Herz wünscht etwas anderes. Was ist ihr Ziel? Sie wollen lachen, sie wollen freudig sein. Sie beten nicht: Gott, ich bitte dich, fülle mich mit deinem Geist. Es kommt mir nicht auf äußerliche Gefühle an. Wenn du mich mit deinem Geist füllst, bin ich zufrieden, mit oder ohne Gefühl. Wer auch immer mit Gottes Geist gefüllt werden will, sollte eine solche Haltung einnehmen.
Laßt mich eine wahre Geschichte erzählen: Ein Student hatte neulich Buße getan und den Herrn angenommen. Er hatte einen Kommilitonen, der vorgab, mit diesem heiligen Gelächter gefüllt zu sein und schien maßlos freudenvoll. Dieser Kommilitone drängte ihn, auch die Erfüllung mit dem Heiligen Geist zu suchen, und erzählte ihm, wie freudig er von der Morgenröte bis zur Dämmerung sei, ohne irgendwelche Traurigkeit. Diese Erfahrung sei hilfreich für das geistliche Wachstum. Da unser Student den Kommilitonen für einen Gläubigen und Fortgeschrittenen hielt, dachte der Neubekehrte, daß er diese Erfahrung auch haben sollte. Demzufolge begann er ernsthaft zu Gott zu beten und bat, Gott möge ihm diese Erfahrung geben. Er betete in solchem Ausmaß, daß er den Appetit verlor und sein Studium vernachlässigte. Später ging er zu seinem Lehrer und bat ihn, auch für ihn zu beten. Der Student selbst flehte inbrünstig vor Gott und gelobte, daß er an diesem Abend nicht mit Beten aufhören wolle, bis er diese Erfahrung erhalte. Als er so betete, sprang er plötzlich auf und brüllte, wie freudig er sei. Er lachte und lachte. je mehr er lachte, desto lustiger fühlte er sich. Er lachte und tanzte und brüllte. Sein Lehrer dachte, er müsse von Sinnen sein. Indem er wie ein Arzt auftrat, hielt ihn der Lehrer fest und sagte: Bruder, sei ruhig, führe dich nicht ungebührlich auf. Aber je mehr er ermahnt wurde, desto wilder reagierte er. Der Lehrer wagte nichts mehr zu sagen, da er sich fürchtete, den Heiligen Geist zu beleidigen, falls dies wirklich von Gott wäre. Schließlich ging der Student nach Hause. Am folgenden Tag ging es ihm besser. Nun, dies war nichts anderes als eine große Seelenkraft, die frei wurde, denn er hatte die Bedingungen für dessen Freilegung erfüllt.

(Watchman Nee, „Verborgene Kraft der Seele“ )

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