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Warum in Russland über die Kündigung des Zwei-Plus-Vier-Vertrages diskutiert wird

Warum in Russland über die Kündigung des Zwei-Plus-Vier-Vertrages diskutiert wird
Mehrere russische Politiker haben die Kündigung des Zwei-Plus-Vier-Vertrages, der die deutsche Wiedervereinigung regelt, ins Spiel gebracht. Der Grund dafür ist, dass deutsche Regierungen wiederholt gegen Bestimmungen des Vertrages verstoßen haben.



Im Zwei-Plus-Vier-Vertrag ist die Grundlage der deutschen Wiedervereinigung. In dem Vertrag, der nur aus zehn Punkten besteht, wurden einige Regeln festgelegt, an die das vereinigte Deutschland sich künftig halten sollte. Zum Beispiel verzichtete Deutschland auf die ehemaligen Ostgebiete, legte eine maximale Mannstärke für die Bundeswehr fest und verzichtete auch auf die Anschaffung von ABC-Waffen. Der Vertrag wurde zwischen der Bundesrepublik und der DDR einerseits und den Siegermächten USA, Sowjetunion, Frankreich und Großbritannien andererseits geschlossen.

Verstöße gegen den Zwei-Plus-Vier-Vertrag
Die verschiedenen Bundesregierungen haben danach aber immer wieder gegen Bestimmungen aus dem Vertrag verstoßen. Artikel 2 des Zwei-Plus-Vier-Vertrages lautet beispielsweise:

„Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird. Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen.“

Der Krieg der NATO gegen Jugoslawien 1999, an dem Deutschland sich beteiligt hat, war unzweifelhaft ein Verstoß gegen die Charta der Vereinten Nationen, denn laut der UN-Charta darf militärische Gewalt gegen einen anderen Staat nur zur Selbstverteidigung bei einem Angriff oder mit Erlaubnis des UN-Sicherheitsrates eingesetzt werden. Jugoslawien hatte aber weder einen anderen Staat (und schon gar keinen NATO-Staat) angegriffen und der UN-Sicherheitsrat hat den Angriffskrieg der NATO gegen Jugoslawien nicht erlaubt. Der damalige Bundeskanzler Schröder hat Jahre später selbst offen zugegeben, dass er damit gegen das Völkerrecht verstoßen hat.

Übrigens hat Deutschland auch beim Minsker Abkommen gegen den Zwei-Plus-Vier-Vertrag verstoßen. Oder wie lässt sich Merkels Eingeständnis, sie habe das Minsker Abkommen nie umsetzen, sondern nur Zeit gewinnen wollen, um die Ukraine für einen Krieg gegen Russland zu bewaffnen, mit der Aussage im Zwei-Plus-Vier-Vertrag, „daß von deutschem Boden nur Frieden ausgehen“ werde, in Einklang bringen?

Das waren nur Beispiele für klare Verstöße gegen den Zwei-Plus-Vier-Vertrag, die Liste ließe sich fortsetzen.

Verstöße gegen die Präambel

Solche Verträge haben Präambeln, also eine Art Vorwort, die nicht Teil des Vertrages sind, aber als Absichtserklärung für die Interpretation des Vertragstextes wichtig sind. In der Präambel des Zwei-Plus-Vier-Vertrages steht beispielsweise:

„ENTSCHLOSSEN, die Sicherheitsinteressen eines jeden zu berücksichtigen,
ÜBERZEUGT von der Notwendigkeit, Gegensätze endgültig zu überwinden und die Zusammenarbeit in Europa fortzuentwickeln“


Das Problem ist, dass Deutschland zu den Staaten gehört, die die Sicherheitsinteressen Russlands ignorieren. Ich werde nicht müde, darauf hinzuweisen, dass der wohl wichtigste Grund für Russlands militärisches Eingreifen in der Ukraine die – von Deutschland unterstützte – Entschlossenheit des Westens war, die Ukraine in die NATO zu ziehen. Russland fühlt sich dadurch in seiner Sicherheit so sehr bedroht, dass es keinen anderen Weg mehr gesehen hat, den NATO-Beitritt der Ukraine gewaltsam zu verhindern.

Hätte Deutschland sich entsprechend der Präambel des Zwei-Plus-Vier-Vertrages verhalten und die Sicherheitsinteressen Russlands berücksichtigt, indem Deutschland den drohenden NATO-Beitritt der Ukraine verhindert hätte, hätte es die Eskalation des Bürgerkrieges in der Ukraine im Februar 2022 nicht gegeben.

Mehr noch: Die deutsche Bundesregierung erklärt heute, über die Sicherheitsordnung in Europa müsse ohne Russland gesprochen werden. Auch das ist ein klarer Vertragsbruch, denn das bedeutet, dass Deutschland eine Sicherheit gegen Russland schaffen will, anstatt eine gemeinsame Sicherheit auf dem europäischen Kontinent zu schaffen. Wie ist das mit der im Zwei-Plus-Vier-Vertrag verkündeten Entschlossenheit, „die Sicherheitsinteressen eines jeden“ – also auch Russlands – „zu berücksichtigen“, vereinbar?

Die NATO ist, mag sich als Verteidigungsbündnis bezeichnen, obwohl die Welt sie nach den Angriffen der NATO auf Jugoslawien, Libyen und andere Länder als Angriffsbündnis sieht, aber eines kann man nicht bestreiten: Die NATO ist ein Militärblock. Und wenn ein Militärblock sich ausdehnt, macht das den Nachbarn nun einmal Sorgen.

Daher eine weitere Frage: Wie passt die Ausdehnung der NATO, die nun einmal Gegensätze geschaffen hat, weil andere Länder dadurch ihre Sicherheitsinteressen (die Deutschland doch berücksichtigen wollte) bedroht sehen, zu der Aussage, Deutschland wolle „Gegensätze endgültig überwinden und die Zusammenarbeit in Europa fortentwickeln“?

Auch gegen diesen Punkt der Präambel haben die deutschen Regierungen verstoßen und vor allem die heutige Regierung tritt diesen Punkt mit Füßen.

Wer fordert die Kündigung des Vertrages?

Als erster hatte Jury Hempel, der Leiter der Gemeinschaft der Krim-Deutschen, gefordert, den Zwei-Plus-Vier-Vertrag aufzukündigen. Hempel sagte gegenüber RIA Nowosti, dass der Vertrag „nicht wirklich umgesetzt wird und gekündigt werden sollte“. Diese Meinung werde von der „gesamten deutschen Gemeinschaft auf der Halbinsel“ geteilt.

Eine entsprechende Petition zur Kündigung des Vertrages ist im Föderationsrat, dem Oberhaus des russischen Parlaments, eingegangen und hat offenbar die Unterstützung einiger Senatoren. Darunter ist das einflussreiche Föderationsratsmitglied Sergej Tsekow, der in der Vergangenheit oft als informeller Sprecher einer Mehrheit im Oberhaus des russischen Parlaments auftrat.

Auch in der Duma wurden Stimmen laut, die die Kündigung unterstützen. So sagte Dmitri Belik, ein Mitglied des Auswärtigen Ausschusses der Duma, die Aufkündigung des Zwei-Plus-Vier-Vertrages wäre gerecht und käme zur rechten Zeit.

Was würde eine russische Kündigung bedeuten?

Zunächst muss man festhalten, dass der Zwei-Plus-Vier-Vertrag keine Kündigungsklausel hat. Das ist in internationalen Verträgen durchaus üblich, jedoch gibt es dann normalerweise eine Klausel, die festlegt, wie die Vertragsparteien mit etwaigen Vertragsverstößen oder Streitfragen umgehen sollen. Aber auch das fehlt im Zwei-Plus-Vier-Vertrag.

Im Zwei-Plus-Vier-Vertrages ist festgelegt, dass der Vertrag von den Vertragsparteien ratifiziert wird und „am Tag der Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Annahmeurkunde“ in Kraft tritt.

Allerdings könnte Russland die Ratifikation wieder zurückziehen. Völkerrechtlich ist das ein umstrittenes Vorgehen, aber da die Bundesregierung gegen mehrmals und fortgesetzt gegen den Vertrag verstoßen hat, hätte Russland gute Argumente dafür, sich seinerseits nicht mehr an den Vertrag gebunden zu fühlen.

Darüber, welche Folgen das hätte, kann man nur spekulieren. Theoretisch könnte Russland damit die heutige Bundesrepublik Deutschland als Staat nicht mehr anerkennen, was einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen bedeuten dürfte.

Ob Russland wirklich so einen Schritt tun würde, ist fraglich. Bisher wurde das nur in russischen Expertenkreisen diskutiert, dass nun aber russische Senatoren und auch schon Abgeordnete der Duma darüber ernsthaft diskutieren, zeigt, dass das deutsch-russische Verhältnis so schlecht ist, wie es seit Beginn der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der Sowjetunion nie gewesen ist.

Kommentare

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MB73 25.02.2024 02:29
Unter Berücksichtigung solcher Fakten, erübrigt sich nun auch die Frage, ob sich die NATO, hätte weiter in Richtung Osten ausdehnen dürfen!
 
Avokado 25.02.2024 04:41
Wer nicht hören will, muss fühlen.
 
(Nutzer gelöscht) 25.02.2024 05:02
Ja aber bitte nicht die Bürger sondern unsere Politik die diesen Kurs fährt
 
abendrot1963 25.02.2024 07:52
Überraschend das eine Linke Regierung Kriegstreiber sind .
Auch sollten Linke Pazifisten sein .Besonders die Grünen als Okopartei .
 
Engelslhaar 25.02.2024 07:55
Man kann nur froh sein, dass Russland noch so viel Geduld mit dem Westen hat und uns noch nicht als direkte Kriegstreiber ausmacht.
 
pieter49 25.02.2024 08:29
Ja die westliche Welt hat sich gegenüber Russland sehr Überheblich benommen

Es fing schon vor der Wende an!

Helmut Kohl sagte mal; das Gorbatschow mit Joseph Goebels zu vergleichen war...

So was Dummes!

(...)
 
Alleshinterfragen 25.02.2024 08:51
Wer kennt von uns den ganzen Vertrag? Ich denke, die Meisten wissen nichts von dem Inhalt.
Und so wie sich die Politiker geben, sind sie zu sicher, dass Deutschland nichts passieren kann.
Zum 2jährigen Jahrestag des Krieges wurde der Ukraine nochmals der Natobeitritt versprochen und dieser Tag schien ja quasi fast zu einem "Feiertag" zu werden, an dem etliche Politiker dorthin gereist sind. (wahrscheinlich jeder in seinem Flugzeug, denn hier ist ja der Co2 Ausstoß egal).
 
(Nutzer gelöscht) 25.02.2024 09:38
Und was ist denn die Alternative???

Die Ukraine Putin schenken??
Das  soll dann der Frieden sein??

Und die bösen Deutschen werfen am besten noch die Ex DDR hinterher!!! - - damit der liebe Putin zufrieden ist???
Und weiter seine Grossmachtsplaene, wie die Krim, usw.... verwirklichen kann??? 

Uebrgens, bin ich auch für ein Grossdeutsches Reich, vielleicht finden wir noch alte Verträge.... Mal suchen!!
 
Regina61 25.02.2024 09:53
@FranzPieper

Wir hängen aber mit drin.
Mitgehangen, mitgefangen.

Was tun?
Wählen gehen wird nichts bringen.
Zumindest Demos unter dem Motto "Kein Krieg mit Russland" oder besser "Frieden mit Russland", so könnten wir ein Zeichen nach Russland und in die Welt setzen, dass wir mit unserer Politik in diesem Punkt nicht einverstanden sind.
 
(Nutzer gelöscht) 25.02.2024 10:54
Den Vertrag kann man doch nachlesen.
 
(Nutzer gelöscht) 25.02.2024 10:57
Müssen wir den Kopf hinhalten für Freiheitsbestrebungen anderer Länder mit denen wir nicht mal im Bündnis sind oder sonstwelche Verträge haben?
Warum uns deren Schuhe anziehen bis zur Selbstaufgabe und damit den Konflikt vergrößern?
 
MB73 25.02.2024 11:23
Hier der 2+4 Vertrag in ganzer Länge:

https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/zwei-plus-vier-vertrag/44114/artikel-2/
 
Natural 25.02.2024 12:03
Als Ergebnis des westlichen Handelns in den letzten rd. 20jahren blutige Bürgerkriege wo vorher wirklich Frieden war . Auch Christen konnten damals friedlich neben moslems leben . Waren sogar gut angesehen dort jeweils .
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