„Hindernisse“

„Hindernisse“
„Hindernisse“

Vielleicht sind wir bereits zu lang im „alten Haus“, um noch erkennen zu können, dass wir festsitzen. Vielleicht haben wir uns an den Geruch des Alten gewöhnt. Von Moab (ein Volk im Alten Testament, Jeremia 48,11) wird berichtet, dass es auf seinen Hefen liegen geblieben ist und deshalb einen unangenehmen Eigengeruch entwickelt hat.
11 Sorglos war Moab von seiner Jugend an, und still lag es auf seinen ⟨Wein⟩hefen und wurde nie umgegossen von Fass zu Fass, und in die Gefangenschaft ist es nie gezogen. Daher ist sein Geschmack ihm geblieben, und sein Geruch hat sich nicht verändert. (Jer 48:11, Elb)

48,11 Moab hatte eine Geschichte ohne Erschütterungen erlebt, und das bringt keine starken Charaktere hervor. Es glich neuem Wein, der nie umgegossen worden war von Fass zu Fass, um die Hefen zu entfernen, und der deshalb ungenießbar geworden ist. Nun würden die Chaldäer alles zerstören, worauf das Volk sich verließ. (William Macdonald)

Gott musste dieses Volk in ein anderes Gefäß schütten. Der Geruch des Alten ist nur von denen wahrzunehmen, die draußen stehen. Und der Geruch des Alten hat die Eigenschaft, dass er die Sinne benebelt und müde macht. Wir kommen dann gar nicht auf die Idee, dass es noch ein außerhalb geben könnte.
Gott hat Abraham zu einem weitreichenden und grundsätzlichen Aufbruch aufgefordert, als er 75 Jahre alt war (1.Mose 12,4). Für Abraham war das keine leichte Sache: Er verließ sein Haus, seine Familie, seine Verwandtschaft, seine gewohnte Umgebung, den Respekt, den er sich erworben hatte, er musste ganz von vorn anfangen. Das hat Gott ihm trotz seines Alters zugemutet. Das Neue war besser als das Alte: Eine große Verheißung war der Lohn des Aufbruchs, eine starke Zukunft, ein neues Land, die Heimat bei Gott (1.Mose 13,14-17).
Der Aufbruch ist gefährdet, vieles spricht dagegen. Das Alte hat einen gewaltigen Sog, eine faszinierende verführerische Kraft. Im Augenblick des Aufbruchs gebärdet sich das Alte stark, es hat gute Argumente auf seiner Seite, nämlich alles Bekannte, Vertraute, die liebgewordenen Gewohnheiten. Während das Neue dagegen nicht viel zu bieten hat als Ungewissheit, Fremde, Neuanfang.
Was muss ich verlassen, wenn ich aufbreche? Mich selbst. Das macht diesen Moment mehr als brisant. Ich verliere mich. Ich lasse mich selbst los. Das klingt bedrohlich und gefährlich: Was habe ich noch, wenn ich mich selbst verlasse? Das Alte will uns glauben machen, dass wir sterben, wenn wir uns verlieren.
Aber die Wahrheit ist, dass wir nur das Gefängnis unseres Selbst verlassen. Das Gefängnis besteht aus den Vorstellungen über das eigene Leben, das eigene kleinliche Denken von uns selbst. Wenn wir uns selbst verlassen, dann können wir uns neu gewinnen. Und zwar so, wie wir wirklich sind, weil Gott uns so gedacht hat. Gott führt uns hinaus ins Weite, weil er Lust hat, mit uns unterwegs zu sein (Psalm 18,20).
20 Und er führte mich heraus ins Weite, er befreite mich, weil er Gefallen an mir hatte. (Ps. 18:20, Elb)

Er möchte, dass wir Seinem Bild entsprechen, nicht dem unseren oder dem anderer Menschen. Er möchte unser Leben gestalten, füllen und vertiefen. Dazu muss er uns verändern und dazu müssen wir uns auf den Weg des Glaubens machen. Und wir können nur voller Vertrauen zu Gott sagen: Dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.

Johannes Stockmayer

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