weiße TaubeChrist sucht Christ Logo ohne Taube

Die 13 Bücher der deutschen Seele

Die 13 Bücher der deutschen Seele
Lesetipp: https://archive.org/details/die-dreizehn-buecher-der-deutschen-seele-1923-wilhelm-schaefer/mode/2up?view=theater

Das Buch ist in altdeutscher Schrift geschrieben (deswegen die "ſ" statt "s" beim rüberkopieren) und behandelt die Herkunft der Deutschen; hier ein Textauszug:


Unſere Vergangenheit iſt durchaus nicht jener Blühegarten obrigkeitlicher Fürſorge, als den ihn ein befliſſener Geſchichtsunterricht zu lehren pflegte; unſere Vergangenheit iſt eine ſchmerzensreiche Odyſſee und von jeher ein Abenteuer auf eigene Fauſt gegen die andern Voͤlker und — das iſt unſer tiefſtes Schickſal — gegen Gott. Der deutſche Gott, wie er im Krieg bemüht wurde, iſt nämlich von fremder Herkunft; wie ihn unſere Kinder anrufen lernen, iſt er bei Abraham und ſeinem auserwählten Volk zu Hauſe: wir beſitzen ihn nur als eine Entlehnung aus dem Chriſtentum, die wir teuer genug bezahlen mußten. Das klingt leichtfertig und ſagt tiefſtes Schickſal: wir ſind deutſch und wurden Chriſten, d. h. unſer Daſein iſt zwieſpältig in ſeiner Herkunft, alſo in ſeiner tiefſten Weſenheit. Das Chriftentum hat mit unſern Göttern unſere eigene Herkunft verdammt und uns den fremden Bildermantel der Bibel umgelegt; und weil die Auseinanderſetzung zwiſchen leiblichem und geiſtigem Daſein, die für jede Religion der Lebensgrund iſt, von einem mißverſtandenen Chriſtentum als Verdammung des erbfündigen Leibes geführt wurde, ſo ſind wir germaniſchen Völker in unſerer Natur gebrochen. Die ganze abendländiſche Entwicklung ſteht auf dieſem Zwieſpalt, und was in der Geſchichte des deutſchen Volkes bedeutend wurde im Guten und Böſen, iſt darauf gewachſen. Jeder Soldat in dieſem
Krieg, fofern er in Wahrheit ein deutſcher Chriſt fein wollte, bekam noch fein Teil davon zu fpüren: zwiſchen den Forderungen des Chriſtentums und der Vaterlandspflicht gab es fuͤr das naive Gefühl nur ein bedenkliches Übereinkommen, und wenn die Kirchenglocken Sieg läuteten, geſchah etwas ſchlechthin Unbegreifliches. Wären die abendländiſchen Völker wahrhaft chriſtlich geweſen, hätte der Krieg nicht ſein können; und daß ſich unſer Volk im Aufbruch 1914 reſtlos als deutſch bekannte, ſollte allen eine Lehre ſein, denen der deutſche Chriſt eine Selbſtverſtändlichkeit iſt. Es bleibt für alle Menſchheit der Zwieſpalt des körperlichen und geiſtigen Daſeins beſtehen, den Jeſus in ſeinem Weisheitswort von dem, was des Kaiſers und was Gottes iſt, grundsätzlich anerkannte; für uns Deutſche hat er ſeine beſondere Schärfe angenommen, weil die Form unſerer Gottesverehrung nicht aus unſerm eignen Volkstum kam, ſondern uns als Erbſchaft des Morgenlands in einer weſensfremden Gewandung aufgenötigt wurde.

Wer die Geſchichte unſerer Frühzeit kennt, weiß auch, daß dieſer Zwieſpalt im Untergang der germaniſchen Königsvölker seine beſondere Zuſpitzung erhielt. Goten, Vandalen, Langobarden rangen nicht mit Rom als Heiden mit Chriſten, ſondern als arianiſche Chriſten mit dem athanaſiſchen Fanatismus der römiſchen Biſchöͤfe. Als ſie untergegangen waren, hatte nicht Jeſus von Nazareth, ſondern der Pontifex maximus, die chriſtlich gewordene Inſtitution des römifchen Oberprieſters geſiegt, und das Sinnbild dieſes Sieges war die Stola. Das Kirchentum wurde Herr über die Deutſchen im lateiniſchen Mantel; und wem dieſer Gang der Kultur ſelbſtverſtändlich erſcheint, der vergißt ganz, daß die Goten ſchon jahrhundertelang vor Bonifazius die Bibel des Wulfila, alſo das Evangelium in ihrer Sprache und damit in ihrer eigenen Gefühlswelt hatten. Das römifche Chriſtentum war zugleich lateiniſche Kultur, als ſolche wurde es auf unſere Frühzeit gelegt.

Kommentare

Schreib auch du einen Kommentar
 
Annres 16.07.2023 18:03
Das Buch wurde 1922 herausgegeben, zu Wilhelm Schäfer schreibet Wiki:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Sch%C3%A4fer_(Schriftsteller)

Mit dem 1922 erschienenen, die „deutsche Volksseele“ glorifizierenden Buch Dreizehn Bücher der deutschen Seele wurde er zu einem der populärsten völkisch-nationalen Autoren der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus.
----------------------

Vor 100 - 150 Jahren scheint ein großer Kampf zwischen Reformatoren, Römischen und Nationalen gewesen zu sein und ein "Ringen um eine völkische Identität", nachdem das Kaiserreich (...und das der Zaren) zerbrochen war.
 
Annres 16.07.2023 18:09
Deutſch ſein heißt, eine Sache um ihrer ſelbſt willen tun! hat uns ein Großer geſprochen: ich bin gewiß, daß unſere Sache in diefer Stunde etwas anderes sein muß als Ohnmacht der Vergeltung; aber ich bin auch gewiß, daß unſere Sache die der Menſchheit, daß ſie Gottes Sache nur ſein kann, wenn ſie aus der Brunnentieſe unſerer Herkunft die eigene iſt. Der deutſche Gott iſt uns kein Donner⸗ und Zaubergott über den Wolken, ſein auserwähltes Volk zu ſtrafen und zu belohnen. Das Himmelreich iſt nahe herbei gekommen! hat uns fein reinſter Verkünder gelehrt; und wir wiſſen, daß dieſe Nähe das irdiſche Daſein iſt, darin ſich jede Tapferkeit bewähren muß. Nichts anders, denn daß wir dieſes irdiſche Daſein als den Tempel Gottes erkennen, können wir vom Nicht der Hölle erlöft fein, davon Meiſter Eckhart ſpricht. Entweder iſt auch dieſe irdiſche Welt in Gott, oder fie wäre des Teufels! wäre fie aber des Teufels, ſo ware nicht Gott!
 
Annres 16.07.2023 18:12
Nicht nur Reformatoren, Römische und Nationale, sondern auch "Mystiker" waren damals im Kommen, Steiner, Blavatski, Crowley... eine vollkommene Verwirrung und Zerstreuung der Meinungen und damit auch der "völkischen Identität", wollte Wilhelm Schäfer wohl sagen...?
 
Annres 16.07.2023 18:15
Eine Sache um ihrer ſelbſt willen tun, heißt ohne Voͤrbehalt ſein; eine Sache um Gottes willen tun, heißt ſeine Exiſtenz in Ihn verlieren, um aus Ihm nicht ſich ſelber, ſondern der Sache wiedergeboren zu werden. Wer andere Dinge will und tut, als die ſeines eigenen Daſeins, wer ſich ſo ſelber zu entlaufen wähnt, wähnt Gott zu entlaufen. Das gilt für mich, den Einzelnen; das gilt für dich, mein Volk. Niemals wurde ein Kreuz aufgerichtet, das Leben zu verbilligen; nur wer ſein Kreuz aufnimmt, folgt ihm nach, und wer es liebt, nicht als brünſtige Buße, ſondern als den ſichtbaren Teil feines ewigen Lebens, wer seiner tapfer und froh wird, der iſt erlöft. Das iſt deutſche Gläubigkeit, aus der allein der Zwieſpalt deutſch und chriſtlich bezwungen werden kann; das iſt der deutſche Gott, der allein unſerm Volk helfen kann! In ſeinem Dienſt ſtand ich, als ich verſuchte, mir felber und meinem Volke die Schickſalsgeſchichte der deutſchen Herkunft zu ſchreiben.
 
Annres 16.07.2023 19:25
Du, der du die Geſchichte deiner Herkunft hören willſt, bemerke zuvor, wie alles Geſchichtete entſeelt und Stein und Staub iſt fuͤr die ſuchenden Sinne.

Ob du den Berg der Geſchehniſſe ausſchneiden könnteſt bis auf die Sohle, daß du die Zeitalter im Ausſchnitt ihrer qualvollen Schiebungen geſchichtet säheft: du würdeſt deiner Seele keine Heimat finden, weil die Schlacke des Geweſenen nur oben die dünne Ackerkrume deiner Gegenwart trägt.

Dies aber danach bedenke an deiner eigenen Seele, wie alles Bewußtſein ihrer Herkunft, der Gegenwart wie der Vergangenheit fremd, in der eigenen Brunnentiefe beſchloſſen bleibt.

Wohl können dir von deiner Jugend berichten, die damals um dich waren; fie ſahen den Säugling, wie er ſich ſatt trank an der Mutter und mählich ſtark wurde zu den erſten Schritten: abgeſondert und unerreichbar ihren Blicken ſaß deine Seele im Brunnen ihrer Herkunft, darin dein Daſein zu allen Stunden dem ewigen Leben verbunden blieb.

Ob der Lichtſchein deiner Erinnerungen immer blaſſer ins Dunkel ſeiner Tiefe taſtet, wo ſelbſt die Ahnungen ſich endlich verwirren: Du haft keine andere Beglaubigung als den Brunnquell deiner Seele, darin die kreißenden Ströme des Lebens an dein Tageslicht treten.

Was dir widerfahren mag, dies fühlſt du ſicher, wird hier allein und nicht im Tageslicht der andern gewogen.

Nicht anders dir als deinem Volk, deſſen Schickſal deinen Brunnen hütet, deſſen Herkunft und Hingang deiner Seele die irdiſche Wohnung bereiten; denn alles, was du auf Erden biſt, biſt du aus ihm geworden.

Nur im Bewußtſein ſeiner eigenen Seele kann es die ewigen Waſſer ſteigen und verſinken ſehen; alle andere Gegenwart bleibt ihm fremd, alle andere Vergangenheit muß ihm tote Geſchichte der Wiſſenſchaft bleiben.
 
Annres 16.07.2023 19:28
--------------------- Er -----------------------

Im Anfang war Er, der himmliſche Gott; die Erde grünte in Seiner Sonne.

Im ewigen Gleichmaß kam Er zu ſchauen die Schönheit Seiner Geliebten, die im blinkenden Glanz der Gewäſſer, im ſtummen Stand der reifenden Halme, in den Untiefen ſchwellender Kelche die Seligkeit Seiner luſtwandelnden Liebe genoß.

Wenn Sein Himmel die Erde umſpannte mit Bläue, wenn Sein Auge den Raum durchſonnte mit Licht, das Meer und die Berge beſchuͤttend mit wärmendem Feuer, wenn der Mittag ſtand über der Welt, daß ſie den Atem anhielt, erſchauernd in Fülle: dann war Seine Stunde.

Stark und ſelig im Gang Seiner ſteigenden Bahn ließ Er den Morgen erröten, Er trank den Tau aus dem Gras, daß Blätter und Halme kriſtalliſch funkelten, ihrem Gluck Seinen Bogen zu bauen.

Wonnig und warm ließ Er den Abend abſchwellen zum Segen der Nacht; Sein Geleucht blieb zurück in der Lohe und wartete ſtill im Glanz Seiner Geſtirne!

Und wie den Tag hielt Er das Jahr in unverrückbarer Schwebe: Er ließ die Sehnſucht der Erde blühen im Schaum des Frühlings, Er begoß ihre Träume mit zärtlichem Segen, Er ließ ihre Brüſte ſchwellen in himmliſcher Nahrung und ihren Leib ſchwer werden im Segen der Frucht.

Er war Gott, und die Welt war im Gang Seiner Tage & Mond und Sterne ſtanden in Seinem Gedächtnis, über allem Tun thronte Sein ewiger Wille, über allem Sein lag der Blick Seiner Sonne.
 
Annres 16.07.2023 19:45
Habe eine pdf in Neudeutsch gefunden:
https://www.gutenberg.org/files/53856/53856-h/53856-h.htm

Obigem Kapitel folgt eine Historie von den ersten Göttern und Riesen über die komplette Entwicklung der Deutschen bis hin zum WK1 und der Zeit danach. Wilhelm Schäfer war selbst im Krieg, sein Buch/Manuskript hatte er damals schon, aber es reifte erst im Krieg noch komplett aus.

Ich finde jedenfalls diesen 100 Jahre alten Blick "auf die deutsche Seele" sehr interessant, weil ja erst danach die massiven Geschichtsfälschungen und Indoktrinationen begannen...
 
Annres 16.07.2023 19:51
Der Dreibund

Rußland, den mächtigen Freund und Nachbarn im Rücken, hatte der Kanzler den Krieg mit Frankreich gewagt und gewonnen; aber die Freundſchaft fing an, ſich zur Feindſchaft zu wandeln, als Rußland den Weg nach Byzanz zugeſperrt fand.

Solange ein Zar in Rußland regierte, hatte das goldene Horn gelockt, wie einmal die römiſche Krone das deutſche Kaiſertum lockte. Da ſtand die Aja Sophia unter dem Halbmond, die einmal das griechiſche Kreuz der Gläubigen trug, da war die Herkunft der ruſſiſchen Kirche in türkifchen Händen, da war den Ruſſen das Tor der Dardanellen verriegelt.

Wohl hingen die unermeßlichen Weiten der ruſſifchen Lander am Kranz ihrer nordifchen Küften, aber das Eismeer hielt ihre Häfen im Winter geſchloſſen; das ſchwarze Meer mit Odeſſa, der lieblichen Krim und dem Kriegshafen Sebafiopol ſperrten die Türken mit eifernen Ketten.

Längſt war die Türkengefahr für die Chriftenheit aus; "den kranken Mann" hießen die Spötter den Sultan, der nur noch ein Schattenbild war: dem kranken Mann wollten die Ruſſen endlich zum Tode verhelfen.

Bis unter die Tore von Konſtantinopel führte ein raſcher Feldzug den Zaren, aber England und Oſterreich hemmten ſein ſiegreiches Schwert: als ehrlichen Makler riefen die ſtreitenden Mächte den Kanzler.

So kam der ſtolze Tag fuͤr Berlin, da Bismarck obenan ſaß unter den Mächtigen, dem Streit die Waage zu halten, wie einmal der Kaiſer von Frankreich Schiedsrichter im Abendland war.

Aber die Würde, ſo klug er fie übte, brachte dem Schiedsrichter keinen Dank und Gewinn; der ſtolze Tag von Berlin wurde dem Reich die Gluͤckswende des Schickſals.
 
Annres 16.07.2023 20:00
Verſailles

Weh den Beſiegten! ſagte der galliſche Fürſt und warf ſein Schwert auf die Waage, als ſich die Römer beſchwerten über ſein falſches Gewicht; denn tauſend Pfund mußten ſie Brennus als Löfegeld zahlen.

Weh den Beſiegten! ſtand über dem Tor von Verſailles, als die Sieger den Frieden diktierten; der mächtige Feind war wehrlos gemacht, ſo konnte ihr Übermut ſchalten.

Frieden und Völkerbund! hatte die Stimme über das Weltmeer gerufen, und die Herzen der Hoffenden hatten fie gläubig gehört; nun ſaß die Stimme im Rat zu Verſailles, da war der Prophet der Völkerverſoͤhnung nur ein Profeſſor.

Sie drehten den vierzehn Punkten ſanft das Genick ab und wickelten jeden Satz ein in den Stacheldraht ihrer Paragraphen; fie hoͤhnten den weiſen Profeſſor und fagten: dies fei nur die abendländiſche Art der Verpackung.

Sie hielten im Namen der Völkerverſöhnung ihr Strafgericht ab als Kläger, Richter und Büttel; fie teilten den Raub im Namen des Rechtes und rächten ſich an dem wehrloſen Feind, der ihnen ſo lange ein Alpdruck war.

Sie ſprachen den Willen der Völker frei und legten den ewigen Bann zwiſchen die Deutſchen im Reich und ihren Brüdern in Oſterreich.


Sie trennten das deutſche Elſaß vom Reich und ließen den galliſchen Hahn ſein altes Rheinbundlied krähen.

Sie gaben den Welſchen vom deutſchen Tirol, ſoviel ſie für ihren Wechſel verlangten; aber ſie wogen mit zweierlei Wagen, daß ſie den flavifchen Völkern nichts nähmen.

Sie raubten den Deutſchen die Kolonien und ihre Schiffe dazu, ſie legten die Schuld und die Schulden des Krieges auf ſie und kränkten ihre Ehre.

Sie machten alles genau, wie der engliſche Seeherr es wollte: der nächſte Feind Englands hatte den ſtärkſten erſchlagen, nun legte er ihn an die Kette; aber die Kette gab er klug in die Hand der Franzoſen, weil ſie nun unter den Feinden Englands die nächſten waren.

Allen den Völkern und Völkchen im Abendland wurde ihr Daſein entfaltet; nur der Deutſche war vogelfrei, weil er ein Hunne, ein Boche, ein Barbar, ein Feind der Menſchheit und unter den Tugendvölkern der Erde des Teufels Nothelfer war.

So wurden dem falſchen Propheten der Völkerverſöhnung die vierzehn Punkte des Friedens erfüllt; und daß er ſein Steckenpferd habe, wurde der Völkerbund auch in den Stacheldraht ihrer Paragraphen gewickelt.

Die vierzehn Punkte hatten das ihre getan, nun konnte die Stimme der Vernunft wieder ſchweigen; aus dem Schiedsrichter der Welt war in Paris ein Stockmeiſter Englands geworden; als er die Spottgeburt ſeines Völkerbunds heimbrachte, lachte ſein eigenes Volk ihn aus.
 
Annres 16.07.2023 20:08
Menschendämmerung

Vier Winter wurden der Welt nicht zum Frühling; in die Blüte fiel Schnee, und Hagel über den Mißwachs; auf den gestörten Feldern der Erde war Krieg; Krankheit, Hunger und Furcht fraßen die Welt leer.

Da kam die Wolfsbrut der dritten Zwietracht ans Ziel; denn nun waren die Herzen bereit für das wilde Ereignis, das dem Büͤrger die Tafeln der Tugend zerbrach.

Durch Eiſen und Blut war die Wohlfahrt gekommen, in Blut und Eiſen ſank ſie dahin; und als die Wohlfahrt dahin war, war von der Tugend des Burgers nur noch der Hohn feiner zerbrochenen Tafeln geblieben.

Mit vergoldeten Buchſtaben hatte die Neuzeit geprahlt, daß ſie die glückreiche Erbin aller Vergangenheit wäre, daß die Zukunft des Menſchengeiſtes nicht mehr den Irrlichtern der Seele, ſondern dem Tageslicht feiner Werkſtätten überantwortet sei.

Nun fiel die Schrift von den Wänden, und der Menſchengeiſt mußte erkennen, daß ihm allein der Hochmut gehörte, daran das falſche Gold aufgeklebt war.

Der Hochmut zerbrach mit den Tafeln der Wände: alle Dämonen der Tiefe ſandte der Abgrund über ihn her; und die ſchlimmſten Unholde krochen — das mußte er ſchaudernd erkennen — aus ſeiner eigenen Bruſt.

Der Staat und ſein ſtarkes Geſetz war dem Bürger der Stockmeiſter all ſeiner Ordnung geweſen; nun ihm der Stock aus der Hand fiel, war der Tugend die Strafe der eigenen Torheit geſetzt, aber dem Laſter der blinkende Lohn ſeiner Liſt.

Alles, was ſchlecht und ſchlau, gemein, zwiezüngig und ſelbſtfühtig war, ſah ſich geſegnet; alles was treu und einfältig, groß, mütig, gerecht und uneigennützig war, (ah fic) verlaſſen.

Menſchendämmerung war; aber kein Surtur aus Süden kam mit dem weißgluͤhenden Schwert, keine Flamme zückte aus Muspilheim, das Gezücht zu verbrennen.

Nur in den Brunnen der Seele wurde die Tiefe lebendig, und die Frage ſchwoll an: warum der gekreuzigte Gott noch immer auf Golgatha hinge?

Denn auch die Kirche mit all ihrer Himmels⸗ und Höllenverheißung, mit ihrem Mirakel und Sakrament, mit ihrer Erlöſung der erbſündigen Seele war nur der andere Stockmeiſter geweſen, dem Bürger die Ordnung zu halten.


Der ſich den Menſchenſohn nannte, hatte Gott in den Herzen der Menſchen erweckt, daß er ſtark würde in jedem, des irdiſchen Daſeins zu lächeln; aber mit Strafe und Lohn ſeiner Weltgerichts⸗ lehre hatte der Prieſter die Freiheit der unſterblichen Seele wieder in Furcht und Hoffnung der Knechtſchaft gebunden.

Nun brach aus den Brunnen der Tiefe die Sintflut, alles Daſein ersäufend, das in der Furcht und Hoffnung solder Knechtſchaft verharrte, ſtatt feiner unſterblichen Seele gläubig zu fein.

Die Kirche hatte gelogen: ſie hatte der Selbſtſucht Trugbilder ewiger Freudenverheißung gemalt, ſie hatte Gott als Prieſtergoͤtzen verkleidet und hatte den Menſchengeiſt ungläubig gemacht.

Weil ihm der Himmel verſchloſſen war, hatte der Menfchengeifl ſelber getrachtet, ſich die Erde zu retten; er hatte der Menſchenvernunft Werkſtätten gebaut, die ſeine Tempel ſein ſollten: nun kam die Sintflut über den Wahn und den Hochmut.

Aber die Männer der dritten Zwietracht bauten die Arche, der Flut zu entrinnen; ſie lachten des Gottes, der Himmel und Hölle bedurfte, auf Erden mächtig zu ſein; ſie wollten das dritte Reich finden, da weder Engel noch Teufel Gottes Allgegenwart ſtoͤrten.

Sie wollten des ewigen Grundes in allen Untiefen gewiß ſein: wo eine Seele erwachte, war Gott ins Daſein getreten, in ihrer Unſterblichkeit war ſeine Stärke, in ihrer Liebe war ſeine Gnade, in ihrer Vollen dung war ſeine Entfaltung.

So bauten die Männer der dritten Zwietracht die Arche, ſo fuhren ſie gläubig hinein in die Nacht und Brandung der Zeit, den Berg der Eintracht zu finden, indeſſen die Sintflut dem Hochmut und Wahn den ſchäumenden Untergang brachte.
 
Annres 16.07.2023 20:13
Wiederkunft

Das Land der Mitte zu heißen, iſt Deutſchlands Geſchick: zwiſchen Verſailles und Moskau liegen die Graber feiner gefallenen Söhne, zwiſchen Verſailles und Moskau liegt feine kommende Not. Die rote Zwietracht reißt ſeine Hoffnung nach Oſten, die goldene Spinne im Weſten ſaugt ihm ſein Blut; was es der einen läßt, muß es der andern nehmen: ſo iſt es noch einmal das Schlachtfeld der Welt.

Die Menſchheit will werden, aber ſie kommt nicht mit Lorbeer und Psalmen: Gewalt muß Gewalten bezwingen, ein Meer von Blut muß den Abgrund ersäufen, daraus ſie geboren ſein will.

Verſöhnung und Friedensſchalmeien muͤſſen verſtummen, wenn der Abgrund zu kreißen beginnt; denn alles was dumm und gemein, was selbftfüchtig und eitel, was ſchlecht und ſchlau und zwiezüngig ift, will die Geburt stören.

Die rote Zwietracht im Oſten wird einmal die goldene Spinne im Weſten erſchlagen; aber das rote Elend wird nach dem goldenen ſchreien, bis die erſte Eintracht beginnt.

Daß aber das Reich der Eintracht uns widerfahre auf Erden, wird es der Herzen bedürfen, die das Kreuz der Zwietracht tapfer und treu nach Golgatha tragen; der deutſchen Seele wird ſeine bitterſte Botſchaft gehören.

Zu toͤricht, im Rat von Verſailles zu ſitzen, zu töricht, im Haß von Moskau zu ſein, niemandens Freund und aller Welt Feind, wird ſie in langer Einſamkeit bleiben.

Die Einſamkeit wird ihre ſchwarzen Unholde gebären und ihre Lichtalben; wenn der Morgen der Menſchendämmerung anbricht, wird ſie nicht mehr auf Allerweltsſtraßen gehen.

Alle Kämpfe der Menſchheit werden der deutſchen Seele auferlegt ſein, bis ſie, Beſiegter und Sieger in Einem, der kommenden Eintracht Chriſtophorus wird; bis einmal Wiederkunft iſt, bis endlich den Kindern Gottes auf Erden die grüne Wiese, das blanke Meer und der blaue Himmel gehören.
 
Annres 16.07.2023 20:16
Deutscher, der du die bittere Gegenwart leidest, der du geschlagen, bedrückt und verachtet bist unter den Völkern, der du die wehrlosen Hände rachsüchtigen Feinden hinhalten mußt; Deutscher, dem Wohlstand und Wohlfahrt zerbrachen, dem aus Gewinn und Genuß hoffärtiger Tage Armut und Ärgernis, Not und Verzweiflung kamen;

Deutscher, den mehr als die Rachsucht der Feinde und mehr als die Not die Leichtfertigkeit schreckte, darin er sein Volk am Rand der Verkommenheit tanzen und Niedertracht über die Guten Gewalt haben sah;

Deutscher, bedenke die Herkunft! Bedenke, daß deine Gegenwart gefüllt mit dem Schicksal all deiner Vergangenheit ist!

Deutscher, laß ab von der Klage! Denn siehe, was dir geschah, geschieht deinen Vätern: deine Väter sind gegenwärtig in dir, weil dein Schicksal die Waage des Guten und Bösen aus ihrer Vergangenheit ist.

Deutscher, sei ehrfürchtig deinen Großen; ob sie ihr Werk nur mühsam vermochten gegen dein träges, törichtes Herz, ob sie hinrauschten wie Adler oder mit gläubiger Einfalt durch deine taube Genügsamkeit gingen: alle sind deine Väter, und alle sind gegenwärtig in dir!

Deutscher, sei deiner Vergangenheit trächtig, wie der Mittag von seinem Morgen gefüllt ist; Tracht und Trotz all ihrer Männer, Tat und Gedanken all ihres Schicksals bist du!

Deutscher, sei deiner Gegenwart tapfer, weil du der Erbhalter bist größerer Dinge, als die an dem Tag hängen: Gutes und Böses will werden, wie Unkraut und Saat wird, und der Acker bist du!

Deutscher, sei gläubig der Zukunft, der du die bittere Gegenwart leidest: Kinder und Kindeskinder, und alles, was über sie kommt, Stärke und Schwäche, Demut und Stolz, Hoffart und Kleinmut, alles, was einmal deutscher Lebenstag wird, alles bist du!
 
Annres 16.07.2023 20:16
Nachwort
Als ich »Die dreizehn Bücher der deutschen Seele« zu Weihnachten 1921 nach fünfjähriger Arbeit heraus brachte, wußte ich, daß sie namentlich im neueren Teil noch Mängel aufwiesen. Meine Kraft reichte damals nicht aus, ihnen die Vollendung zu geben, die ich mir geträumt hatte. Sollte das Buch meinem Volk in seiner bitteren Geschlagenheit Trost bringen, durfte ich nicht länger mit der Drucklegung zögern.

Diese Volksausgabe endlich bot mir nach zwölf Jahren Gelegenheit, noch einmal Hand an das Werk zu legen. Es wäre undankbar, wollte ich nicht die beiden Männer nennen, die mich durch eine kritische Durcharbeitung meiner Kapitel unterstützten: Graf Adolf Dubsky und Graf zu Eulenburg-Wicken. Beide, der österreichische Katholik und der preußische Protestant, werden auch heute noch nicht mit jeder Einzelheit zufrieden sein können; aber ich hoffe, sie billigen mir zu, daß ich jeden Einwand bedachte und der Zwiespälte Herr zu werden suchte, die eine gerechte Darstellung der deutschen Geschichte so schwierig machen, weil sie weder den Katholiken noch Protestanten, weder den Preußen noch Österreicher, sondern den Deutschen schlechthin fordert.

Daß ich mit meinem Buch vielen Tausenden Trost brachte, als die Tröstungen in Deutschland noch selten waren, ist mir genügend bezeugt; daß seine Mission noch nicht erfüllt sei, ist der Glaube dieser Volksausgabe.
 
Annres 16.07.2023 20:20
Alleine das Inhaltsverzeichnis dieses Buches ist schon eine Reise durch die Zeiten 👍

Eingang 5
Das Schuldbuch der Götter 7
Er 7 / Die Götter 7 / Der Kampf mit den Vanen 8 / Wodan 9 / Frigga 10 / Freya und Fro 11 / Donar 11 / Loki 12 / Baldur 13 / Baldurs Beweinung 14 / Die Rache 15 / Götterdämmerung 15 / Wiederkunft 17
Das Buch der Könige 18
Die blonden Räuber der Frühe 18 / Die olympischen Götter 19 / Die Griechen 19 / Die Römer 21 / Das Land der neblichten Wälder 22 / Der kimbrische Schrecken 23 / Die Stachelschnur der Kastelle 24 / Arminius 25 / Der Pfahlgraben 27 / Tacitus 28 / Die Springflut 29 / Ermanerich 29 / Alarich 30 / Die Hochzeit von Narbonne 32 / Geiserich 33 / Die Hunnenschlacht 34 / Burgund 35 / Dietrich, Theodemirs Sohn 36 / Dietrich, der Gotenkönig 37 / Dietrich von Bern 38 / Der Kampf um Rom 40 / Die Alemannen 41 / Die Gepiden 42 / Die Langobarden 43 / Hengist und Horsa 44 / Chlodevech 45 / Brunhilde 46 / Gudrun 48 / Karl Martell 49 / Pipin der Kleine 49 / Karl der Große 50 / Die Nibelungen 52
Das Buch der Kirche 54
Jesus von Nazareth 54 / Paulus 55 / Das Kreuz über den Gräbern 56 / Das Schaumgold der Kirche 57 / Simeon aus Sesam 58 / Augustinus 59 / Nicäa 60 / Wulfila 61 / Der Pontifex maximus 61 / Winfried 62 / Widukind 63 / Carolus Augustus 65 / Der gläserne Grund 66 / Die schwarzen Mönche 67 / Die Legende 67 / Der Heliand 68 / Die Heliandsburgen 69 / Cluny 70 / Canossa 71 / Die Kreuzzüge 72 / Die Hunde des Herrn 73 / Die Stedinger 74 / Der Kinderkreuzzug 75 / Die Scholastik 76 / Die gotischen Dome 77 / Der schwarze Tod 78
Das Buch der Kaiser 80
Kaiser und Kirche 80 / Das Lügenfeld 81 / Stellinga 82 / Die fränkische Ohnmacht 83 / Heinrich der Finkler 84 / Mathilde 85 / Otto, Sohn der Mathilde 86 / Otto der König 87 / Otto der Kaiser 88 / Die Ottonen 89 / Der[410] Weltuntergangskaiser 91 / Heinrich der Heilige 92 / Der siebente Heerschild 93 / Heinrich der Dritte 94 / Kaiserswerth 95 / Der Aufruhr der Sachsen 96 / Der Streit um die Stärke 98 / Der Gottesfrieden 100 / Der Kaiser des Volkes 101 / Der Sieg der Fürsten 103 / Die goldenen Tage der Kirche 105 / Der heilige Bernhard 106 / Heinrich der Löwe 107 / Friedrich von Schwaben 108 / Barbarossa 109 / Das Maifeld in Mainz 111 / Der Sohn der Macht 111 / Der Sizilianer 112 / Konradin 113 / Der Kyffhäuser 114
Das Buch der Bürger 116
Der Sachsenspiegel 116 / Huld und Treue 117 / Der Ritter 118 / Minnegesang 119 / Walter von der Vogelweide 120 / Die Bürgerschaft 122 / Die Zunft 123 / Die Gilde 123 / Walpod 124 / Die Hansa 125 / Rudolf von Habsburg 126 / Die Eidgenossen 127 / Die deutschen Ordensritter 129 / Die Feme 130 / Der gemeine Mann 131 / Die braunen Brüder 132 / Albertus Magnus 132 / Die fahrenden Schüler 133 / Das Volkslied 134 / Die Meistersinger 135 / Der Schwank 136 / Die Bauhütte 137 / Die Schilderzunft 138 / Der Genter Altar 139 / Der Spiegel der Wirklichkeit 140 / Der Altar von Isenheim 141
Das Buch der Freiheit 143
Meister Eckhart 143 / Suso 144 / Der Gottesfreund 145 / Die gemeinsamen Brüder 146 / Konzil in Konstanz 147 / Die schwarze Kunst 149 / Die Humanisten 150 / Johann Reuchlin 152 / Maximilian 153 / Die Fugger 154 / Albrecht Dürer 155 / Hans Holbein 157 / Erasmus 158 / Ulrich von Hutten 159 / Der Mönch von Wittenberg 161 / Der Reichstag zu Worms 163 / Die deutsche Bibel 165 / Philipp Melanchthon 166 / Ulrich Zwingli 167 / Der Bauernkrieg 169 / Marburg 171 / Die Wiedertäufer 172 / Die Landeskirche 174 / Kopernikus 175
Das Buch der Zwietracht 177
Loyola 177 / Calvin 178 / Die spanische Hand 179 / Die Geusen 180 / Donauwörth 182 / Der Schwur von Loreto 183 / Der Winterkönig 184 / Die Pfalz 185 / Wallenstein 186 / Stralsund 187 / Magdeburg 188 / Gustav Adolf 190 / Lützen 191 / Der Herzog von Friedland 193 / Bernhard von Weimar 194 / Das Ende 195 / Der Frieden zu Münster 196
Das Buch der Fürsten 198
Versailles 198 / Alliance du Rhin 199 / Straßburg 200 / Die Erbschaft der Liselotte 201 / Die Türken vor Wien 203 / Holland 204 / Rembrandt 205 / Der große Kurfürst 207 / August der Starke 209 / Der König in Preußen 210 / Prinz Eugen 211 / Die fürstlichen Schlösser 212 / Der Soldatenkönig 213 / Der Gutsherr zu Rheinsberg 214 / Der König 216 / Der Spötter von Sanssouci 217 / Der Kriegsherr 219 / Der alte Fritz 220 / Maria Theresia 222 / Joseph der Zweite 223 / Die Pompadour 225 / Maria[411] Antoinette 226 / Mozart 227
Das Buch der Propheten 230
Hans Sachs 230 / Das Kirchenlied 231 / Bach 232 / Die Pietisten 234 / Die Aufklärung 235 / Christian Fürchtegott Gellert 236 / Klopstock 237 / Der Hainbund 238 / Lenore 239 / Lessing 240 / Herder 242 / Götz 243 / Werthers Leiden 244 / Weimar 245 / Winckelmann 246 / Goethe in Rom 248 / Die Räuber 249 / Jena 250 / Hölderlin 252 / Die Romantik 253 / Des Knaben Wunderhorn 255 / Das Märchen 256 / Novalis 257 / Eichendorff 257 / Johann Peter Hebel 258 / Jean Paul 260 / Faust 261
Das Buch der Erhebung 264
Beethoven 264 / Die Blutrache der Freiheit 266 / Bonaparte 267 / Napoleon 267 / Der Rheinbund 268 / Jena und Auerstädt 269 / Der Tyrann 270 / Andreas Hofer 271 / Luise 273 / Kant 274 / Fichte 276 / Pestalozzi 277 / Der Freiherr vom Stein 278 / Kleist 279 / 1812 281 / Tauroggen 284 / Die Landwehr 284 / Die Erhebung 285 / Leyer und Schwert 286 / Blücher 287 / Die Völkerschlacht 288 / Caub 289
Das Buch der Minister 291
Das Reich 291 / Der Wiener Kongreß 292 / Die hundert Tage 293 / Die heilige Allianz 294 / Der Siebenschläfer 294 / Der Geheimrat 295 / Die deutsche Burschenschaft 296 / Das Fest auf der Wartburg 297 / Sand 298 / Metternich 299 / Ernst Moritz Arndt 300 / Der Turnvater Jahn 301 / Der Kirchhof 301 / Der Biedermaier 302 / Goethe stirbt 304 / Das Volk der Denker und Dichter 305 / Die schwäbischen Dichter 305 / Mörike 306 / Stifter 307 / Hebbel 308 / Grillparzer 310 / Schopenhauer 310 / Die Nazarener 312 / Der Baukönig 313 / Der Redekönig 314 / Die Auswanderer 315 / Die schlesischen Weber 316 / Die Fabrik 317 / Wilhelm Weitling 318 / Das junge Deutschland 320 / Drei Dichter 320 / Metternichs Ende 322 / Der achtzehnte März 323 / Hecker 324 / In der Paulskirche 325 / Malmö 326 / Die Kaiserwahl 327 / Der König von Preußen 327 / Olmütz 328
Das Buch der Preußen 330
Der Ordensstaat 330 / Brandenburg 331 / Der preußische Staat 331 / Der Keil 333 / Unter den Linden 333 / Berlin 335 / Der Schillertag 336 / Friedrich List 337 / Die Eisenbahn 339 / Der Zollverein 340 / Der preußische Bundesgesandte 341 / Der Regent 342 / Der Konflikt 343 / Der dänische Krieg 344 / Gastein 345 / Die Zange 346 / Das Zündnadelgewehr 346 / Der norddeutsche Bund 348 / Der neue Napoleon 348 / Die Emser Depesche 349 / Die Männer 351 / Nach Frankreich hinein 352 / Metz 352 / Sedan 353 / Der Ringkampf der Völker 354 / Versailles 355
Das Schuldbuch der Menschen 357
Der Reichstag 357 / Die alte Zwietracht 358 / Die neue Zwietracht 359 / Die goldene Spinne 360 / Darwin 361 /[412] Der Trompeter von Säckingen 363 / Unserer Väter Werke 363 / Bayreuth 364 / Bruckner 366 / Nietzsche 367 / Die dritte Zwietracht 369 / Gottfried Keller 370 / Wilhelm Raabe 372 / Die Neuzeit 373 / Die Vorstadt 374 / Das Sozialistengesetz 375 / Der Deutsche Soldat 376 / Kaiser und Kanzler 377 / Der Alte im Sachsenwald 378 / Der deutsche Welthandel 380 / Die deutsche Flotte 381 / Der Dreibund 382 / Feinde ringsum 383 / Habsburg 384 / Serajewo 385 / Der Weltkrieg 385 / Die Schuld 386 / Die Marneschlacht 387 / Hindenburg 388 / Die Blockade 389 / Der Schützengraben 390 / Die belagerte Festung 392 / Das Unterseeboot 393 / Ludendorff 395 / Die vierzehn Punkte 396 / Der letzte Ausfall 397 / Der Zusammenbruch 398 / Der Aufruhr 399 / Versailles 400 / Moskau 401 / Menschendämmerung 402 / Wiederkunft 404
 
Annres 20.10.2023 15:55
Kapitel 54: Jesus von Nazareth

Als der Kaiser Augustus zu Nola in Campanien den Tod sterben mußte, der das Vorrecht der Gewaltigen auslöscht wie das Unrecht der Geringen, ging Jesus von Nazareth erst in die Jünglingsjahre: aber noch war Tiberius nicht in den Polstern seines grausamen Alters erstickt, da hatte das Kreuz von Golgatha schon den Zimmermannssohn zum Messias erhöht.

Das prahlende Glück Cäsars und der Glanz des Augustus hatten dem wölfischen Weltreich die blutige Tollheit des julischen Tyrannen gebracht: die Lehre des Nazareners ging auf wie Blumen, heimlich in die Gärten der Greuel gesät.

Das erste Lot aber seiner Lehre war dies: dem Kaiser gehört euer Leib und alles, was seine Notdurft verlangt, er kann ihn behängen mit goldenen Ketten und kann ihn braten auf glühendem Rost; Gott aber gehört eure Seele und alles, was ihre Sehnsucht vermag, er kann die goldenen Ketten zur Last und den glühenden Rost zum Lustlager machen!

Denn der, den sie Messias, das heißt den Gesalbten, nannten, kam nicht gegürtet mit einem Schwert, sein Reich zu raffen: er ging als Pilger über die Straßen und Märkte des jüdischen Landes, lächelnd von Liebe und Weisheit, und säte den Samen der Freiheit in furchtsame Herzen.

Und weckte Gott aus den Seelen der Menschen, daß er stark würde in jedem, des irdischen Daseins zu lächeln.

Denn das zweite Lot seiner Lehre war dies: Gott ist kein böser Tyrann, über euch thronend in den Wolken, durch Opfer und gute Werke versöhnbar, Gott ist der ewige Geist aller Dinge, und jedem, der ihn in Wahrheit erkennt, wird er ein liebender Vater.

Darum brauchte Jesus von Nazareth nicht das Bußgeschrei der Propheten noch die Gottesfurcht ihrer Priester: sein himmlischer Vater ließ seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, er ließ regnen über Gerechte und Ungerechte, weil allen sein Himmel der Liebe geöffnet war.

Allen, die gläubig der Gotteskindschaft zur ewigen Allmacht eingingen, die solches Wunder dem sterblichen Menschen erwies und ihn aus der Notdurft und sündigen Furcht seines Leibes zur Freiheit der unsterblichen Seele erlöste.

Denn das war das dritte Lot seiner Lehre: das Reich Gottes ist nahe herbei gekommen; es ist der Himmel des Herzens in euch, Reinheit und Demut sind seine Pforten, gläubige Liebe zum Vater hält seine Burg, und tätige Liebe den Brüdern gibt ihm die ewigen Waffen.

Als aber Jesus, der Zimmermannssohn, der dieses lehrend über die Straßen und Märkte des jüdischen Landes ging, sich selber als Liebespfand der Allmacht geopfert hatte, als mit dem Hosiannageschrei und dem Kreuzestod der Umkreis seines irdischen Daseins umrissen war: da blieb der Kreuzestod in den Herzen seiner geflohenen Jünger und hatte das Lächeln der Liebe und Weisheit in den Schmerz des Opfers verkehrt; und grausam ging durch die frohe Botschaft der Riß von Golgatha.
 
Engelslhaar 20.10.2023 16:03
Interessante Themen, Annres, anspruchsvoll zu lesen!
 
(Nutzer gelöscht) 20.10.2023 16:22
Deutschland ist erst durch den Geist Gottes zu Deutschland geworden. Vorher gab es nur Stammesgebiete, Fürstentümer, Königshäuser.
 
Engelslhaar 20.10.2023 16:23
Ich habe als Jugendliche diese nordischen Göttersagen von Wotan und anderen Göttern sehr gerne gelesen
 
Annres 20.10.2023 16:34
>> Deutschland ist erst durch den Geist Gottes zu Deutschland geworden.

Wilhelm Schäfer schreibt dazu:

Wer die Geſchichte unſerer Frühzeit kennt, weiß auch, daß dieſer Zwieſpalt im Untergang der germaniſchen Königsvölker seine beſondere Zuſpitzung erhielt. Goten, Vandalen, Langobarden rangen nicht mit Rom als Heiden mit Chriſten, ſondern als arianiſche Chriſten mit dem athanaſiſchen Fanatismus der römiſchen Biſchöͤfe. Als ſie untergegangen waren, hatte nicht Jeſus von Nazareth, ſondern der Pontifex maximus, die chriſtlich gewordene Inſtitution des römifchen Oberprieſters geſiegt, und das Sinnbild dieſes Sieges war die Stola. Das Kirchentum wurde Herr über die Deutſchen im lateiniſchen Mantel; und wem dieſer Gang der Kultur ſelbſtverſtändlich erſcheint, der vergißt ganz, daß die Goten ſchon jahrhundertelang vor Bonifazius die Bibel des Wulfila, alſo das Evangelium in ihrer Sprache und damit in ihrer eigenen Gefühlswelt hatten. Das römifche Chriſtentum war zugleich lateiniſche Kultur, als ſolche wurde es auf unſere Frühzeit gelegt.
----------------------------------

Also hat der Geist Gottes durch die römische-katholische Kirche gewirkt und durch die römische Kultur das deutsche Reich geeint?
 
Annres 20.10.2023 16:38
Hier ist das Buch übrigens als pdf online: https://www.gutenberg.org/files/53856/53856-h/53856-h.htm


Die letzten drei Kapitel sind sehr aussagekräftig für einen 100 Jahre alten Text:

Wiederkunft


Das Land der Mitte zu heißen, ist Deutschlands Geschick: zwischen Versailles und Moskau liegen die Gräber seiner gefallenen Söhne, zwischen Versailles und Moskau liegt seine kommende Not.

Die rote Zwietracht reißt seine Hoffnung nach Osten, die goldene Spinne im Westen saugt ihm sein Blut; was es der einen läßt, muß es der andern nehmen: so ist es noch einmal das Schlachtfeld der Welt.

Denn nun kann nicht Frieden auf Erden gesungen sein, als bis das dritte Reich kam; aber das dritte Reich wird keinem der Völker gehören, die Menschheit wird sein Herrscher und Untertan heißen.

Die Menschheit will werden, aber sie kommt nicht mit Lorbeer und Psalmen: Gewalt muß Gewalt bezwingen, ein Meer von Blut muß den Abgrund ersäufen, daraus sie geboren sein will.

Versöhnung und Friedensschalmeien müssen verstummen, wenn der Abgrund zu kreißen beginnt; denn alles was dumm und gemein, was selbstsüchtig und eitel, was schlecht und schlau und zwiezüngig ist, will die Geburt stören.

Die rote Zwietracht im Osten wird einmal die goldene Spinne im Westen erschlagen; aber das rote Elend wird nach dem goldenen schreien, bis die erste Eintracht beginnt.

Daß aber das Reich der Eintracht uns widerfahre auf Erden, wird es der Herzen bedürfen, die das Kreuz der Zwietracht tapfer und treu nach Golgatha tragen; der deutschen Seele wird seine bitterste Botschaft gehören.

Zu töricht, im Rat von Versailles zu sitzen, zu töricht, im Haß von Moskau zu sein, niemandens Freund und aller Welt Feind, wird sie in langer Einsamkeit bleiben.

Die Einsamkeit wird ihre schwarzen Unholde gebären und ihre Lichtalben; wenn der Morgen der Menschendämmerung anbricht, wird sie nicht mehr auf Allerweltsstraßen gehen.

Alle Kämpfe der Menschheit werden der deutschen Seele auferlegt sein, bis sie, Besiegter und Sieger in Einem, der kommenden Eintracht Christophorus wird; bis einmal Wiederkunft ist, bis endlich den Kindern Gottes auf Erden die grüne Wiese, das blanke Meer und der blaue Himmel gehören.

Ausgang

Deutscher, der du die bittere Gegenwart leidest, der du geschlagen, bedrückt und verachtet bist unter den Völkern, der du die wehrlosen Hände rachsüchtigen Feinden hinhalten mußt; Deutscher, dem Wohlstand und Wohlfahrt zerbrachen, dem aus Gewinn und Genuß hoffärtiger Tage Armut und Ärgernis, Not und Verzweiflung kamen;

Deutscher, den mehr als die Rachsucht der Feinde und mehr als die Not die Leichtfertigkeit schreckte, darin er sein Volk am Rand der Verkommenheit tanzen und Niedertracht über die Guten Gewalt haben sah;

Deutscher, bedenke die Herkunft! Bedenke, daß deine Gegenwart gefüllt mit dem Schicksal all deiner Vergangenheit ist!

Deutscher, laß ab von der Klage! Denn siehe, was dir geschah, geschieht deinen Vätern: deine Väter sind gegenwärtig in dir, weil dein Schicksal die Waage des Guten und Bösen aus ihrer Vergangenheit ist.

Deutscher, sei ehrfürchtig deinen Großen; ob sie ihr Werk nur mühsam vermochten gegen dein träges, törichtes Herz, ob sie hinrauschten wie Adler oder mit gläubiger Einfalt durch deine taube Genügsamkeit gingen: alle sind deine Väter, und alle sind gegenwärtig in dir!

Deutscher, sei deiner Vergangenheit trächtig, wie der Mittag von seinem Morgen gefüllt ist; Tracht und Trotz all ihrer Männer, Tat und Gedanken all ihres Schicksals bist du!

Deutscher, sei deiner Gegenwart tapfer, weil du der Erbhalter bist größerer Dinge, als die an dem Tag hängen: Gutes und Böses will werden, wie Unkraut und Saat wird, und der Acker bist du!

Deutscher, sei gläubig der Zukunft, der du die bittere Gegenwart leidest: Kinder und Kindeskinder, und alles, was über sie kommt, Stärke und Schwäche, Demut und Stolz, Hoffart und Kleinmut, alles, was einmal deutscher Lebenstag wird, alles bist du!

Nachwort
Als ich »Die dreizehn Bücher der deutschen Seele« zu Weihnachten 1921 nach fünfjähriger Arbeit heraus brachte, wußte ich, daß sie namentlich im neueren Teil noch Mängel aufwiesen. Meine Kraft reichte damals nicht aus, ihnen die Vollendung zu geben, die ich mir geträumt hatte. Sollte das Buch meinem Volk in seiner bitteren Geschlagenheit Trost bringen, durfte ich nicht länger mit der Drucklegung zögern.

Diese Volksausgabe endlich bot mir nach zwölf Jahren Gelegenheit, noch einmal Hand an das Werk zu legen. Es wäre undankbar, wollte ich nicht die beiden Männer nennen, die mich durch eine kritische Durcharbeitung meiner Kapitel unterstützten: Graf Adolf Dubsky und Graf zu Eulenburg-Wicken. Beide, der österreichische Katholik und der preußische Protestant, werden auch heute noch nicht mit jeder Einzelheit zufrieden sein können; aber ich hoffe, sie billigen mir zu, daß ich jeden Einwand bedachte und der Zwiespälte Herr zu werden suchte, die eine gerechte Darstellung der deutschen Geschichte so schwierig machen, weil sie weder den Katholiken noch Protestanten, weder den Preußen noch Österreicher, sondern den Deutschen schlechthin fordert.

Daß ich mit meinem Buch vielen Tausenden Trost brachte, als die Tröstungen in Deutschland noch selten waren, ist mir genügend bezeugt; daß seine Mission noch nicht erfüllt sei, ist der Glaube dieser Volksausgabe.
 
(Nutzer gelöscht) 20.10.2023 16:41
Der Geist Gottes hat durch sein Wort gewirkt. Puh! Das ist ganz schön viel. Ich hoffe, dass ich die Zeit finde, mich da mal rein zu lesen. Auf jeden Fall danke für den Link!
 
Annres 20.10.2023 16:56
Mit diesem Link kommt man direkt zur Inhaltsangabe, da kann man sich die interessanten Kapitel raussuchen:
https://www.gutenberg.org/files/53856/53856-h/53856-h.htm#Nachwort

Ich habe das Buch auch nicht ganz gelesen, weil Wilhelm Schäfer unsere Geschichte schon sehr genau beleuchtet.

Über Martin Luther schreibt er im Kapitel "Kirchengeschichte", aber die evangelische Kirche kommt bei ihm genauso schlecht weg wie die römische. Was Herr Schäfer für eine Konfession hatte, weiß ich nicht...
 
(Nutzer gelöscht) 20.10.2023 16:59
Wahrscheinlich freiheitsliebender Christ wie wir
weiße TaubeJetzt kostenlos registrieren