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"Drei Arten von Gesetzlichkeit"

"Drei Arten von Gesetzlichkeit"
"Drei Arten von Gesetzlichkeit"
Artikel von R.C. Sproul

Bist du als Christ jemals der Gesetzlichkeit beschuldigt worden? Die Begriffe „Gesetzlichkeit“ oder „gesetzlich“ werden in der säkularen Kultur oft unter falschem Verständnis in Umlauf gebracht. Einige Leute würden Johannes als gesetzlich bezeichnen, weil sie ihn für engstirnig halten. Aber der Begriff „Gesetzlichkeit“ bezieht sich nicht auf Engstirnigkeit. In Wirklichkeit zeigt sich Gesetzlichkeit auf viele unterschiedliche und subtilere Arten.

Gesetze zum Selbstzweck
Im Grunde bedeutet Gesetzlichkeit, dass das Gesetz Gottes aus seinem ursprünglichen Kontext herausgelöst wird. Manche Menschen scheinen im christlichen Leben damit beschäftigt zu sein, Regeln und Vorschriften zu befolgen. Sie stellen sich das Christentum als eine Reihe von Geboten und Verboten vor, als kalte und tote moralische Prinzipien. Das ist eine erste Form der Gesetzlichkeit, bei der es nur darum geht, das Gesetz Gottes zum Selbstzweck zu nutzen.
Gott ist es sicher wichtig, dass wir seine Gebote befolgen. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass die Geschichte noch mehr beinhaltet. Gott gab Gesetze wie die Zehn Gebote im Zusammenhang mit seinem Bund mit dem Volk Israel. Wir müssen hier zuallererst festhalten: Gott war gnädig. Er befreite sein Volk aus der Sklaverei in Ägypten und ging mit Israel eine liebevolle, familiäre Beziehung ein. Erst nachdem diese auf Gnade basierende Beziehung hergestellt war, begann Gott, die spezifischen Gesetze zu definieren, die ihm wohlgefällig sind. Ein Professor sagte während des Studiums: „Das Wesentliche der christlichen Theologie ist die Gnade, und das Wesentliche der christlichen Ethik ist die Dankbarkeit.“ Ein gesetzlicher Mensch isoliert das Gesetz von dem Gott, der das Gesetz gegeben hat. Es geht ihm weniger darum, Gott zu gehorchen oder Christus zu ehren, als vielmehr darum, Regeln zu befolgen, zu denen es keine persönliche Beziehung gibt.
Es gibt keine Liebe, keine Freude, kein Leben, keine Leidenschaft. Es ist eine auswendig gelernte, mechanische Form der Gesetzestreue, die wir als Externalismus bezeichnen. Ein Mensch, den man als gesetzlich beschreiben würde, konzentriert sich nur auf das Befolgen der bloßen Regeln und zerstört den breiteren Kontext von Gottes Liebe und Erlösung, in welchem er sein Gesetz überhaupt erst gegeben hat.

Gesetze der Form nach
Um die zweite Form der Gesetzlichkeit zu verstehen, müssen wir uns daran erinnern, dass das Neue Testament zwischen dem Buchstaben des Gesetzes (seiner äußeren Form) und dem Geist (der tatsächlichen Absicht) des Gesetzes unterscheidet. Die zweite Form der Gesetzlichkeit trennt den Buchstaben des Gesetzes vom Geist des Gesetzes. Sie befolgt den Buchstaben, verstößt aber gegen den Geist. Es gibt nur einen feinen Unterschied zwischen dieser Form der Gesetzlichkeit und der zuvor erwähnten.
Wie kann man den Buchstaben des Gesetzes befolgen, aber seinen Geist verletzen? Nehmen wir an, ein Mann fährt mit seinem Auto gerne mit der vorgeschriebenen Mindestgeschwindigkeit. Dies tut er unabhängig von den Bedingungen, unter denen er unterwegs ist. Wenn er sich auf einer Autobahn befindet und die vorgeschriebene Mindestgeschwindigkeit 80 km/h beträgt, fährt er 80 km/h und nicht weniger. Er tut dies sogar bei sintflutartigen Regenfällen, auch wenn er mit dieser Geschwindigkeit andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringt, die vernünftig genug sind langsamer zu fahren, um nicht von der Straße abzukommen oder die Kontrolle zu verlieren. Der Mann, der selbst unter diesen Bedingungen auf einer Geschwindigkeit von 80 km/h besteht, fährt sein Auto nur zu seinem eigenen Vergnügen. Er erweckt womöglich den Anschein, dass er in seinem bürgerlichen Gehorsam gewissenhaft ist. Sein Gehorsam ist jedoch nur äußerlich. Er kümmert sich überhaupt nicht darum, worum es bei dem Gesetz in Wirklichkeit geht. Diese zweite Art der Gesetzlichkeit gehorcht den Äußerlichkeiten, während das Herz weit entfernt ist von jeglichem Wunsch, Gott, die Absicht seines Gesetzes oder Christus zu ehren.
Diese zweite Art der Gesetzlichkeit lässt sich am Beispiel der Pharisäer veranschaulichen, die Jesus wegen der Heilung am Sabbat zur Rede stellten (vgl. Mt 12,9-14). Ihr Problem war, dass sie sich nur um den Buchstaben des Gesetzes kümmerten und alles vermieden, was für sie nach Arbeit aussah. Diese Lehrer verfehlten den Geist des Gesetzes, der sich gegen gewöhnliche Arbeit am Sabbat richtete, die nicht zur Erhaltung des Lebens erforderlich ist, und nicht gegen die Bemühungen, Kranke zu heilen.

Gesetze plus menschliche Ergänzungen
Die dritte Art der Gesetzlichkeit fügt dem Gesetz Gottes unsere eigenen Regeln hinzu und behandelt sie als göttlich. Es ist die häufigste und tödlichste Form der Gesetzlichkeit. Jesus tadelte die Pharisäer genau an diesem Punkt und sagte (vgl. Mk 7): „Ihr lehrt menschliche Überlieferungen, als seien sie das Wort Gottes.“ Wir haben kein Recht, Menschen Beschränkungen aufzuerlegen, wo er keine Beschränkung ausgesprochen hat.
Jede Kirche hat das Recht, in bestimmten Bereichen ihre eigenen Regeln aufzustellen. Zum Beispiel sagt die Bibel nichts über Softdrinks im Gemeinschaftsraum der Kirche, aber eine Kirche hat jedes Recht, solche Dinge zu regeln. Aber wenn wir diese menschlichen Richtlinien dazu benutzen, das Gewissen in letzter Instanz zu binden und solche Richtlinien zu einem entscheidenden Faktor für die Erlösung eines Menschen zu machen, begeben wir uns auf gefährliche Weise auf ein Gebiet, das allein Gott gehört.

Viele Menschen glauben, das Wesen des Christentums bestehe darin, die richtigen Regeln zu befolgen, auch wenn sie außerbiblisch sind. In der Bibel steht zum Beispiel nicht, dass wir nicht Karten spielen oder ein Glas Wein zum Essen trinken dürfen. Wir können diese Dinge nicht zum äußeren Test für authentisches Christentum machen. Das wäre ein tödlicher Verstoß gegen das Evangelium, denn damit würden wir menschliche Traditionen an die Stelle der wahren Früchte des Geistes setzen. Wir kommen einer Gotteslästerung gefährlich nahe, wenn wir Christus auf diese Weise falsch darstellen. Wo Gott Freiheit gegeben hat, sollten wir die Menschen niemals mit von Menschen gemachten Regeln versklaven. Wir müssen darauf achten, dass wir diese Form der Gesetzlichkeit bekämpfen.
Das Evangelium ruft die Menschen zu Umkehr, Heiligkeit und Frömmigkeit auf. Aus diesem Grund empfindet die Welt das Evangelium als anstößig. Aber wehe uns, wenn wir diesen Anstoß unnötig verstärken, indem wir das wahre Wesen des Christentums entstellen, indem wir es mit Gesetzlichkeit verknüpfen. Da es im Christentum um Moral, Gerechtigkeit und Ethik geht, können wir leicht den subtilen Schritt von einer leidenschaftlichen Sorge um göttliche Moral zur Gesetzlichkeit machen, wenn wir nicht aufpassen.

GesetzGesetzlichkeit
R.C. Sproul war Gründer von Ligonier Ministries, Pastor der Saint Andrew’s Chapel in Florida und der erste Rektor des Reformation Bible College. Er verfasste mehr als hundert Bücher, darunter Die Heiligkeit Gottes.

https://www.evangelium21.net/media/3572/drei-arten-von-gesetzlichkeit

Kommentare

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Palmeros 04.06.2023 11:22
Freueteuch : Wird dagegen Gottes Wort geisterfüllt vorgelebt, dann werden sich die Kinder später daran erinnern und hoffentlich von ihren falschen Wegen umkehren.

👍 meine pers. Geschichte 
 
Alkazar 04.06.2023 11:39
Ja,... toll, dass Du das mal zum Thema
gemacht hast!
Nehme jetzt mal erst nur zu einem dieser sehr wichtigen Punkte Stellung:
"wo Gott Freiheit gegeben hat, sollten wir die Menschen niemals mit von Menschen
gemachten Regeln versklaven" zitat ende.
Habe entdeckt, dass in der Bibel unterschieden wird zwischen Menschensatzungen und Gebot Gottes.
Letzteres ist sogar wichtig, um nicht
versklavt zu werden.
Paulus geht davon aus, dass unter den Heiden Menschen dieses  Gebot Gottes innewohnt, sie danach handeln, obwohl es ihnen nicht
ausdrücklich beigebracht wurde, wie es in
 seinem Volk seit Mose Sitte war. Nämlich 
den Kindern auf dem Weg davon zu erzählen, und um diesem Gebot  Beachtung auszudrücken, dieses an den
Arm (Herzensnähe) und an die Stirn (Kopf nähe) zu binden.
Und bis heute ist offiziell die Torah das, was sie zu Jesu Zeiten war: Diskussionsgrundlage und Richtschnur für 
Entscheidungen.
Ich vergleiche diese Situation der Freiheit 
 mal mit autoritärem 
und antiautoritärem Erziehungsstil.
Israel ist einem totalitären System in
Ägypten entkommen. Also, man könnte 
sagen, sie mussten blind gehorchen, ohne
nachzudenken.
 Beim Auszug waren sie aber ja nicht
 gleich selbstständig im Sinne von demokratiefähig. Einfach ohne Regeln,
sprich antiautoritär, macht unkreativ und
unselbstständig laut pädagogischen Beobachtungen.
Dass Israel, wie auch andere, selbstständig 
über  Regeln nachdenken, die anwenden können,  befähigt sie autonom zu sein.
Sie haben den Staat Ägypten nicht mehr
als grossen Pappi wahrgenommen, der
ihnen Brot gibt, wörtlich "FleischTöpfe ".
Sie haben Gott als Immanuel kennengelernt,
der, der mit ihnen ist und ihnen zutraut
aus Überzeugung den Bund, der sowieso
ganz nahe bei ihnen ist, in ihrem Herzen
ist, zu halten. Dadurch sind sie autonom gegen willkürliche Macht geworden und
gelangen zur Unabhängigkeit und Freiheit.
Wegen dieser Gebote
....mit Blick auf die Uhr, muss ich leider
jetzt abbrechen, wie schade😏
Hoffe, dass Dein Blog später noch offen ist.
Denn ich traue mich nicht, allein daraus hier im Forum einen  Blog zu machen.
 
Kinkerlintz 04.06.2023 11:42
Lebendige und authentische Beziehungen zum Herrn aller Herren sind förderlich und wichtig, letztendlich ruft ER heraus. Das Gebet ist die entscheidende Hilfe !
 
Alkazar 06.06.2023 12:21
Gesetzlichkeit ohne Liebe ist erdrückend.
Dem stimm ich zu.
Das Umgekehrte hab ich ebenso beobachtet:
Es kann erdrückend sein, wenn jemand
ohne Rückbebindung an Gebote und Maßstäbe vorgibt zu wissen, was christliche
Liebe sei, und diese Person, die Liebe einfordert, sich dann
auf einen Bibelvers stützt, in dem Paulus sagt "Christus ist des Gesetzes Ende".
Wie denkt Ihr darüber?
 
Zeitzeuge 06.06.2023 20:29
Denn durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch vor ihm gerecht sein. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. (Rö 3:20, Luther)

3,20 Niemand kann also »gerechtfertigt werden«, indem er das Gesetz hält. Das Gesetz wurde nicht gegeben, um die Menschen zu rechtfertigen, sondern um »die Erkenntnis der Sünde« herbeizuführen – nicht die Erkenntnis der Erlösung, sondern »die Erkenntnis der Sünde«.

Das Gesetz wird also richtig angewendet, wenn man es zur Überführung von der Sünde benutzt, doch als Rettungsmittel von der Sünde ist es völlig ungeeignet. Luther drückte es so aus: Die Aufgabe des Gesetzes ist nicht zu rechtfertigen, sondern in Furcht zu versetzen.

(William Macdonald)
 
Alkazar 07.06.2023 11:18
Ja, das macht Sinn:
" nur zur Überführung von Sünden "
Denn oft ist sich der Betreffende, der um 
eigener Vorteile willen das Gesetz bricht,
nicht bewusst, welchen Schaden er damit 
im Leben anderer anrichtet und das jeder,
der es bricht menschliche Beziehungen 
erkalten lässt und dabei selbst erkaltet.
Durch Geldstrafen werden sie dann aber
in noch auswegslosere Situationen geführt,
was eine Dokumentation gestern spät abends Fernsehen über die Justiz zeigte.
Bin mal darüber gestolpert, dass Jesus
über eine Frau sagte: :Sie liebt viel,
darum wird ihr viel vergeben".
Nach Prägung und Glaubensaussagen
im christlichen Umfeld fragte ich mich:
Warum heisst es denn hier nicht:
"Ihr ist viel vergeben, darum liebt sie viel"
Bin zu folgendem  Gedankengang gekommen:
Wenn die Zusammenfassung der Gebote
Gottes- und Nächstenliebe ist, hat diese
Frau in Jesu Augen sich diese Liebe noch
bewahrt und ist daher nicht auszuschliessen aus der Gemeinschaft, 
wie möglicherweise einige das Gesetz
anwenden wollten. Er war dann ihr "Verteidiger vor Gericht" und hat Vergebung
begründet. Das interesannte find ich dabei
auch, dass diese Vergebung vor Jesu Tod
passierte. Nicht, wie einige predigen,
zuerst gab's nur das Gesetz = AT und
nach Jesu Tod kein Gesetz, sondern Gnade
= NT.
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