😀 Sehr weise Worte.
DANKE fürs Teilen.
„Der Charakter als Störenfried“
28.01.2023 18:18
„Der Charakter als Störenfried“
28.01.2023 18:18
„Der Charakter als Störenfried“
Glückselig der Mann, der die Versuchung erduldet! Denn nachdem er bewährt ist, wird er den Siegeskranz des Lebens empfangen, den der Herr denen verheißen hat, die ihn lieben. (Jakobus 1:12, Elb)
„Der Charakter als Störenfried“
Charaktervoll zu sein oder einen Charakter zu haben gilt allgemein als Vorzug. Ich verstehe aber hier Charakter in seinem ursprünglichen Wortsinn als Prägung oder Festlegung – als Fixierung auf ein bestimmtes Lebensmuster, als Verfestigung in starre Denk- und Erlebnisabläufe. Charakterstrukturen wären dann die Schienen, auf denen unser Leben verläuft und die nicht viel Bewegungsraum zur Entwicklung lassen.
Die Entwicklung dieser Strukturen hängt mit frühen Kindheitserlebnissen zusammen. Schon im Mutterleib erfahren wir in Enge und totaler Hilflosigkeit die Begegnung mit der Angst. Angst ist eines der stärksten Urgefühle. Ihre Bewältigung ist uns unser Leben lang aufgegeben.
Jedes Kind reagiert je nach Umwelt und Lebensbedingungen, in die es hineingeboren wird, unterschiedlich auf die jeweils angstmachende Situation. Anlage und körperliche Kondition spielen dabei sicher eine wesentliche Rolle. Irgendwie lernt jeder im Laufe seines Lebens, mit der Angst umzugehen und sie in sein Lebenskonzept einzubauen. Dabei entwickelt er seine Struktur.
Entscheidend ist bei diesem Prozeß der Angstbewältigung die Prägung durch die Eltern beziehungsweise durch die ersten Beziehungspersonen. Wenn wir als völlig hilflose Wesen auf die Welt kommen, hängt alles davon ab, wie wir auf- und angenommen werden. Diese Erfahrungen in den ersten sechs Lebensjahren prägen unser Erleben und Verhalten so tiefgreifend, daß dabei unsere spezifische Art zu leben vorprogrammiert wird.
Charakter wäre nach dieser Definition eine Bezeichnung für die Abwehrmechanismen, die wir gegen die Angst und die Unterlegenheitsgefühle aufbauen, die uns sonst überwältigen würden. Aber auch Anpassung und Lustgewinn, Sicherheit und Anerkennung sind Grundbedürfnisse, die sich in uns ausprägen und unseren Charakter bilden. Es entstehen die eigenen Begabungen und Muster, mit mir selbst und mit meiner Welt umzugehen. Das System, das wir zur Abwehr unserer Ängste aufbauen, wird zu unserer Stärke und kann sich im Leben als sehr nützlich erweisen. Was mich zum Beispiel als Verlustangst zu verschlingen droht, kann in mir die Begabung wecken, Kontakte zu schließen, Bindungen einzugehen und Nähe und Wärme zu schenken.
Verlaufen diese „Stärken“ bei den Partnern entgegengesetzt, können sie die Ehe zunehmend belasten und stören. Wenn am Anfang nach dem Motto „Gegensätze ziehen sich an“ die Unterschiede vielleicht sogar eine gewisse Faszination ausüben, werden sie auf die Länge der Zeit und mit wachsender Abhängigkeit zur Last. Jeder hat entsprechend seiner Charakterstruktur eine so spezifische Art zu denken, zu wollen und zu fühlen, daß es dem Partner mit einer Gegenstruktur schwerfällt, mit der tiefgreifenden Unterschiedlichkeit zurechtzukommen.
Unser Leben wird durch unsere Struktur so stark bestimmt, daß wir uns auch in der Art zu genießen, uns zu freuen, zu streiten und zu lieben voneinander wesentlich unterscheiden. Sogar unsere Art zu glauben wird dadurch beeinflußt.
Daß die Unterschiede zwischen Menschen so groß sind, wird in der Ehe besonders deutlich und zu einer Herausforderung. Wer an der Verbesserung seiner ehelichen Beziehung arbeiten will, wird sich zunächst einmal mit sich und seiner Struktur vertraut machen müssen. Ich weiß ja normalerweise nur, wie ich denke, empfinde und reagiere, und halte meine Art für normal und verständlich. Erst wenn ich den Zusammenhang zwischen meinen Ängsten und ungestillten Bedürfnissen und meiner
Art erkenne, kann ich auch anfangen, den anderen in seiner Andersartigkeit zu sehen und ernst zu nehmen.
...
(Wilhard Becker, „Füreinander begabt“, 1985)
„Der Charakter als Störenfried“
Charaktervoll zu sein oder einen Charakter zu haben gilt allgemein als Vorzug. Ich verstehe aber hier Charakter in seinem ursprünglichen Wortsinn als Prägung oder Festlegung – als Fixierung auf ein bestimmtes Lebensmuster, als Verfestigung in starre Denk- und Erlebnisabläufe. Charakterstrukturen wären dann die Schienen, auf denen unser Leben verläuft und die nicht viel Bewegungsraum zur Entwicklung lassen.
Die Entwicklung dieser Strukturen hängt mit frühen Kindheitserlebnissen zusammen. Schon im Mutterleib erfahren wir in Enge und totaler Hilflosigkeit die Begegnung mit der Angst. Angst ist eines der stärksten Urgefühle. Ihre Bewältigung ist uns unser Leben lang aufgegeben.
Jedes Kind reagiert je nach Umwelt und Lebensbedingungen, in die es hineingeboren wird, unterschiedlich auf die jeweils angstmachende Situation. Anlage und körperliche Kondition spielen dabei sicher eine wesentliche Rolle. Irgendwie lernt jeder im Laufe seines Lebens, mit der Angst umzugehen und sie in sein Lebenskonzept einzubauen. Dabei entwickelt er seine Struktur.
Entscheidend ist bei diesem Prozeß der Angstbewältigung die Prägung durch die Eltern beziehungsweise durch die ersten Beziehungspersonen. Wenn wir als völlig hilflose Wesen auf die Welt kommen, hängt alles davon ab, wie wir auf- und angenommen werden. Diese Erfahrungen in den ersten sechs Lebensjahren prägen unser Erleben und Verhalten so tiefgreifend, daß dabei unsere spezifische Art zu leben vorprogrammiert wird.
Charakter wäre nach dieser Definition eine Bezeichnung für die Abwehrmechanismen, die wir gegen die Angst und die Unterlegenheitsgefühle aufbauen, die uns sonst überwältigen würden. Aber auch Anpassung und Lustgewinn, Sicherheit und Anerkennung sind Grundbedürfnisse, die sich in uns ausprägen und unseren Charakter bilden. Es entstehen die eigenen Begabungen und Muster, mit mir selbst und mit meiner Welt umzugehen. Das System, das wir zur Abwehr unserer Ängste aufbauen, wird zu unserer Stärke und kann sich im Leben als sehr nützlich erweisen. Was mich zum Beispiel als Verlustangst zu verschlingen droht, kann in mir die Begabung wecken, Kontakte zu schließen, Bindungen einzugehen und Nähe und Wärme zu schenken.
Verlaufen diese „Stärken“ bei den Partnern entgegengesetzt, können sie die Ehe zunehmend belasten und stören. Wenn am Anfang nach dem Motto „Gegensätze ziehen sich an“ die Unterschiede vielleicht sogar eine gewisse Faszination ausüben, werden sie auf die Länge der Zeit und mit wachsender Abhängigkeit zur Last. Jeder hat entsprechend seiner Charakterstruktur eine so spezifische Art zu denken, zu wollen und zu fühlen, daß es dem Partner mit einer Gegenstruktur schwerfällt, mit der tiefgreifenden Unterschiedlichkeit zurechtzukommen.
Unser Leben wird durch unsere Struktur so stark bestimmt, daß wir uns auch in der Art zu genießen, uns zu freuen, zu streiten und zu lieben voneinander wesentlich unterscheiden. Sogar unsere Art zu glauben wird dadurch beeinflußt.
Daß die Unterschiede zwischen Menschen so groß sind, wird in der Ehe besonders deutlich und zu einer Herausforderung. Wer an der Verbesserung seiner ehelichen Beziehung arbeiten will, wird sich zunächst einmal mit sich und seiner Struktur vertraut machen müssen. Ich weiß ja normalerweise nur, wie ich denke, empfinde und reagiere, und halte meine Art für normal und verständlich. Erst wenn ich den Zusammenhang zwischen meinen Ängsten und ungestillten Bedürfnissen und meiner
Art erkenne, kann ich auch anfangen, den anderen in seiner Andersartigkeit zu sehen und ernst zu nehmen.
...
(Wilhard Becker, „Füreinander begabt“, 1985)
Eine Schwierigkeit in christlichen Kreisen ist meiner Meinung nach, dass beim Erkennen des eigenen Charakters mit all den Zusammenhängen, dem Menschen Selbstzentriertheit nachgesagt wird, die ja richtiger Weise abgelegt werden soll.
Wir Menschen müssen uns einerseits gut kennen und reflektieren und andererseits den alten Prägungen die unseren Charakter formten , Neue entgegensetzen. Es ist also wichtig, sich selbst gut zu kennen und auf sich zu schauen und nicht nur auf den Nächsten.
Meistens begegnen wir im Leben den Partnern, die eine "Lernaufgabe" für uns darstellen. Wir ziehen die Menschen an, oder haben beruflich mit denen zu tun, die die alten Formen des gebildeten Charakters herausfordern.
Sich in Beziehungen von Gott neu gestalten zu lassen, setzt voraus, dass man
a)weiß, warum man ist wie man ist und
b) daß man sich und dem Anderen immer wieder neu vergeben und mit Nachsicht begegnen sollte.
Vermutlich ist das eine lebenslange Aufgabe, in der man nie "fertig" wird.
Beziehung ist immer Arbeit.