Festtagsübung
24.12.2022 09:12
Festtagsübung
24.12.2022 09:12
Festtagsübung
Weihnachtsgottesdienst. Gerade haben wir die letzte Strophe des innigen Weihnachtsliedes gesungen, knarrt die schwere Kirchentür laut mitten in die Feierlichkeit.
Ich wandte, wie auch andere, den Kopf, um zu sehen, wer mal wieder zu spät kam. Die Türe könnte auch mal geölt werden. Nicht gerade leise, sondern mit fast unverschämten Schritten kam der fremde Gast den Mittelgang hinunter, seinen ehemals grünen Filzhut, den er aufbehalten hatte, schmückte ein Tannenzweig. Aus dem schäbigen abgewetzten Mantel ragten zwei knorrige Hände, in einer Hand hielt er eine Flasche Bier. Zweifellos ein Penner, ein Hamperle, ein Clochard.
Würde der vor mir sitzende Kirchenvorstand eingreifen, falls sich hier etwas zuspitzt?
Der Fremde ging, ohne von den Kirchenbesuchern Notiz zu nehmen, in die erste Stuhlreihe, die sonst gern leer bleibt, nahm noch einen Zug aus der Bierflasche und plumpste mit einem vernehmlichen Seufzer auf die Bank.
Zwischen den festlich gekleideten Leuten wirkte er wie ein Fremdkörper. Wie einer, der nicht dahin gehört. Nicht zu uns. Dann fiel mir ein, was wir am 4. Advent so voller Überzeugung gesungen hatte:
Ein Herz, das Demut liebet,
bei Gott am höchsten steht….
Unser Besucher blieb ruhig, nichts geschah. Nur in unregelmäßigen Abständen griff er zur Bierflasche, bis sie leer war. Man vernahm es am hohlen Geräusch, als er sie auf de Boden stellte.
Die Menschen um mich herum, die in Alarmbereitschaft waren, entspannten sich ein wenig, ließen sich weniger ablenken.
Alles verlief friedlich, bis auf einmal, mitten in den wohl formulierten Weihnachtsworten des Pfarrers dieser Mensch aufstand, und nach vorne ging. In der Hand nun seine verblasste, verbeulte Kopfbedeckung. Er stieg mühsam, mit steifen Knien die zwei Stufen hinauf zum Altar, zog den kleinen Tannenzweig aus dem verfärbten alten Hutband und legte ihn vor das große, sich im Licht der Kerzen spiegelnde Messingkreuz. Mit gebeugtem Haupt blieb er eine Weile stehen , drehte sich dann um, sah uns alle an. Sein Blick ging mir mitten ins Gewissen.
Er drang durch meine feierliche Haltung, durch meine Vorurteile, meine weihnachtliche Stimmung.
Mir wurde klar: Was jetzt in diesem Augenblick geschah, war eine Art nonverbale Predigt des Eigentlichen.
An der Krippe von Jesus Christus, dem Sohn des Allmächtigen, geht es nicht um feierliche Gefühle, nicht um fromme Gedanken. An dieser Krippe geht es um das Elend, und die Schuld von Menschen, um unsere erbärmliche Erlösungsbedürftigkeit und um die von Gott angebotene Vergebungsbereitschaft.
Hatte Gott diesen einfachen, womöglich im Leben gescheiterten Menschen dazu benutzt, uns damit zu konfrontieren, dass jenes gewaltige Ereignis, allen Menschen widerfahren, sich bei uns reduziert hat, auf weihnachtliches Verhalten, Gebräuche?
Pervertiert zu einer Art Festtagsübung mit dem Widerspruch zu unseren vollen Gabentischen und dem dürftigen Innenleben, unserem Zufriedensein und der armseligen Dürftigkeit dieses Mann dort am Altar?
Und während ich noch diesen Gedanken nachging, war der Zerlumpte die zwei Stufen wieder hinab gestiegen. Er hatte sich auf die untere niedergekniet, seinen Hut neben sich gelegt, seine Hände gefaltet, und an den zuckenden Bewegungen seines gebeugten Rückens sah ich, dass er auf erschütternde Weise weinte, so sehr, dass ich selber mit den Tränen kämpfte. Meinen Nachbarn ging es genau so.
Wahrscheinlich waren wir diesem Armseligen in Allem überlegen. In unserer gesellschaftlichen Stellung, Besitz , unserer Tüchtigkeit.
Nur in einem nicht: Dieser Mensch hatte etwas mitgebracht, herein in die Kirche, den Mittelgang herunter bis zum Altar und dort unter Tränen dargeboten: Sein Herz
© Karheinz Binder .
Ich wandte, wie auch andere, den Kopf, um zu sehen, wer mal wieder zu spät kam. Die Türe könnte auch mal geölt werden. Nicht gerade leise, sondern mit fast unverschämten Schritten kam der fremde Gast den Mittelgang hinunter, seinen ehemals grünen Filzhut, den er aufbehalten hatte, schmückte ein Tannenzweig. Aus dem schäbigen abgewetzten Mantel ragten zwei knorrige Hände, in einer Hand hielt er eine Flasche Bier. Zweifellos ein Penner, ein Hamperle, ein Clochard.
Würde der vor mir sitzende Kirchenvorstand eingreifen, falls sich hier etwas zuspitzt?
Der Fremde ging, ohne von den Kirchenbesuchern Notiz zu nehmen, in die erste Stuhlreihe, die sonst gern leer bleibt, nahm noch einen Zug aus der Bierflasche und plumpste mit einem vernehmlichen Seufzer auf die Bank.
Zwischen den festlich gekleideten Leuten wirkte er wie ein Fremdkörper. Wie einer, der nicht dahin gehört. Nicht zu uns. Dann fiel mir ein, was wir am 4. Advent so voller Überzeugung gesungen hatte:
Ein Herz, das Demut liebet,
bei Gott am höchsten steht….
Unser Besucher blieb ruhig, nichts geschah. Nur in unregelmäßigen Abständen griff er zur Bierflasche, bis sie leer war. Man vernahm es am hohlen Geräusch, als er sie auf de Boden stellte.
Die Menschen um mich herum, die in Alarmbereitschaft waren, entspannten sich ein wenig, ließen sich weniger ablenken.
Alles verlief friedlich, bis auf einmal, mitten in den wohl formulierten Weihnachtsworten des Pfarrers dieser Mensch aufstand, und nach vorne ging. In der Hand nun seine verblasste, verbeulte Kopfbedeckung. Er stieg mühsam, mit steifen Knien die zwei Stufen hinauf zum Altar, zog den kleinen Tannenzweig aus dem verfärbten alten Hutband und legte ihn vor das große, sich im Licht der Kerzen spiegelnde Messingkreuz. Mit gebeugtem Haupt blieb er eine Weile stehen , drehte sich dann um, sah uns alle an. Sein Blick ging mir mitten ins Gewissen.
Er drang durch meine feierliche Haltung, durch meine Vorurteile, meine weihnachtliche Stimmung.
Mir wurde klar: Was jetzt in diesem Augenblick geschah, war eine Art nonverbale Predigt des Eigentlichen.
An der Krippe von Jesus Christus, dem Sohn des Allmächtigen, geht es nicht um feierliche Gefühle, nicht um fromme Gedanken. An dieser Krippe geht es um das Elend, und die Schuld von Menschen, um unsere erbärmliche Erlösungsbedürftigkeit und um die von Gott angebotene Vergebungsbereitschaft.
Hatte Gott diesen einfachen, womöglich im Leben gescheiterten Menschen dazu benutzt, uns damit zu konfrontieren, dass jenes gewaltige Ereignis, allen Menschen widerfahren, sich bei uns reduziert hat, auf weihnachtliches Verhalten, Gebräuche?
Pervertiert zu einer Art Festtagsübung mit dem Widerspruch zu unseren vollen Gabentischen und dem dürftigen Innenleben, unserem Zufriedensein und der armseligen Dürftigkeit dieses Mann dort am Altar?
Und während ich noch diesen Gedanken nachging, war der Zerlumpte die zwei Stufen wieder hinab gestiegen. Er hatte sich auf die untere niedergekniet, seinen Hut neben sich gelegt, seine Hände gefaltet, und an den zuckenden Bewegungen seines gebeugten Rückens sah ich, dass er auf erschütternde Weise weinte, so sehr, dass ich selber mit den Tränen kämpfte. Meinen Nachbarn ging es genau so.
Wahrscheinlich waren wir diesem Armseligen in Allem überlegen. In unserer gesellschaftlichen Stellung, Besitz , unserer Tüchtigkeit.
Nur in einem nicht: Dieser Mensch hatte etwas mitgebracht, herein in die Kirche, den Mittelgang herunter bis zum Altar und dort unter Tränen dargeboten: Sein Herz
© Karheinz Binder .
Kommentare
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Dotterle 24.12.2022 09:41
Licht leuchtet auf und hell strahlt die Nacht, die Welt ist noch nicht verloren, denn Jesus Christus unser Herr ist geboren. Gesegnete, frohe Weihnachten. Ich wünsche, uns Allen, dass wir loslassen können, was uns bedrückt und traurig macht. SHALOM.
Autumn 24.12.2022 13:26
Jesus hat alles erschaffen. Es gibt nichts, was ihm nicht gehört:
„Alle Dinge sind durch dieses (Wort) geworden, und ohne dieses ist nichts geworden (von allem), was geworden ist.“ (Joh. 1, 3)
Mit das Wort ist Jesus gemeint.
„Und das Wort wurde Fleisch (= Mensch) und nahm seine Wohnung unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, eine Herrlichkeit, wie sie dem eingeborenen (einzigen) Sohne vom Vater verliehen wird; eine mit Gnade und Wahrheit erfüllte“
Joh. 1,14
Wir haben nichts, was nicht ohnehin Jesus gehört.
Wir können Jesus nichts geben. Es gibt nur eins, was wir Jesus geben können.
Und das ist unser Herz. 💗
„Alle Dinge sind durch dieses (Wort) geworden, und ohne dieses ist nichts geworden (von allem), was geworden ist.“ (Joh. 1, 3)
Mit das Wort ist Jesus gemeint.
„Und das Wort wurde Fleisch (= Mensch) und nahm seine Wohnung unter uns, und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, eine Herrlichkeit, wie sie dem eingeborenen (einzigen) Sohne vom Vater verliehen wird; eine mit Gnade und Wahrheit erfüllte“
Joh. 1,14
Wir haben nichts, was nicht ohnehin Jesus gehört.
Wir können Jesus nichts geben. Es gibt nur eins, was wir Jesus geben können.
Und das ist unser Herz. 💗
Herbstprince 25.12.2022 09:07
Mit der Geschichte, die vor Jahren im Weihnachtsgottesdiesnt in der Nachbarstadt passiert ist und von meinem früheren Hauskreisleiter aufgeschrieben wurde, wird klar, dass jeder bei Jesus willkommen ist und er unser Herz will.
So wie in dem etwas süßlichen Weihnachtslied gesungen wird : "... Mein Herz will ich ihm schenken, und alles was ich hab..... "
Das Lied wird heute noch gesungen - aber meinen wir es auch immer so ?
Gott nimmt ernst, was wir ihm verprechen.
So wie in dem etwas süßlichen Weihnachtslied gesungen wird : "... Mein Herz will ich ihm schenken, und alles was ich hab..... "
Das Lied wird heute noch gesungen - aber meinen wir es auch immer so ?
Gott nimmt ernst, was wir ihm verprechen.