Rückkehr zum Sinai,Verkündung neuer universeller zehn Gebote

Rückkehr zum Sinai,Verkündung neuer universeller zehn Gebote
Das im Jahr 2010 von Rabbi Yonatan Neril gegründete Interreligiöse Zentrum für nachhaltige Entwicklung (ICSD, Interfaith Center for Sustainable Development) mit Sitz in Jerusalem „zeigt die Verbindung zwischen Religion und Ökologie auf und mobilisiert Glaubensgemeinschaften zum Handeln. ICSD arbeitet weltweit und ist derzeit in Afrika, dem Nahen Osten, Nordamerika und Europa engagiert. […] Durch Schreiben, Sprechen, Lehren und Fürsprache spielt ICSD eine Vordenkerrolle für verschiedene Glaubensgemeinschaften.“ So umreißt das ICSD seine Mission auf der deutschsprachigen Ausgabe seiner Website selbst. Rabbi Yonatan Neril ist laut Wikipedia „ein interreligiöser Umweltschützer, NGO-Direktor und Rabbiner“, der „international Vorträge über Religion und Ökologie, unter anderem in Marokko, Italien, der Türkei, Kanada, den Vereinigten Staaten, Israel und Spanien“ hält. Unter dem Titel: „Nachrichten, die dem Papst gefallen werden: Glaubens- und Ökologielehre macht die Welt heiliger“, wurde auf greenprophet.com darauf aufmerksam gemacht, dass ein vom ICSD veröffentlichter Bericht über Glaubens- und Ökologiekurse in nordamerikanischen Seminaren im Juni 2015 zeitgleich mit der Veröffentlichung der Enzyklika von Papst Franziskus „Laudato si: Über die Sorge für unser gemeinsames Haus“ zusammenfiel.

Wie das ICSD wird auch das Elijah Interfaith Institute als eine „gemeinnützige, internationale, von der UNESCO geförderte interreligiöse Organisation“ beschrieben. Zufolge Wikipedia hat auch Elijah seinen Hauptsitz in Jerusalem, verfüge aber über Büros und Vertreter in verschiedenen Ländern und führe seine Aktivitäten in zahlreichen internationalen Einrichtungen durch. Im Jahr 1997 vom ordinierten aber nicht praktizierenden Rabbi Alon Goshen-Gottstein gegründet, nutzt dieser „seine Fähigkeit, religiöse Führung und akademische Wissenschaft miteinander zu verbinden und sie mit neuen Einsichten und Ansätzen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen“ für sein „Elijah Board of World Religious Leaders“. Dieses „bringt religiöse Persönlichkeiten aus dem Judentum, dem Islam, dem Christentum, dem Buddhismus und den Religionen Indiens zusammen, um eine Plattform für den Gedankenaustausch zu bieten. Dem Gremium gehören rund 70 führende Persönlichkeiten aus allen Glaubenstraditionen an, darunter der Dalai Lama, Kardinal Schönborn, Mustafa Cerić, Mata Amritanandamayi und Oberrabbiner Jonathan Sacks“ und „bietet diesen religiösen Führern die Möglichkeit, die Probleme der heutigen Zeit mit den Ressourcen ihrer eigenen Traditionen gemeinsam anzugehen.“ Das Elijah Board of World Religious Leaders treffe sich seit seiner Gründung im Jahr 2003 halbjährlich an verschiedenen Orten rund um den Globus.

Nun sind die beiden medial sonst eher im Windschatten bedeutender religiöser Meldungen stehenden interreligiösen Institute schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit geraten. Grund ist die vom 6. bis 18. November auf der Sinai-Halbinsel in Scharm El-Sheich, Ägypten, stattfindende UN-Klimakonferenz COP27. „Im Zentrum der Verhandlungen soll die praktische Umsetzung des Kohle-, Gas- und Ölausstiegs stehen, der im Klimapakt von Glasgow bei der letzten Klimakonferenz 2021 beschlossen wurde. Der beschlossene Klimapakt enthält neben dem Aufruf zum Kohleausstieg auch die Forderung, ‚ineffiziente‘ Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen. Außerdem bekannten sich die Länder in der Abschlusserklärung gemeinsam zu dem Ziel, die Erderwärmung bei 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu stoppen“, fasst Zeit.de zusammen.

Ein anlässlich dieses weltweit beachteten Ereignisses von den erwähnten interreligiösen Instituten herausgegebenes Dokument trägt die Überschrift: „Returning to Sinai“ – A Prophetic Call for Climate Justice and Ceremony of Repentance („Rückkehr zum Sinai“ - ein prophetischer Ruf nach Klimagerechtigkeit und eine Bußzeremonie). Weiter heißt es:


Am Sonntag, dem 13. November, werden die Religionsführer zum Berg Sinai zurückkehren, einem Berg, dessen Erinnerung und Bedeutung im kollektiven Bewusstsein des Christentums, des Judentums, des Islams und anderer Religionen als Ort der Offenbarung eine große Rolle spielt. Er ist ein Ort, an dem man sich Gott zuwendet und Gottes Botschaft empfängt. Wir kehren zum Sinai zurück in einer Bewegung der Reue und der Suche. Wir suchen eine neue Vision für die Menschheit und ihre gefährdete Existenz, und wir versuchen, eine Botschaft von lebenserhaltenden Lebensweisen und Gewohnheiten zu empfangen und zu verbreiten, die die Menschheit heute hören muss. In diesem Sinne werden die Projektpartner führende religiöse Führer der wichtigsten Weltreligionen zusammenbringen, um sich auf dem Berg Sinai zu versammeln, um eine allererste Klima-Bußzeremonie abzuhalten und einen prophetischen interreligiösen Aufruf zum Handeln zu formulieren: ‚Klimagerechtigkeit: Zehn universelle Gebote‘.“

Wie schon im Dokument formuliert, ist der Sinai kein geschichtsloser Ort. Das Gegenteil ist der Fall. Laut Bibel und Thora empfing Mose hier die zehn Gebote, geschrieben von Jahwes eigener Hand auf zwei Steintafeln. Da Mose sowohl für Christen als auch für Juden und Muslime eine bedeutende Persönlichkeit darstellt, hat das Gebirge Sinai Symbolkraft für alle drei monotheistischen Buchreligionen. Er scheint die geeignete majestätische Kulisse zu sein, um den ökumenischen Bestrebungen den gewünschten Hintergrund zu liefern. Bereits 2015 warb Franziskus in Laudato si für eine größere Beachtung der Sonntagsheiligung in Zusammenhang mit Umweltbewahrung. Es bleibt spannend zu beobachten, inwieweit durch den Klimagipfel 2022 in Scharm El-Scheich die Betonung der Sonntagsheiligung weiter an Bedeutung gewinnt.

In einer Welt, die fast jedes der zehn Gebote der Lächerlichkeit preisgegeben hat und ihnen entgegen handelt, scheint die Zeit für neue zehn Gebote, diesmal von Menschen verfasst, reif zu sein. Angefangen von den Geboten, Gott zu Ehren und seinen Namen nicht zu missbrauchen über das Sabbatgebot und das Gebot, die Eltern zu ehren, nicht zu töten, zu stehlen oder zu neiden wird jedes dieser Gebote von einer Mehrheit mindestens ignoriert, wenn nicht gar bewusst entgegengehandelt. Wird der prophetisch interreligiöse Aufruf zum Handeln in Form neuer klimagerechter und universeller Zehn Gebote ein adäquater Ersatz für die Zehn Gebote sein können, die Gott den Menschen als Richtschnur für ein gelingendes Leben gab?

Das Gegenteil ist der Fall. Der Versuch, göttliche Gebote durch ein menschliches Pendant zu ersetzen kann nicht von Erfolg gekrönt sein, daran ändert auch die beeindruckendste Sinai-Kulisse nichts. Die Welt wird eben nicht heiliger durch eine neue „Glaubens- und Ökologielehre“; heilig dagegen ist das Gesetz Gottes, „und das Gebot ist heilig, gerecht und gut“ (Römer 7,12). In Psalm 119, er wird auch das goldene ABC genannt, finden sich in den Versen 33 bis 35 folgende zu beherzigende Worte: „Zeige mir, Herr, den Weg deiner Gebote, dass ich sie bewahre bis ans Ende. Unterweise mich, dass ich bewahre dein Gesetz und es halte von ganzem Herzen. Führe mich auf dem Steig deiner Gebote; denn ich habe Gefallen daran.“

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