„Das Böse benennen“
21.08.2022 16:39
„Das Böse benennen“
21.08.2022 16:39
„Das Böse benennen“
„Das Böse benennen“
Die französische Psychologin Ariane Bilheran warnt, die Menschheit könnte in einen Abgrund hinabschlittern, wenn wir nicht Ross und Reiter dieser Krise identifizieren.
In Frankreich, wie überall, brennt das Haus. Die Säulen einer Zivilisation brechen in sich zusammen. Die französische Psychologin und Philosophin Ariane Bilheran, Autorin zahlreicher Werke zu den Themen Manipulation, Belästigung, Perversion und Paranoia, beschäftigt sich mit individuellen und kollektiven Wahnvorstellungen. In den Wirren unserer Zeit erkennt sie Mechanismen, die unweigerlich in eine technokratische Plutokratie münden, einen weltweiten Massenmord, wenn wir der Bewegung nicht Einhalt gebieten. Damit die Menschen ihre Freiheit wiederfinden, muss in Worte gefasst werden, was für viele unaussprechlich ist. Ein Gespräch aus dem belgischen Magazin Néosanté (1).
Caroline Escartefigues: Ist der von Präsident Macron angekündigte Krieg gegen das Virus zu einem psychologischen Krieg gegen die Menschen geworden? Marion Bonny, eine ehemalige Militärärztin, die sich mit Infektionskrankheiten und der Bewältigung von Gesundheitskatastrophen befasst, hat beim Internationalen Strafgerichtshof Klage wegen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Völkermords eingereicht (2). Sie haben sich auf die Analyse der Kunst der Manipulation und der Pathologien der Macht spezialisiert. Können Sie uns etwas über Ihren Hintergrund erzählen und wie Ihr Studium es Ihnen ermöglicht, die aktuelle Situation zu entschlüsseln?
Ariane Bilheran: Ich war immer mit Machtmissbrauch in Berührung, was mich von Jugend an dazu brachte, über die Auswüchse der Macht nachzudenken. Zunächst über die moralische und politische Philosophie — insbesondere Hannah Arendt und Hegel. Ich habe einen Master in moralischer und politischer Philosophie an der Sorbonne über das Verständnis Nietzsches der Zivilisationskrankheit und in Psychologie — Belästigung, Manipulation, Perversion, Paranoia. Etwa zehn Jahre lang habe ich Beschwerden über Belästigungen in Unternehmen unterschiedlicher Größe, Kultur, Nationalität und Branchen geprüft. So konnte ich Kollektive beobachten, wenn sie sich von der Realität abkoppeln und einem paradoxen und sadistischen Diskurs Platz machen.
Mein besonderes Interesse gilt der Entschlüsselung des Mechanismus der wahnhaften Ansteckung zwischen Individuen und innerhalb von Kollektiven, ein Mechanismus, der das historische Festhalten der Menschen am Totalitarismus und an verschiedenen Verbrechen gegen die Menschheit erklären kann. Mein Studium der klassischen Philologie an der École Normale Supérieure de Paris lieferte mir darüber hinaus die Grundlage für die Analyse der Raffinesse im Diskurs, das heißt des Vorhandenseins einer falschen Argumentation, wenn eine Argumentation zwar wahr zu sein scheint, es aber nicht ist. Diese Verfälschung des Denkens ist auf einen Bedeutungsverlust der Sprache zurückzuführen.
Ein Beispiel hierfür ist heute die Kennzeichnung dessen, was aus der Sicht der kapitalistischen Produktion nicht wirklich nützlich ist, unwesentlich. Das Nützliche bezieht sich auf ein Werkzeug, das der technischen und/oder wirtschaftlichen Produktion dient. Es hat nichts mit dem Wesentlichen zu tun, das von unserem Wesen als Menschen spricht. Kunst und Kultur in diesem Sinne sind für unser Menschsein absolut notwendig. Es ist klar, dass die Wahl der Worte das Denken, das sie benutzt, pervertiert oder nicht und zu einer neuen, missbräuchlicheren Beziehung zur Welt führt. Ich interessiere mich auch seit Langem für Neologismen, das heißt für diese neuen Wörter, die oft ein Marker des individuellen und kollektiven Wahnsinns sind, wie schon Lacan feststellte. Verschwörungstheorie ist eines davon.
Sie wurden der Öffentlichkeit mit einem Interview für den Film „Hold-Up“ (3) vorgestellt. Was ist Ihr allgemeiner Eindruck von dem, was wir heute erleben?
Ich habe bereits 2016 im Magazin Nexus, ohne vorhersagend zu sein, dargelegt, auf welch dünnem Eis wir uns bewegen. Ich sagte: „Die Paranoia trägt den Tod in sich. Sie bedient sich des Terrors, des Totalitarismus des Einheitsdenkens, des Gedankens der menschlichen Austauschbarkeit und der absoluten Kontrolle. Das herrschende Wort ist Propaganda, in der die Opfer des Terrors als Schuldige bezeichnet werden und diejenigen, die sich der Unterwerfung widersetzen, als Verräter. Die Paranoia will einen neuen Menschen schaffen, indem sie Wurzeln, Ursprünge, Traditionen, Geschichte und alle Formen des Andersseins verleugnet. Unter ihrem Einfluss werden die Menschen in Freunde und Feinde eingeteilt, was den Weg für Bruderkriege ebnet, die die Ausweitung der paranoiden Macht fördern — teile und herrsche.
Die Menschen, Opfer dieser pathologischen Macht, zeigen immer stärkere Leidenssymptome: Verlust von Orientierungspunkten, psychische Verwirrung, Ohnmachtsgefühle, Verblödung. Sie verstehen nicht, was mit ihnen geschieht, weil sie in dieser Massenmanipulation und paranoiden Sophisterei gefangen sind.“
Finden Sie nicht, dass dies die derzeitige Situation beschreibt? Ich hatte bereits 2010 in einem meiner Bücher von einem schleichenden Totalitarismus gesprochen. Heute leben wir einen ungehemmten, verharmlosten Totalitarismus, der von vielen sogar gefordert und gewünscht wird, als ob Totalitarismus eine vertretbare und akzeptable Form der Machtausübung wäre. Denn wir müssen uns die Frage stellen: Was rechtfertigt und autorisiert die Menschheit, sich einem totalitären Regime zu unterwerfen, das sich wahrscheinlich weltweit herausbildet — ich beziehe mich dabei insbesondere auf das Projekt des Great Reset? Die Antwort ist einfach: nichts!
Beziehen Sie sich auf die Art der Krisenbewältigung, die einige als techno-sanitäre Diktatur bezeichnen?
Eine Diktatur hat eine zeitliche Begrenzung — im alten Rom maximal 6 Monate —, während das, was wir heute erleben, ein für die Mehrheit der Bevölkerung unerwarteter politischer Paradigmenwechsel zu sein scheint. Dieser gewaltsame Wandel wurde von einer kleinen und skrupellosen globalen Plutokratie sorgfältig und zynisch vorbereitet.
Plutokratie?
Plutokratie ist ein Begriff aus der politischen Philosophie, der sich auf ein Regierungssystem bezieht, in dem die Macht den Reichen gehört — „Plutos“ war der griechische Gott des Reichtums. Seltsamerweise verlassen wir die Analyse des Klassenkampfes, wenn wir zu einem in der Geschichte bisher nie so dagewesenen Ungleichgewicht kommen zwischen einer geringen, alle Reichtümer beschlagnahmenden Minderheit und den Armen. Das totalitäre Regime unterscheidet sich von Diktaturen und Tyranneien dadurch, dass es die totale Beherrschung anstrebt, das heißt in die Gesamtheit der gesellschaftlichen, privaten und intimen Sphären bis hin in die Psyche des Einzelnen eindringt und als ideologischen Anspruch die Weltherrschaft hat.
Diejenigen, die die Augen geöffnet haben, durchschauen das Programm des Great Reset, das den Forschern in den Korridoren der Macht seit Langem bekannt ist, nämlich die totale Unterdrückung der menschlichen Freiheiten, das uneingeschränkte Durchsetzen des Transhumanismus und des Warenkapitalismus, untermauert von eugenischen und rassistischen Ideologien und der Konzentration der natürlichen Ressourcen in privaten Händen. Diese neue Weltordnung hat in der Tat das Ziel einer planetarischen Herrschaft, für die die Überwachung aller sozialen, privaten und intimen Bereiche des Einzelnen eine Voraussetzung ist.
Thesen:
Unsere Gesellschaften hätten die Suche nach der Wahrheit und ihren Bedingungen nicht so leicht aufgeben sollen. All dies ist die Frucht eines in erster Linie moralischen Verzichts, der meines Erachtens im „Es ist verboten zu verbieten“, in der Herrschaft des unmittelbaren Konsums und des uneingeschränkten Genusses wurzelt. Dies ist die Herrschaft der Perversion.
In der Psychologie ist bekannt, dass die Perversion die Königin der Paradoxien ist, die das Denken ins Wanken bringen und den Aufbau einer sozialen Bindung verhindern. Perversion ist das, was die Bindung von Natur aus korrumpiert. Die Paranoia kann in ihre Fußstapfen treten, um neue Bindungen, eine neue Normalität, einen neuen Menschen zu schaffen, und diese Bindungen beruhen auf „Wahnvorstellungen.“
https://www.rubikon.news/artikel/das-bose-benennen
Die französische Psychologin Ariane Bilheran warnt, die Menschheit könnte in einen Abgrund hinabschlittern, wenn wir nicht Ross und Reiter dieser Krise identifizieren.
In Frankreich, wie überall, brennt das Haus. Die Säulen einer Zivilisation brechen in sich zusammen. Die französische Psychologin und Philosophin Ariane Bilheran, Autorin zahlreicher Werke zu den Themen Manipulation, Belästigung, Perversion und Paranoia, beschäftigt sich mit individuellen und kollektiven Wahnvorstellungen. In den Wirren unserer Zeit erkennt sie Mechanismen, die unweigerlich in eine technokratische Plutokratie münden, einen weltweiten Massenmord, wenn wir der Bewegung nicht Einhalt gebieten. Damit die Menschen ihre Freiheit wiederfinden, muss in Worte gefasst werden, was für viele unaussprechlich ist. Ein Gespräch aus dem belgischen Magazin Néosanté (1).
Caroline Escartefigues: Ist der von Präsident Macron angekündigte Krieg gegen das Virus zu einem psychologischen Krieg gegen die Menschen geworden? Marion Bonny, eine ehemalige Militärärztin, die sich mit Infektionskrankheiten und der Bewältigung von Gesundheitskatastrophen befasst, hat beim Internationalen Strafgerichtshof Klage wegen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Völkermords eingereicht (2). Sie haben sich auf die Analyse der Kunst der Manipulation und der Pathologien der Macht spezialisiert. Können Sie uns etwas über Ihren Hintergrund erzählen und wie Ihr Studium es Ihnen ermöglicht, die aktuelle Situation zu entschlüsseln?
Ariane Bilheran: Ich war immer mit Machtmissbrauch in Berührung, was mich von Jugend an dazu brachte, über die Auswüchse der Macht nachzudenken. Zunächst über die moralische und politische Philosophie — insbesondere Hannah Arendt und Hegel. Ich habe einen Master in moralischer und politischer Philosophie an der Sorbonne über das Verständnis Nietzsches der Zivilisationskrankheit und in Psychologie — Belästigung, Manipulation, Perversion, Paranoia. Etwa zehn Jahre lang habe ich Beschwerden über Belästigungen in Unternehmen unterschiedlicher Größe, Kultur, Nationalität und Branchen geprüft. So konnte ich Kollektive beobachten, wenn sie sich von der Realität abkoppeln und einem paradoxen und sadistischen Diskurs Platz machen.
Mein besonderes Interesse gilt der Entschlüsselung des Mechanismus der wahnhaften Ansteckung zwischen Individuen und innerhalb von Kollektiven, ein Mechanismus, der das historische Festhalten der Menschen am Totalitarismus und an verschiedenen Verbrechen gegen die Menschheit erklären kann. Mein Studium der klassischen Philologie an der École Normale Supérieure de Paris lieferte mir darüber hinaus die Grundlage für die Analyse der Raffinesse im Diskurs, das heißt des Vorhandenseins einer falschen Argumentation, wenn eine Argumentation zwar wahr zu sein scheint, es aber nicht ist. Diese Verfälschung des Denkens ist auf einen Bedeutungsverlust der Sprache zurückzuführen.
Ein Beispiel hierfür ist heute die Kennzeichnung dessen, was aus der Sicht der kapitalistischen Produktion nicht wirklich nützlich ist, unwesentlich. Das Nützliche bezieht sich auf ein Werkzeug, das der technischen und/oder wirtschaftlichen Produktion dient. Es hat nichts mit dem Wesentlichen zu tun, das von unserem Wesen als Menschen spricht. Kunst und Kultur in diesem Sinne sind für unser Menschsein absolut notwendig. Es ist klar, dass die Wahl der Worte das Denken, das sie benutzt, pervertiert oder nicht und zu einer neuen, missbräuchlicheren Beziehung zur Welt führt. Ich interessiere mich auch seit Langem für Neologismen, das heißt für diese neuen Wörter, die oft ein Marker des individuellen und kollektiven Wahnsinns sind, wie schon Lacan feststellte. Verschwörungstheorie ist eines davon.
Sie wurden der Öffentlichkeit mit einem Interview für den Film „Hold-Up“ (3) vorgestellt. Was ist Ihr allgemeiner Eindruck von dem, was wir heute erleben?
Ich habe bereits 2016 im Magazin Nexus, ohne vorhersagend zu sein, dargelegt, auf welch dünnem Eis wir uns bewegen. Ich sagte: „Die Paranoia trägt den Tod in sich. Sie bedient sich des Terrors, des Totalitarismus des Einheitsdenkens, des Gedankens der menschlichen Austauschbarkeit und der absoluten Kontrolle. Das herrschende Wort ist Propaganda, in der die Opfer des Terrors als Schuldige bezeichnet werden und diejenigen, die sich der Unterwerfung widersetzen, als Verräter. Die Paranoia will einen neuen Menschen schaffen, indem sie Wurzeln, Ursprünge, Traditionen, Geschichte und alle Formen des Andersseins verleugnet. Unter ihrem Einfluss werden die Menschen in Freunde und Feinde eingeteilt, was den Weg für Bruderkriege ebnet, die die Ausweitung der paranoiden Macht fördern — teile und herrsche.
Die Menschen, Opfer dieser pathologischen Macht, zeigen immer stärkere Leidenssymptome: Verlust von Orientierungspunkten, psychische Verwirrung, Ohnmachtsgefühle, Verblödung. Sie verstehen nicht, was mit ihnen geschieht, weil sie in dieser Massenmanipulation und paranoiden Sophisterei gefangen sind.“
Finden Sie nicht, dass dies die derzeitige Situation beschreibt? Ich hatte bereits 2010 in einem meiner Bücher von einem schleichenden Totalitarismus gesprochen. Heute leben wir einen ungehemmten, verharmlosten Totalitarismus, der von vielen sogar gefordert und gewünscht wird, als ob Totalitarismus eine vertretbare und akzeptable Form der Machtausübung wäre. Denn wir müssen uns die Frage stellen: Was rechtfertigt und autorisiert die Menschheit, sich einem totalitären Regime zu unterwerfen, das sich wahrscheinlich weltweit herausbildet — ich beziehe mich dabei insbesondere auf das Projekt des Great Reset? Die Antwort ist einfach: nichts!
Beziehen Sie sich auf die Art der Krisenbewältigung, die einige als techno-sanitäre Diktatur bezeichnen?
Eine Diktatur hat eine zeitliche Begrenzung — im alten Rom maximal 6 Monate —, während das, was wir heute erleben, ein für die Mehrheit der Bevölkerung unerwarteter politischer Paradigmenwechsel zu sein scheint. Dieser gewaltsame Wandel wurde von einer kleinen und skrupellosen globalen Plutokratie sorgfältig und zynisch vorbereitet.
Plutokratie?
Plutokratie ist ein Begriff aus der politischen Philosophie, der sich auf ein Regierungssystem bezieht, in dem die Macht den Reichen gehört — „Plutos“ war der griechische Gott des Reichtums. Seltsamerweise verlassen wir die Analyse des Klassenkampfes, wenn wir zu einem in der Geschichte bisher nie so dagewesenen Ungleichgewicht kommen zwischen einer geringen, alle Reichtümer beschlagnahmenden Minderheit und den Armen. Das totalitäre Regime unterscheidet sich von Diktaturen und Tyranneien dadurch, dass es die totale Beherrschung anstrebt, das heißt in die Gesamtheit der gesellschaftlichen, privaten und intimen Sphären bis hin in die Psyche des Einzelnen eindringt und als ideologischen Anspruch die Weltherrschaft hat.
Diejenigen, die die Augen geöffnet haben, durchschauen das Programm des Great Reset, das den Forschern in den Korridoren der Macht seit Langem bekannt ist, nämlich die totale Unterdrückung der menschlichen Freiheiten, das uneingeschränkte Durchsetzen des Transhumanismus und des Warenkapitalismus, untermauert von eugenischen und rassistischen Ideologien und der Konzentration der natürlichen Ressourcen in privaten Händen. Diese neue Weltordnung hat in der Tat das Ziel einer planetarischen Herrschaft, für die die Überwachung aller sozialen, privaten und intimen Bereiche des Einzelnen eine Voraussetzung ist.
Thesen:
Unsere Gesellschaften hätten die Suche nach der Wahrheit und ihren Bedingungen nicht so leicht aufgeben sollen. All dies ist die Frucht eines in erster Linie moralischen Verzichts, der meines Erachtens im „Es ist verboten zu verbieten“, in der Herrschaft des unmittelbaren Konsums und des uneingeschränkten Genusses wurzelt. Dies ist die Herrschaft der Perversion.
In der Psychologie ist bekannt, dass die Perversion die Königin der Paradoxien ist, die das Denken ins Wanken bringen und den Aufbau einer sozialen Bindung verhindern. Perversion ist das, was die Bindung von Natur aus korrumpiert. Die Paranoia kann in ihre Fußstapfen treten, um neue Bindungen, eine neue Normalität, einen neuen Menschen zu schaffen, und diese Bindungen beruhen auf „Wahnvorstellungen.“
https://www.rubikon.news/artikel/das-bose-benennen
Kommentare
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(Nutzer gelöscht) 21.08.2022 16:46
Sehr interessant und aufschlussreich. Danke für das Einstellen.
(Nutzer gelöscht) 21.08.2022 16:57
Mit der antiautoritären Erziehung fing es an …