Das ist interessant, denn offenbar erkennt CsC auch diese Lehre an. Man kann als Bekenntnis jedenfalls "Kirche Jesu Christi" ankreuzen.
Wenn man, unter Missachtung aller anderen Parameter, nach Usern mit dieser Glaubensausrichtung sucht, findet man aktuell auch 36 Männer auf der Plattform. Allerdings 0 Frauen.
" Fortsetzung der Urkirche" ?
25.07.2022 14:35
" Fortsetzung der Urkirche" ?
25.07.2022 14:35
" Fortsetzung der Urkirche" ?
Für die Mormonen kam Jesus nach Amerika
Seit 2019 können Interessierte den größten Mormonentempel Europas besichtigen – der steht im katholischen Rom. In Deutschland gehören 40.000 Mitglieder dieser Gemeinschaft an, über die viele Vorurteile in Umlauf sind. Hier wird die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" vor gestellt
Am Ende der Straße ist das Gebäude eines großen schwedischen Möbelhauses zu erkennen, in der Ferne sieht man ein paar gesichtslose Wohnklötze: Es ist der Stadtrand von Rom, an dem in den vergangenen Jahren der größte Mormonentempel Europas emporgewachsen ist. Wobei: "Mormonen" wollen sie nicht mehr genannt werden. Sie bestehen vielmehr auf den etwas sperrigen Begriff "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". 16 Millionen Menschen weltweit sind Mitglieder dieser Gemeinschaft, über die viele Menschen nur wenig wissen. Alles begann im 19. Jahrhundert in den damals noch recht jungen Vereinigten Staaten von Amerika:
"Während ich so dabei war, Gott anzurufen, bemerkte ich, wie in meinem Zimmer ein Licht erschien, das immer stärker wurde, bis es im Zimmer schließlich heller war als am Mittag; gleich darauf wurde an meinem Bett eine Gestalt sichtbar, und der Betreffende stand in der Luft, denn seine Füße berührten den Boden nicht." So beschreibt Joseph Smith, wie ihm am 21. September 1823 der Prophet Moroni erschienen ist. "Er sagte, es sei ein Buch verwahrt, auf Goldplatten geschrieben, darin sei ein Bericht über die früheren Bewohner dieses Erdteils und ihre Herkunft zu finden. Er sagte weiter, darin sei die Fülle des immerwährenden Evangeliums enthalten, wie es der Erretter den Bewohnern vor alters gebracht habe." In diesem Augenblick beginnt die Geschichte des Buchs Mormon und damit die Entstehung der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage".
Moroni führte Smith zu den Goldplatten, die er mit Hilfe von zwei Kristallen ins Englische übersetzen und Helfern diktieren konnte. Schon in der einer der ersten oben zitierten Bemerkungen Moronis gegenüber Joseph Smith zeigt sich: "In unserem Selbstverständnis sind wir die Fortsetzung der Urkirche in ihren Lehren und ihrem Muster", sagt der Deutschland-Sprecher der Gemeinschaft, Ralf Grünke. Es geht also darum, auf Grundlage des Buchs Mormon ein "ursprüngliches" Christentum wiederherzustellen, das nach Meinung der Anhänger Smiths im ersten Jahrhundert verloren gegangen ist. "Uns ist das Buch Mormon weniger deshalb wichtig, weil es die Bibel ergänzt, sondern weil es einen weiteren Zeugen darstellt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist." Es geht in der Gemeinschaft also ganz zentral um die persönliche Glaubenserfahrung: Deshalb steht für die Mitglieder das Buch Mormon mit zwei weiteren neueren Glaubenszeugnissen von Kirchenpräsidenten auf einer Stufe mit der Bibel.
Bild: ©dpa
Der Engel Moroni mit seiner Posaune steht auf vielen Tempeln der Mormonen, die sich "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" nennen. Der Prophet Moroni soll dem Gründer der Mormonen, Joseph Smith, von 1823 bis 1827 als Engel erschienen sein.
Ein weiterer wichtiger Bezugspunkt für die Kirche wird klar, wenn man einen Blick auf den Inhalt des Buchs Mormon wirft: Es handelt nämlich davon, dass Jesus Christus nach seiner Himmelfahrt noch einmal zurück auf die Erde kommt – und zwar nach Amerika. Diese Vision passte in die USA der damaligen Zeit, in das "Great Awakening", sagt Johannes Lorenz, Weltanschauungsbeauftragter des Bistums Limburg: "Das war ein Zeitraum zwischen 1790 und 1830, wo in den USA viele religiöse Erweckungsbewegungen auf den Markt getreten sind", eine davon war die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". Bis heute ist sie eine der erfolgreichsten der vielen Neureligionen – auch wegen ihres amerikanischen Ansatzes: "Das war für das Selbstbewusstsein der jungen USA eine Religion, die diese Aufbruchsstimmung heilsgeschichtlich und religiös fundiert hat", sagt Lorenz.
Religion nach amerikanischem Muster
Diese amerikanische Denkart der Religion lässt sich in einem zentralen Glaubensgrundsatz beobachten: Dem "Gesetz des immerwährenden Fortschritts" ("law of eternal progression". Wie im amerikanischen Traum der Tellerwäscher zum Millionär wird, werden die Gläubigen "Gott immer näher und immer ähnlicher", sagt Ralf Grünke – und diese Entwicklung endet nicht mit dem Tod, sondern setzt sich auch danach fort.
Dass auf der Erde Begonnenes nach dem Tod weitergeht, zeigt sich in einigen Ritualen: So ist das Besondere der "Siegelung", der Hochzeit, dass sie nicht wie in den christlichen Kirchen durch den Tod geschieden wird, sondern auch darüber hinaus gilt. Auch in Sachen Taufe denken die Kirchenmitglieder an die Verstorbenen: So werden in den Tempeln Totentaufen praktiziert, in denen sich Gläubige stellvertretend für ihre länger wie kürzer verstorbenen Angehörigen taufen lassen. Eine Praxis, die nicht ganz unumstritten ist: Als 2012 eine Gruppe Anne Frank durch einen Stellvertreter getauft haben soll, sorgte das weltweit für Irritationen und die Gemeinschaft versprach, keine Holocaust-Opfer mehr nachträglich zu taufen.
Weil die Verstorbenen für Mormonen weiter eine wichtige Rolle spielen, machen sie sich mit großangelegter Ahnenforschung auf die Suche nach ihnen: Die Gemeinschaft hat eine riesige Genealogie-Datenbank aufgebaut, von über zwei Milliarden Einträgen ist die Rede – die größte ihrer Art weltweit. Damit können Gläubige weitere Vorfahren ausfindig machen, die sie dann taufen lassen können.
Zwischen Siegelung und Toten-Taufe
Diese Taufen finden in Tempeln statt, die in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage eine besondere Rolle spielen: Das normale Gemeindeleben spielt sich in Gemeindezentren ab, dort werden Gottesdienste gefeiert und Kinder getauft. Die Tempel sind Ritualen wie der Totentaufe und der Siegelung vorbehalten, sie werden also vor allem für besondere Anlässe besucht. Betreten darf die Tempel nur, wer sich in der Kirche engagiert und sich auf den Besuch geistlich vorbereitet – dafür vergibt eine Gemeinde dann eine Bescheinigung, mit der ein Gläubiger bei einem Tempel um Einlass bitten kann. Tempel sind also im Gegensatz zu Kirchen, Synagogen oder Moscheen keine öffentlichen Räume, Nicht-Mitglieder haben keinen Zutritt und über die genauen Abläufe der Rituale halten die Teilnehmer Stillschweigen. In der Regel können Interessierte aber einen neu-gebauten oder renovierten Tempel besichtigen, bevor er geweiht wird – zum Beispiel gerade den Tempel in Rom.
Bild: ©Intellectual Reserve
Der Eingangsbereich des Mormonentempels in Rom.
Einen kaum überschätzbaren Stellenwert bei den Mitgliedern der Kirche hat die Familie. Religiöse Bildung findet vor allem dort statt. Das heißt, sagt Ralf Grünke, "dass man als Familie gemeinsam den Glauben erfährt, sich austauscht, in der Heiligen Schrift liest und betet." Diese hohe Stellung der Familie hängt wiederum mit dem Leben nach dem Tod zusammen. Denn da bleibt das Band der Familie bestehen, bis in Ewigkeit, sagt er: "Ich weiß, dass ich mich hier auf eine Beziehung mit Menschen einlasse, die über den Tod hinaus erkennbar bleibt. Wenn ich dann Menschen begegne, erkenne ich sie als Vater, Mutter oder Ehefrau".
Neben dem Glaubensleben in der Familie engagieren sich viele Kirchenmitglieder auch in ihrer Gemeinde. Die kommt nämlich vollkommen ohne Hauptamtliche aus. In Anlehnung an Vorbilder aus der Bibel ist die Gemeinschaft eine Laienkirche: Laien stehen einem Gottesdienst vor und leiten als Bischof eine Gemeinde, auch das Predigtrecht üben sie aus. Jedes Mitglied, das dazu nach Meinung der Gemeindeleitung bereit und in der Lage ist, kann im Gottesdienst predigen. Daneben engagieren sich die Gläubigen sozial und besuchen etwa alleinstehende Senioren.
Weltweite Mission
Die öffentlichkeitswirksamste Seite dieses Engagements für die eigene Kirche ist der Missionsdienst: Junge Männer sollen zwei, junge Frauen anderthalb Jahre auf eigene Kosten für die Kirche missionieren und werden dazu in ein anderes Land geschickt – in welches, entscheidet die Kirchenleitung. Deshalb stehen US-Amerikaner in deutschen Straßen und Sprösslinge aus Deutschland gehen etwa nach Kanada oder England. Diese Zeit soll für die jungen Leute einen Charakter haben, den man wohl am ehesten mit dem Benediktinermotto "Ora et Labora" vergleichen kann: Die Missionare sollen weder Party machen, noch anderen Genüssen fröhnen, sondern sich auf ihren persönlichen Glauben konzentrieren und darauf, ihn weiterzugeben. Alkohol, schwarzer Tee, Tabak und andere Drogen sind für Gläubige sowieso generell tabu.
In Sachen Mission geht es laut Ralf Grünke aber nicht darum, Massen in die Kirche zu holen – und das schaffen die Missionare auch nicht: Es gibt etwa 40.000 Kirchenmitglieder in Deutschland, deren Zahl seit Jahren mehr oder weniger stagniert. Zwar wächst die Gemeinschaft international, "aber nicht in Europa", sagt Johannes Lorenz, "größere Missionserfolge haben die Mitglieder eher in Asien und Afrika." Da schlägt sich der Erfolg auch in Zahlen nieder. Seit ein paar Jahren wohnen mehr Mormonen außerhalb der USA als innerhalb des Landes.
Was die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" eigentlich ist, darüber lässt sich streiten: "Wir sind Christen", sagt etwa Ralf Grünke, während Johannes Lorenz von einer Neureligion spricht. Denn einige Vorstellungen der Mormonen seien mit denen der christlichen Kirchen nicht kompatibel: So sind für die Gemeinschaft Gottvater, Sohn und Heiliger Geist drei voneinander unabhängige Personen. Auch wird von Mormonen kolportiert, dass das Gesetzt des immerwährenden Fortschritts auf Gott angewendet wird und auch er einst ein Mensch war und durch ein stetes Sich-weiter-entwickeln Gott geworden ist – und diese Möglichkeit damit auch jedem Menschen offen steht. Doch Ralf Grünke wehrt das mit einem Zitat des ehemaligen Kirchenpräsidenten Gordon B. Hinckley ab: "Das führt uns zu ziemlich tiefgehenden theologischen Fragen, über die wir nicht allzu viel wissen."
Bei der Ökumene holpert es
Auch wenn es um Ökumene zwischen der Gemeinschaft und den christlichen Kirchen geht, wird es etwas schwierig: Es gibt nämlich keine. Nachdem die beiden großen Kirchen in Deutschland die Taufe der Gemeinschaft zunächst anerkannt hatten, entschied 1991 die evangelische und 2001 die katholische Kirche, die Taufe abzuerkennen, "weil man gemerkt hat, dass sich hinter den Begriffen, die christlich klingen, völlig Vorstellungen verbergen", sagt Johannes Lorenz. Außerdem verstehe sich die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" als einzige, die auf dem Heilsweg unterwegs sei. Theologische Gespräche fänden da eher nicht statt. In der Theologie liegt auch das Grundproblem: "Hier ist so eine große Distanz zu unserem Grundverständnis, dass es schwierig ist, in ein ökumenisches Gespräch zu kommen", so Lorenz. Das habe auch etwas damit zu tun, sich gegenseitig ernst zu nehmen und den differierenden Glauben des Gegenübers anzunehmen. "Deswegen kann man trotzdem gut im Gespräch sein." So behandeln Katholiken und Protestanten die Kirche wie eine andere Religion, als die sie auch etwa im Frankfurter Rat der Religionen sitzt.
Eine gefährliche Sekte ist die Organisation für Johannes Lorenz nicht: Er hätte nichts von Konflikten mit ehemaligen Kirchenmitgliedern gehört, die die Gemeinschaft verlassen hätten, sagt er. In der alten Hugenottenstadt Friedrichsdorf auf dem Gebiet des Bistums Limburg steht seit den 1980er Jahren einer von zwei Tempeln, den die Gemeinschaft betreibt. Traf dieser zu seiner Erbauungszeit noch auf Skepsis und Widerstände, "hat sich die Kirche mittlerweile ganz gut integriert", sagt Johannes Lorenz. Mittlerweile kommt der Tempel sogar auf der städtischen Internetpräsenz vor – als Sehenswürdigkeit. Nur auf eines haben die Stadtväter beim Bau bestanden, sagt Johannes Lorenz: "Der Turm musste niedriger sein als der der evangelischen Kirche."
Von Christoph Paul Hartmann
Seit 2019 können Interessierte den größten Mormonentempel Europas besichtigen – der steht im katholischen Rom. In Deutschland gehören 40.000 Mitglieder dieser Gemeinschaft an, über die viele Vorurteile in Umlauf sind. Hier wird die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" vor gestellt
Am Ende der Straße ist das Gebäude eines großen schwedischen Möbelhauses zu erkennen, in der Ferne sieht man ein paar gesichtslose Wohnklötze: Es ist der Stadtrand von Rom, an dem in den vergangenen Jahren der größte Mormonentempel Europas emporgewachsen ist. Wobei: "Mormonen" wollen sie nicht mehr genannt werden. Sie bestehen vielmehr auf den etwas sperrigen Begriff "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". 16 Millionen Menschen weltweit sind Mitglieder dieser Gemeinschaft, über die viele Menschen nur wenig wissen. Alles begann im 19. Jahrhundert in den damals noch recht jungen Vereinigten Staaten von Amerika:
"Während ich so dabei war, Gott anzurufen, bemerkte ich, wie in meinem Zimmer ein Licht erschien, das immer stärker wurde, bis es im Zimmer schließlich heller war als am Mittag; gleich darauf wurde an meinem Bett eine Gestalt sichtbar, und der Betreffende stand in der Luft, denn seine Füße berührten den Boden nicht." So beschreibt Joseph Smith, wie ihm am 21. September 1823 der Prophet Moroni erschienen ist. "Er sagte, es sei ein Buch verwahrt, auf Goldplatten geschrieben, darin sei ein Bericht über die früheren Bewohner dieses Erdteils und ihre Herkunft zu finden. Er sagte weiter, darin sei die Fülle des immerwährenden Evangeliums enthalten, wie es der Erretter den Bewohnern vor alters gebracht habe." In diesem Augenblick beginnt die Geschichte des Buchs Mormon und damit die Entstehung der "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage".
Moroni führte Smith zu den Goldplatten, die er mit Hilfe von zwei Kristallen ins Englische übersetzen und Helfern diktieren konnte. Schon in der einer der ersten oben zitierten Bemerkungen Moronis gegenüber Joseph Smith zeigt sich: "In unserem Selbstverständnis sind wir die Fortsetzung der Urkirche in ihren Lehren und ihrem Muster", sagt der Deutschland-Sprecher der Gemeinschaft, Ralf Grünke. Es geht also darum, auf Grundlage des Buchs Mormon ein "ursprüngliches" Christentum wiederherzustellen, das nach Meinung der Anhänger Smiths im ersten Jahrhundert verloren gegangen ist. "Uns ist das Buch Mormon weniger deshalb wichtig, weil es die Bibel ergänzt, sondern weil es einen weiteren Zeugen darstellt, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist." Es geht in der Gemeinschaft also ganz zentral um die persönliche Glaubenserfahrung: Deshalb steht für die Mitglieder das Buch Mormon mit zwei weiteren neueren Glaubenszeugnissen von Kirchenpräsidenten auf einer Stufe mit der Bibel.
Bild: ©dpa
Der Engel Moroni mit seiner Posaune steht auf vielen Tempeln der Mormonen, die sich "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" nennen. Der Prophet Moroni soll dem Gründer der Mormonen, Joseph Smith, von 1823 bis 1827 als Engel erschienen sein.
Ein weiterer wichtiger Bezugspunkt für die Kirche wird klar, wenn man einen Blick auf den Inhalt des Buchs Mormon wirft: Es handelt nämlich davon, dass Jesus Christus nach seiner Himmelfahrt noch einmal zurück auf die Erde kommt – und zwar nach Amerika. Diese Vision passte in die USA der damaligen Zeit, in das "Great Awakening", sagt Johannes Lorenz, Weltanschauungsbeauftragter des Bistums Limburg: "Das war ein Zeitraum zwischen 1790 und 1830, wo in den USA viele religiöse Erweckungsbewegungen auf den Markt getreten sind", eine davon war die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage". Bis heute ist sie eine der erfolgreichsten der vielen Neureligionen – auch wegen ihres amerikanischen Ansatzes: "Das war für das Selbstbewusstsein der jungen USA eine Religion, die diese Aufbruchsstimmung heilsgeschichtlich und religiös fundiert hat", sagt Lorenz.
Religion nach amerikanischem Muster
Diese amerikanische Denkart der Religion lässt sich in einem zentralen Glaubensgrundsatz beobachten: Dem "Gesetz des immerwährenden Fortschritts" ("law of eternal progression". Wie im amerikanischen Traum der Tellerwäscher zum Millionär wird, werden die Gläubigen "Gott immer näher und immer ähnlicher", sagt Ralf Grünke – und diese Entwicklung endet nicht mit dem Tod, sondern setzt sich auch danach fort.
Dass auf der Erde Begonnenes nach dem Tod weitergeht, zeigt sich in einigen Ritualen: So ist das Besondere der "Siegelung", der Hochzeit, dass sie nicht wie in den christlichen Kirchen durch den Tod geschieden wird, sondern auch darüber hinaus gilt. Auch in Sachen Taufe denken die Kirchenmitglieder an die Verstorbenen: So werden in den Tempeln Totentaufen praktiziert, in denen sich Gläubige stellvertretend für ihre länger wie kürzer verstorbenen Angehörigen taufen lassen. Eine Praxis, die nicht ganz unumstritten ist: Als 2012 eine Gruppe Anne Frank durch einen Stellvertreter getauft haben soll, sorgte das weltweit für Irritationen und die Gemeinschaft versprach, keine Holocaust-Opfer mehr nachträglich zu taufen.
Weil die Verstorbenen für Mormonen weiter eine wichtige Rolle spielen, machen sie sich mit großangelegter Ahnenforschung auf die Suche nach ihnen: Die Gemeinschaft hat eine riesige Genealogie-Datenbank aufgebaut, von über zwei Milliarden Einträgen ist die Rede – die größte ihrer Art weltweit. Damit können Gläubige weitere Vorfahren ausfindig machen, die sie dann taufen lassen können.
Zwischen Siegelung und Toten-Taufe
Diese Taufen finden in Tempeln statt, die in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage eine besondere Rolle spielen: Das normale Gemeindeleben spielt sich in Gemeindezentren ab, dort werden Gottesdienste gefeiert und Kinder getauft. Die Tempel sind Ritualen wie der Totentaufe und der Siegelung vorbehalten, sie werden also vor allem für besondere Anlässe besucht. Betreten darf die Tempel nur, wer sich in der Kirche engagiert und sich auf den Besuch geistlich vorbereitet – dafür vergibt eine Gemeinde dann eine Bescheinigung, mit der ein Gläubiger bei einem Tempel um Einlass bitten kann. Tempel sind also im Gegensatz zu Kirchen, Synagogen oder Moscheen keine öffentlichen Räume, Nicht-Mitglieder haben keinen Zutritt und über die genauen Abläufe der Rituale halten die Teilnehmer Stillschweigen. In der Regel können Interessierte aber einen neu-gebauten oder renovierten Tempel besichtigen, bevor er geweiht wird – zum Beispiel gerade den Tempel in Rom.
Bild: ©Intellectual Reserve
Der Eingangsbereich des Mormonentempels in Rom.
Einen kaum überschätzbaren Stellenwert bei den Mitgliedern der Kirche hat die Familie. Religiöse Bildung findet vor allem dort statt. Das heißt, sagt Ralf Grünke, "dass man als Familie gemeinsam den Glauben erfährt, sich austauscht, in der Heiligen Schrift liest und betet." Diese hohe Stellung der Familie hängt wiederum mit dem Leben nach dem Tod zusammen. Denn da bleibt das Band der Familie bestehen, bis in Ewigkeit, sagt er: "Ich weiß, dass ich mich hier auf eine Beziehung mit Menschen einlasse, die über den Tod hinaus erkennbar bleibt. Wenn ich dann Menschen begegne, erkenne ich sie als Vater, Mutter oder Ehefrau".
Neben dem Glaubensleben in der Familie engagieren sich viele Kirchenmitglieder auch in ihrer Gemeinde. Die kommt nämlich vollkommen ohne Hauptamtliche aus. In Anlehnung an Vorbilder aus der Bibel ist die Gemeinschaft eine Laienkirche: Laien stehen einem Gottesdienst vor und leiten als Bischof eine Gemeinde, auch das Predigtrecht üben sie aus. Jedes Mitglied, das dazu nach Meinung der Gemeindeleitung bereit und in der Lage ist, kann im Gottesdienst predigen. Daneben engagieren sich die Gläubigen sozial und besuchen etwa alleinstehende Senioren.
Weltweite Mission
Die öffentlichkeitswirksamste Seite dieses Engagements für die eigene Kirche ist der Missionsdienst: Junge Männer sollen zwei, junge Frauen anderthalb Jahre auf eigene Kosten für die Kirche missionieren und werden dazu in ein anderes Land geschickt – in welches, entscheidet die Kirchenleitung. Deshalb stehen US-Amerikaner in deutschen Straßen und Sprösslinge aus Deutschland gehen etwa nach Kanada oder England. Diese Zeit soll für die jungen Leute einen Charakter haben, den man wohl am ehesten mit dem Benediktinermotto "Ora et Labora" vergleichen kann: Die Missionare sollen weder Party machen, noch anderen Genüssen fröhnen, sondern sich auf ihren persönlichen Glauben konzentrieren und darauf, ihn weiterzugeben. Alkohol, schwarzer Tee, Tabak und andere Drogen sind für Gläubige sowieso generell tabu.
In Sachen Mission geht es laut Ralf Grünke aber nicht darum, Massen in die Kirche zu holen – und das schaffen die Missionare auch nicht: Es gibt etwa 40.000 Kirchenmitglieder in Deutschland, deren Zahl seit Jahren mehr oder weniger stagniert. Zwar wächst die Gemeinschaft international, "aber nicht in Europa", sagt Johannes Lorenz, "größere Missionserfolge haben die Mitglieder eher in Asien und Afrika." Da schlägt sich der Erfolg auch in Zahlen nieder. Seit ein paar Jahren wohnen mehr Mormonen außerhalb der USA als innerhalb des Landes.
Was die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" eigentlich ist, darüber lässt sich streiten: "Wir sind Christen", sagt etwa Ralf Grünke, während Johannes Lorenz von einer Neureligion spricht. Denn einige Vorstellungen der Mormonen seien mit denen der christlichen Kirchen nicht kompatibel: So sind für die Gemeinschaft Gottvater, Sohn und Heiliger Geist drei voneinander unabhängige Personen. Auch wird von Mormonen kolportiert, dass das Gesetzt des immerwährenden Fortschritts auf Gott angewendet wird und auch er einst ein Mensch war und durch ein stetes Sich-weiter-entwickeln Gott geworden ist – und diese Möglichkeit damit auch jedem Menschen offen steht. Doch Ralf Grünke wehrt das mit einem Zitat des ehemaligen Kirchenpräsidenten Gordon B. Hinckley ab: "Das führt uns zu ziemlich tiefgehenden theologischen Fragen, über die wir nicht allzu viel wissen."
Bei der Ökumene holpert es
Auch wenn es um Ökumene zwischen der Gemeinschaft und den christlichen Kirchen geht, wird es etwas schwierig: Es gibt nämlich keine. Nachdem die beiden großen Kirchen in Deutschland die Taufe der Gemeinschaft zunächst anerkannt hatten, entschied 1991 die evangelische und 2001 die katholische Kirche, die Taufe abzuerkennen, "weil man gemerkt hat, dass sich hinter den Begriffen, die christlich klingen, völlig Vorstellungen verbergen", sagt Johannes Lorenz. Außerdem verstehe sich die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" als einzige, die auf dem Heilsweg unterwegs sei. Theologische Gespräche fänden da eher nicht statt. In der Theologie liegt auch das Grundproblem: "Hier ist so eine große Distanz zu unserem Grundverständnis, dass es schwierig ist, in ein ökumenisches Gespräch zu kommen", so Lorenz. Das habe auch etwas damit zu tun, sich gegenseitig ernst zu nehmen und den differierenden Glauben des Gegenübers anzunehmen. "Deswegen kann man trotzdem gut im Gespräch sein." So behandeln Katholiken und Protestanten die Kirche wie eine andere Religion, als die sie auch etwa im Frankfurter Rat der Religionen sitzt.
Eine gefährliche Sekte ist die Organisation für Johannes Lorenz nicht: Er hätte nichts von Konflikten mit ehemaligen Kirchenmitgliedern gehört, die die Gemeinschaft verlassen hätten, sagt er. In der alten Hugenottenstadt Friedrichsdorf auf dem Gebiet des Bistums Limburg steht seit den 1980er Jahren einer von zwei Tempeln, den die Gemeinschaft betreibt. Traf dieser zu seiner Erbauungszeit noch auf Skepsis und Widerstände, "hat sich die Kirche mittlerweile ganz gut integriert", sagt Johannes Lorenz. Mittlerweile kommt der Tempel sogar auf der städtischen Internetpräsenz vor – als Sehenswürdigkeit. Nur auf eines haben die Stadtväter beim Bau bestanden, sagt Johannes Lorenz: "Der Turm musste niedriger sein als der der evangelischen Kirche."
Von Christoph Paul Hartmann
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(Nutzer gelöscht) 25.07.2022 15:00
Zeitlos5 25.07.2022 16:47
Die Mormonen haben die Einehe des Moses verworfen und die Mehrehe eingeführt als sinnvollere Lösung für die benachteiligten Muttis.
Joseph Smith erzählt, dass er während der Neuübersetzung der Bibel über den Passagen betete, in denen von den Mehrehen der Erzväter berichtet wurde; dabei habe er eine göttliche Offenbarung über die Mehrehe erhalten. Darin habe ihm Gott aufgetragen, mehrere Frauen zu heiraten.
Mormon bedeutet "beliebt".
In den USA herrscht Religionsfreiheit.
Joseph Smith erzählt, dass er während der Neuübersetzung der Bibel über den Passagen betete, in denen von den Mehrehen der Erzväter berichtet wurde; dabei habe er eine göttliche Offenbarung über die Mehrehe erhalten. Darin habe ihm Gott aufgetragen, mehrere Frauen zu heiraten.
Mormon bedeutet "beliebt".
In den USA herrscht Religionsfreiheit.
Wie Salt Lake City vor 175 Jahren zum Zentrum der Mormonen wurde
SALT LAKE CITY ‐ Ein Bundesstaat gegründet auf Religion – Utah ist in den USA und der Welt bis heute vor allem als Hochburg der Mormonen bekannt. Doch in der Hauptstadt am Großen Salzsee hat sich die Kultur inzwischen gewandelt.
Joseph Smith (1805-1844) zählt zweifellos zu den schillerndsten Figuren der US-amerikanischen Glaubenswelt. Als Prophet übersetzte er 1827 angeblich aus goldenen Tafeln, zu denen der gottgesandte Engel Moroni ihn geführt haben soll, das Buch Mormon und legte damit den Grundstein für die gleichnamige christliche Glaubensgemeinschaft der Mormonen. Mit seinen Gefolgsleuten der von ihm gegründeten Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage zog er durch das Land, auf der Suche nach einer Heimat für die junge Kirche. Doch sollte er keinen Erfolg damit haben: 1844 wurde er von einer aufgebrachten Menschenmenge ermordet – während er sich im Präsidentschaftswahlkampf befand.
Nach Smiths Tod übernahm der "älteste Apostel" Brigham Young (1801-1877) die Führung der Gemeinschaft. Der "neue Moses" streifte mit seinen Glaubensbrüdern durch das ganze Land, bis in ein damals noch fast unbewohntes Gebiet in den Rocky Mountains. Dort zwischen den Bergen, am großen Salzsee, ließen sich die Mormonen nieder und gründeten am 24. Juli 1847 Salt Lake City.
Die US-Regierung beobachtete die Gemeinschaft zunächst mit Argwohn
Doch war es zunächst durchaus schwierig, offiziell Anerkennung für die Gründung zu finden. Das begann schon beim Streit um den Namen: Nach Wunsch der Gemeinschaft hätte dieser Deseret lauten sollen, unter Bezugnahme auf das Wort aus dem Buch Mormon, das übersetzt Bienenstock bedeute; eines der wichtigsten mormonischen Symbole. Die US-Verfassung verbot solche religiösen Benennungen aber, weshalb es zur Einigung auf den Namen Utah kam, nach dem im Gebiet ansässigen Stamm der Ute. Doch lebt der Bienenstock als Symbol für die mormonische Idealgemeinschaft bis heute im Wappen des Bundesstaates fort.
Ab 1850 begannen die Mormonen, gezielt ihre Anhänger von überallher an den Salzsee zu lotsen. Dem Aufruf folgten nicht wenige Gläubige, wodurch in der US-Regierung ein gewisser Argwohn hervorgerufen wurde. Gerüchte basierten darauf, dass Young – inzwischen auch Gouverneur – einen eigenen Staat anstrebe. Zudem war die unter den Mormonen damals noch übliche Vielehe den protestantischen Eliten in Washington suspekt. Im Utah-Krieg setzte die Regierung von Präsident James Buchanan (1857-1861) dem Bundesstaat schließlich mit militärischen Mitteln einen neuen Gouverneur vor. Die unmittelbare politische Macht der Mormonen war damit gebrochen.
Bild: ©dpa
Der Engel Moroni mit seiner Posaune steht auf vielen Tempeln der Mormonen, die sich "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" nennen. Der Prophet Moroni soll dem Gründer der Mormonen, Joseph Smith, von 1823 bis 1827 als Engel erschienen sein.
Dennoch blieben sie die gesellschaftlich herrschende Kraft in Utah – und prägen den Staat bis heute. Rund 60 Prozent der Bevölkerung bekennen sich zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, in manchen Gegenden sogar noch über 90 Prozent. Utah ist damit einer von wenigen US-Bundesstaaten, in denen eine einzelne Konfessionsgruppe die Bevölkerungsmehrheit stellt. Wegen der ländlichen und religiösen Prägung gilt Utah zudem als Hochburg der Konservativen. Seit den 1960er Jahren ist der Bundesstaat fest in der Hand der Republikaner.
Doch in der Hauptstadt Salt Lake City hat sich die Situation inzwischen gewandelt. Nurmehr knapp die Hälfte der Bevölkerung gehört den Mormonen an. Statt von konservativen Republikanern wird die Stadt von liberalen Demokraten regiert und gilt als besonders aufgeschlossen für Anhänger der Schwul-Lesbischen-Szene.
Von der mormonische Dominnanz zeugt auch das Stadtbild
Von der mormonischen Dominanz zeugt noch das Stadtbild: Das ist – wie in den USA üblich – in Rechtecken angelegt und auf den rund 40.000 Quadratmeter großen Temple-Ground ausgerichtet, der sich im Privatbesitz der mormonischen Gemeinde befindet. In dessen Zentrum erhebt sich der eindrucksvolle Salt-Lake-Tempel, der weltweit größte Sakralbau der Mormonen, dessen Grundstein Young schon 1853 gelegt hatte. Die im Stil des Historismus errichtete Front mit drei Türmen ist eines der markantesten Gebäude der Stadt.
Seine Fassade schmückt unter anderem der Bienenstock, das Symbol von Staat und Kirche. Auf der Spitze des mittleren und höchsten Turmes steht der Engel Moroni, der mit seiner Posaune die Wiederkunft des Gottessohnes ankündigt – bis diese 2020 in Folge eines Erdbebens herabstürzte. Danach wurde der knapp 2,5 Tonnen schwere Engel von der Turmspitze entfernt und wartet seitdem auf seine eigene Wiederkehr.
Von Johannes Senk (KNA)