Katholisches: Kopfbedeckung, Hut, Kopftuch? Mantilla!
03.07.2022 15:04
Katholisches: Kopfbedeckung, Hut, Kopftuch? Mantilla!
03.07.2022 15:04
Katholisches: Kopfbedeckung, Hut, Kopftuch? Mantilla!
Von kathbloggerJ.
Warum Kopftücher zu einem katholischen Life- und Faithstyle gehören
Um es vorweg zu sagen – ich halte Bekleidungsfragen nicht für Marginalien. Andererseits ist das Vermeiden eines Dekolletés sicher nicht heilsnotwendig. Die Intention des Trägers ist wichtiger als die Tiefe des Ausschnitts und ich wundere mich über Menschen, die sich angesichts des Glaubensverfalls, der Christenverfolgung, des Krieges und der eigenen Sündhaftigkeit theologische Streitgespräche über die maximal verantwortbare Rocklänge leisten können. Durchaus soll Kleidung mit Bedacht und dem Anlass gemäß gewählt werden. Sicherlich sollen Mann und Frau gleichermaßen keinen Anstoß geben und auf der anderen Seite diesem auch nicht nachgehen, sollte er einmal erregt werden. Prüderie allerdings erscheint mir keine sonderlich katholische Eigenschaft zu sein und das Einsickern von puritanischer Leibfeindlichkeit ist ebenso ärgerlich wie alle Protestantismen, die innerhalb der letzten Jahrzehnte Eingang in die katholische Kirche gefunden haben.
Nun möchte ich aber eine Lanze brechen für ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Accessoire: Die Mantilla. Kommen wir gleich zum Kern der Sache: Die Mantilla ist einfach schön und steht jeder Frau. Ein feiner Spitzenstoff, den man sich um Kopf und Schulter winden kann, und man fühlt sich wie eine Prinzessin. Und das ist eine Frau ja auch, oder, wie Johannes Hartl sagt: Ein „Königskind“. Wer sich königlich fühlt, dem fällt es auch leichter, sich königlich zu verhalten – die Mantilla erinnert uns an unsere eigene Berufung und Erwählung zum Gotteskind und sie erinnert uns auch an die Würde dessen, dem wir im Gottesdienst gegenübertreten. Sich zu verhüllen ist seit jeher ein Zeichen für Respekt vor dem Angesicht Gottes. Mose und Eliah haben sich verhüllt, wenn sie Gott gegenübertraten und ich empfinde es als Auszeichnung, dass man als Frau bis heute die Möglichkeit hat, es den Vätern gleichzutun und an diese uralte Frömmigkeitsform anzuknüpfen. Verhüllung ist ein Zeichen der Absonderung von der Welt, ein Zeichen dafür, dass man sich Gott ganz zur Verfügung stellen will.
Verhüllung ist auch ein Zeichen der Heiligkeit – Katholiken verhüllen das Allerheiligste mit einem Schleier, Orthodoxe schützen das heilige Geschehen durch die Ikonostase – und machen damit die einmalige Würde des Verhüllten deutlich: Einen sehr schönen Artikel über den Zusammenhang zwischen der Heiligkeit der Frau/Mutterschaft und dem Schleier liefert der Catholic herald. Und weit kurzweiliger als ich dazu Stellung nehmen könnte, tut es Laura McAlister in ihrem Blog. Natürlich ist der Schleier auch eine Erinnerung daran, dass wir alle auch „Braut“ sind und bräutlich durch dieses Leben gehen in der Erwartung des himmlischen Hochzeitsmahles des Lammes. Verhüllung fördert auch ganz praktisch die Konzentration, hilft, Äußeres auszublenden und sich ganz auf das Gebet zu konzentrieren – soweit die Theorie. Ich weiß nur allzu gut, dass die Mantilla auch Ablenkungsmittel par excellence sein kann: „Sitzt noch alles?“ „Wow, ich sehe gerade bestimmt aus wie die Jungfrau Maria…unwiderstehlich tugendhaft!“ – aber unrechter Gebrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf!
Die Pflicht, als Frau während des Gottesdienstes eine Kopfbedeckung zu tragen, ist natürlich biblisch belegt (Fußnote 1) und steht explizit im CIC von 1917 (Fußnote 2) – formal abgeschafft wurde sie nie. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde sie ignoriert und im CIC von 1983 einfach nicht mehr erwähnt, ein probates Mittel, um altehrwürdigen Traditionen den Garaus zu machen.
Allerdings sollte uns allein der Umstand, dass sie offensichtlich bis ins 20. Jahrhundert selbstverständlich war und es in weiten Teilen der Orthodoxie noch ist, zumindest davon überzeugen, dass es sich nicht einfach um eine zeitgebundene Anordnung des Apostels Paulus handelt, die man getrost ad acta legen könnte – wie ja überhaupt Paulus lediglich ein unmoderner, unwissender und vorkonziliarer Semit war, dessen Meinung in Bezug auf Frauen völlig weit hergeholt und antiemanzipatorisch ist, nicht wahr?
Wir neigen heute dazu, bei allem, was uns Anstrengung oder Umgewöhnung abverlangt, darauf hinzuweisen, dass es ja nicht wesentlich sei und man es ja auch anders machen könne.
Das stimmt. Man lässt sich bloß viele spirituelle Erfahrungen und Einsichten aus dem Schatz der Kirche entgehen, wenn man in dieser Weise ahistorisch an den Glauben herangeht. Denn unser Glaube ist eben der, der seit 2000 Jahren besteht und wir leben uns ein in diese Glaubensgeschichte. Ich bin jedenfalls dazu übergegangen, eine Frömmigkeitsform erst einmal auszuprobieren, bevor ich mir ein Urteil darüber erlaube, ob sie zeitgemäß ist (naja – Selbstgeißelung ausgenommen). Also: Vorurteile in die Mottenkiste packen und dafür heraus mit der Mantilla aus der Schatztruhe der Kirche!
Nun ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass gerade in nördlichen Breiten die Kopfbedeckung aus dem Gottesdienst praktisch verschwunden ist: Hier war es nie üblich, eine hübsche Spitzenmantilla zu tragen – da taten es ein Hut oder ein stinknormales Kopftuch – lange nicht so hip, lange nicht so fesch und lange nicht so kleidsam wie eine Mantilla.
Man wird mir zurufen, solche äußerlichen Überlegungen seien zumindest oberflächlich und schlimmstenfalls ein Anzeichen von Eitelkeit. Das kann sein; aber erstens ist jeder für seine Motive selbst verantwortlich und zweitens ist Schönsein für den Herrn weder eitel noch oberflächlich.
Die Mantilla schafft hier den „Spagat“ der dem Katholischen eigen ist: Nur sie schafft es, bei einem Maximum an Prachtentfaltung gleichzeitig maximal „bescheiden“ und „demutsvoll“ zu sein. Ein luxuriöser Stoff, der ein bisschen verrucht, dekadent und ziemlich durchsichtig ist, wird, so in den Dienst Gottes gestellt, zum Zeichen für Würde, Schönheit, Reinheit und Erwählung.
Auf einer Russlandreise konnte ich beobachten, mit welchem Genuss sich junge, modische Frauen gefühlte drei Kilometer vor der Kirche ihr Kopftuch anlegten, um dann, scheinbar um fünf Zentimeter gewachsen, unter vielfachem Bekreuzigen die Kirchen zu betreten. Es ist ein Zeichen nach außen, ja. Und gerade die katholische Kirche hat äußere Zeichen – was die Wirkung auf Zeugen, aber auch, was die Wirkung auf die eigene Haltung und das innere Leben betrifft – immer gewürdigt.
Den absoluten Mantillaboom verzeichnen natürlich die USA – ein Land, das keine wirklich alten Traditionen kennt (jedenfalls gemessen an europäischen oder asiatischen Verhältnissen), muss diese importieren – und tut das auch völlig ungeniert. Der „Wear the veil“ Day macht mit Werbespots und Mantillapromos auf den guten Brauch aufmerksam und verkauft die Mantilla als Ausweis einer mondän-zeitgemäßen Glaubenspraxis.
Man kann die konkrete Umsetzung bemängeln: Amerikanisch-kitschige synthetische Klänge als musikalische Untermalung, während sich American Beauties vom „Girl next door“ in Miniaturmadonnen verwandeln, muss man sicher nicht mögen. Zahllose kleine Unternehmen haben sich dem Schleierapostolat verschrieben und vertreiben ihre schönen Chapel veils und Mantillas – deutlich modischer als die Häubchen, die in anderen Denominationen „um der Engel willen“ getragen werden.
In südlichen Ländern ist die Kopfbedeckung in der Kirche kein Problem. Wenn, dann wird man positiv mit einem Lächeln bedacht – offensichtlich ist die junge Dame mit Mantilla nicht zum Sightseeing, sondern zum Beten in meine Kirche gekommen – schön. Im Petersdom muss man sich keinen misstrauischen Blicken stellen, ob man nicht doch bloß Touristin ist, wenn man in die Anbetungskappelle will. Im Kölner Dom dagegen wird man für eine Muslima gehalten, weshalb ich dort prophylaktisch dann auch den Rosenkranz gut sichtbar in der Hand halte.
Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich als Überchrist profilieren will, sondern damit, dass, wenn die Katechese im eigentlichen Sinne darniederliegt, jeder dazu aufgerufen ist, in seinem Rahmen zu evangelisieren. Und dazu gehört, Menschen, die vielleicht keinen Dunst haben, wie man sich in einer Kirche verhält und was man dort tut, ein sichtbares Zeichen zu geben, das in ihnen wenigstens eine Ahnung von der Präsenz des Göttlichen gibt. Natürlich kann man stattdessen auch einfach mit einem „Jesus rettet“-Schild vor der Kirche stehen oder anderweitig penetrant gut gemeinte Ratschläge verteilen.
Wenn ich nicht gerade unterwegs bin, bleibt der Schleier allerdings im Schrank. Denn hierzulande ist dieses harmlose Stoffstück wie so viele Marginalien ein echter Aufhänger für Kirchenkampf und Kirchenspaltung. Es gibt Menschen, die bereits in einer äußerlichen Glaubensbekundung einen Affront sehen: Die Mantilla als Vorwurf, dass man selbst nicht „so fromm“ sei. Ich halte eine solche Haltung für lächerlich und bin der Ansicht (dieses Diktum taucht beim Onlinemagazin The Cathwalk öfter auf, wie es mir scheint): Wer dies unterstellt, hat selbst ein Problem. Wer meint, fromm genug zu sein, muss sich von den Frömmigkeitsübungen anderer nämlich nicht belästigt oder bevormundet fühlen. Die latente Paranoia, dass, wer Statuen küsst, sich niederwirft oder eben eine Mantilla trägt, sich für besser hielte, ist meiner Ansicht nach übertrieben. Außerdem lasse ich doch nicht von einer schönen Sache, weil andere damit Schindluder treiben!
Ach ja: Katholische Schleier haben natürlich auch etwas mit den Tugenden Demut, Keuschheit und Reinheit und dem Verlangen danach zu tun. Ich bin immer wieder erstaunt, dass diesen meines Wissens nach nie abgeschafften Tugenden der Leumund der religiösen Psychose anhängt. Ich habe den leisen Verdacht, dass der Widerstand gegen das Postulieren dieser Werte vor allem aus den Reihen derer kommt, die in dieser Hinsicht an sich selbst nicht arbeiten wollen und sich in ihrer Haltung angegriffen fühlen.
Reinheit steht in engstem Bezug zur Heiligkeit und hat auch nicht primär etwas mit dem „Verstecken“ weiblicher Reize zu tun, sondern mit einem der Würde der Person gemäßen Umgang mit diesen Reizen. Sonst würde frau sich ja auch nicht mit durchsichtiger Spitze (o là là, sondern mit, sagen wir, Jute oder so verhängen. Wer meint, das eigene wallende Haar würde Männer vom Beten ablenken, hat eine zu gute Meinung von seinem Conditioner und eine zu schlechte Meinung vom Mann an sich.
Mantillas und Kopftücher gehören zu einem katholischen Life- und Faithstyle. Weil sie bewährt sind, weil sie sinnvolle äußere Zeichen darstellen, weil sie schön und stilvoll sind. Weil sie einen einzigartigen Tugend-Retroglam-Faktor haben. Und zu guter Letzt, weil es ein „Zuviel“ an Spitze schlichtweg nicht gibt: Wollen wir diesen edlen, schönen Stoff wirklich der Reizwäsche überlassen?
Wer aus der Kopfbedeckung im Gottesdienst eine Waffe machen will, um anderen mangelnde Frömmigkeit vorzuwerfen, sollte sich überlegen, ob er schon heilig genug für solche Selbstgerechtigkeit ist. Wer darin einen Vorwurf gegen sich selbst und die eigene zeichenarme Frömmigkeit sieht, soll es doch bitte erst einmal ausprobieren. Außer er ist ein Mann. Ein Mann kann leider keine Mantilla tragen. Ein Mann, der auf Spitze im liturgischen Kontext steht, muss Priester werden. Auch nicht schlecht.
Fußnote 1 1. Kor 11,3-11
Fußnote 2 Can §2. Viri in ecclesia vel extra ecclesiam, dum sacris ritibus assistunt, nudo capite sint, (&hellip mulieres autem, capite cooperto et modeste vestitae, maxime cum ad mensam Dominicam accedunt.
https://youtu.be/bTzR3Qa7Xno
Die Mantilla von Melania Trump sieht auch sehr gut aus.
Warum Kopftücher zu einem katholischen Life- und Faithstyle gehören
Um es vorweg zu sagen – ich halte Bekleidungsfragen nicht für Marginalien. Andererseits ist das Vermeiden eines Dekolletés sicher nicht heilsnotwendig. Die Intention des Trägers ist wichtiger als die Tiefe des Ausschnitts und ich wundere mich über Menschen, die sich angesichts des Glaubensverfalls, der Christenverfolgung, des Krieges und der eigenen Sündhaftigkeit theologische Streitgespräche über die maximal verantwortbare Rocklänge leisten können. Durchaus soll Kleidung mit Bedacht und dem Anlass gemäß gewählt werden. Sicherlich sollen Mann und Frau gleichermaßen keinen Anstoß geben und auf der anderen Seite diesem auch nicht nachgehen, sollte er einmal erregt werden. Prüderie allerdings erscheint mir keine sonderlich katholische Eigenschaft zu sein und das Einsickern von puritanischer Leibfeindlichkeit ist ebenso ärgerlich wie alle Protestantismen, die innerhalb der letzten Jahrzehnte Eingang in die katholische Kirche gefunden haben.
Nun möchte ich aber eine Lanze brechen für ein zu Unrecht in Vergessenheit geratenes Accessoire: Die Mantilla. Kommen wir gleich zum Kern der Sache: Die Mantilla ist einfach schön und steht jeder Frau. Ein feiner Spitzenstoff, den man sich um Kopf und Schulter winden kann, und man fühlt sich wie eine Prinzessin. Und das ist eine Frau ja auch, oder, wie Johannes Hartl sagt: Ein „Königskind“. Wer sich königlich fühlt, dem fällt es auch leichter, sich königlich zu verhalten – die Mantilla erinnert uns an unsere eigene Berufung und Erwählung zum Gotteskind und sie erinnert uns auch an die Würde dessen, dem wir im Gottesdienst gegenübertreten. Sich zu verhüllen ist seit jeher ein Zeichen für Respekt vor dem Angesicht Gottes. Mose und Eliah haben sich verhüllt, wenn sie Gott gegenübertraten und ich empfinde es als Auszeichnung, dass man als Frau bis heute die Möglichkeit hat, es den Vätern gleichzutun und an diese uralte Frömmigkeitsform anzuknüpfen. Verhüllung ist ein Zeichen der Absonderung von der Welt, ein Zeichen dafür, dass man sich Gott ganz zur Verfügung stellen will.
Verhüllung ist auch ein Zeichen der Heiligkeit – Katholiken verhüllen das Allerheiligste mit einem Schleier, Orthodoxe schützen das heilige Geschehen durch die Ikonostase – und machen damit die einmalige Würde des Verhüllten deutlich: Einen sehr schönen Artikel über den Zusammenhang zwischen der Heiligkeit der Frau/Mutterschaft und dem Schleier liefert der Catholic herald. Und weit kurzweiliger als ich dazu Stellung nehmen könnte, tut es Laura McAlister in ihrem Blog. Natürlich ist der Schleier auch eine Erinnerung daran, dass wir alle auch „Braut“ sind und bräutlich durch dieses Leben gehen in der Erwartung des himmlischen Hochzeitsmahles des Lammes. Verhüllung fördert auch ganz praktisch die Konzentration, hilft, Äußeres auszublenden und sich ganz auf das Gebet zu konzentrieren – soweit die Theorie. Ich weiß nur allzu gut, dass die Mantilla auch Ablenkungsmittel par excellence sein kann: „Sitzt noch alles?“ „Wow, ich sehe gerade bestimmt aus wie die Jungfrau Maria…unwiderstehlich tugendhaft!“ – aber unrechter Gebrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf!
Die Pflicht, als Frau während des Gottesdienstes eine Kopfbedeckung zu tragen, ist natürlich biblisch belegt (Fußnote 1) und steht explizit im CIC von 1917 (Fußnote 2) – formal abgeschafft wurde sie nie. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde sie ignoriert und im CIC von 1983 einfach nicht mehr erwähnt, ein probates Mittel, um altehrwürdigen Traditionen den Garaus zu machen.
Allerdings sollte uns allein der Umstand, dass sie offensichtlich bis ins 20. Jahrhundert selbstverständlich war und es in weiten Teilen der Orthodoxie noch ist, zumindest davon überzeugen, dass es sich nicht einfach um eine zeitgebundene Anordnung des Apostels Paulus handelt, die man getrost ad acta legen könnte – wie ja überhaupt Paulus lediglich ein unmoderner, unwissender und vorkonziliarer Semit war, dessen Meinung in Bezug auf Frauen völlig weit hergeholt und antiemanzipatorisch ist, nicht wahr?
Wir neigen heute dazu, bei allem, was uns Anstrengung oder Umgewöhnung abverlangt, darauf hinzuweisen, dass es ja nicht wesentlich sei und man es ja auch anders machen könne.
Das stimmt. Man lässt sich bloß viele spirituelle Erfahrungen und Einsichten aus dem Schatz der Kirche entgehen, wenn man in dieser Weise ahistorisch an den Glauben herangeht. Denn unser Glaube ist eben der, der seit 2000 Jahren besteht und wir leben uns ein in diese Glaubensgeschichte. Ich bin jedenfalls dazu übergegangen, eine Frömmigkeitsform erst einmal auszuprobieren, bevor ich mir ein Urteil darüber erlaube, ob sie zeitgemäß ist (naja – Selbstgeißelung ausgenommen). Also: Vorurteile in die Mottenkiste packen und dafür heraus mit der Mantilla aus der Schatztruhe der Kirche!
Nun ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass gerade in nördlichen Breiten die Kopfbedeckung aus dem Gottesdienst praktisch verschwunden ist: Hier war es nie üblich, eine hübsche Spitzenmantilla zu tragen – da taten es ein Hut oder ein stinknormales Kopftuch – lange nicht so hip, lange nicht so fesch und lange nicht so kleidsam wie eine Mantilla.
Man wird mir zurufen, solche äußerlichen Überlegungen seien zumindest oberflächlich und schlimmstenfalls ein Anzeichen von Eitelkeit. Das kann sein; aber erstens ist jeder für seine Motive selbst verantwortlich und zweitens ist Schönsein für den Herrn weder eitel noch oberflächlich.
Die Mantilla schafft hier den „Spagat“ der dem Katholischen eigen ist: Nur sie schafft es, bei einem Maximum an Prachtentfaltung gleichzeitig maximal „bescheiden“ und „demutsvoll“ zu sein. Ein luxuriöser Stoff, der ein bisschen verrucht, dekadent und ziemlich durchsichtig ist, wird, so in den Dienst Gottes gestellt, zum Zeichen für Würde, Schönheit, Reinheit und Erwählung.
Auf einer Russlandreise konnte ich beobachten, mit welchem Genuss sich junge, modische Frauen gefühlte drei Kilometer vor der Kirche ihr Kopftuch anlegten, um dann, scheinbar um fünf Zentimeter gewachsen, unter vielfachem Bekreuzigen die Kirchen zu betreten. Es ist ein Zeichen nach außen, ja. Und gerade die katholische Kirche hat äußere Zeichen – was die Wirkung auf Zeugen, aber auch, was die Wirkung auf die eigene Haltung und das innere Leben betrifft – immer gewürdigt.
Den absoluten Mantillaboom verzeichnen natürlich die USA – ein Land, das keine wirklich alten Traditionen kennt (jedenfalls gemessen an europäischen oder asiatischen Verhältnissen), muss diese importieren – und tut das auch völlig ungeniert. Der „Wear the veil“ Day macht mit Werbespots und Mantillapromos auf den guten Brauch aufmerksam und verkauft die Mantilla als Ausweis einer mondän-zeitgemäßen Glaubenspraxis.
Man kann die konkrete Umsetzung bemängeln: Amerikanisch-kitschige synthetische Klänge als musikalische Untermalung, während sich American Beauties vom „Girl next door“ in Miniaturmadonnen verwandeln, muss man sicher nicht mögen. Zahllose kleine Unternehmen haben sich dem Schleierapostolat verschrieben und vertreiben ihre schönen Chapel veils und Mantillas – deutlich modischer als die Häubchen, die in anderen Denominationen „um der Engel willen“ getragen werden.
In südlichen Ländern ist die Kopfbedeckung in der Kirche kein Problem. Wenn, dann wird man positiv mit einem Lächeln bedacht – offensichtlich ist die junge Dame mit Mantilla nicht zum Sightseeing, sondern zum Beten in meine Kirche gekommen – schön. Im Petersdom muss man sich keinen misstrauischen Blicken stellen, ob man nicht doch bloß Touristin ist, wenn man in die Anbetungskappelle will. Im Kölner Dom dagegen wird man für eine Muslima gehalten, weshalb ich dort prophylaktisch dann auch den Rosenkranz gut sichtbar in der Hand halte.
Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich als Überchrist profilieren will, sondern damit, dass, wenn die Katechese im eigentlichen Sinne darniederliegt, jeder dazu aufgerufen ist, in seinem Rahmen zu evangelisieren. Und dazu gehört, Menschen, die vielleicht keinen Dunst haben, wie man sich in einer Kirche verhält und was man dort tut, ein sichtbares Zeichen zu geben, das in ihnen wenigstens eine Ahnung von der Präsenz des Göttlichen gibt. Natürlich kann man stattdessen auch einfach mit einem „Jesus rettet“-Schild vor der Kirche stehen oder anderweitig penetrant gut gemeinte Ratschläge verteilen.
Wenn ich nicht gerade unterwegs bin, bleibt der Schleier allerdings im Schrank. Denn hierzulande ist dieses harmlose Stoffstück wie so viele Marginalien ein echter Aufhänger für Kirchenkampf und Kirchenspaltung. Es gibt Menschen, die bereits in einer äußerlichen Glaubensbekundung einen Affront sehen: Die Mantilla als Vorwurf, dass man selbst nicht „so fromm“ sei. Ich halte eine solche Haltung für lächerlich und bin der Ansicht (dieses Diktum taucht beim Onlinemagazin The Cathwalk öfter auf, wie es mir scheint): Wer dies unterstellt, hat selbst ein Problem. Wer meint, fromm genug zu sein, muss sich von den Frömmigkeitsübungen anderer nämlich nicht belästigt oder bevormundet fühlen. Die latente Paranoia, dass, wer Statuen küsst, sich niederwirft oder eben eine Mantilla trägt, sich für besser hielte, ist meiner Ansicht nach übertrieben. Außerdem lasse ich doch nicht von einer schönen Sache, weil andere damit Schindluder treiben!
Ach ja: Katholische Schleier haben natürlich auch etwas mit den Tugenden Demut, Keuschheit und Reinheit und dem Verlangen danach zu tun. Ich bin immer wieder erstaunt, dass diesen meines Wissens nach nie abgeschafften Tugenden der Leumund der religiösen Psychose anhängt. Ich habe den leisen Verdacht, dass der Widerstand gegen das Postulieren dieser Werte vor allem aus den Reihen derer kommt, die in dieser Hinsicht an sich selbst nicht arbeiten wollen und sich in ihrer Haltung angegriffen fühlen.
Reinheit steht in engstem Bezug zur Heiligkeit und hat auch nicht primär etwas mit dem „Verstecken“ weiblicher Reize zu tun, sondern mit einem der Würde der Person gemäßen Umgang mit diesen Reizen. Sonst würde frau sich ja auch nicht mit durchsichtiger Spitze (o là là, sondern mit, sagen wir, Jute oder so verhängen. Wer meint, das eigene wallende Haar würde Männer vom Beten ablenken, hat eine zu gute Meinung von seinem Conditioner und eine zu schlechte Meinung vom Mann an sich.
Mantillas und Kopftücher gehören zu einem katholischen Life- und Faithstyle. Weil sie bewährt sind, weil sie sinnvolle äußere Zeichen darstellen, weil sie schön und stilvoll sind. Weil sie einen einzigartigen Tugend-Retroglam-Faktor haben. Und zu guter Letzt, weil es ein „Zuviel“ an Spitze schlichtweg nicht gibt: Wollen wir diesen edlen, schönen Stoff wirklich der Reizwäsche überlassen?
Wer aus der Kopfbedeckung im Gottesdienst eine Waffe machen will, um anderen mangelnde Frömmigkeit vorzuwerfen, sollte sich überlegen, ob er schon heilig genug für solche Selbstgerechtigkeit ist. Wer darin einen Vorwurf gegen sich selbst und die eigene zeichenarme Frömmigkeit sieht, soll es doch bitte erst einmal ausprobieren. Außer er ist ein Mann. Ein Mann kann leider keine Mantilla tragen. Ein Mann, der auf Spitze im liturgischen Kontext steht, muss Priester werden. Auch nicht schlecht.
Fußnote 1 1. Kor 11,3-11
Fußnote 2 Can §2. Viri in ecclesia vel extra ecclesiam, dum sacris ritibus assistunt, nudo capite sint, (&hellip mulieres autem, capite cooperto et modeste vestitae, maxime cum ad mensam Dominicam accedunt.
https://youtu.be/bTzR3Qa7Xno
Die Mantilla von Melania Trump sieht auch sehr gut aus.
Kommentare
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(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 15:25
Ist denn schon wieder Karneval?
Klavierspielerin2 03.07.2022 15:29
😄
Trägt man in katholisch geprägten Regionen, in Deutschland selten.
In Deutschland redet man von Kopftuch, manche tragen dies tatsächlich, aber eher in Freigemeinden.
Trägt man in katholisch geprägten Regionen, in Deutschland selten.
In Deutschland redet man von Kopftuch, manche tragen dies tatsächlich, aber eher in Freigemeinden.
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 15:32
Mantilla nennt man das also. Hab wieder etwas dazu gelernt.
In meiner bevorzugten, sehr heiligen katholischen Kirche tragen viele Frauen so eine schöne Spitzen- Kopfbedeckung.
Schön das Du das postest, Klavier.
Ich möchte mir auch eine zulegen, weil es einfach schön ist und man damit ein Zeichen des Respektes vor Gott setzt.
Liebe Grüße FrauSausewind.❤
In meiner bevorzugten, sehr heiligen katholischen Kirche tragen viele Frauen so eine schöne Spitzen- Kopfbedeckung.
Schön das Du das postest, Klavier.
Ich möchte mir auch eine zulegen, weil es einfach schön ist und man damit ein Zeichen des Respektes vor Gott setzt.
Liebe Grüße FrauSausewind.❤
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 15:34
"Die Mantilla von Melania Trump sieht auch sehr gut aus."
Ja, und überhaupt hat mir immer gefallen wie sie und ihr Mann gekleidet waren.
Sie hatten Stil und Anstand, was die Kleiderordnung betraf, wie ich finde.
Viele Grüße von FrauSausewind
Ja, und überhaupt hat mir immer gefallen wie sie und ihr Mann gekleidet waren.
Sie hatten Stil und Anstand, was die Kleiderordnung betraf, wie ich finde.
Viele Grüße von FrauSausewind
Klavierspielerin2 03.07.2022 15:44
Ähm, wollte noch ergänzen:
Zum Neujahrsempfang des Papstes ist Mantilla Pflicht, außer sie tragen Turban 😉
Anwesenheit bei Papstmessen? Die verlangt der Vatikan rund zehnmal im Jahr nicht nur von den katholischen, sondern von allen Angehörigen des Diplomatischen Corps – und sie kommen brav (ohne zu kommunizieren). Damen tragen Mantilla, außer sie tragen wie sonst auch, Turban.
Zum Neujahrsempfang des Papstes ist Mantilla Pflicht, außer sie tragen Turban 😉
Anwesenheit bei Papstmessen? Die verlangt der Vatikan rund zehnmal im Jahr nicht nur von den katholischen, sondern von allen Angehörigen des Diplomatischen Corps – und sie kommen brav (ohne zu kommunizieren). Damen tragen Mantilla, außer sie tragen wie sonst auch, Turban.
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 16:04
in den Geschlossenen Brüder versammlung kommst du ohne kopfbedeckung als Frau nicht reine und in Hose auch nicht.
Als Mann brauchst du garnicht versuchen in Kurzer Hose in eine Kirche zu Gehen, sei es auch nur zu Besichtigung. ZB Petersdom.
Kleider Ordnung wird hier mehr gewertet als die Ausrichtung.
Als Mann brauchst du garnicht versuchen in Kurzer Hose in eine Kirche zu Gehen, sei es auch nur zu Besichtigung. ZB Petersdom.
Kleider Ordnung wird hier mehr gewertet als die Ausrichtung.
Klavierspielerin2 03.07.2022 16:11
Willkommen @Dad.
Zum Petersdom kann ich sagen, dass er einer der Sightseeing Adressen Roms ist. Insbesondere in den Ferienzeiten wird man von Japanern und ihren Kameras schier erdrückt. Ein Gutes dabei, jeder lernt dort beten: Herr, lass mich hier nicht von Touristen erdrückt werden.
Zum Petersdom kann ich sagen, dass er einer der Sightseeing Adressen Roms ist. Insbesondere in den Ferienzeiten wird man von Japanern und ihren Kameras schier erdrückt. Ein Gutes dabei, jeder lernt dort beten: Herr, lass mich hier nicht von Touristen erdrückt werden.
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 16:15
ich weis war dort mit führung durch dieverse kirchen.
habe mich gefühlt wie eine Herde Rinder die zur weide getrieben werden.
Nächste mal eventuel im Herbst oder so
habe mich gefühlt wie eine Herde Rinder die zur weide getrieben werden.
Nächste mal eventuel im Herbst oder so
Klavierspielerin2 03.07.2022 16:24
Wenn du die Wahl hast, reise im Frühjahr, dann ist alles noch schön grün.
Zeitlos5 03.07.2022 16:33
Die Kopfbedeckung der Frau im Sonntagsgottesdienst ist nur Mode der jeweiligen Zeit.
Paulus sah halt die langen Haare gerne?
Zeitlos
Paulus sah halt die langen Haare gerne?
Zeitlos
Klavierspielerin2 03.07.2022 16:38
3- Wetter Taft, hält das das Haar in jeder Kirche züchtig im Zaum 😉
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 18:53
Meine große Schwester und ich haben uns immer den Kopf bedeckt, als wir in der katholischen Kirche knieten und beteten. Und das ist für mich keine Mode, das war immer so.
Ich fand die weiße mantilla meiner Schwester wunderschöon.
Und außerdem ist auch biblisch sich mit Kopftuch, wenn man betet, zu bedecken.
Ich fand die weiße mantilla meiner Schwester wunderschöon.
Und außerdem ist auch biblisch sich mit Kopftuch, wenn man betet, zu bedecken.
(Nutzer gelöscht) 03.07.2022 18:58
Als Urchristinnen ziehen wir auch immer eine Kopfbedeckung. Es sind sehr schöne Schleier mit Spitze und Bibelsprüchen oder Sprüchen aus den Marienerscheinungen wie Lourdes.
janinaj 03.07.2022 19:16
Die Kopfbedeckung ist nicht nur in bestimmten Freikirchen Pflicht. Ich kenne sie auch aus freien Gemeinden in Rumänien.
Und ob eine Frau sich jetzt dadurch erhabener fühlt, na ich weiss nicht.
Ohne Kopfbedeckung in den Gottesdienst zu gehen, hätte keine Frau gewagt. Es wäre schlicht nicht angemessen gewesen. Selbst wir Nicht-Mitglieder hätten dies nicht wagen dürfen. Wir haben jedoch das Kopftuch aus Rücksicht auf die Glaubensgeschwister dort gerne getragen.
Wie sagte schon Paulus: Den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche.
Ich sehe darin kein Problem. Allerdings könnte ich mir persönlich nicht vorstellen, selbst in Deutschland in so eine Gemeinde zu gehen. Wer meint er muss ein Kopftuch tagen, der soll und kann es gerne tun. Hier handelt es sich um eine ERkenntnisfrage, eine BEkenntnisfrage.
Wird ein Bekenntnis in Frage gestellt, sollte man protestieren, eigen Erkenntnisse kann man gerne diskutieren, darf sie aber keinesfalls absolut setzen oder sie gar (rigeros) einfordern. Oder noch schlimmer: Sich für etwas besseres halten, nur weil man sich mehr an Regeln hält. Letzeres ist sehr frommer Hochmut. Jeder hüte sich.
Und ob eine Frau sich jetzt dadurch erhabener fühlt, na ich weiss nicht.
Ohne Kopfbedeckung in den Gottesdienst zu gehen, hätte keine Frau gewagt. Es wäre schlicht nicht angemessen gewesen. Selbst wir Nicht-Mitglieder hätten dies nicht wagen dürfen. Wir haben jedoch das Kopftuch aus Rücksicht auf die Glaubensgeschwister dort gerne getragen.
Wie sagte schon Paulus: Den Juden ein Jude, den Griechen ein Grieche.
Ich sehe darin kein Problem. Allerdings könnte ich mir persönlich nicht vorstellen, selbst in Deutschland in so eine Gemeinde zu gehen. Wer meint er muss ein Kopftuch tagen, der soll und kann es gerne tun. Hier handelt es sich um eine ERkenntnisfrage, eine BEkenntnisfrage.
Wird ein Bekenntnis in Frage gestellt, sollte man protestieren, eigen Erkenntnisse kann man gerne diskutieren, darf sie aber keinesfalls absolut setzen oder sie gar (rigeros) einfordern. Oder noch schlimmer: Sich für etwas besseres halten, nur weil man sich mehr an Regeln hält. Letzeres ist sehr frommer Hochmut. Jeder hüte sich.
Zeitlos5 03.07.2022 20:32
Den Schleier haben die Christinnen frei erfunden, denn Paulus schrieb dazu im 1. Korintherbrief!
Wenn das Tragen eines Kopftuchs eine Angelegenheit war, die von der Haarlänge abhing, muss Gott klare Richtlinien für die Haarlänge gegeben haben.
Außerdem würde der Apostel Paulus, der am Anfang betonte, dass Frauen einen Schleier tragen müssen, nicht nach ein paar Versen plötzlich sagen,
dass es in Ordnung ist, kein Kopftuch zu tragen.
Es ist wirklich nur Mode!
Lange Haare sind reizvoller - schon seit Wilma und Fred Feuerstein ...
Zeitlos
Wenn das Tragen eines Kopftuchs eine Angelegenheit war, die von der Haarlänge abhing, muss Gott klare Richtlinien für die Haarlänge gegeben haben.
Außerdem würde der Apostel Paulus, der am Anfang betonte, dass Frauen einen Schleier tragen müssen, nicht nach ein paar Versen plötzlich sagen,
dass es in Ordnung ist, kein Kopftuch zu tragen.
Es ist wirklich nur Mode!
Lange Haare sind reizvoller - schon seit Wilma und Fred Feuerstein ...
Zeitlos
hansfeuerstein 04.07.2022 00:43
Fand Klosterfrauen im Schleier immer schön. Sehr passend auch in einer Kirche am Altar.