Ratgeber für die letzten großen Fragen zur Liebe

Bluehorse

Viele Themen aller Jahrhunderte kreisen um die Liebe. Aber die wirklich außergewöhnlichen Fragen zur Liebe bleiben unbeantwortet, wenn man sich ihnen nicht mit präziser Gründlichkeit annimmt. Dieser bedeutungsschwangeren Aufgabe will ich mich nun widmen in der Hoffnung, dass auch der entfernteste Leser Einsichten gewinnt, von denen er niemals geträumt hat.

Wenden wir uns nun dem Begriff des sogenannten Seelenverwandten zu. Damit ist eine Person in der Menschheit gemeint, die so tief und vielseitig mit einem anderen Menschen verbunden ist, dass das Glück nicht mehr in Worte zu fassen ist, genau diesen Menschen getroffen zu haben. Was wäre, wenn jeder tatsächlich nur einen einzigen Seelenverwandten hätte – irgendwo auf dieser Welt – und nur mit dieser Person könnte man das höchste Glück, was zwei Menschen miteinander erleben könnten, erleben? Du hättest vermutlich keine Ahnung, wer er/sie ist und wo er/sie lebt. Aber genau wie in einer romantischen Klischeevorstellung würdest Du diesen Menschen sofort erkennen, wenn sich eure Blicke treffen.

Aber das wirft einige Fragen auf, wie z.B: Wäre der Seelenverwandte überhaupt noch am Leben? Seit Beginn der Menschheit, soweit man rechnen kann, haben ungefähr 100 Milliarden Menschen das Licht der Welt erblickt. Aber zur Zeit leben nur ca. 8 Milliarden Menschen, was auf eine Sterberate von aktuell 92% hinweist. Würden wir alle per Zufallsgenerator gepaart, wären 92% aller Seelenverwandten schon tot. Nicht erschrecken - es kommt noch schlimmer. Wenn es möglich ist, dass der Seelenverwandte in der tiefen Vergangenheit lebte, muss es auch theoretisch möglich sein, dass er erst in der fernen Zukunft leben wird. Trifft das auf Deinen Seelenverwandten zu, wird sich Dein Seelenverwandter nur in der fernen Vergangenheit nach Dir umsehen können. Um das Problem etwas abzumildern, nehmen wir mal an, Dein Seelenverwandter wäre ungefähr so alt wie Du. 20 Jahre Unterschied sollten bei den Zeitdimensionen, die wir betrachten, kein Problem sein, um noch von Gleichaltrigkeit zu sprechen. Wenn Du heute 30 Jahre alt bist und ihr euch 25 Jahre zu früh trefft, ist es aber ein Problem. Mit der Einschränkung „gleichaltrig“ hätten die meisten von uns immer noch einen Pool von etwa einer halben Milliarde potenzieller Verknüpfungen.

Aber wie sieht es mit Sprache, Kultur, Lebenskonzepten aus? Wir könnten demographische Angaben nutzen, um die Bedingungen näher einzugrenzen. Aber dann würden wir immer noch weit von der Idee eines Zufallsgenerators abkommen. In unserem Szenario würdest Du überhaupt nicht wissen, wer der Seelenverwandte überhaupt sein könnte – bis Du ihm in die Augen schaust. Jeder, der seinen Seelenverwandten treffen will, hätte nur eine Orientierung, nämlich die, die ihn zu seinem Seelenverwandten hinführt.

Die Chance, dass Du Deinem Seelenverwandten über den Weg läufst, wäre unglaublich gering. Die Zahl von Fremden, mit denen wir an einem Tag Blickkontakt aufnehmen, schwankt zwischen Null (bei einem Einsiedler) und vielen Tausenden bei einem Fußballspieler, der vor großem Publikum auftritt. Wenn nur 10 % dieser Leute ungefähr so alt sind wie Du, kämst Du im ganzen Leben auf ungefähr 50.000 Personen. Da es aber für Dich ca. 500.000.000 potenzielle Seelenverwandte gibt, bedeutet es, dass Du nur in einem von 10.000 Leben die wahre Liebe finden könntest. Ich glaube, dass der Beruf der Kassiererin im Supermarkt neue Bedeutung gewinnen würde.

Sind die Menschen bedroht, ohne ihren Seelenverwandten zu sterben, könnte sich die Gesellschaft so umstrukturieren, dass sie ihren Mitgliedern eine Maximalzahl von Blickkontakten ermöglicht. Die Regierung könnte riesige Fliessbänder zusammenstellen, um lange Reihen von Menschen aneinander vorbeilaufen zu lassen.

Funktioniert der Blickkontakt auch mittels Webcam, könnte auch ein Chatroulette zum Erfolg führen. Wenn jeder dieses System acht Stunden täglich und 7 Tage die Woche nutzt und wenn man nur wenige Sekunden für das Entdecken des Seelenverwandten benötigt, könnte man auf diese Weise theoretisch in nur wenigen Jahrzehnten jeden mit seinem Seelenverwandten zusammenbringen. Sind genauere Berechnungen verlangt, solltest Du Dich mit punktfreier Permutation beschäftigen.

Im wahren Leben finden Menschen kaum Zeit für irgendwelche Romanzen und nur wenige können zwei Jahrzehnte und mehr dafür hergeben. Daher würden vermutlich am Chatroulette nur arbeitslose und schwerreiche Jugendliche rumsitzen. Das ist ärgerlich für die Reichen, die nur ca. 1% der Bevölkerung bilden. Die meisten ihrer Seelenverwandten wären unter den übrigen 99% zu finden.

Um Liebe zu finden würden die Leute in große Städte ziehen und zu Orten großer Menschenansammlungen strömen – genau wie sie es heute schon tun. Der ganze Stress und Druck, die große Liebe zu finden, würde dazu führen, dass manche Leute einfach schwindeln würden. Weil sie so gerne dazu gehören möchten, täten sie sich einfach mit irgendeinem anderen Menschen zusammen und täuschen die Begegnung mit ihrem Seelenverwandten vor. Sie würden heiraten und ihre Beziehungsprobleme verheimlichen, um ihren Kindern und der übrigen Familie eine glückliche Fassade zu präsentieren. (In unserem Alltag passiert das natürlich nie!!) Eine Welt aus wahllos verstreuten Seelenverwandten wäre einsam. 

Wenn Du jetzt frustriert bist, Deinen Seelenverwandten niemals zu finden, solltest Du Dir vielleicht etwas ganz Besonderes, etwas Außergewöhnliches als Ausgleich gönnen. Wie wäre es mit einem Bad in einem Abklingbecken für verbrauchte Brennelemente? Müsstest Du abtauchen, um eine tödliche Strahlendosis abzubekommen? Wie lange wärest Du an der Oberfläche sicher?

Falls Du ein einigermaßen guter Schwimmer bist, kannst Du vermutlich 10 – 40 Stunden über Wasser bleiben, wo auch immer. Danach würdest Du vor Erschöpfung ohnmächtig werden und ertrinken. Das passiert in einem Schwimmbecken ohne nukleare Brennelemente auch.

Verbrauchte Brennelemente aus Atomreaktoren sind hoch radioaktiv. Wasser eignet sich sowohl zum Abschirmen der Strahlen als auch zum Kühlen. Und so lagert man die Brennelemente am Boden von Abklingbecken – so lange, bis sie inaktiv genug geworden sind, um in Trockenbehälter gesteckt zu werden.

Die Hitze wäre kein großes Problem. In einem Abklingbecken kann die Wassertemperatur auf 50 Grad C. ansteigen. Aber in der Praxis liegt sie meist zwischen 25-35 Grad C.  Das ist mehr als in Schwimmwasserbecken aber weniger als in einem heißen Bad. Was die verschiedenen Arten von Strahlungen betrifft, die von den verbrauchten Brennelementen ausgehen, so halbiert sich ihre Stärke alle 7 cm Wassertiefe. Nur wenn Du zum Boden tauchst und z.B. mit dem Ellbogen an einen Behälter mit frischen Brennelementen stößt, würde das vermutlich ausreichen, Dich zu töten. Aber so tief tauchen musst Du ja nicht.

Jenseits der äusseren Grenzlinie könntest Du so lange umherschwimmen, wie Du möchtest – die Dosis wäre geringer als die natürliche Strahlenbelastung als Fußgänger. Solange Du Dich  unter Wasser befindest, wärest Du nämlich von der natürlichen Strahlenbelastung weitgehend abgeschirmt. Dass Abklingbecken sichere Orte für Schwimmer sind, wissen wir, weil sie regelmässig von Tauchern gewartet werden.

Um sicherzustellen, dass dieses persönliche großartige Vergnügen nicht beeinträchtigt wird, habe ich einen Freund gefragt, der in einem Forschungsreaktor tätig ist. Er meinte: Das einzige echte Problem wären die Schusswunden, die Du von der Wachmannschaft erhältst, bevor Du ins Wasser eintauchen kannst. Also lass Dir für die Wachmannschaft etwas Kreatives einfallen – und schon steht Deinem besonderen Vergnügen nichts mehr im Wege. Liebe ist eben oft mit Mühe verbunden und etwas Selbstliebe sollte Dir die Mühe wert sein. Ein Hoch auf die Liebe!