Was Katholiken nicht lesen durften
10.04.2022 14:37
Was Katholiken nicht lesen durften
10.04.2022 14:37
Was Katholiken nicht lesen durften
VOR 50 JAHREN SCHAFFTE DER VATIKAN DEN INDEX AB
Er entstand als Reaktion auf die Reformation und den Buchdruck: Der Index der verbotenen Bücher sollte Katholiken von der Lektüre häretischer Schriften abhalten. Vor 50 Jahren wurde er offiziell abgeschafft.
Noch bis in die Nachkriegszeit hinein mussten Katholiken, die etwa Werke des bekannten zeitgenössischen französischen Philosophen Jean-Paul Sartre lesen wollten, dafür in Rom eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Andernfalls drohten Strafen, die in besonders schwerwiegenden Fällen bis zur Exkommunikation reichen konnten. Zumindest theoretisch. Vor 50 Jahren, am 14. Juni 1966, erklärte die vatikanische Glaubenskongregation schließlich die Abschaffung des sogenannten "Index Librorum Prohibitorum" (Verzeichnis der verbotenen Bücher), so der offizielle lateinische Titel.
Am Ende mehr als 6.000 Titel
Mehr als 6.000 Titel umfasste der Index in seiner letzten Fassung von 1948, die bis 1962 ergänzt wurde. Seine praktische Bedeutung war jedoch bereits seit längerem nur noch gering. Die meisten der aufgeführten Autoren stammten aus vergangenen Jahrhunderten. In Buchhandel und Bibliotheken waren sie entweder nicht vorhanden oder nur schwer zu beschaffen. Der Atheist Sartre bildet eine Ausnahme. Und das auch in anderer Hinsicht: Er war einer der wenigen zeitgenössischen nichttheologischen Autoren auf dem letzten Index. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in der Regel nur noch reformorientierte Theologieprofessoren auf den Index gesetzt worden. Etliche wissenschaftliche Karrieren wurden im 20. Jahrhundert auf diese Weise zerstört.
Illustre Namen der Literatur- und Geistesgeschichte schmückten den Index im Laufe seiner Geschichte. Von Martin Luther über Alexandre Dumas bis Heinrich Heine. Abgelehnt wurde von der zuständigen Indexkongregation hingegen, die Winnetou-Bücher auf den Index zu setzen, wie es ein Denunziant gefordert hatte. Auch den Roman "Onkel Toms Hütte", ein Plädoyer für die Abschaffung der Sklaverei, mochten die Glaubenshüter nicht verbieten. Einblick in diese kuriosen Verfahren gibt der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf in seinem Buch "Index. Der Vatikan und die verbotenen Bücher".
Werk von Jean-Jacques Rousseau
Werk von Simone de Beauvoir
Werk von Thomas Hobbes
Werk von Réné Descartes
Galerie: 4 Bilder
Eigentlich war das Verzeichnis der verbotenen Bücher bereits im Dezember 1965 stillschweigend abgeschafft worden. Nur: Das hatte kaum jemand mitbekommen. Und das war wohl auch von Papst Paul VI. durchaus so beabsichtigt. Im Zuge seiner Kurienreform hatte er die Aufgaben des vormaligen Heiligen Offiziums neu definiert, das fortan "Kongregation für die Glaubenslehre" hieß. In der Aufzählung fehlte allerdings die Buchzensur.
Einem breiteren Publikum wurde dies jedoch erst durch ein Interview bekannt, dass Kardinal Alfredo Ottaviani, der Präfekt der Behörde, im April 1966 einer italienischen Illustrierten gab. Darin erklärte er, der Index habe nun keinerlei rechtliche Geltung mehr, werde nie wieder aufgelegt und bleibe allenfalls als "historisches Dokument" interessant. Eine solche Aussage wollte die Glaubenskongregation jedoch offenbar nicht nur einer Zeitschrift für Promi-Techtelmechtel und Bikini-Moden überlassen. Um endgültig Klarheit zu schaffen, erklärte die Behörde deshalb am 14. Juni 1966 formell die Aufhebung des Index.
Reaktion auf Reformation und Buchdruck
Entstanden war der Index Mitte des 16. Jahrhunderts als Reaktion auf die Reformation und den Buchdruck. Katholiken sollten aus römischer Sicht von der Lektüre der häretischen Schriften eines Martin Luther oder anderer Reformatoren abgehalten werden. Vor Erfindung des Buchdrucks war die Sache noch halbwegs einfach gewesen: Die beanstandete Handschrift wurde den Flammen übergeben, ebenso die wenigen in Klöstern vorhandenen Abschriften. Das funktionierte im Zeitalter des Johannes Gutenberg nicht mehr.
Ebenso wie das Ende war auch die Geburt des Index zunächst weitgehend unbemerkt geblieben: Papst Paul IV. ließ 1557 den ersten Index drucken. Als er jedoch feststellen musste, dass er selbst darauf mit einem frühen Werk vertreten war, in dem er für kirchliche Reformen plädierte, verzichtete er auf eine Veröffentlichung. So wurde der erste Index 1559 publiziert.
Von Thomas Jansen (KNA)
😉
Er entstand als Reaktion auf die Reformation und den Buchdruck: Der Index der verbotenen Bücher sollte Katholiken von der Lektüre häretischer Schriften abhalten. Vor 50 Jahren wurde er offiziell abgeschafft.
Noch bis in die Nachkriegszeit hinein mussten Katholiken, die etwa Werke des bekannten zeitgenössischen französischen Philosophen Jean-Paul Sartre lesen wollten, dafür in Rom eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Andernfalls drohten Strafen, die in besonders schwerwiegenden Fällen bis zur Exkommunikation reichen konnten. Zumindest theoretisch. Vor 50 Jahren, am 14. Juni 1966, erklärte die vatikanische Glaubenskongregation schließlich die Abschaffung des sogenannten "Index Librorum Prohibitorum" (Verzeichnis der verbotenen Bücher), so der offizielle lateinische Titel.
Am Ende mehr als 6.000 Titel
Mehr als 6.000 Titel umfasste der Index in seiner letzten Fassung von 1948, die bis 1962 ergänzt wurde. Seine praktische Bedeutung war jedoch bereits seit längerem nur noch gering. Die meisten der aufgeführten Autoren stammten aus vergangenen Jahrhunderten. In Buchhandel und Bibliotheken waren sie entweder nicht vorhanden oder nur schwer zu beschaffen. Der Atheist Sartre bildet eine Ausnahme. Und das auch in anderer Hinsicht: Er war einer der wenigen zeitgenössischen nichttheologischen Autoren auf dem letzten Index. Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in der Regel nur noch reformorientierte Theologieprofessoren auf den Index gesetzt worden. Etliche wissenschaftliche Karrieren wurden im 20. Jahrhundert auf diese Weise zerstört.
Illustre Namen der Literatur- und Geistesgeschichte schmückten den Index im Laufe seiner Geschichte. Von Martin Luther über Alexandre Dumas bis Heinrich Heine. Abgelehnt wurde von der zuständigen Indexkongregation hingegen, die Winnetou-Bücher auf den Index zu setzen, wie es ein Denunziant gefordert hatte. Auch den Roman "Onkel Toms Hütte", ein Plädoyer für die Abschaffung der Sklaverei, mochten die Glaubenshüter nicht verbieten. Einblick in diese kuriosen Verfahren gibt der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf in seinem Buch "Index. Der Vatikan und die verbotenen Bücher".
Werk von Jean-Jacques Rousseau
Werk von Simone de Beauvoir
Werk von Thomas Hobbes
Werk von Réné Descartes
Galerie: 4 Bilder
Eigentlich war das Verzeichnis der verbotenen Bücher bereits im Dezember 1965 stillschweigend abgeschafft worden. Nur: Das hatte kaum jemand mitbekommen. Und das war wohl auch von Papst Paul VI. durchaus so beabsichtigt. Im Zuge seiner Kurienreform hatte er die Aufgaben des vormaligen Heiligen Offiziums neu definiert, das fortan "Kongregation für die Glaubenslehre" hieß. In der Aufzählung fehlte allerdings die Buchzensur.
Einem breiteren Publikum wurde dies jedoch erst durch ein Interview bekannt, dass Kardinal Alfredo Ottaviani, der Präfekt der Behörde, im April 1966 einer italienischen Illustrierten gab. Darin erklärte er, der Index habe nun keinerlei rechtliche Geltung mehr, werde nie wieder aufgelegt und bleibe allenfalls als "historisches Dokument" interessant. Eine solche Aussage wollte die Glaubenskongregation jedoch offenbar nicht nur einer Zeitschrift für Promi-Techtelmechtel und Bikini-Moden überlassen. Um endgültig Klarheit zu schaffen, erklärte die Behörde deshalb am 14. Juni 1966 formell die Aufhebung des Index.
Reaktion auf Reformation und Buchdruck
Entstanden war der Index Mitte des 16. Jahrhunderts als Reaktion auf die Reformation und den Buchdruck. Katholiken sollten aus römischer Sicht von der Lektüre der häretischen Schriften eines Martin Luther oder anderer Reformatoren abgehalten werden. Vor Erfindung des Buchdrucks war die Sache noch halbwegs einfach gewesen: Die beanstandete Handschrift wurde den Flammen übergeben, ebenso die wenigen in Klöstern vorhandenen Abschriften. Das funktionierte im Zeitalter des Johannes Gutenberg nicht mehr.
Ebenso wie das Ende war auch die Geburt des Index zunächst weitgehend unbemerkt geblieben: Papst Paul IV. ließ 1557 den ersten Index drucken. Als er jedoch feststellen musste, dass er selbst darauf mit einem frühen Werk vertreten war, in dem er für kirchliche Reformen plädierte, verzichtete er auf eine Veröffentlichung. So wurde der erste Index 1559 publiziert.
Von Thomas Jansen (KNA)
😉
Kommentare
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(Nutzer gelöscht) 10.04.2022 16:12
was man nicht alles so nebenbei erfährt.....🙂
Engelslhaar 10.04.2022 19:31
Ich finde, man sollte den Index wieder einführen, um der Verunsicherung Einhalt zu gebieten
hansfeuerstein 10.04.2022 20:58
Tja, leider nehmen die Menschen heute viel Schund auf, ohne dass sie wüssten, dass es sie bewusst oder unbewusst negativ beeinflusst. Viele Indoktrinationen sind sehr schlau gemacht.
Die Glaubensferne heute, ist kein Zufall.
Die Glaubensferne heute, ist kein Zufall.
Sherezade 10.04.2022 21:12
Klar, Kant, Machiavelli, Heidegger, Spinoza, Defoe, Diderot..selbst Flavius Josephus wären dann Schund...
Dankbar, dass mein Dad konvertierte und ich klassische Bildung mit auf dem Weg bekam...
Dankbar, dass mein Dad konvertierte und ich klassische Bildung mit auf dem Weg bekam...
hansfeuerstein 10.04.2022 21:32
Es ist kein Zufall, dass der heutige Durchschnittsmensch denkt, vom Affen abzustammen.
(es wurden damals sehr bewusst nicht Autoren auf den Index gesetzt, sondern einzelne ihrer Werke, die den Zweck erfüllten den Glauben auszuhölen... und das stimmt leider)
(es wurden damals sehr bewusst nicht Autoren auf den Index gesetzt, sondern einzelne ihrer Werke, die den Zweck erfüllten den Glauben auszuhölen... und das stimmt leider)
hansfeuerstein 10.04.2022 21:59
Der Index war für Gläubige gedacht, die sich ihren Glauben bewahren und festigen möchten..
Es gibt Literatur die dafür geeignet ist und eben andere.... der Mensch heute verliert im Westen gerade mehr und mehr den Glauben, er ist sich aber nur wenig bewusst, warum.
Es gibt Literatur die dafür geeignet ist und eben andere.... der Mensch heute verliert im Westen gerade mehr und mehr den Glauben, er ist sich aber nur wenig bewusst, warum.
hansfeuerstein 11.04.2022 00:30
Wie gesagt, es hat seinen Grund, warum der christliche Glaube im Westen so gut wie verloren wurde. Das war kein "Naturereignis". Das waren alles mal Familien und Generationen deren Vorfahren geglaubt haben.
Denke, derartiges wäre auch heute für die Gläubigen durchaus hilfreich, auch wenn natürlich der Mainstrem grell aufschreien würde, und von daher schon alle den Mut für soetwas wieder verlieren würden. Lieber nimmt man halt die Erosion des Glaubens hin....
Denke, derartiges wäre auch heute für die Gläubigen durchaus hilfreich, auch wenn natürlich der Mainstrem grell aufschreien würde, und von daher schon alle den Mut für soetwas wieder verlieren würden. Lieber nimmt man halt die Erosion des Glaubens hin....
Klavierspielerin2 11.04.2022 10:13
Ich stimme@Hansfeuerstein zu, weshalb ich nochmals die Serie
" Zeitgeist, oder Geist der Zeit" verlinken möchte:
https://www.christ-sucht-christ.de/christliches-forum/Klavierspielerin2/86230/
" Zeitgeist, oder Geist der Zeit" verlinken möchte:
https://www.christ-sucht-christ.de/christliches-forum/Klavierspielerin2/86230/
(Nutzer gelöscht) 11.04.2022 22:45
Wer eine lebendige Beziehung zu Gott hat, braucht keine Vorgaben, sondern kann sich vom heiligen Geist führen lassen. Ich denke, viele Menschen haben den Glauben verloren, weil sie nur vorgelebte Formen bei ihren Vorbildern gesehen haben und keinen tiefen, persönlichen Glauben - eben eine echte Beziehung zu unserem Herrn. Mir ist das bewusst geworden, als ich meinen eigenen Glauben in Frage stellte.. als ich andere Christen und ihre Liebesbeziehung zu Jesus und dem Vater erleben durfte. So ein Index kann uns nichts antun.. wir sind freie Wesen. Und wir dürfen im Glauben hinterfragen, zweifeln und verstehen.
LG Ely
LG Ely