weiße TaubeChrist sucht Christ Logo ohne Taube

Der Gläubige und sein Körper

Der Gläubige und sein Körper
Wir sollten wissen, welchen Platz der Leib im Plan Gottes einnimmt. Könnte irgend jemand die
Beziehung zwischen dem Leib und dem geistlichen Leben leugnen? Außer dem Geist und der Seele
besitzen wir auch einen Leib. Wie gesund die Intuition, die Gemeinschaft und das Gewissen des
Geistes auch sein mögen, wie erneuert auch Gefühl, Verstand und Wille unserer Seele sind, wir
werden uns nie zu geistlichen Männern und Frauen entwickeln -wir werden nie vollendet, sondern
immer irgendeinen Mangel leiden-, wenn unser Leib nicht auch so gesund und wiederhergestellt ist
wie unser Geist und unsere Seele. Wir sollten unsere äußere Hülle nicht vernachlässigen, während
wir unsere inneren Bereiche pflegen. Unser Leben würde darunter leiden, wenn wir diesen Fehler
begehen. Der Körper ist notwendig und wichtig; sonst hätte ihn Gott nicht geschaffen. Wenn
wir sorgfältig in der Schrift forschen, entdecken wir, wie sehr Gott auf den Körper des Menschen
achtet, denn die Bibel sagt viel darüber aus. Das wirklich einzigartige und ehrfurchtgebietende ist
die Tatsache, daß das Wort Fleisch wurde: Der Sohn Gottes nahm selbst einen Leib aus Fleisch
und Blut an.
Der Heilige Geist und der Leib
Römer 8, 10-13 zeigt uns den Zustand unseres Leibes, wie der Heilige Geist ihm aufhilft und
welches unsere rechte Haltung ihm gegenüber sein sollte. Wenn wir uns diese Verse aneignen,
werden wir den Stellenwert, den der Leib des Gläubigen in Gottes Plan der Erlösung einnimmt,
nicht verkennen. »Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen,
der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen« (V. 10). Anfänglich waren sowohl unser
Leib als auch unser Geist tot. Aber nachdem wir an den Herrn Jesus gläubig wurden, nahmen
wir ihn in uns auf, um unser Leben zu sein. Die Tatsache, daß Christus durch den Heiligen
Geist im Gläubigen lebt, bildet einen der wichtigsten Lehrsätze des Evangeliums. In jedem Kind
Gottes, wie schwach es auch sei, lebt Christus. Dieser Christus ist unser Leben. Und wenn er
eintritt, um in uns Wohnung zu machen, wird unser Geist erneuert. Zuvor waren Leib und Geist
tot; jetzt ist der Geist erneuert worden, und nur der Körper bleibt tot. Der Zustand, den alle
Gläubigen teilen, besteht darin, daß der Leib tot ist, der Geist aber lebendig. Diese Erfahrung
bewirkt eine große Ungleichheit zwischen dem inneren und äußeren Zustand des Christen. Unser
inneres Wesen ist durchflutet von Leben, während der äußere Mensch noch immer tot ist. Da
wir vom Geist des Lebens erfüllt sind, sind wir sehr wohl lebendig, doch existieren wir in einer
Schale des Todes. Mit anderen Worten: Das Leben unseres Geistes und das Leben unseres Leibes
sind radikal verschieden. Das erstere ist tatsächlich Leben, doch das andere ist wahrhaftig Tod,
denn unser physischer Körper ist noch immer der »Leib des Todes«. Wie fortgeschritten der
geistliche Wandel eines Christen auch sein mag, sein Fleisch ist trotzdem der »Leib des Todes«.
Wir werden einmal einen auferstandenen, herrlichen, geistlichen Leib erhalten. Der Leib, den wir
heute haben, ist nur ein irdenes »Gefäß«, ein »irdisches Zelt«, ein »Leib der Niedrigkeit« (2. Kor.
4, 7; 5, 1; Phil. 3,21). Die Sünde ist aus dem Geist und dem Willen ausgetrieben worden, aber
noch nicht aus dem Leib. Weil die Sünde in ihm bleibt, ist er tot. Das ist die Bedeutung von
»der Leib ist tot um der Sünde willen«. Gleichzeitig ist jedoch unser Geist lebendig. Oder, um es
richtiger zu sagen, unser Geist empfängt Leben um der Gerechtigkeit willen, die in Christo ist.
Wenn wir ihm vertrauen, empfangen wir ihn als unsere Gerechtigkeit, und wir sind auch vor Gott
10 Kapitel 10 277
gerechtfertigt. In dem Augenblick, da wir Christus aufnehmen, sind wir vor Gott gerechtfertigt
und machen zusätzlich die praktische Erfahrung, daß sich Christus uns schenkt. Christus kommt
in uns hinein als das Leben, damit unser toter Geist belebt werden kann. Das ist die Bedeutung
von »der Geist ist Leben um der Gerechtigkeit willen«. »Wenn aber der Geist dessen, der Jesum
aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christum aus den Toten auferweckt
hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen seines in euch wohnenden Geistes«
(V. 11). Vers 10 erklärt, wie Gott unseren Geist lebendig macht; dieser Vers sagt uns, wie Gott
unserem Leib Leben gibt. Der zehnte Vers spricht davon, wie der Geist belebt wurde, während
der Körper noch immer tot war; der elfte Vers geht weiter und sagt aus, daß, nachdem der
Geist belebt worden ist, auch der Leib leben kann. Der erste Teil besagt, daß der Geist lebt,
weil Christus in uns wohnt; dieser Teil erklärt, daß der Leib leben wird, weil der Heilige Geist
in uns wohnt. Der Heilige Geist wird unserem Leib Leben geben. Der Leib ist nicht in dem
Sinne tot, daß er schon abgeschieden ist, sondern in dem Sinne, daß er sich auf dem Weg zum
Grab befindet; geistlich gesprochen wird er für tot gehalten. Nach menschlichem Denken besitzt
der Leib Leben. Aber in Gottes Augen ist auch dieses Leben tot, weil es von Sünde befleckt
ist (»der Leib ist tot um der Sünde willen«zwinkerndes Smiley. Obwohl der Leib Kraft besitzt, dürfen wir sie
nicht zum Ausdruck kommen lassen. Er sollte nicht aktiv werden, denn die Betätigung seines
Lebens bedeutet Tod. Sein Leben ist Sünde, und Sünde ist geistlicher Tod. Der Leib lebt durch
geistlichen Tod. Anderseits sollten wir für Gott zeugen, dienen und arbeiten. Dies erfordert
körperliche Kraft. Wenn aber der Leib geistlich tot und sein Leben nichts als Tod ist, wie können
wir ihn dann einsetzen, um die Ansprüche des geistlichen Lebens zu erfüllen? Es ist offensichtlich,
daß unser Leib den Willen des lebendigen Geistes in ihm weder tun will noch tun kann, sondern
ihm widerstehen und ihn bekämpfen wird. Wie kann daher der Heilige Geist unseren Leib dazu
veranlassen, seinem Ruf zu folgen? Er selbst muß unserem Leib des Todes neues Leben geben.
Er, »der Christum aus den Toten auferweckte«, ist Gott. Warum wird er nicht direkt benannt?
Um das Werk zu betonen, das Gott tat, als er Jesus von den Toten auferweckte. Es soll die
Aufmerksamkeit des Gläubigen darauf richten, daß Gott ihre sterblichen Leiber auferwecken
kann, wie er zuvor den toten Leib Jesu auferweckte. Indirekt sagt der Apostel, der Geist Gottes sei
der Heilige Geist, der auch der Geist der Auferstehung ist. Wieder gebraucht er das Wort »wenn«.
»Wenn der Geist dessen in euch wohnt, wird er eure sterblichen Leiber lebendig machen.« Er
zweifelt nicht daran, daß der Heilige Geist im Gläubigen wohnt, denn in Vers 9 erwähnt er, daß
jeder, der Christus gehört, den Geist Christi besitzt. Damit sagt er: Der Heilige Geist wohnt in
euch; darum sollen eure sterblichen Leiber sein Leben erfahren. Das ist das Vorrecht derer, die
den innewohnenden Geist besitzen. Er will nicht, daß irgendeiner seiner Heiligen diesen Segen
durch Unkenntnis versäumt. In Wirklichkeit lehrt uns dieser Vers, daß uns Gott durch den
innewohnenden Geist Leben gibt. Es handelt sich nicht um eine zukünftige Auferstehung, weil
das hier nicht abgehandelt wird. Es geht um einen Vergleich der Auferstehung des Herrn Jesus mit
der Tatsache, daß wir heute Leben in unserem Leib empfangen. Wenn der Vers von Auferstehung
spräche, würde der Ausdruck »Leib des Todes« gebraucht werden. Hier wird nur der sterbliche
Leib betrachtet, ein Leib der dem Tod unterworfen ist, obwohl er noch nicht tot ist. Der Leib
des Gläubigen ist geistlich tot, denn er ist auf dem Weg ins Grab und muß sterben. Wie die
Tatsache des Heiligen Geistes in uns eine tägliche Erfahrung ist, so muß auch die Erfahrung,
daß der Heilige Geist unserem sterblichen Körper Leben gibt, eine fortgesetzte sein. Wir müssen
auch erkennen, daß hier nicht von Wiedergeburt die Rede ist, denn der Heilige Geist teilt nicht
unserem Geist Leben mit, sondern gibt unserem Leib Leben. Durch diesen Vers informiert uns
Gott über das körperliche Vorrecht seiner Kinder, nämlich Leben für ihren sterblichen Leib
durch seinen Geist, der in ihnen wohnt. Ich behaupte nicht, daß »der Leib der Sünde« ein
heiliger Leib geworden ist oder daß unser sterblicher Leib Unsterblichkeit angezogen hat. Das
kann in diesem Leben nicht verwirklicht werden. Die Erlösung unseres irdenen Gefäßes muß
10 Kapitel 10 278
warten, bis der Herr kommt und uns zu sich nimmt. Das Wesen unseres Leibes in dieser Zeit zu
verändern ist unmöglich. Darum liegt die wahre Bedeutung, daß der Heilige Geist uns Leben gibt,
in folgendem: 1. Er wird uns wiederherstellen, wenn wir krank sind und 2. er wird uns bewahren,
wenn wir nicht krank sind. Oder anders gesagt, der Heilige Geist wird unsere irdische Hütte
stärken, daß wir den Anforderungen des Werkes Gottes gewachsen sind und so wandeln können,
daß weder unser Leben noch das Reich Gottes durch Schwäche des Körpers geschädigt werden.
Das hat Gott für alle seine Kinder bereit. Aber wieviele Christen erfahren täglich dieses Leben,
das sein Geist ihrem sterblichen Leib gibt? Sind es nicht viele, deren geistliches Leben durch
ihren körperlichen Zustand bedroht ist, viele, die wegen ihrer körperlichen Schwachheit fallen,
viele, die nicht aktiv für Gott arbeiten können wegen ihrer Gebundenheit an eine Krankheit?
Die Erfahrung der Christen heute steht in keinem Verhältnis zu dem, was Gott seinen Kindern
geben will. Verschiedene Ursachen tragen zu diesem Widerspruch bei: Manche Christen weigern
sich, Gottes Geschenk anzunehmen. Andere unterlassen es, ihren Leib als ein lebendiges Opfer
darzubringen. Sie glauben, Gott habe sie mit Kraft ausgerüstet, sich selbst auszuleben. Solche
aber, die wirklich für Gott leben wollen und im Glauben seine Verheißung beanspruchen, werden
die Erfahrung der Fülle des Lebens machen, wie sie durch den Heiligen Geist geschenkt wird.
»So denn, Brüder, sind wir Schuldner, nicht nach dem Fleische, um nach dem Fleische zu leben«
(V. 12). Dieser Vers beschreibt die rechte Beziehung zwischen dem Gläubigen und seinem Leib.
Zahllose Brüder sind Sklaven ihrer fleischlichen Hülle. Das geistliche Leben vieler Christen ist
völlig in ihrem Leib eingekerkert. Sie existieren als zwei verschiedene Personen: wenn sie sich
zurückziehen in den inneren Menschen, haben sie das Gefühl, geistlich zu sein; aber wenn sie im
äußeren Fleisch leben, halten sie sich für gefallen, fleischlich, Gott entfremdet, weil sie ihrem Leib
gehorchen. Ihr Leib wird ihnen zur schweren Last. Körperliches Unwohlsein wird sie aus der Ruhe
bringen und ihr Herz mit Selbstliebe und Selbstmitleid durchfluten. Unter solchen Umständen
ist es unmöglich, einen geistlichen Kurs zu verfolgen. Wenn der Apostel die Worte »so denn«
verwendet, führt er weiter, was er zuvor angekündigt hat. Wir meinen, daß dieser Vers direkt
auf Vers 10 und 11 folgt. Der zehnte erklärt, der Leib sei tot; der elfte besagt, daß der Heilige
Geist dem Leib Leben gibt. Auf Grund dieser zwei körperlichen Bedingungen kann der Apostel
schließen und sagen: »So denn, Brüder, sind wir Schuldner, nicht dem Fleische, um nach dem
Fleische zu leben.« Weil der Leib um der Sünde willen tot ist, können wir nicht leben, indem wir
dem Leib folgen. Das wäre Sünde. Weil der Heilige Geist unserer sterblichen Hülle Leben gegeben
hat, brauchen wir nicht nach dem Fleisch zu leben, da es keine Gewalt mehr hat, unser geistliches
Leben zu binden. Durch dieses Geschenk des Geistes Gottes ist unser inneres Leben in der Lage,
den äußeren Leib zu beherrschen. Früher schienen wir Schuldner des Fleisches zu sein - unfähig,
dessen Forderung, Begierden und Lüste einzuschränken -, und wir lebten nach dem Fleisch und
begingen viele Sünden. Jetzt aber haben wir das Werk des Heiligen Geistes. Nicht nur herrschen
die Lüste des Fleisches nicht über uns, sondern auch Schwachheit, Krankheit und Leiden haben
ihren Einfluß verloren. Viele Christen wenden ein, wir sollten die rechtmäßigen Wünsche und
Bedürfnisse des Fleisches erfüllen, doch der Apostel sagt, daß wir ihm nichts schulden. Außer der
Verantwortung, unsere irdische Hütte in einem guten Zustand als Gottes Gefäß zu bewahren, sind
wir dem Fleisch nichts schuldig. Natürlich verbietet uns die Bibel nirgends, auf unseren Körper
zu achten, weil wir ihm sonst noch mehr Zeit und Aufmerksamkeit wegen unnötiger Krankheiten
widmen müßten. Kleidung, Speise und Wohnung sind erforderlich; auch brauchen wir Ruhe.
Was wir aber betonen, ist, daß das Leben nicht nur mit diesen Sorgen ausgefüllt sein sollte.
Es stimmt, wir sollten essen, wenn wir hungrig sind, trinken, wenn wir durstig sind, ausruhen,
wenn wir müde sind, und uns kleiden, wenn wir frieren. Doch dürfen wir es nicht zulassen, daß
diese Angelegenheiten so tief in unser Herz eindringen, daß sie teilweise oder ganz zu unserem
Lebensziel werden. Wir dürfen diese Notwendigkeiten nicht lieb haben. Sie sollten nach Bedürfnis
kommen und gehen. Sie sollten nicht in uns bleiben und zu einem inneren Verlangen werden.
10 Kapitel 10 279
Manchmal müssen wir um des Werkes Gottes willen oder wegen einer anderen Anforderung
unseren Leib unterdrücken trotz seiner Bedürfnisse. Die Liebe zum Schlaf der Jünger im Garten
Ge-thsemane und das Erdulden des Hungers am Brunnen von Sichar durch unseren Herrn sind
Beispiele von Niederlage und Sieg im Blick auf berechtigte Bedürfnisse des Körpers. Weil wir
nicht mehr Schuldner des Fleisches sind, sollten wir nicht nach seinen Lüsten sündigen und auch
nicht wegen körperlicher Schwäche in unserer geistlichen Arbeit nachlassen, »Denn wenn ihr
nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen
des Leibes tötet, so werdet ihr leben« (V. 13). Sollten Christen die Gabe Gottes ablehnen und
durch das Fleisch leben, werden sie gewiß bestraft werden. »Wenn ihr nach dem Fleische lebet,
so werdet ihr sterben.« Dieses Wort »sterben« und das Wort »leben« im nächsten Satz haben
mehrere Bedeutungen. Wir wollen nur eine erwähnen, den Tod des Leibes. Wegen der Sünde ist
unser Leib »tot«, infolgedessen ist es ein »Leib des Todes«, d. h., er ist zum Sterben verurteilt.
Wenn wir nach dem Fleisch leben, wird dieser Leib des Todes ein sterbender Leib werden. Wenn
wir dem Fleisch folgen, sind wir einerseits unfähig, das Leben zu empfangen, das der Heilige
Geist dem Leib gibt, und anderseits verkürzen wir die Tage unseres Lebens auf Erden, weil alle
Sünden für den Leib schädlich sind. Alle Sünden zeigen ihre Wirkung im Fleisch, und diese
Wirkung ist der Tod. Durch das Leben, das dem Leib durch den Heiligen Geist gegeben wurde,
sollten wir dem Tod widerstehen, der in ihm ist. Wo das nicht geschieht, wird der Tod sein Werk
schnell vollenden. »Wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr
leben.« Wir sollten den Heiligen Geist nicht nur als den Lebensspender für unser irdenes Gefäß
annehmen, sondern auch als den Vollbringer seiner Taten. Wie können wir von ihm erwarten,
unserer fleischlichen Hülle Leben zu geben, wenn wir ihm nicht erlauben, die Werke des Fleisches
zu töten? Denn nur wenn wir durch den Heiligen Geist die Werke des Fleisches töten, können wir
leben. Damit der Leib leben kann, muß sein Tun zuerst zunichte gemacht werden. Hier sehen wir
einen Fehler vieler Christen. Sie meinen, sie könnten für sich leben - sie benutzen ihren Körper für
Dinge, die sie gerne tun -, doch gleichzeitig erwarten sie, daß der Heilige Geist ihrem Leib Leben
gibt, damit sie gesund und ohne Schwachheit leben können. Würde Gott den Menschen Leben
und Kraft geben, damit sie für sich selbst leben? Natürlich nicht. Das Leben, das Gott dem Leib
gibt, soll auch für ihn gelebt werden. Unzählige Christen, die nach dem Heiligen Geist trachten,
sollten jetzt erkennen, daß sie diese Erfahrung nicht machen, weil sie gerade diesen wichtigen
Punkt vernachlässigt haben. Wir können nicht selbst unseren Leib beherrschen. Nur durch den
Heiligen Geist ist das möglich. Er wird uns befähigen, die Werke des Fleisches abzutöten. Gläubige
haben alle ihren Mangel an Kraft erfahren, um mit fleischlichen Lüsten fertigzuwerden, die die
Glieder des Leibes zu Handlungen reizen, die das Fleisch befriedigen. Doch durch den Heiligen
Geist sind sie in der Lage, die Situation zu beherrschen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Wir
können nicht unser eigenes Ich kreuzigen. Viele Christen verstehen, was es heißt, mit Christus
gekreuzigt zu sein, doch sind es wenige, die diese Wirklichkeit erfahren. Vielen Gläubigen ist
die Wahrheit des Mit-gekreuzigtseins eine bloße Lehre. Das liegt hauptsächlich am Mangel eines
klaren Verständnisses der Rolle des Heiligen Geistes im Heilsplan Gottes. Sie erfassen nicht, wie
das Wirken des Heiligen Geistes mit dem Kreuz zusammengeht. Wir müssen erkennen, daß das
Kreuz ohne Gottes Geist völlig wirkungslos ist. Nur der Heilige Geist kann das, was das Kreuz
erwirkt hat, in den Gläubigen zur Anwendung bringen. Wenn wir die Wahrheit des Kreuzes
hören, aber dem Geist nicht erlauben, diese Wahrheit in unser Leben hineinzuarbeiten, dann
haben wir nur ein Ideal und eine Theorie. Die Erkenntnis, »daß unser alter Mensch mitgekreuzigt
worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei« (Rom. 6, 6), ist tatsächlich gut; doch wir
werden durch die Handlungen des Fleisches weiterhin gebunden sein, wenn wir nicht »durch den
Geist die Werke des Leibes« töten. Zuviele Gläubige haben wir schon gesehen, die äußerst klar
die Wahrheit des Kreuzes verstehen und angenommen haben, in denen es aber nicht wirksam
geworden ist. Sie beginnen sich zu fragen, ob das praktische Heil des Kreuzes in ihrem Leben
10 Kapitel 10 280
erfahren werden kann. Sie sollten gar nicht darüber erstaunt sein, daß nur der Heilige Geist das
Kreuz in Erfahrung umsetzen kann. Er allein kann das Heil zur gelebten Wirklichkeit machen,
und dennoch vergessen sie ihn. Wenn Gläubige nicht ihr Selbst aufgeben und völlig der Kraft
des Heiligen Geistes vertrauen, die Werke des Leibes zur Ruhe zu bringen, wird die Wahrheit,
die sie zu kennen vorgeben, bloße Theorie bleiben. Nur ein Abtöten durch die Kraft des Heiligen
Geistes wird unserer sterblichen Hülle Leben verleihen.
Gott verherrlichen
Der Abschnitt in 1. Korinther 6, 12-20 gibt uns im Blick auf den Leib des Gläubigen zusätzliches
Licht. Betrachten wir diesen Abschnitt Vers für Vers. »Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles
ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von keinem überwältigen lassen« (V. 12).
Wie die folgenden Verse bestätigen, schreibt hier der Apostel Paulus vom Leib. Er beurteilt
alles als erlaubt, weil nach der Natur alle Bedürfnisse des Körpers - wie Essen, Trinken und
Geschlechtsleben - natürlich, vernünftig und erlaubt sind (V. 13). Weiter urteilt er jedoch, daß
nicht alle Bedürfnisse nützlich sind und auch den Menschen nicht versklaven sollten. Nach der
natürlichen Veranlagung des Menschen ist es dem Christen erlaubt, viele Dinge mit seinem Körper
zu tun. Aber als jemand, der Gott gehört, ist er auch in der Lage, diese Dinge nicht zu tun, um
Gott zu verherrlichen. »Die Speisen für den Bauch und der Bauch für die Speisen; Gott wird aber
sowohl diesen als auch jene zunichte machen. Der Leib aber nicht für die Hurerei, sondern für den
Herrn, und der Herr für den Leib« (V. 13). Die erste Hälfte dieses Verses stimmt mit der ersten
Hälfte des vorhergehenden überein. Speise ist erlaubt, da aber Speise und der Bauch einmal
vernichtet werden, ist keines von ewigem Nutzen. Die zweite Hälfte des Verses stimmt auch mit
der entsprechenden Hälfte des vorangehenden Verses überein. Der Christ kann völlig über den
Geschlechtstrieb erhaben sein, und seinen Leib völlig dem Herrn unterwerfen (1. Kor. 7, 34). »Der
Leib ist für den Herrn.« Dieses Wort hat eine tiefe Bedeutung. Als erstes spricht Paulus über
das Problem des Essens. Hier kann der Christ praktisch beweisen, daß »der Leib für den Herrn«
ist. Gerade im Blick auf die Speise fiel der Mensch in Sünde; der Herr Jesus wurde in der Wüste
auch in diesem Punkt versucht. Zahlreiche Christen verstehen es nicht, Gott in ihrem Essen
und Trinken zu verherrlichen. Sie essen und trinken nicht nur, um den Körper für den Dienst
des Herrn tüchtig zu erhalten, sondern schwelgen, um ihre persönlichen Begierden zu befriedigen.
Wir sollten verstehen, daß der Leib nicht für uns da ist, sondern für den Herrn; darum sollten wir
ihn nicht zu unserem Vergnügen mißbrauchen. Speise sollte unserer Gemeinschaft mit Gott nicht
im Wege stehen, da sie nur dazu genommen werden sollte, unseren Körper gesund zu erhalten.
Der Apostel erwähnt auch das Thema der Unmoral. Das ist eine Sünde, die den Leib befleckt.
Sie widerstreitet direkt dem Grundsatz, daß »der Leib für den Herrn« ist. Unmoral bezeichnet
hier nicht nur ungezügeltes Sexualverhalten außerhalb der Ehe, sondern auch Maßlosigkeit in der
Ehe. Der Leib ist für den Herrn, ganz für den Herrn, nicht für uns selbst. Darum ist auch im
rechtmäßigen Geschlechtsverkehr Zügellosigkeit nicht erlaubt. Die Absicht des Apostels Paulus in
diesem Abschnitt ist, uns zu zeigen, daß aller Ausschweifung des Fleisches gründlich widerstanden
werden muß. Wenn wir uns auf irgendeinem Gebiet zur persönlichen Befriedigung gehen lassen,
ist ihm das nicht wohlgefällig. Der Leib ist dazu bestimmt, ein Werkzeug der Gerechtigkeit zu
sein. Er kann, wie unser ganzes Sein, nicht zwei Herren dienen. Sogar bei natürlichen Geschäften,
wie Speise und Sexualverhalten, sollte der Leib nur den natürlichen Bedürfnissen dienen. Obwohl
Bedürfnisse befriedigt werden müssen, ist der Leib doch in erster Linie für den Herrn da. Heute
streben viele Christen nach Heiligung von Geist und Seele, vergessen aber dabei, wie sehr die
Heiligung in diesen Bereichen von der Heiligung des Leibes abhängt. Sie vergessen, daß alle
Reaktionen der Nerven, die Gefühle, Taten, das Benehmen, die Werke, Speise, Rede und was
alles zum Leib gehört, völlig für den Herrn dasein müssen, wenn sie ein geheiligtes Leben führen
10 Kapitel 10 281
wollen. »Der Leib für den Herrn.« Obwohl das Fleisch dem Herrn gehört, ist es dem Menschen
anvertraut, damit er es für ihn erhalte. Wie wenige sind es doch, die diese Wahrheit kennen und
ausleben! Viele Gläubige sind von Krankheit, Schwachheit und Leiden befallen; Gott züchtigt
sie, damit sie ihm ihren Leib als lebendiges Opfer darbringen. Sie würden geheilt, würden sie
sich Gott völlig unterwerfen. Gott möchte ihnen zeigen, daß der Leib für den Herrn ist und
nicht für sie selbst. Wenn sie weiterhin nach ihren Wünschen leben, wird die Peitsche Gottes
über ihnen bleiben. Alle, die krank sind, sollten sich diese Worte ernstlich zu Herzen nehmen.
»Und der Herr für den Leib.« Das ist eine wunderbare Aussage. Gewöhnlich denken wir, daß
der Herr nur unseren Geist und unsere Seele rettet, aber hier wird gesagt, daß »der Herr für den
Leib« ist. Viele Christen denken, Jesus sei gekommen, um Geist und Seele zu erretten, daß der
Leib aber nichts nütze und keine Bedeutung für das geistliche Leben habe. Hier aber wird klar
verkündigt, »der Herr ist für den Leib«. Der Herr, so bekräftigt Gott, ist für das irdene Gefäß,
das der Mensch oft so gering einschätzt. Warum übersehen die Gläubigen ihr Äußeres? Weil sie
irrtümlicherweise meinen, der Herr Jesus rette sie nur von den Sünden und nicht auch von der
Krankheit ihres Leibes. Darum können sie für ihre körperliche Schwachheit und Krankheit nur
zu menschlichen Heilmethoden greifen. Wenn sie in den Evangelien nachsehen, finden sie, daß
der Herr Jesus mehr Körper heilte als Seelen rettete; sie vergeistlichen jedoch diesen Tatbestand,
indem sie diese Gebrechen als geistliche Krankheiten auslegen. Sie geben vielleicht zu, daß Jesus
körperliche Krankheiten heilte, als er auf der Erde war, aber sie glauben zugleich, daß er heute
nur geistliche Krankheiten heilt. Sie sind bereit, ihre geistlichen Krankheiten dem Herrn zur
Heilung anzuvertrauen, doch nehmen sie es als selbstverständlich hin, daß sie für ihre körperlichen
Krankheiten woanders hingehen müssen. Sie schließen, der Herr wolle mit diesen nichts zu tun
haben. Sie vergessen, daß »Jesus Christus derselbe gestern, heute und in Ewigkeit« ist (Hebr. 13,
8). Heute ist der Gedanke bei den Gläubigen weit verbreitet, der Herr hätte keine Vorsorge für den
Leib getroffen. Sie beschränken die Erlösung Christi auf Geist und Seele und streichen den Leib
völlig. Sie übersehen die Tatsache, daß Jesus in seinen Tagen körperliche Krankheiten heilte, und
daß die Apostel in ihren Tagen auch diese Kraft des Heilens erfuhren. Für diese Haltung kann also
keine andere Erklärung vorgebracht werden als Unglaube. Das Wort Gottes sagt, daß der Herr
auch für den Leib ist. Unser Leib ist für den Herrn, und gleichzeitig ist der Herr auch für den Leib.
Wir sehen darin die wechselseitige Beziehung von Gott und Mensch. Gott gibt sich selbst völlig
an uns, damit wir uns völlig ihm geben. Nachdem wir uns ihm hingegeben haben, gibt er sich
wiederum uns nach dem Maß unserer Hingabe. Der Herr will uns zeigen, daß er uns seinen Leib
gegeben hat. Er will uns zeigen, daß wir ihn nach der Hingabe unseres Leibes in ganz neuer Weise
erleben werden. Wenn wir uns der Schwachheit, Unreinheit, Sündigkeit und Abgestorbenheit des
Leibes bewußt werden, ist es kaum zu begreifen, daß der Herr auch für den Leib da ist. Dennoch
werden wir dies verstehen, wenn wir Gottes Heilsweg betrachten. Bei der Geburt Jesu wurde
das Wort Fleisch. Er besaß einen Körper. Am Kreuz hat er »selbst unsere Sünde an seinem
Leibe auf das Holz getragen« (1. Petr. 2, 24). Im Glauben mit ihm vereint, wurde unser Leib
auch mit ihm gekreuzigt; und so hat er ihn von der Macht der Sünde befreit. In Christus ist
diese unsere irdische Hütte auferstanden und in den Himmel aufgefahren. Der Heilige Geist lebt
jetzt in uns. Darum können wir sagen, der Herr sei für unseren Leib - nicht nur für unseren
Geist und unsere Seele, sondern auch für unseren Leib -gestorben. »Der Herr für den Leib«
umschließt mehrere Bedeutungen: 1. Es besagt, daß der Herr den Leib von der Sünde befreien
wird. Beinahe jede Sünde steht irgendwie mit dem Körper in Zusammenhang. Eine ganze Reihe
von Sünden entstehen aus besonderen physiologischen Ursachen. Viele notorische Sünder sind
körperlich anders zusammengesetzt als gewöhnliche Leute. Trotzdem ist der Herr für den Leib.
Wenn wir ihm unseren Leib darbringen, ihn als Herr über alles annehmen und seine Verheißungen
im Glauben beanspruchen, werden wir erleben, wie der Herr uns von uns selber befreien kann.
Ungeachtet unserer körperlichen Eigenarten, auch wenn wir besondere Schwächen haben, können
10 Kapitel 10 282
wir durch den Herrn unsere Sünden überwinden. 2. Der Herr ist zudem für unsere körperlichen
Schwachheiten. Wie er Sünde vernichtet, so wird er Krankheiten heilen. Er ist für alles zuständig,
was mit unserem Körper zusammenhängt. Darum auch für unsere Krankheiten. Krankheiten
sind Manifestationen der Macht der Sünde in unserem Körper. Und Jesus kann uns sowohl von
Krankheit als auch von Sünde befreien. 3. Der Herr ist auch für unser Leben im Körper. Er will
unsere Stärke und unser Leben sein, damit wir durch ihn leben. Er will, daß wir in unserem
täglichen Wandel die Kraft seiner Auferstehung erfahren, damit auch unser Leib durch ihn lebe.
4. Der Herr ist auch für die Verherrlichung des Leibes. Dies betrifft die Zukunft. Heute erreichen
wir große Höhen, wenn wir in ihm wandeln, das verändert aber nicht das Wesen unseres Leibes.
Der Tag aber wird kommen, da der Herr ihn erlösen und diese Hülle der Niedrigkeit verändern
wird in ein Ebenbild seines Herrlichkeitsleibes. Wir müssen es noch einmal unterstreichen, daß
der Leib für den Herrn da ist. Wenn wir Sehnsucht haben nach der Erfahrung, daß der Herr
für den Leib ist, müssen wir zuerst »der Leib für den Herrn« praktizieren. Wir können nicht
erfahren, daß der Herr für den Leib ist, wenn wir unseren Leib nach unseren Bedürfnissen und
unserem Wohlgefallen verwenden, anstatt ihn völlig dem Herrn hinzugeben. Würden wir uns
aber vollständig dem Herrn hingeben, indem wir unsere Glieder als Werkzeuge der Gerechtigkeit
einsetzten und uns in allen Dingen an Gottes Anordnungen hielten, würde er uns ganz gewiß
sein Leben und seine Kraft schenken. »Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird uns auch
auferwek-ken durch seine Kraft« (V. 14). Dies soll den letzten Satz aus dem vorangehenden Vers
erklären: »der Herr für den Leib«. Die Auferstehung des Herrn ist eine leibliche Auferstehung.
Darum wird unsere zukünftige Auferstehung auch eine leibliche sein. Wie Gott den Leib des
Herrn Jesus auferweckt hat, so wird er auch uns von den Toten auf erwecken. Er wird uns
durch seine Kraft auf erwecken. Das liegt noch in der Zukunft, trotzdem können wir heute
einen Vorgeschmack seiner Auferstehungskraft haben. »Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Glieder
Christi sind? Soll ich denn die Glieder Christi nehmen und zu Gliedern einer Hure machen?
Das sei ferne!« (V 15). Die erste Frage ist ungewöhnlich formuliert. An anderen Stellen heißt es
nur: »Ihr aber seid Christi Leib.« Aber in diesem Abschnitt heißt es, »daß eure Leiber Glieder
Christi sind«. Unser ganzes Sein ist ein Glied Christi. Warum wird denn hier der Leib besonders
erwähnt? Natürlich nehmen wir an, daß unser geistliches Leben ein Glied Christi ist. Aber wie
kann diese körperliche Hülle als ein Glied Christi betrachtet werden? Wir bezeugen hier eine
überaus wunderbare Wahrheit. Wir müssen unser Einssein mit Christus verstehen. Gott sieht die
Gläubigen nicht individuell; er sieht sie zusammen mit Christus. Kein Christ kann außerhalb von
Christus existieren, weil ihm seine tägliche Kraft zum Leben von ihm geschenkt wird. Für Gott
ist die Vereinigung der Gläubigen mit Christus eine unumstößliche Tatsache. »Der Leib Christi«
ist nicht nur ein geistlicher Begriff, sondern eine praktische Tatsache. Wie ein physischer Leib
mit dem Haupt verbunden ist, so sind die Gläubigen mit Christus verbunden. In Gottes Augen
ist unsere Vereinigung mit Christus vollkommen, unbegrenzt und absolut. Anders ausgedrückt:
Unser Geist ist mit dem Geist Christi vereint (das Wichtigste von allem), unsere Seele ist mit
der Seele Christi verbunden (das Vereintsein des Willens, die Einheit der Gefühle, die Einheit
des Verstandes), und unser Leib ist vereint mit dem Leib Christi. Wenn schon unsere Einheit mit
Christus vollständig ist, wie kann dann der körperliche Teil unseres Seins ausgeschlossen werden?
Wenn wir die Glieder Christi sind, dann sind auch unsere Leiber Glieder Christi. Die vollkommene
Einheit wird aber nicht vor dem Tag der zukünftigen Auferstehung erreicht werden. Trotzdem ist
unsere Einheit mit Christus schon jetzt ein Realität. Die Lehre ist wichtig, denn welchen Trost
haben wir, wenn wir wissen, daß auch unser Leib am Leib Christi teilhat. Alle Wahrheiten können
erfahren werden. Haben wir irgendeinen körperlichen Schaden, eine Krankheit, ein Leiden oder
eine Schwäche? Der Leib Christi ist für unsere Körper da. Darum können wir Leben und Kraft
aus seinem Leib schöpfen, um unsere körperlichen Bedürfnisse zu erfüllen. Wer einen körperlichen
Schaden hat, sollte sich im Glauben auf diese Vereinigung mit Christus berufen und aus seinen
10 Kapitel 10 283
Quellen für seine körperlichen Nöte schöpfen. Der Apostel verwundert sich, daß die Gläubigen
in Korinth von dieser Wahrheit nichts wußten. Hätten sie diese Lehre wirklich erfaßt, wären sie
vielen geistlichen Erfahrungen gewachsen gewesen und hätten verschiedene praktische Warnungen
verantwortungsbewußt beachtet. Wie hatten sie es als Glieder Christi wagen können, sich zu
Gliedern einer Hure zu machen? Denn es steht geschrieben: »Die zwei werden ein Fleisch sein«
(V. 16). Paulus entwickelt diese Lehre der Einheit äußerst wirkungsvoll. »Wer der Hure anhängt,
ist ein Leib mit ihr.« Das heißt, er wird ein Glied der Hure. Ein Gläubiger ist mit Christus
vereinigt, darum ist er ein Glied Christi. Wo wird Christus hingestellt, wenn sein Glied das Glied
einer Hure wird? Der Apostel verbietet dies ausdrücklich. »Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein
Geist mit ihm« (V. 17). In den Versen 15-17 können wir das Geheimnis der Vereinigung unseres
Leibes mit Christus sehen. Der Gedanke dieses siebzehnten Verses ist: Wenn der Mensch, der
seinen Leib an den einer Hure hängt, ein Fleisch mit ihr und auch ein Glied von ihr wird, wie
sollten nicht unsere Leiber Glieder Christi werden, wenn wir mit dem Herrn vereint sind und ein
Geist mit ihm geworden sind? Sich an den Leib einer Hure zu hängen, bewirkt die Vereinigung
der zwei Leiber. Wieviel mehr müssen die zwei Leiber eins werden, wenn unser ganzes Wesen mit
Christus verbunden wird! Paulus sieht den ersten Schritt der Vereinigung mit dem Herrn darin,
»ein Geist mit ihm« zu werden. Das ist eine Einheit des Geistes. Er betrachtet aber den Leib des
Gläubigen nicht als etwas, das keine Beziehung dazu hat. Er räumt ein, daß die primäre Einheit im
Geist ist, doch wird dieses Verschmelzen des Geistes zur Folge haben, daß der Leib des Gläubigen
ein Glied Christi wird. Das beweist endgültig, daß der Leib für den Herrn ist und auch der Herr
für den Leib. Es geht hier um Einheit. Die Kinder Gottes sollten klar ihre Stellung in Christo
erkennen, daß es nämlich in ihrer Einheit mit ihm keinen Trennungsfaktor gibt. Ihre Leiber sind
Glieder Christi, durch die sein Leben ausgelebt werden kann. Sie könnten nicht viel erwarten,
wenn der Herr schwach und krank wäre. Da aber das Gegenteil zutrifft, können sie Gesundheit,
Kraft und Leben von ihm erhalten. Einen Punkt müssen wir hier noch bedenken. Wir sollten
niemals den Gedanken hegen, daß wir nun auch die geistliche Gemeinschaft körperlich fühlen
müßten. Wenn das so wäre, hätte in diesem Augenblick der Körper die Funktionen des Geistes
übernommen. Aber unser irdenes Gefäß ist nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen.
Ein Christ, der seinen Leib über seine normale Befähigung hinausbelastet, gibt bösen Geistern
Gelegenheit, wirksam zu werden. Das stimmt mit den Gesetzen im geistlichen Bereich überein.
Da er annimmt, daß Gott und sein Geist im Leib mit ihm in Verbindung treten werden, erwartet
er, diese Gemeinschaft im Leib zu erfahren. Aber Gott und sein Geist teilen sich nie direkt
über den Leib mit; Gott teilt sich durch seinen Geist im Geist des Gläubigen mit. Wenn ein
Kind Gottes immer wieder Gott in seinem Leib zu erfahren sucht, werden die bösen Geister
die Gelegenheit wahrnehmen und ihm geben, was es naiverweise sucht. Die Folge kann keine
andere sein als Inbesitznahme durch böse Geister. Die Einheit des Leibes des Gläubigen mit
Christus erklärt, wie es möglich ist, Gottes Leben zu empfangen und gestärkt zu werden. Wegen
der vornehmen Stellung des Geistes muß man doppelt vorsichtig sein, daß man dem Leib nicht
erlaubt, das Werk des Geistes an sich zu reißen! »Fliehet die Hurerei! Jede Sünde, die ein Mensch
begehen mag, ist außerhalb des Leibes; wer aber hurt, sündigt wider seinen eigenen Leib« (V.
18). Die Bibel beurteilt Hurerei oder Unzucht schwerer als andere Sünden, weil sie eine besondere
Beziehung zu unserem Körper hat, der ein Glied Christi ist. Müssen wir uns wundern, daß der
Apostel immer wieder und mit Nachdruck die Christen ermahnt, die Unzucht zu vermeiden?
Wir sehen es vielleicht lediglich als eine sittliche Unreinheit an, doch der Apostel betont einen
anderen Gesichtspunkt. Keine Sünde außer der Unzucht bewirkt, daß unser Leib mit einem
anderen vereint wird. Das besagt, daß keine Sünde außer der Unzucht die Glieder Christi zu
Hurengliedern machen kann. Unzucht bedeutet Sünde gegen die Glieder Christi. Da Christen mit
Christus vereint sind, wird Unzucht zu einem zwiefachen Greuel. Oder um es aus einem anderen
Blickwinkel zu sehen: Indem wir den Greuel der Unzucht erkennen, können wir begreifen, wie real
10 Kapitel 10 284
die Vereinigung unseres Leibes mit Christus ist. »Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib der Tempel
des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt, den ihr von Gott habt?« (V. 19). Das ist das zweite
Mal, daß Paulus fragt: »Wisset ihr nicht?« Das erste Mal im Vers 15, der aussagte, daß »der Herr
für den Leib« ist. Hier nun bezieht er sich auf »der Herr für den Leib«. Vorher hatte es Paulus
allgemein so ausgedrückt: »Ihr seid Gottes Tempel« (3, 16), jetzt sagt er ausdrücklich: »Euer
Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes.« Er zeigt an, daß die Wohnung des Heiligen Geistes
ausgedehnt worden ist über den Geist zum Leib. Wir begehen einen groben Irrtum, wenn wir den
Leib als seine primäre Wohnstätte ansehen, denn er wohnt anfänglich in unserem Geist, wo er
mit uns Gemeinschaft hält. Das verhindert jedoch nicht, daß sein Leben vom Geist ausfließt, um
unseren Leib lebendig zu machen. Wir sind betrogen, wenn wir erwarten, der Heilige Geist komme
primär auf unseren Leib. Doch werden wir auch Verlust erleiden, wenn wir seine Wohnstätte auf
unseren Geist begrenzen. Wir sollten den Stellenwert des Leibes in Gottes Heilsplan erkennen.
Christus sondert unsere fleischliche Hülle ab, damit wir vom Heiligen Geist erfüllt und seine
Werkzeuge werden. Weil er gestorben, auf erweckt und verherrlicht worden ist, kann er jetzt
unserem Leib seinen Heiligen Geist geben. Wie früher unser Seelenleben den Leib durchdrang,
so soll jetzt sein Geist ihn durchdringen. Sein Leben wird in jedes Glied fließen, und er wird
uns Leben und Kraft geben, weit überschwenglicher, als wir denken können. Daß unser Leib ein
Tempel des Heiligen Geistes ist, steht als Tatsache fest. Und es kann auch existentiell erfahren
werden. Doch viele Christen sind wie die Gläubigen in Korinth, die diese herrliche Tatsache
vergessen hatten. Obwohl Gottes Geist in ihnen wohnt, scheint er doch für sie nicht dazusein.
Wir müssen glauben, um diese Tatsache Gottes anzuerkennen und anzunehmen. Wenn wir von
dieser Tatsache im Glauben schöpfen, werden wir entdecken, daß der Geist nicht nur Heiligkeit,
Freude, Gerechtigkeit und Liebe zu Christus in unsere Seelen bringt, sondern auch Leben, Kraft,
Gesundheit und Stärke in unseren schwachen, kranken und müden Leib. Er wird unseren irdenen
Gefäßen das Leben Christi geben. Wenn unser Leib wirklich mit Christo gestorben ist, d. h.,
wenn er ihm völlig unterstellt ist, aller Selbstwille und unabhängiges Handeln verleugnet wurde
und nichts anderes angestrebt wird, als daß der Leib ein Tempel des Herrn sei, dann wird der
Heilige Geist das Leben des auferstandenen Christus in unserem sterblichen Körper aufleuchten
lassen. Wie gut ist es für uns, wenn wir erfahren, wie der Herr uns heilt und stärkt, daß er
unser Leben und unsere Gesundheit ist! Wenn wir unsere Hütte als Tempel des Heiligen Geistes
sehen, dann werden wir staunend und voller Liebe ihm nachfolgen. »Wisset ihr nicht, daß ihr
nicht euer selbst seid? Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlichet nun Gott in
eurem Leibe« (V. 19-20). Ihr seid Glieder Christi, ihr seid ein Tempel des Heiligen Geistes, ihr
gehört nicht euch selbst. Gott hat euch mit einem Preis erkauft. Wir gehören Gott ganz, auch
mit unserem Körper. Die Einheit Christi mit uns und das Siegel des Heiligen Geistes in uns
beweisen, daß im besonderen der Leib Gott gehört. »Verherrlichet nun Gott in eurem Leibe.«
Brüder, Gott will, daß wir ihn gerade da ehren. Er will, daß wir ihn sowohl durch die Weihe
des »Leibes für den Herrn« verherrlichen, als auch durch die Gnade, die durch »der Herr für
den Leib« ausgedrückt wird. Seien wir nüchtern und wachsam, damit wir nicht den Leib für uns
selber verwenden oder ihn so vernachlässigen, als ob der Herr nicht für den Leib da wäre. So
werden wir Gott verherrlichen und ihm erlauben, seine Kraft frei zu offenbaren, indem er uns
sowohl von Krankheit, Schwachheiten und Leiden als auch von Selbstliebe, Selbstinteresse und
Sünde befreit.
Krankheit
Krankheit ist ein häufiges Ereignis im Leben. Damit wir wissen können, wie wir unseren Körper in
einem Zustand erhalten können, der Gott verherrlicht, müssen wir zuerst wissen, welche Haltung
wir gegenüber der Krankheit einnehmen müssen, wie wir den Körper einsetzen und wie wir geheilt
10 Kapitel 10 285
werden können. Weil Krankheit so häufig ist, wird in unserem Leben ein Mangel erwachsen, wenn
wir nicht wissen, wie wir ihr begegnen sollen.
Krankheit und Sünde
Die Bibel offenbart eine enge Beziehung zwischen Krankheit und Sünde. Die letzte Konsequenz
der Sünde ist der Tod. Krankheit liegt zwischen Sünde und Tod. Sie ist die Folge der Sünde
und die Vorstufe des Todes. Gäbe es keine Sünde in der Welt, gäbe es auch weder Krankheit
noch Tod. Hätte Adam nicht gesündigt, wäre Krankheit nicht in die Welt gekommen. Wie jedes
andere »Wehe« kam auch die Krankheit durch die Sünde. Der Mensch hat zwei Naturen, eine
körperliche und eine nichtkörperliche. Beide litten durch den Sündenfall. Geist und Seele wurden
durch die Sünde geschädigt, und der Leib wurde mit Krankheit befallen. Die Sünde von Seele und
Geist und die Krankheit des Leibes bekräftigen, daß der Mensch sterben muß. Als der Herr Jesus
kam, um zu retten, vergab er nicht nur die Sünde des Menschen, sondern heilte auch den Leib
des Menschen. Er heilte Körper und rettete Seelen. Vom Anfang seines Dienstes an heilte er die
Krankheit der Menschen. Am Ende seines Werkes sühnte er am Kreuz die Sünde der Menschen.
Beachten wir, wie viele kranke Menschen während seiner Erdenzeit von ihm geheilt wurden. Seine
Hände waren immer bereit, die Kranken zu berühren, um sie aufzurichten. Wenn wir beobachten,
was er selber tat und seinen Jüngern gebot, können wir die Tatsache nicht übersehen, daß das
Heil, das er gibt, die Heilung der Krankheit einschließt. Sein Evangelium gilt der Vergebung und
der Heilung. Diese zwei gehören zusammen. Jesus rettet den Menschen aus Sünde und Krankheit,
damit er die Liebe des Vaters erkennen möge. Wenn wir die Evangelien, die Apostelgeschichte,
die Briefe oder das Alte Testament lesen, sehen wir immer wieder, wie Heilung und Vergebung
parallel verlaufen. Wir alle wissen, daß Jesaja 53 das eindeutigste Kapitel im Alten Testament
ist, das auf das Evangelium hinweist. Verschiedene Stellen im Neuen Testament beziehen sich auf
dieses besondere Kapitel, wenn die Erfüllung der Prophezeiungen bezüglich des Erlösungswerkes
Jesu betrachtet werden. »Die Strafe zu unserem Frieden lag auf ihm, und durch seine Striemen ist
uns Heilung geworden« (Jes. 53, 5). Es sagt uns in unmißverständlicher Weise, daß uns sowohl die
Heilung des Leibes als auch der Frieden für die Seele erteilt werden. Das wird noch klarer, wenn
wir die zwei verschiedenen Verwendungen des Wortes »tragen« beachten: »Er hat die Sünden
vieler getragen« (V. 12), »Er hat unsere Leiden getragen« (V. 4). Der Herr Jesus trägt unsere
Sünden; er trägt auch unsere Krankheiten. Weil er unsere Sünden getragen hat, müssen wir sie
nicht wiederum tragen, weil er unsere Krankheiten getragen hat, müssen wir auch diese nicht
mehr tragen. Sünde hat unserer Seele und unserem Körper Schaden zugefügt, daher rettet der
Herr Jesus beide. Er rettet uns aus der Sünde und der Krankheit. Die Gläubigen können heute
mit David sagen: »Preise den Herrn, meine Seele, und all mein Inneres seinen heiligen Namen! .
. . Der da vergibt alle deine Ungerechtigkeit, der da heilt alle deine Krankheiten« (Ps. 103, lu.
3). Welche Schande, daß so viele Christen nur ein halbes Lob aussprechen können, weil sie nur
ein halbes Heil kennen. Das ist ein Verlust für Gott und den Menschen. Merken wir uns, daß
das Heil des Herrn nicht vollständig wäre, wenn Jesus nur unsere Sünden vergäbe, und nicht
auch unsere Krankheiten heilte. Wie könnte er unsere Seelen retten und unsere Leiber noch
den Qualen von Gebrechen überlassen? Hat er, als er auf der Erde war, nicht beides betont?
Manchmal hat er zuerst vergeben und dann geheilt; bei anderen Gelegenheiten umgekehrt. Er
handelt nach der Aufnahmefähigkeit des Menschen. Wenn wir die Evangelien lesen, sehen wir,
wie der Herr Jesus mehr Heilungen vollzog, als irgendein anderes Werk, weil die Juden jener
Zeit schwerer an die Vergebung des Herrn als an sein Heilen glauben konnten (Matth. 9, 5). Bei
vielen Christen ist es heute umgekehrt. In jenen Tagen glaubten die Menschen, daß der Herr
Macht hatte, Krankheiten zu heilen; sie bezweifelten aber seine Gnade und Vergebung. Heute
glauben viele Gläubige seiner Macht der Vergebung, bezweifeln aber seine heilende Gnade. Sie
10 Kapitel 10 286
bekennen, daß der Herr Jesus gekommen ist, um Sünden zu vergeben, verkennen jedoch die
Tatsache, daß er gleichermaßen der Heiland ist, der heilt. Der Unglaube des Menschen spaltet
den vollkommenen Heiland in zwei Teile, obwohl die Wahrheit ist, daß Christus auf ewig der
Heiland des Leibes und der Seele des Menschen ist. Nach Auffassung unseres Herrn genügt es
nicht, daß dem Menschen nur vergeben und er nicht auch geheilt wird. Darum befiehlt er: »Steh
auf, nimm dein Bett und geh nach Hause«, nachdem er dem Lahmen erklärt hat: »Mensch, deine
Sünden sind dir vergeben« (Luk. 5, 24 u. 20). Obwohl wir Menschen sowohl von Sünde als auch
Krankheit befallen sind, betrachten wir die Vergebung des Herrn als ausreichend und tragen die
Krankheit selbst oder suchen durch andere Mittel Heilung. Der Herr Jesus aber wollte nicht, daß
die Leute den Gelähmten heimführen müßten, noch immer ans Bett gebunden, nachdem seine
Sünden vergeben worden waren. Der Herr sieht das Verhältnis zwischen Krankheit und Sünde
anders. Unsere Auffassung ist, daß Sünde zum geistlichen Bereich gehört, etwas ist, das Gott
mißbilligt und verurteilt, während Krankheit eine rein weltliche Erscheinung ist, die nichts mit
ihm zu tun hat. Der Herr aber betrachtet sowohl die Sünden der Seele als auch die Gebrechen
des Körpers als Werke Satans. Er kam, um die »Werke Satans zu zerstören« (1. Joh. 3, 8), daher
treibt er Dämonen aus und heilt Krankheiten. Wenn Petrus durch Offenbarung vom Dienst
des Heilens spricht, erklärt er, daß er »umherging, wohltuend und heilend alle, die vom Teufel
überwältigt waren« (Apg. 10, 38). Sünde und Krankheit stehen in einem so engen Verhältnis
zueinander, wie unser Leib und unsere Seele. Vergebung und Heilung ergänzen einander.
Die Züchtigung Gottes
Nachdem wir gesehen haben, wie der Herr über Krankheit denkt, wenden wir jetzt unsere Aufmerksamkeit auf die Ursachen der Krankheiten der Gläubigen. »Deshalb sind viele unter euch
schwach und krank und ein gut Teil sind entschlafen, aber wenn wir uns selbst beurteilten, so
würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtigt,
auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden« (1. Kor. 11, 30-32). Paulus erklärt hier, daß
Krankheit eine Züchtigung des Herrn ist. Weil sie sich vor dem Herrn versündigt haben, werden
Gläubige durch Krankheiten gezüchtigt, um sie dazu zu bewegen, sich selbst zu richten und ihre
Vergehen auszumerzen. Wenn er seine Kinder züchtigt, geht Gott gnädig mit ihnen um, damit
sie nicht mit der Welt gerichtet werden. Wenn Christen über ihre Sünden Buße tun, wird Gott
sie nicht mehr züchtigen. Können wir dann nicht Krankheit durch Selbstgericht verhindern? Wir
denken oft, Sünde sei bloß ein körperliches Problem und hätte keine Beziehung zur Gerechtigkeit
und Heiligkeit Gottes und zum Gericht. In diesem Abschnitt jedoch sagt uns der Apostel klar, daß
Krankheit eine Auswirkung der Sünde und eine Züchtigung Gottes ist. Christen zitieren gerne
die Geschichte des Blinden in Johannes 9, um ihre Behauptung zu unterstützen, ihre Krankheit
sei nicht Gottes Züchtigung aufgrund einer Sünde. Dort hat aber Jesus nicht gesagt, daß Sünde
und Krankheit keine Beziehung zueinander hätten; er warnt einfach seine Jünger, nicht jeden
kranken Menschen zu richten. Hätte Adam nicht gesündigt, wäre jener Mann in Johannes 9 nie
blind gewesen. Zudem war jener Mann blind geboren, so daß das Wesen dieser Krankheit ganz
ungleich der Krankheit eines Gläubigen ist. Die Gebrechen jener, die damit geboren wurden, sind
vielleicht nicht auf ihre eigenen Sünden zurückzuführen; nach der Schrift aber sind Krankheiten,
nachdem wir an den Herrn gläubig geworden sind, gewöhnlich mit Sünde verbunden. »Bekennet
denn einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.« Sünden müssen zuerst bekannt werden, dann wird Heilung eintreten. Sünde ist die Wurzel der Krankheit.
Krankheit ist häufig Gottes Züchtigung, die er verwendet, um unsere Aufmerksamkeit auf eine
Sünde zu richten, die wir übersehen haben. Gott erlaubt es, daß Krankheiten uns befallen, um
uns zu züchtigen und uns von Sünden zu reinigen. Gottes Hand lastet auf uns, damit unsere
Augen auf irgendeine Ungerechtigkeit oder Schuld, Stolz oder Weltliebe, Selbstvertrauen oder
10 Kapitel 10 287
Gier in der Arbeit oder Ungehorsam gegen Gott gerichtet werden. Krankheit ist demzufolge
Gottes offenes Gericht über die Sünde. Doch dürfen wir hieraus nicht schließen, daß jemand,
der krank ist, sündhafter ist als andere (vgl. Luk. 13, 2); ganz im Gegenteil: Die vom Herrn
gezüchtigt werden, sind gewöhnlich die tiefer im Glauben stehenden Christen. Das beste Beispiel
ist Hiob. Jedes Mal, wenn ein Gläubiger von Gott gezüchtigt wird und krank ist, steht er großem
Segen offen, denn der Vater der Geister züchtigt uns »zum Nutzen, damit wir seiner Heiligkeit
teilhaftig werden« (Hebr. 12, 10). Krankheit führt dazu, daß wir uns die Vergangenheit ins Gedächtnis rufen und auf verborgene Sünden, Hartnäckigkeit und Eigenwillen hin prüfen. Sofort
können wir feststellen, ob irgendwelche Schranken zwischen uns und Gott sind. Während wir die
Tiefen unseres Herzens durchsuchen, erkennen wir, wie eigensüchtig und der Heiligkeit Gottes
unwürdig unser Leben gewesen ist. Diese Übungen ermöglichen es uns, in der geistlichen Entwicklung voranzukommen und Gottes Heilung zu empfangen. Das Erste, das jemand tun sollte,
wenn er krank ist, ist nicht, umherzueilen und Heilung und Heilmittel zu suchen. Auch sollte
er sich keine Sorgen machen oder Angst haben. Er sollte sich aber in Gottes Licht stellen und
prüfen mit dem ehrlichen Verlangen zu erfahren, ob er wegen eines Fehlverhaltens gezüchtigt
wird. Er sollte sich selbst richten. Dann wird der Heilige Geist ihm zeigen, wo er versagt hat.
Was ihm auch aufgedeckt wird, muß sofort bekannt und aufgegeben werden. Wenn diese Sünde
andern geschadet hat, dann muß er sein Bestes geben, um es wiedergutzumachen. Er sollte sich
Gott neu opfern und völlig seinem Willen zur Verfügung stehen. »Denn nicht aus Lust plagt
und betrübt er (Gott) die Menschenkinder« (Kol. 3, 33). Er wird aufhören, sie zu züchtigen,
wenn er erkennt, daß das Ziel des Selbstgerichtes erreicht ist. Gerne zieht Gott seine Züchtigung
zurück, wenn sie nicht mehr nötig ist. Die Bibel versichert uns, daß wir nicht gerichtet werden,
wenn wir uns selbst richten. Gott will, daß wir von Sünde und dem Selbst befreit werden; wenn
dieses Ziel erreicht ist, wird die Krankheit verschwinden, weil sie ihren Auftrag erfüllt hat. Der
Christ muß heute verstehen, daß Gott ihn mit einem bestimmten Ziel züchtigt. Demgemäß sollte
er dem Heiligen Geist immer erlauben, aufzudecken, welches die Sünde ist, damit Gottes Ziel
erreicht wird und die Züchtigung nicht mehr nötig ist! Dann wird Gott heilen. Wenn der Gläubige einmal seine Sünde bekannt und aufgegeben und an die Vergebung geglaubt hat, kann er
der Verheißung Gottes vertrauen und ohne Angst wissen, daß er es gut machen wird. Mit einem
Gewissen, das frei ist von Anklage, hat er die Freimütigkeit, sich an Gott zu wenden, um Gnade
zu empfangen. Wenn wir weit von ihm weg sind, finden wir es schwierig oder wagen es nicht,
zu glauben; wenn die Sünde durch die Erleuchtung und vom Gehorsam an den Heiligen Geist
aufgegeben und vergeben worden ist, haben wir freien Zutritt zu Gott. Da die eigentliche Ursache
der Krankheit weggenommen worden ist, wird auch die Krankheit weichen. Jetzt bereitet es dem
Gläubigen keine Mühe zu glauben, daß »die Strafe zu unserem Frieden« auf ihm lag und daß
wir durch seine Striemen geheilt sind. In diesem Augenblick wird die Gegenwart des Herrn sich
überströmend offenbaren, und das Leben des Herrn wird in seinen Leib einkehren, um ihn zu
beleben. Ist es uns wirklich bewußt, daß der himmlische Vater auf vielen Gebieten kein Gefallen
an uns hat? Er gebraucht Krankheiten, um uns zu helfen, unsere Mängel zu erkennen. Wenn wir
die Stimme des Gewissens nicht unterdrücken, wird uns der Heilige Geist den Grund für unsere
Züchtigung zeigen. Gott gefällt es, unsere Sünden zu vergeben und unsere Krankheiten zu heilen.
Das große Erlösungswerk des Herrn schließt beides, Vergebung und Heilung ein. Er wird nichts
zwischen uns und ihm dulden; er will, daß wir, wie nie zuvor, durch ihn leben. Jetzt ist die Zeit,
ihm völlig zu vertrauen und zu gehorchen. Der himmlische Vater will nicht unsere Züchtigung.
Wie bereit ist er doch, uns zu heilen, damit wir durch die Erkenntnis seiner Liebe und Macht
engere Gemeinschaft mit ihm haben können.
10 Kapitel 10 288
Die Krankheit und das Ich
Alles Böse und die widrigen Umstände bewirken, daß unser wahrer Zustand aufgedeckt wird.
Krankheit ist eine dieser Situationen, durch die wir unseren wahren Zustand erkennen können.
Wir erkennen nie, wieviel wir für Gott und wieviel wir für uns selbst leben, bis wir krank sind,
besonders wenn sich diese Krankheit in die Länge zieht. Während unserer gesunden Tage können
wir mit fester Überzeugung im Herzen erklären, wir würden Gott aus ganzem Herzen dienen, und
sind mit jeder Behandlung von seiner Seite zufrieden. Erst in der Zeit der Krankheit erkennen
wir, ob diese Behauptung echt war. Gott will in seinen Kindern erreichen, daß sie mit seinem
Willen und seinen Wegen zufrieden sind. Er will nicht, daß seine Kinder gegen ihn murren.
Darum erlaubt es Gott, daß seine liebsten Kinder immer wieder von Krankheit befallen werden,
damit ihre Haltung gegenüber seinem verordneten Willen offenbar werde. Wie erbärmlich ist
doch der Christ, der wegen seiner eigenen Wünsche gegen Gott murrt, wenn er geprüft wird.
Er nimmt nicht an, was Gott ihm zu seinem Besten gibt. Stattdessen ist sein Herz erfüllt vom
Wunsch einer schnellen Heilung. (Wenn wir sagen, Gott gibt die Krankheit, heißt das, Gott
erlaubt die Krankheit, denn Satan gibt die Krankheit direkt. Doch jede Krankheit, die einen
Christen befällt, kommt mit Gottes Erlaubnis zu einem bestimmten Zweck. Die Erfahrung Hiobs
ist ein vollkommenes Beispiel.) Darum muß Gott oft die Krankheit verlängern; er wird sein
Werkzeug nicht eher zurückziehen, als bis es seinen Zweck erfüllt hat. Das Ziel der Gemeinschaft
zwischen Gott und dem Gläubigen ist es, den Christen zu einer bedingungslosen Übergabe an
ihn zu führen, damit er gerne jede Behandlung von Gott annimmt. Gott will nicht, daß seine
Kinder seine Liebe bezweifeln oder sein Handeln mißdeuten. Gottes Absicht ist es, seine Kinder
erkennen zu lassen, daß alles, was auf sie zukommt, von ihm gegeben wurde. Wie gefährlich auch
die Umstände des Körpers oder der Umgebung erscheinen, seine Hand mißt es bei. Kein Haar fällt
ohne seinen Willen aus. Wenn jemand dem widerstrebt, was auf ihn zukommt, muß er dabei auch
Gott widerstreben, der dies zuläßt. Und sollte sein Herz nach einer Zeit schmerzhafter Krankheit
mit Haß erfüllt werden, muß er auch Gott hassen, der zuließ, daß ihm dies geschah. Was zur
Diskussion steht, ist nicht, ob jemand krank werden sollte, sondern ob der Gläubige sich gegen
Gott sträubt. Gott will, daß seine Kinder die Krankheit vergessen, wenn sie krank sind. Ja, ihre
Krankheit vergessen und beständig von sich selbst weg zu Gott hinschauen. An genommen, es
ist sein Wille, daß ich krank bin und es bleibe; bin ich bereit, das zu akzeptieren? Kann ich mich
unter die mächtige Hand Gottes demütigen, ohne mich zu sträuben? Oder sehne ich mich nach
Gesundheit, die nicht in Gottes Absicht liegt? Kann ich warten, bis sein Ziel erreicht ist, bevor ich
in seinem Willen um Heilung bitte? Oder suche ich nach anderen Heilmitteln, während er mich
züchtigt? Kämpfe ich zur Zeit tiefen Leidens um etwas, das er gegenwärtig nicht zugestehen will?
Diese Fragen sollten tief ins Herz jedes kranken Gläubigen dringen. Gott hat kein Wohlgefallen
an der Krankheit seiner Kinder. Aus seiner Liebe heraus wünscht er ihnen gute und friedliche
Tage. Er kennt aber die Gefahr: In Zeiten des Wohlergehens sind unsere Liebe zu ihm, unsere
Worte des Lobes und unser Dienst für ihn bedingt durch ein ungestörtes Leben. Er weiß, wie
leicht sich unsere Herzen von ihm und seinem Willen abwenden und auf seine Gaben richten.
Darum erlaubt er es, daß Krankheiten und andere Unbill uns befallen, damit wir erkennen, ob
wir ihn wollen oder bloß seine Gaben. Wenn wir auch in schweren Tagen nichts anderes suchen,
dann heißt das, daß wir tatsächlich Gott wollen. Die Krankheit zeigt bald auf, ob jemand sein
eigenes Begehren sucht oder den Willen Gottes. Noch immer hegen wir unsere eigenen Wünsche.
Solches Streben beweist, wie sehr unser tägliches Leben von eigenen Gedanken durchsetzt ist.
Sowohl in der Arbeit Gottes als auch in unserem Umgang mit den Menschen hängen wir zäh an
vielen Gedanken und Wünschen. Gott ist manchmal gezwungen, uns an die Pforten des Todes
zu bringen, um uns zu lehren, wie töricht es ist, sich ihm zu widersetzen. Er läßt uns durch tiefe
Wasser gehen, damit wir gebrochen werden und unseren Eigenwillen aufgeben. Wie zahlreich
10 Kapitel 10 289
sind die Christen, die nichts von dem zu befolgen scheinen, was der Herr ihnen gesagt hat,
sondern erst dann gehorsam werden, wenn sie am Leib geschlagen worden sind. Darum muß der
Herr diesen Weg einschlagen: Er züchtigt, nachdem die Überredung der Liebe ihre Wirksamkeit
verloren hat. Der Zweck seines Züchtigens ist es, den Eigenwillen zu brechen. Jeder kranke Christ
sollte sich in dieser Hinsicht ernsthaft selbst beurteilen. Was Gott neben eigenen Wünschen und
Eigenwillen haßt, ist ein Herz voll Eigenliebe. Eigenliebe gefährdet das geistliche Leben und
zerstört den geistlichen Dienst. Wenn Gott dieses Element nicht auslöscht, können wir unseren
geistlichen Wettlauf nicht in rechter Weise ausführen. Eigenliebe hat eine besondere Beziehung
zu unserem Leib. Sich selbst lieben heißt, daß wir unseren Körper und unser Leben pflegen. Um
diesen verhaßten Zug zu zerstören, erlaubt Gott häufig, daß uns Krankheiten befallen. Wegen
unserer Eigenliebe befürchten wir, unser Körper könnte geschwächt werden; dennoch schwächt
Gott ihn. Er läßt zu, daß wir Schmerzen erleiden. Und wenn wir erwarten, wieder gesund zu
werden, wird die Krankheit oft schlimmer. Wir möchten gerne weiterleben, aber diese Hoffnung
scheint zu schwinden. Gott behandelt natürlich verschiedene Menschen auf verschiedene Art -
einige drastisch, andere verhältnismäßig leicht. Aber es bleibt die Absicht Gottes, die Eigenliebe
wegzunehmen. Wieviele starke Leute müssen bis an die Pforten des Todes gebracht werden,
damit ihre Eigenliebe aufhört. Was bleibt noch, das geliebt werden kann, wenn der Körper
zerschlagen, das Leben in Gefahr ist, die Krankheit mehr und mehr die Gesundheit aufgezehrt
hat und Schmerzen die Kraft verschlungen haben? Jetzt ist der Christ tatsächlich bereit zu
sterben. Er hat keine Hoffnung, aber auch keine Eigenliebe mehr. Es wäre traurig, würde er
in diesem Augenblick nicht umkehren und Gottes Verheißung der Heilung beanspruchen. Das
Herz des Gläubigen ist weit weg vom Herzen Gottes. Gott läßt seine Krankheit zu, damit er
sich selbst vergißt. Aber oft nimmt mit der Krankheit auch seine Eigenliebe zu; er beschäftigt
sich ununterbrochen mit seinen Symptomen, ängstlich bedacht, ein Heilmittel zu finden. Beinahe
alle Gedanken drehen sich um ihn selbst. Wie sehr achtet er doch jetzt auf seine Speise. Wie
besorgt ist er, wenn etwas schief geht! Er ist sehr besorgt um sein Wohlsein und seine Ruhe. Er
hat Sterbensnöte, wenn ihm ein wenig heiß oder kalt wird oder er eine schlechte Nacht hinter
sich hat, als ob dies schicksalsschwere Folgen hätte für sein Leben. Wie empfindlich ist er im
Blick darauf, wie die Menschen ihn behandeln: Denken sie auch oft an ihn, pflegen sie ihn gut,
besuchen sie ihn sooft sie es sollten? Zahllose Stunden verstreichen auf diese Weise, und der
Gläubige findet keine Zeit, über den Herrn nachzudenken oder über des Herrn Absichten für sein
Leben. Tatsache ist, daß viele Christen von ihrer Krankheit ganz einfach »bezaubert« sind! Wir
erkennen nie wirklich, wie sehr wir uns selbst lieb haben, bis wir krank werden! Gott hat keinen
Gefallen an unserer Eigenliebe. Er will, daß wir erkennen, wie weitreichenden Schaden sie in uns
anrichtet. Er will, daß wir es in der Zeit der Krankheit lernen, uns nicht mit unseren Symptomen
zu beschäftigen, sondern ausschließlich mit ihm. Es ist sein Wunsch, daß wir unseren Körper
ganz ihm hingeben und es ihm überlassen, für ihn zu sorgen. Jede Entdeckung eines negativen
Symptoms sollte uns ermahnen, uns nicht mit unserem Körper zu beschäftigen, sondern uns
mit dem Herrn zu befassen. Aus Eigenliebe sucht der Gläubige Heilung, sobald er krank ist.
Er erkennt nicht, daß er sein Herz von Sünde reinigen sollte, bevor er Gott um Heilung bittet.
Seine Augen sind auf Heilung gerichtet. Er fragt nicht, warum Gott diese Krankheit zugelassen
hat, worüber er Buße tun sollte oder wie er Gottes Werk in ihm geschehen lassen kann. Er
sinnt nur über seine eigene Schwachheit nach. Er sehnt sich danach, wieder stark zu sein, und
sucht daher überall nach Heilmitteln. Um schnell geheilt zu werden, fleht er zu Gott und fragt
bei Menschen um Rat. Mit dem kranken Gläubigen kann Gott in einem solchen Zustand nicht
zu seinem Ziel kommen. Daher werden manche Christen nur vorübergehend geheilt; nach einer
Zeit kehrt ihr altes Gebrechen wieder zurück. Wie kann dauernde Heilung eintreten, wenn die
Wurzel der Krankheit nicht entfernt wurde? Krankheit ist eine der Methoden, die Gott wählt,
um zu uns zu sprechen. Er will nicht, daß wir ängstlich werden und sofort nach den Heilmitteln
10 Kapitel 10 290
suchen; stattdessen fordert er uns auf, im Gehorsam zu beten. Wie schade ist es doch um den,
der nur darauf wartet, geheilt zu werden, aber nicht gleichzeitig sagen kann: »Sprich Herr, denn
dein Knecht hört!« Unser einziges Ziel ist es, von Schmerz und Krankheit befreit zu werden.
Durch die Krankheit angespornt, finden wir viele Wege zur Heilung. Jedes Symptom jagt uns
Angst ein und regt unser Gehirn zum Nachdenken an. Gott scheint uns weit weg zu sein. Wir
vernachlässigen unser geistliches Leben. Alle unsere Gedanken kreisen um unser Leiden und
die Mittel zur Heilung. Sollte die Medizin wirken, preisen wir die Gnade Gottes. Wird aber
die Heilung hinausgezögert, verstehen wir die Liebe Gottes nicht mehr. Doch fragen wir uns:
Werden wir vom Heiligen Geist geführt, wenn es unser einziger Wunsch ist, vom Schmerz befreit
zu werden? Glauben wir, Gott in der Kraft des Fleisches verherrlichen zu können?
Medizin
Aus Eigenliebe greifen wir zu eigenen Mitteln. Anstatt mit Gott die Wurzel der Krankheit zu
beheben, begehren Christen oft die Heilung durch Medikamente. Es ist nicht unsere Absicht, hier
eine Menge Zeit zu verwenden mit der Frage, ob der Gläubige Medizin verwenden soll oder nicht.
Doch wollen wir sagen, daß es im Blick auf Jesu Heil auch für unseren Körper als Unwissenheit,
wenn nicht gar Unglaube ausgelegt werden muß, wenn wir uns zuerst um menschliche Hilfe
bemühen (2. Chron. 16, 12b). Viele Menschen streiten sich darüber, ob Gläubige Medizin nehmen
dürfen oder nicht. Sie scheinen anzunehmen, daß durch die Antwort auf diese Frage alle Fragen
gelöst wären. Sind sie sich darüber im klaren, daß im geistlichen Leben das Prinzip nicht »darf
oder darf nicht« ist, sondern ob Gott so geführt hat oder nicht. Daher lautet unsere Frage: Wenn
ein Gläubiger sich aus Eigenliebe auf Medizin verläßt und Heilung begehrt, wird er dann vom
Heiligen Geist geleitet oder ist es ausschließlich eigene Aktivität? Seiner Natur nach läßt sich ein
Mensch nur widerstrebend durch Glauben retten, bevor er nicht durch viele widerliche Umstände
hindurchgegangen ist. Normalerweise kämpft er mit Werken um sein Heil. Trifft das nicht auch auf
die Heilung des Leibes zu? Vielleicht ist der Kampf um die göttliche Heilung noch schärfer als der
um die Vergebung. Gläubige bezeugen, daß sie dem Herrn Jesus für ihr Heil vertrauen müssen,
um in den Himmel einzugehen. Aber warum sollten sie sich auf das Heil des Herrn stützen,
wenn sie für ihre Heilung auch viele andere medizinische Mittel verwenden können? Unsere
Aufmerksamkeit konzentriert sich nicht darauf, ob Medizin verwendet werden darf oder nicht,
sondern ob durch den eigenmächtigen Gebrauch der Medikamente Gottes Heil herabgewürdigt
wird. Hat die Welt sich nicht die verschiedensten Theorien ausgedacht, um den Menschen aus
der Sünde zu retten? Bietet die Welt nicht viele Schulen der Philosophie, Psychologie, Ethik
und Pädagogik an, auch zahllose Rituale, Regeln und Gebräuche, um dem Menschen zu helfen?
Können wir als Gläubige diese Mittel als vollkommen und wirksam akzeptieren? Sind wir für
das vollbrachte Werk Jesu am Kreuz oder für diese menschlichen Mittel? Auf diese Weise hat
die Welt viele Drogen erfunden, um den Menschen ihre Leiden zu erleichtern. Aber der Herr
hat am Kreuz ein Werk des Heils vollbracht, das den Leib einschließt. Sollten wir nun sofort zu
menschlichen Methoden greifen oder zuerst dem Herrn auch im Blick auf die Heilung vertrauen?
Wir anerkennen, daß Gott zuweilen Mittler verwendet, um seine Macht und Herrlichkeit zu
offenbaren. Wenn wir aber nach der Schrift und den Erfahrungen von Christen urteilen, müssen
wir bekennen, daß nach dem Sündenfall unsere Gefühle unser Leben zu bestimmen scheinen, was
dazu führt, daß wir eher auf Mittler vertrauen als auf Gott selber. Daher beobachten wir, daß
Christen in Zeiten der Krankheit ihre Aufmerksamkeit mehr auf die Medizin richten als auf die
Kraft Gottes. Obwohl sie mit den Lippen bezeugen, daß sie auf Gottes Kraft vertrauen, sind
ihre Herzen beinahe ganz von den Errungenschaften der Medizin eingenommen, als ob ohne ihre
Hilfe Gottes Kraft nicht frei würde. Kein Wunder, daß sie Zeichen von Unruhe, Ängstlichkeit und
Furcht bekunden, während sie auf der Jagd nach dem besten Heilmittel sind. Diesen Christen fehlt
10 Kapitel 10 291
der Friede, der einem Vertrauen zu Gott entspringt. Gottes Absicht ist es, durch die Krankheit
Menschen näher zu ihm zu bringen, genau das Gegenteil scheint aber die Auswirkung zu sein.
Es gibt tatsächlich Christen, die Medikamente gebrauchen können, ohne ihr geistliches Leben
zu schädigen. Die meisten Christen aber neigen dazu, Mittlern mehr zu vertrauen als ihm, und
darum leidet ihr geistliches Leben. Zwischen der Heilung im Vertrauen auf Medizin oder im
Vertrauen auf Gott liegt ein großer Unterschied. Die Kraft der ersten ist natürlich, die der zweiten
übernatürlich. Auch wenn der Arzt ein Christ ist, der Gott um Weisheit und um Segen für die
verwendete Medizin bittet, ist er nicht ohne weiteres in der Lage, dem Geheilten geistlichen Segen
mitzuteilen, denn vielleicht hat letzterer unbewußt seine Hoffnung allein auf die Medizin gesetzt.
Obwohl er am Körper geheilt wurde, leidet sein geistliches Leben. Wenn der Betreffende Gott
vertraut, dann wird er sich seiner Liebe und Macht anbefehlen. Er wird nach der Ursache seiner
Krankheit fragen und forschen, worin er Gott mißfallen haben mag. So wird er, wenn er geheilt ist,
körperlich und geistlich gesegnet werden. Viele wenden ein, da die Medizin von Gott gegeben sei,
dürfe man sie verwenden. Wir aber wollen folgendes betonen: führt uns Gott dazu, Medikamente
zu verwenden? Wir wollen nicht diskutieren, ob Medizin von Gott kommt oder nicht, sondern wir
wollen fragen, ob Gott seinen Kindern Jesus als Heiland ihrer körperlichen Gebrechen gegeben hat
oder nicht. Sollten wir eine Heilung im Vertrauen auf die natürlichen Mittel der Medizin suchen,
wie es Ungläubige oder schwache Christen tun, oder sollten wir den Herrn Jesus annehmen,
den Gott für uns gegeben hat, und seinem Namen vertrauen? Auf Medizin zu vertrauen und
das Leben des Herrn Jesus anzunehmen, sind zwei einander absolut entgegengesetzte Dinge. Wir
anerkennen die Wirksamkeit der Medikamente und anderer medizinischer Erfindungen, doch dies
sind natürliche Heilmittel und nicht das Beste, das Gott für die Seinen bereitet hat. Gläubige
können Gott bitten, die Droge zu segnen und sie zu heilen; sie können Gott auch Dank sagen,
nachdem sie durch dieselben geheilt worden sind, und der Auffassung sein, Gott selber hätte sie
geheilt. Doch eine solche Heilung ist nicht dasselbe, wie das Leben des Herrn Jesus zu akzeptieren.
Indem sie nämlich solches tun, suchen sie einen leichten Ausweg und verlassen das Kampffeld
des Glaubens. Wenn in unserer Auseinandersetzung mit Satan die Heilung das einzige Ziel wäre,
das bei einer Krankheit zu erreichen ist, dann könnten wir irgendein Heilmittel verwenden, das
uns zur Verfügung steht. Sollen aber wichtigere Ziele erreicht werden, als bloße Heilung, müssen
wir dann nicht vor Gott stille werden und seine Zeit und seine Wege abwarten? Wir wollen
nicht dogmatisch behaupten, Gott segne die Medizin nie. Wir wissen, daß Gott oft gesegnet
hat, weil er so gnädig und großzügig ist. Trotzdem stehen Christen, die der Medizin vertrauen,
nicht auf dem Boden des Erlösungswerkes. Sie nehmen die gleiche Stellung ein wie weltliche
Menschen. In dieser besonderen Angelegenheit können sie nicht für Gott zeugen. Pillen, Salben
und Spritzen können uns nicht das Leben Jesu vermitteln. Wenn wir Gott vertrauen, werden
wir auf eine Stufe erhoben, die höher ist als die natürliche. Die Heilung allein durch Medizin ist
oft langsam und schmerzhaft; die Heilung aus Gott ist schnell und gesegnet. Eine Beobachtung
steht bestimmt außer Frage: Wenn wir durch Abhängigkeit von Gott geheilt werden, würden
wir davon solch geistlichen Gewinn davontragen, wie es uns eine Heilung allein durch Medizin
niemals einbringen könnte. Wenn Leute krank im Bett liegen, treibt sie das oft in die Buße über
ihr vergangenes Leben; wenn sie aber erst einmal geheilt sind durch ihr Vertrauen auf Medizin,
treiben sie noch weiter von Gott ab. Sie würden jedoch nicht in diese Nachwirkung hineinfallen,
wenn sie durch Harren und Vertrauen auf Gott Heilung finden. Solche Menschen bekennen ihre
Sünden, verleugnen sich selbst, vertrauen der Liebe Gottes und stützen sich auf seine Kraft; sie
nehmen das Leben und die Heiligkeit Gottes an, und sie gehen ein neues, unsichtbares Verhältnis
mit ihm ein. Die objektive Lektion, die Gott uns durch die Krankheit erteilen will, ist, von aller
eigenen Aktivität abzulassen und nur ihm zu vertrauen. Wie oft werden wir von einem Herz voll
Eigenliebe angetrieben, wenn wir ängstlich ein Heilmittel suchen. Wir vergessen Gott und die
Lektion, die er uns erteilen will. Wenn die Kinder Gottes frei von Eigenliebe wären, würden sie
10 Kapitel 10 292
dann so begierig um Heilung kämpfen? Ganz und gar nicht. Sie würden sich ruhig vor Gott prüfen
und danach trachten, die Ursache der Krankheit zu verstehen und dann den Herrn um Heilung
bitten. Der Unterschied zwischen dem Vertrauen auf medizinische Hilfe und auf Gottes Macht
liegt darin, daß im ersteren Fall die betreffende Person ängstlich die Heilung sucht, während
im zweiten Fall der Christ nach der Erkenntnis von Gottes Willen trachtet. Weil Gläubige voller
Eigenliebe, selbstsüchtiger Wünsche und eigener Kraft sind, suchen sie bei Krankheit nach einem
Heilmittel. Sie würden anders reagieren, wenn sie lernen könnten, sich von Gottes Kraft abhängig
zu machen. Um von Gott Heilung zu erbitten, müssen die Gläubigen ehrlich ihre Sünden bekennen
und aufgeben und bereit sein, sich selbst ihm ganz auszuliefern. Viele Menschen sind heute krank.
Bei jeder dieser Krankheiten hat der Herr eine besondere Absicht. Wenn das »Selbst« seine Macht
aufgibt, wird der Herr oft heilen. Wenn Christen sich nicht beugen wollen, wenn sie es ablehnen,
die Krankheit gerne als Gottes Bestes für sie anzunehmen, wenn sie nach anderen Mitteln und
nicht nach Gott suchen, werden sie wieder mit Krankheit erfüllt werden, auch nachdem sie
geheilt worden sind. Wenn sie an der Liebe zu sich selbst festhalten und die ganze Zeit nur
an sich selbst denken, wird Gott ihnen noch mehr Grund zum Selbstmitleid geben. Er wird
ihnen zeigen, daß irdische Medizin nicht dauerhaft heilen kann. Gott will seine Kinder wissen
lassen, daß ein starker, gesunder Körper weder dazu da ist, sich selbst zu gefallen, noch nach
den eigenen Gelüsten gebraucht zu werden, sondern ganz für Gott bestimmt ist. Der Geist der
Heilung ist ein Geist der Heiligung. (Was uns fehlt, ist nicht Heilung, sondern Heiligung.) Wovon
wir als erstes befreit werden müssen, ist nicht die Krankheit, sondern das Ich. Wenn ein Kind
Gottes sich weigert, menschliche Mittel zu verwenden und Gott mit ungeteiltem Herzen vertraut,
bemerkt es, daß sein Glaube stärker wird. Es ist in ein neues Verhältnis mit Gott getreten; es
fängt an, aus dem Leben zu leben, dem es bis dahin nicht traute. Es vertraut sowohl seinen
Geist als auch seine Seele und seinen Leib seinem himmlischen Vater an. Es entdeckt, daß es der
Wille Gottes ist, die Macht Jesu und die Liebe des Vaters zu offenbaren. Es wird dazu geführt,
seinen Glauben praktisch auszuleben und zu erfahren, daß der Herr sowohl Leib als auch Geist
und Seele erlöst. »Deshalb sage ich euch: Seid nicht besorgt für euer Leben« (Matth. 6, 25).
Alles, was wir dem Herrn überlassen, dafür wird er sorgen. Wenn uns sofortige Heilung zuteil
wird, wollen wir den Herrn preisen. Sollten unsere Symptome ernsthafter werden, wollen wir
nicht zweifeln, sondern auf Gottes Verheißung schauen und der Eigenliebe keine Gelegenheit
zur Wiederbelebung geben. Gott kann gerade diese Situation dazu verwenden, die letzten Reste
der Eigenliebe bei uns auszurotten. Wenn wir auf unseren Körper achten, kommen die Zweifel.
Wenn wir aber Gottes Verheißung sehen, werden wir näher zu ihm gezogen, unser Glaube wird
gemehrt und schließlich wird uns Heilung widerfahren. Trotzdem müssen wir vorsichtig sein, um
nicht in Extreme zu verfallen. Obwohl Gott will, daß wir uns allein auf ihn verlassen, kann es
ihm gefallen - nachdem wir endgültig unseren eigenen Aktivitäten abgesagt und ihm mit völligem
Glauben vertraut haben -, daß wir irgendwelche natürlichen Mittel verwenden, um unserem Leib
aufzuhelfen. Wir denken an Dinge wie »ein wenig Wein«, der dem Timotheus empfohlen wurde.
Timotheus hatte einen schwachen Magen und war oft von Leiden befallen. Anstatt ihn wegen
mangelnden Glaubens zu tadeln und zu rügen, weil er nicht von Gott direkt geheilt wurde,
empfiehlt Paulus dem Timotheus, ein wenig Wein zu gebrauchen. Was der Apostel uns hier zu
verwenden empfiehlt, ist ein Mittel wie Wein, etwas, das an sich neutral ist. Aus diesem Fall
können wir eine Lektion lernen. Es ist sehr wahr, wir müssen (wie es Timotheus tun mußte)
Gott glauben und uns auf ihn verlassen; und trotzdem sollten wir gleichzeitig nicht in Extreme
verfallen. Wenn unser Körper schwach ist, sollten wir es lernen, vom Herrn so geführt zu werden,
daß wir eine nahrhafte Speise essen. Wenn wir nach der Führung des Herrn solche Speise zu uns
nehmen, wird unser Leib gestärkt werden. Solange unser Leib nicht völlig erlöst ist, bleiben wir
menschliche Wesen, die noch immer einen physischen Leib besitzen. Darum sollten wir auch auf
seine natürlichen Bedürfnisse achten. Der Gebrauch solcher Speisen steht nicht im Widerspruch
10 Kapitel 10 293
zum Glauben. Nur müssen Gläubige aufpassen, daß sie nicht nur diese Kuren kennen und nicht
mehr dem Herrn vertrauen.
Heilung ist besser
Manche Kinder Gottes sind in Extreme verfallen. Von Natur waren sie hart und unbeugsam,
wurden aber von Gott durch Krankheit gebrochen, die er ihnen sandte. Durch ein Ja zu der
Züchtigung Gottes wurden sie sanft, gütig, mild und geheiligt. Weil aber die Krankheit ihr
Leben so verändert hat, finden sie an der Krankheit mehr Gefallen, als an der Gesundheit. Sie
betrachten Krankheit als ein Mittel zum geistlichen Wachstum. Sie trachten nicht mehr nach
Heilung, sondern akzeptieren unnatürlicherweise die Krankheit, die sie befällt. Jetzt behaupten
sie, Gott würde selber eingreifen, wenn er ihre Gesundheit wollte. Nach ihrer Sicht ist es leichter,
in Krankheit gottselig zu leben als bei Gesundheit. Sie glauben, Gott auf diese Weise näher zu
sein. Darum haben sie auch kein Verlangen, nach göttlicher Heilung zu trachten. Wie können wir
ihnen helfen zu verstehen, daß Gesundheit nützlicher ist als Krankheit? Wir anerkennen, daß viele
Gläubige ihre Bosheit aufgeben und während der Krankheit tiefere Glaubenserfahrungen machen.
Wir geben zu, daß viele kranke und gebrechliche Gläubige ungewöhnliche Gottseligkeit und
geistliche Erfahrungen aufweisen. Aber wir müssen auch bekennen, daß viele Christen hier nicht
klar sehen. Für kranke Gläubige ist es vielleicht leichter, ein geheiligtes Leben zu führen. Aber
kann Krankheit ein Motiv für die Heiligung sein? Was würde geschehen, wenn diese Gläubigen
wieder gesund werden? Würden sie im Glauben zurückfallen? Der Herr muß sie über längere Zeit
der Krankheit überlassen, um sie in die Heiligung zu führen. Wir müssen verstehen, daß das Leben
mit dem Herrn ganz und gar nicht auf die Krankheit beschränkt zu sein braucht. Wir dürfen nicht
schließen, daß ein Gesunder den Herrn nicht in seinen täglichen Verpflichtungen verherrlichen
kann. Im Gegenteil, er sollte fähig sein, das Leben Gottes in einem gewöhnlichen täglichen Wandel
auszuleben. Wenn man Leiden ertragen kann, ist das gut; aber ist es nicht noch besser, wenn
man Gott auch in gesunden Tagen gehorchen und vertrauen kann? Wir sollten erkennen, daß
Heilung- die göttliche Heilung- etwas ist, das zu Gott gehört. Wenn wir darauf aus sind, durch
menschliche Medizin geheilt zu werden, werden wir von ihm getrennt. Trachten wir aber danach,
in erster Linie von ihm geheilt zu werden, kommen wir ihm näher. Wer von Gott geheilt wurde,
verherrlicht ihn mehr als der beständig Kranke. Krankheit kann Gott verherrlichen, denn es gibt
ihm Gelegenheit, seine heilende Kraft zu offenbaren (Joh. 9, 3). Wie kann Gott aber verherrlicht
werden, wenn man auf lange Zeit krank bleibt? Wenn Gott uns heilt, bezeugen wir sowohl seine
Kraft als auch seine Herrlichkeit. Der Herr Jesus stellte nie Krankheit als einen Segen dar, den
seine Nachfolger bis zu ihrem Tod erdulden sollten. Nie meinte er, das sei ein Ausdruck der Liebe
des Vaters. Er beruft seine Jünger dazu, das Kreuz auf sich zu nehmen, erlaubt aber nicht den
Kranken, lange krank zu bleiben. Er sagt ihnen, daß sie für ihn leiden sollen, aber nie, daß sie
für ihn krank sein sollen. Der Herr sagte voraus, daß wir in der Welt Trübsal haben werden;
doch Krankheit sieht er nicht als Trübsal an. Wie hat er auf dieser Erde gelitten, doch er war
niemals krank. Wenn er einem Kranken begegnete, heilte er ihn. Er sagt, daß Krankheit von der
Sünde und vom Teufel kommt. Wir müssen Leiden von Krankheit unterscheiden. »Viele sind der
Widerwärtigkeiten des Gerechten«, schreibt der Psalmist, »aber aus allen denselben rettet ihn
der Herr. Er bewahrt alle seine Gebeine, nicht eines von ihnen wird zerbrochen« (Ps. 34, 19-20).
»Leidet jemand unter euch Trübsal?« fragt Jakobus, »er bete«, auf daß er Gnade und Kraft
empfange. Der Apostel aber fährt fort: »Ist jemand krank unter euch? Er rufe die Ältesten der
Versammlung«, damit er geheilt werde (Jak. 5, 13 u. 14). 1. Korinther 11, 30-32 behandelt sehr
eingehend das Verhältnis des Gläubigen zur Krankheit. Krankheit ist meist Züchtigung von Gott.
Wenn der Gläubige bereit ist, sich selbst zu richten, wird Gott die Krankheit von ihm nehmen.
Gott will nicht, daß jemand lange krank bleibt. Keine Züchtigung ist von Dauer. Ist einmal
10 Kapitel 10 294
die Ursache entfernt, wird die Züchtigung weichen. »Alle Züchtigung scheint für die Gegenwart
nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit zu sein; hernach . . .« Gläubige neigen
dazu, das »Hernach« Gottes zu vergessen - »aber gibt sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit
denen, die durch sie geübt sind« (Hebr. 12,11). Wir sehen also, daß Züchtigung nur für den
Augenblick ist; hernach wird sie die kostbarste Frucht der Gerechtigkeit hervorbringen. Wir
dürfen nicht die Züchtigung Gottes fälschlicherweise als Strafe bezeichnen. Streng genommen
werden Gläubige nicht mehr gerichtet. 1. Korinther 11,31 unterstützt diese Aussage. Das Konzept
des Gesetzes soll nicht mehr für uns gelten. Darum folgt auch nicht eine bestimmte Strafe auf
eine bestimmte Sünde. Ein Wort der Schrift, das die Auffassung mancher Leute erschüttert,
finden wir im dritten Johannesbrief: »Geliebter, ich wünsche, daß es dir in allem wohlgehe und
du gesund seiest, gleichwie es deiner Seele wohlgeht« (V. 2). Dies ist das Gebet des Apostels
Johannes, wie es ihm der Heilige Geist offenbarte. Es drückt die ewige Denkweise Gottes in
Bezug auf den Leib des Gläubigen aus. Gottes Absicht ist es nicht, daß seine Kinder ihr ganzes
Leben krank bleiben und ihm nicht aktiv dienen können. Er will, daß sie körperlich und seelisch
gesund sind. Daraus können wir schließen, daß verlängertes Kranksein nicht Gottes Wille ist.
Er mag uns für den Augenblick durch Krankheit züchtigen, doch er hat kein Gefallen an einer
längeren Krankheit. Die Worte des Paulus in 1. Thessalonicher 5, 23 bestätigen zusätzlich, daß
ungebührlich langes Kranksein nicht Gottes Wille ist. Wie Geist und Seele, so sollte auch der
Leib gesund sein. Gott genügt es nicht, daß unser Geist und unsere Seele gesund sind, während
der Körper schwach, krank und von Schmerzen geplagt wird. Seine Absicht ist es, den ganzen
Menschen, nicht nur einen Teilbereich, zu retten. Das Werk Jesu offenbart auch den Willen Gottes
im Blick auf Krankheiten, weil er nichts anderes als den Willen Gottes tat. Durch das Heilen eines
Aussätzigen offenbarte er im Besonderen das Herz des himmlischen Vaters für die Kranken. Der
Aussätzige bat: »Herr, wenn du willst, kannst du mich reinigen.« Wir haben hier einen Mann vor
uns, der an der Himmelspforte anklopft und fragt, ob es Gottes Wille sei, ihn zu heilen. Der Herr
streckte seine Hand aus, berührte ihn und sagte: »Ich will, sei gereinigt!« (Matth. 8,2-3). Wer
denkt, Gott heile nur widerwillig, kennt Gottes Willen nicht. Der irdische Dienst Jesus schloß
»alle Leidenden« (V. 16) zu heilen mit ein. Wie können wir dann behaupten, er hätte heute seine
Haltung geändert? Gottes Ziel ist es heute, daß sein »Wille geschehe, wie im Himmel, so auf
Erden« (Matth. 6, 10). Gottes Wille wird im Himmel ausgeführt. Gibt es dort Krankheit? Nein!
Gottes Wille ist gänzlich unvereinbar mit Krankheit. Welch schwerwiegender Fehler ist es für uns
Christen, wenn wir nach einer vergeblichen Bitte um Heilung die Hoffnung aufgeben und sagen:
»Möge der Wille des Herrn geschehen!« Als ob der Wille des Herrn Krankheit und Tod sei. Gott
will nicht, daß seine Kinder krank sind. Obwohl er zu ihrem eigenen Nutzen Krankheit zuläßt,
will er Heilung für sein Volk. Die Tatsache, daß es im Himmel keine Krankheit gibt, beweist,
was der Wille Gottes ist. Wenn wir auf die Quelle der Krankheit zurückgehen, sind wir noch
mehr dazu angetrieben, nach Heilung zu trachten. Alle, die geheilt wurden »waren vom Teufel
überwältigt« (Apg. 10, 38). Jesus bezeichnete die Frau, die sich nicht aufrichten konnte, als eine,
»die Satan gebunden« hatte (Luk. 13, 16). Als er Petrus’ Schwiegermutterheilte, »bedrohte er
das Fieber« (Luk. 4, 39) in der gleichen Weise, wie er Dämonen bedrohte (vgl. V. 31-41). Beim
Lesen des Buches Hiob erfahren wir, daß es der Teufel war, der Hiobs Krankheiten verursachte
(Kap. 1 u. 2); aber es war Gott, der ihn heilte (Kap. 42). Der »Pfahl im Fleisch«, der Paulus
schwächte, war ein »Engel Satans« (2. Kor. 12, 7); der ihn stark machte, war Gott. Wir wissen,
daß Krankheit ausreift bis zum Tod, denn sie ist ein Teil des Todes. Wie Satan die Macht des
Todes hat, hat er auch die Macht der Krankheit, denn der Tod ist nichts als der letzte Schritt
über die Krankheit hinaus. Aus diesen Abschnitten müssen wir schließen, daß Krankheit vom
Teufel ist. Gott erlaubt Satan, seine Kinder anzugreifen, weil sie irgendwelchen Schaden in ihrem
Leben aufweisen. Wenn sie sich weigern, das aufzugeben, was Gott verlangt hat, und so der
Krankheit gestatten, in ihrem Leben fortzuschreiten, dann wählen sie die Krankheit und nicht
10 Kapitel 10 295
den Willen Gottes. Wenn sie das tun, stellen sie sich freiwillig den Angriffen Satans. Wer wollte
aber in die Gebundenheit zurückkehren, nachdem er dem offenbarten Willen Gottes gehorcht
hat? Weil wir wissen, daß Krankheit vom Teufel ist, sollten wir ihr widerstehen. Wir sollten klar
erkennen, daß sie vom Feind kommt und sie nicht akzeptieren. Der Sohn Gottes kam, um uns zu
befreien, und nicht, um uns gebunden zu lassen. Warum nimmt Gott unser Gebrechen nicht von
uns, wenn es nicht mehr gebraucht wird? Diese Frage stellen sich viele Gläubige. Achten wir auf
das Prinzip Gottes in seinem Umgang mit uns: »Dir geschehe nach deinem Glauben« (Matth. 8,
13). Oft will Gott seinen Kindern die Gesundheit wiedergeben, muß aber die Krankheit wegen
ihres Unglaubens und mangelnden Gebets verlängern. Wenn Gottes Kinder in die Krankheit
einwilligen - ja sie sogar gerne annehmen -, dann kann sie der Herr nicht davon befreien. Gottes
Wille ist es, sie zu heilen; wegen mangelnden Gebets aber ist diese kostbare Gabe der Heilung
nicht aller Teil. Sind wir weiser als Gott? Sollten wir uns nicht an das halten, was die Bibel
offenbart? Obwohl das Krankenzimmer zuweilen ein heiliger Ort sein mag, wo der innere Mensch
tief bewegt wird, ist Krankheit doch nicht Gottes Wille. Wenn wir der Laune des Gefühls folgen
und Gottes offenbarten Willen mißachten, kann er uns nur zukommen lassen, was wir begehren.
Wie viele vom Volk Gottes sagen doch: Ich begebe mich selbst in Gottes Hand, was Heilung und
Krankheit angeht; ich lasse Gott tun, was er will. Dies sind aber gewöhnlich Leute, die zuerst
Medikamente verwenden. Heißt das, alles Gott überlassen? Wie widersprüchlich ist ein solches
Leben! Dieser »Gehorsam« ist ein Zeichen geistlicher Trägheit. In ihrem Herzen sehnen sie sich
nach Gesundheit; aber bloßes Wünschen veranlaßt Gott nicht zum Handeln. Sie haben so lange
die Krankheit passiv ertragen, daß sie ihr ganz einfach nachgeben und so alle Hoffnung aufgeben.
Das beste für sie wäre, wenn andere an ihrer Stelle glaubten, oder wenn Gott ihnen den nötigen
Glauben übertragen würde. Der gottgegebene Glaube jedoch kommt so lange nicht, bis ihr Wille
sich aktiv dem Teufel widersetzt und sich an Jesus klammert. Viele sind nicht aus Notwendigkeit
gebrechlich, sondern wegen mangelnder Kraft, Gottes Verheißung in Anspruch zu nehmen. Mögen
wir begreifen, daß der geistliche Segen, den wir durch Krankheit empfangen, dem unterlegen ist,
was wir bei der Wiederherstellung empfangen. Wenn wir uns auf Gott stützen, um geheilt zu
werden, dann werden wir natürlich auch, nach dem wir geheilt wurden, weiterhin ein Leben
der Heiligung führen, um unsere Gesundheit zu bewahren. Indem er uns heilt, beschlagnahmt
der Herr unseren Leib. Unaussprechlich ist die Freude, die in einem neuen Verhältnis zu ihm
und einem neuen Erlebnis mit ihm gefunden wird, nicht wegen der geheilten Krankheit, sondern
wegen der neuen Berührung mit dem Leben. In einer solchen Zeit verherrlichen Gläubige den
Herrn weit mehr, als in Zeiten schlechter Gesundheit. Gottes Kinder sollten also nach Heilung
trachten. Hören wir zuerst, was Gott durch unsere Krankheit uns sagen will, um dann mit
ungeteiltem Herzen das zu tun, was Gott offenbart hat. Wir wollen dem Herrn erneut unseren
Leib übergeben. Wenn in unserer Nähe Älteste sind, die uns mit öl salben können (Jak. 5, 14-15),
dann wollen wir sie rufen und den ausdrücklichen Befehl der Heiligen Schrift befolgen. Oder wir
können in der Stille unseren Glauben ausleben, um die Verheißungen Gottes in Anspruch zu
nehmen (2. Mose 15, 26). Gott wird uns heilen’"1’.
1. Die Beziehung zwischen Krankheit und Sünde
Vor dem Sündenfall gab es keine Gebrechen. Krankheit entstand erst, als der Mensch gesündigt
hatte. Allgemein kann man sagen, daß sich Krankheit und Tod aus der Sünde ergaben; denn
durch des einen Menschen Übertretung kam Sünde und Tod in die Welt (Rom. 5, 12). Krankheit
ist, genauso wie der Tod, zu allen Menschen hindurchgedrungen. Obwohl nicht alle in der gleichen
Weise gesündigt haben, sterben ihrer Übertretung wegen doch alle. Wo Sünde ist, ist auch Tod.
Zwischen den beiden liegt das, was wir gewöhnlich Krankheit nennen. Dies also ist der Faktor,
den alle Krankheiten gemeinsam haben. Es gibt jedoch mehr als eine Ursache, warum Krankheit
10 Kapitel 10 296
Menschen befällt. Manche Krankheiten entspringen der Sünde, andere nicht. Was die Menschheit betrifft, kommt Krankheit aus der Sünde; im Blick auf den einzelnen kann dies zutreffen
oder auch nicht. Wir müssen zwischen diesen beiden Anwendungen der Krankheit unterscheiden.
Gäbe es keine Sünde, könnte es auch weder Krankheit noch Tod geben; denn gäbe es in der
Welt keinen Tod, wie könnte es je Krankheit geben? Tod kommt aus der Sünde, und Krankheit
durch die Wirksamkeit des Todes. Trotzdem kann dies nicht, ohne geprüft zu werden, auf jeden
Menschen angewandt werden. Wenn auch bei vielen Menschen die Sünde als Ursache der Krankheit zu bezeichnen ist, gibt es wieder andere, die aus einer anderen Ursache krank werden. In
dieser Angelegenheit der Beziehung zwischen Sünde und Krankheit müssen wir daher sorgfältig
zwischen der Anwendung dieses Prinzips auf die Menschheit als Ganzes und ihrer Anwendung
auf einzelne Menschen unterscheiden. Wir erinnern uns, daß Gott im Alten Testament (drittes
u. viertes Buch Mose) verheißen hatte, daß er das Volk Israel vor Krankheiten bewahren wollte,
wenn es sich nicht gegen seine Gesetze auflehnte und nicht gegen ihn sündigte. Diese Worte erklären, daß sich viele Krankheiten aus Sünde oder Auflehnung gegen Gott ableiten lassen. Doch im
Neuen Testament entdecken wir, daß einige Krankheiten andere Ursachen haben. Einmal schrieb
Paulus, daß er den Mann, der mit der Frau seines Vaters zusammenlebte, dem Satan überliefern
würde zum Verderben des Fleisches (1. Kor. 5,4-5). Das deutet klar daraufhin, daß es Krankheiten gibt, die auf Sünde zurückzuführen sind. Aus 2. Korinther 7 entnehmen wir, daß dieser Mann
nicht bis an den Tod krank war, denn er tat Buße, die zum Heil führte (V. 9-10). Paulus hieß die
Gemeinde in Korinth, einem solchen zu vergeben (2. Kor. 2, 6-7). In 1. Korinther 5 wird erwähnt,
daß das Fleisch (nicht das Leben) dieses Mannes dem Satan überliefert wurde; er sollte krank
werden, aber nicht sterben. Das zeigt, daß Ungehorsam gegenüber dem Herrn Krankheit nach
sich ziehen kann. Die Schrift gibt genügend Hinweise, daß viele (aber nicht alle) Krankheiten auf
Sünde zurückzuführen sind. Darum müssen wir uns selbst prüfen, um zu erkennen, ob wir gegen
Gott gesündigt haben oder nicht. Durch Nachforschen erkennen viele Christen, daß ihre Krankheit tatsächlich auf Sünde beruht. Sie waren in die Irre gegangen. Sobald aber diese bestimmte
Sünde gefunden und bekannt wird, kann die Krankheit geheilt werden. Zahllose Geschwister im
Herrn haben solche Erfahrungen gemacht. Nachdem die Sünde von Gott aufgedeckt wurde, ließ
die Krankheit nach. Das ist ein Phänomen, das jenseits der Erklärungen der medizinischen Wissenschaft liegt. Krankheit muß nicht unbedingt auf Sünde zurückzuführen sein, obwohl dies oft
der Fall ist. Wir geben zu, daß viele Krankheiten natürliche Ursachen haben, doch gleichzeitig
behaupten wir, daß nicht jede Krankheit natürlichen Ursachen zugeschrieben werden kann*. Ich
erinnere mich an einen Bruder, Professor an einer medizinischen Fakultät, der seinen Studenten folgende Vorlesung hielt: »Wir haben viele natürliche Ursachen für Krankheiten entdeckt.
Zum Beispiel verursacht eine bestimmte Art der Kokken eine bestimmte Krankheit. Als Ärzte können wir feststellen, welche Art Organismus welche Krankheit hervorruft; doch haben wir
keine Erklärung dafür, daß unter gleichen Verhältnissen bestimmte Personen infiziert werden,
während andere immun bleiben. Angenommen, zehn Personen betreten zusammen einen Raum
und werden der gleichen Art von Kokkus ausgesetzt. Wir würden erwarten, daß die körperlich
Schwachen angesteckt werden; es kann jedoch sein, daß die Schwachen verschont und die Starken
getroffen werden. Wir müssen anerkennen, daß es außer den natürlichen Ursachen zusätzlich eine
höhere Fügung gibt.« Ich persönlich halte viel von dem, was dieser Bruder sagte. Wie oft werden
Leute trotz vorbeugender Maßnahmen krank. Ich erinnere mich auch an etwas, das einer meiner
Schulkameraden mir über ein Erlebnis an der medizinischen Fakultät in Peking erzählte. An der
Uni war ein bestimmter Professor, der groß an Gelehrsamkeit war, jedoch keine Geduld hatte.
Darum stellte er in den Examina stets sehr einfache Fragen. Einmal fragte er, warum Menschen
von Tuberkulose befallen werden. Diese Frage war einfach genug; dennoch schafften es viele nicht,
die richtige Antwort zu geben. Die meisten schrieben, daß bestimmte Leute eben den Tuberkelbazillus haben. Diese Antworten galten als unrichtig. Der Professor erklärte, daß die Erde voll
10 Kapitel 10 297
sei von Tuberkelbazillen, aber nicht jedermann von Tuberkulose befallen würde. Der Bazillus allein kann die Krankheit also nicht verursachen. Er erinnerte die Studenten daran, daß nur unter
bestimmten begünstigenden Umständen diese Bazillen die Krankheit verursachen, die man Tuberkulose nennt. Wir wollen uns im klaren sein, daß trotz des Vorhandenseins vieler natürlicher
Faktoren Christen nur dann krank werden, wenn Gott dies unter entsprechenden Umständen
zuläßt. Wir glauben ohne Rückhalt, daß es für Krankheiten natürliche Erklärungen gibt; das ist
wissenschaftlich bewiesen worden. Wir bekennen nichtsdestoweniger, daß viele Krankheiten unter
Gotteskindern die Folge von Sünde gegen Gott sind, so wie im erwähnten Fall in 1. Korinther 11.
Demzufolge ist es wichtig, zuerst um Vergebung, danach um Heilung zu bitten. Oft können wir,
gerade nachdem wir von der Krankheit niedergestreckt worden sind, entdecken, worin wir uns
gegen den Herrn versündigt haben oder inwiefern wir seinem Wort ungehorsam gewesen sind.
Wenn die Sünde bekannt und das Problem gelöst worden ist, entschwindet die Krankheit. Das ist
wahrlich ein höchst wunderbares Geschehen. Darum ist der erste Punkt, den wir kennen müssen,
die Beziehung zwischen Sünde und Krankheit. Allgemein gesehen ist Krankheit die Folge von
Sünde; und auch individuell kann sie auf Sünde zurückzuführen sein.
2. Das Werk des Herrn und die Krankheit
»Fürwahr, er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat er auf sich geladen. Und wir,
wir hielten ihn für bestraft, von Gott geschlagen und niedergebeugt; doch um unserer Übertretungen willen war er verwundet, um unserer Missetaten willen zerschlagen« (Jes. 53, 4-5). Von
allen Schriften des Alten Testaments wird dieses 53. Kapitel aus Jesaja im Neuen Testament
am meisten zitiert. Es weist auf den Herrn Jesus Christus als den Heiland hin. Vers 4 besagt,
daß »er...unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen.. .auf sich geladen hat«, wobei Matthäus
8, 17 erklärt: »Damit erfüllt würde, was durch den Propheten Jesajas geredet ist...; er selbst
nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.« Hier sagt der Heilige Geist, daß Jesus Christus in die Welt kam, um unsere Schwachheiten und Krankheiten auf sich zu nehmen
und zu tragen. Vor der Kreuzigung hatte er schon unsere Schwachheiten auf sich genommen
und unsere Krankheiten getragen. Das bedeutet, daß Jesus während seines irdischen Dienstes
die Heilung zu seiner Aufgabe machte. Er predigte nicht nur, er heilte auch. Auf der einen Seite
verkündigte er die Frohe Botschaft, auf der anderen Seite aber machte er die Schwachen stark,
stellte die verdorrte Hand wieder her, reinigte die Aussätzigen und richtete die Lahmen auf. Er
ging umher, Gutes zu tun. Er heilte die Kranken und trieb Dämonen aus. Der Zweck seines
Werkes war es, die Krankheit zu besiegen. Er kam, um mit Tod und Krankheit und mit der
Sünde fertig zu werden. Viele Kinder Gottes kennen den 103. Psalm; ich selbst lese ihn "gerne.
David verkündigt: »Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!«
Warum den Herrn preisen? »Lobe * den Herrn, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes
getan hat.« Welches sind die Wohltaten? »Der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine
Gebrechen« (V. 1-3). Ich wünschte, daß die Geschwister erkennen, daß die Krankheit mit zwei
Elementen verbunden ist: auf der einen Seite mit dem Tod, auf der anderen Seite mit der Sünde.
Wir haben zuvor erwähnt, daß Tod die Folge der Sünde ist, worin Krankheit eingeschlossen ist.
Krankheit und Tod entspringen beide der Sünde. Hier im 103. Psalm lesen wir, daß Krankheit
mit Sünde verbunden ist. Wegen Sünde in der Seele ist Krankheit im Leib. Zusammen mit der
Vergebung unserer Ungerechtigkeit kommt die Heilung der Krankheit. Das Problem des Leibes
ist Sünde innen und Krankheit außen. Der Herr aber entfernt beides. Ein grundlegender Unterschied besteht jedoch in Gottes Behandlung unserer Ungerechtigkeit und seiner Behandlung
der Krankheit. Warum dieser Unterschied? Jesus trug unsere Sünden an seinem Leib ans Kreuz.
Ist irgendwelche Sünde nicht vergeben worden? Nein, denn das Werk Gottes ist so vollkommen,
daß die Sünde völlig vernichtet ist. Als er aber unsere Schwachheiten auf sich nahm und unsere
10 Kapitel 10 298
Krankheiten trug, löschte Jesus nicht alle Schwachheiten und Sünden aus. Paulus hat nie gesagt:
»Wenn ich sündige, bin ich geheiligt«, aber erklärt: »Wenn ich schwach bin, bin ich stark« (2.
Kor. 12, 10). Daraus sehen wir: Die Sünde wurde gründlich und uneingeschränkt erledigt, während Krankheit nur beschränkt behandelt wurde. Bei der Erlösung geht Gott mit der Krankheit
anders um als mit der Sünde. Bei der Sünde ist die Vernichtung unbegrenzt; bei der Krankheit
ist dies aber nicht der Fall. Z. B. hatte Timotheus noch immer einen schwachen Magen. Der
Herr ließ seinem Knecht diese Krankheit. In Gottes Heil wurde Krankheit also nicht völlig ausgerottet. Manche Christen behaupten, der Herr Jesus rechne nur mit der Sünde ab und nicht
mit der Krankheit; andere erachten seinen Wirkungsbereich in der Behandlung der Krankheit
als so weit und umfassend wie bei der Sünde. Die Schrift aber besagt, daß sich Jesus Sünde
und Krankheit vornimmt; nur hat er mit der Sünde unbegrenzt abgerechnet, mit der Krankheit
aber nur begrenzt. Wir müssen das Lamm Gottes sehen, wie es alle Sünden der Welt wegnimmt
- er hat die Sünde jedes einzelnen Menschen getragen. Das Sündenproblem ist darum bereits
gelöst. Krankheit aber durchdringt noch immer Gottes Kinder. Nichtsdestoweniger behaupten
wir, daß nicht soviel Krankheit unter den Kindern Gottes vorkommen sollte, wie dies der Fall
ist. Als Jesus auf der Erde war, gab er sich unmißverständlich der Heilung von Kranken hin.
Heilung war in seinem Werk eingeschlossen. Je-saja 53,4 ist in Matthäus 8, und nicht 27, erfüllt.
Es wird vor Golgatha verwirklicht. Wäre es am Kreuz verwirklicht worden, wäre Heilung uneingeschränkt. Aber nein, der Herr Jesus trug unsere Krankheiten vor der Kreuzigung, mit dem
Ergebnis, daß dieser Aspekt seines Werkes nicht so unbegrenzt ist, wie es sein Tragen unserer
Sünden war. Trotzdem bleiben viele Gläubige krank, weil sie die Möglichkeit nicht wahrgenommen haben, geheilt zu werden; sie erkennen nicht, daß der Herr unsere Krankheiten getragen
hat. Ich möchte diesem Punkt noch einige Worte hinzufügen. Wenn wir nicht wie Paulus, nach
dreimaligem Beten die Gewißheit haben, daß die Krankheit bleiben soll, weil sie nützlich ist,
sollten wir um Heilung bitten. Paulus akzeptierte seine Schwachheit erst, nachdem er das dritte
Mal gebetet und ihm der Herr deutlich gezeigt hatte, daß seine Gnade ihm genüge und daß seine
Kraft in seiner Schwachheit mächtig würde. Bis wir sicher sind, daß Gott es will, daß wir unsere
Krankheiten tragen, sollten wir den Herrn freimütig bitten, daß er selbst sie trage und uns so
von der Krankheit befreie. Die Kinder Gottes sind nicht auf der Erde, um krank zu sein, sondern
um Gott zu verherrlichen. Wenn Krankheit Gott verherrlicht, dann ist es gut. Viele Krankheiten
aber verherrlichen ihn nicht unbedingt. Darum müssen wir lernen, dem Herrn zu vertrauen, wenn
wir krank sind, und zu erkennen, daß er auch unsere Krankheit trägt. Er heilte viele Menschen,
als er auf der Erde war. Und er ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Übergeben wir ihm
unsere Schwachheit und bitten wir um Heilung!
3. Die Stellung des Gläubigen zur Krankheit
Jedesmal, wenn der Gläubige krank wird, sollte er zuerst vor dem Herrn nach der Ursache forschen. Er sollte nicht überbesorgt nach Heilung trachten. Paulus gibt ein gutes Beispiel dafür,
wie er sich über seine Schwachheit völlig im klaren war. Wir müssen nachprüfen, ob wir dem
Herrn ungehorsam gewesen sind, irgendwo gesündigt haben, jemandem etwas schulden, irgendein
natürliches Gesetz mißachtet oder eine spezielle Pflicht vernachlässigt haben. Wir sollten wissen,
daß wir häufig, wenn wir gegen ein Naturgesetz verstoßen, gegen Gott sündigen, denn Gott legt
diese Naturgesetze fest, durch die er das Universum lenkt. Viele haben Angst zu sterben; sobald
sie krank werden, suchen sie Ärzte auf, ängstlich bedacht, gesund zu werden. Dies sollte nicht
die Haltung des Christen sein. Er sollte zuerst versuchen, die Ursache der Krankheit festzustellen. Aber wie viele Geschwister haben keine Geduld! Sobald sie krank werden, suchen sie das
Heilmittel. Hast du solche Angst, dein kostbares Leben zu verlieren, daß du dich im Gebet an
Gott klammerst, um geheilt zu werden, jedoch gleichzeitig an Ärzte, Drogen und Spritzen? Das
10 Kapitel 10 299
zeigt, wie stark dein Ich noch ist. Wer von sich selbst eingenommen ist, wird auch ängstlich nach
Heilung suchen, sobald er krank wird. Darf ich dir sagen, daß Besorgnis nichts einbringt. Da du
Gott gehörst, ist deine Heilung nicht so einfach. Auch wenn du diesmal geheilt wirst, wird dir
wieder einmal etwas fehlen. Man muß zuerst vor Gott sein Problem lösen, dann kann das Problem
des Leibes gelöst werden. Nimm die Lektion an, die die Krankheit mit sich bringt! Denn wenn
du Begegnungen mit Gott hast, werden viele deiner Probleme schneller gelöst werden. Du wirst
herausfinden, daß Krankheit oft auf Sünde zurückgeführt werden kann. Nach dem Bekenntnis
und der Bitte um Vergebung, darfst du von Gott die Heilung erwarten. Wenn du weiter mit dem
Herrn fortgeschritten bist, kannst du erkennen, daß ein Angriff des Feindes miteingeschlossen
war. Oder Gottes Züchtigung kann mit deinem kranken Zustand zusammenhängen. Gott züchtigt dich mit Krankheit, um dich heiliger, sanfter, gehorsamer zu machen. Wenn du vor Gott
diese Probleme durchgehst, wirst du den genauen Grund für deine Krankheit erkennen können.
Manchmal mag Gott dir natürliche oder medizinische Hilfe erlauben, manchmal jedoch wird er
dich augenblicklich, ohne solchen Beistand heilen. Wir sollten erkennen, daß die Heilung in Gottes
Hand liegt. Lerne dem zu vertrauen, der heilt. Im Alten Testament hat der Herr einen besonderen
Namen: »Ich bin der Herr, dein Arzt« (2. Mose 15, 26). Schaue auf ihn, und er wird dir gnädig
sein. Der erste Schritt des Gläubigen sollte also sein, daß er die Ursache aufspürt; danach mag er
zu verschiedenen Möglichkeiten der Heilung greifen. Eine davon ist, die Ältesten der Gemeinde
zu rufen, damit sie für ihn beten und ihn mit öl salben. Dies ist der einzige Befehl in der Bibel
bezüglich Krankheit. »Ist jemand krank unter euch? Er rufe die Ältesten der Versammlung zu
sich und sie mögen über ihm beten und ihn mit öl salben im Namen des Herrn. Und das Gebet
des Glaubens wird den Kranken heilen, und der Herr wird ihn aufrichten, und wenn er Sünden
begangen hat, wird ihm vergeben werden« (Jak. 5, 14-15). Beeile dich nicht, Heilung zu finden,
sondern pflege von Anbeginn den Umgang mit Gott. Du kannst aber die Ältesten der Gemeinde
rufen, daß sie dich mit Öl salben. Dies weist hin auf das Fließen des Öls vom Haupt zu dir als
einem Glied des Leibes. Das Öl, welches das Haupt empfängt, fließt den ganzen Körper hinunter.
Als Glied des Leibes Christi darf man damit rechnen, daß das Öl vom Haupt zu den Gliedern
fließt. Wo Leben fließt, wird Krankheit vertrieben. Der Zweck des Salbens ist also, das Öl vom
Haupt her fließen zu lassen. Durch Ungehorsam, Sünde oder vielleicht aus einem anderen Grund,
hat der Gläubige sich selbst aus der Gemeinschaft des Leibes hinausbegeben und den Schutz
des Leibes verlassen. Darum muß man die Gemeindeältesten rufen, damit diese Gemeinschaft
wiederhergestellt wird. Das ist genau wie im physischen Leib; wenn ein Glied ausgerenkt ist,
kann das Leben des Körpers nicht frei in dieses Glied fließen. Die Salbung soll also diesen Fluß
wiederherstellen. Die Ältesten repräsentieren die Ortsgemeinde; für den Leib Christi salben sie
den Gläubigen, damit das Öl des Hauptes wieder zu ihm fließen kann. Das Öl des Hauptes soll auf
das Glied fließen, in dem das Leben unterbrochen ist. Unsere Erfahrung zeigt, daß dieses Salben
selbst den Schwerkranken augenblicklich aufrichten kann. Zuweilen entdeckt man als Erklärung
für eine Krankheit den Individualismus. Das mag sogar die Hauptursache einer Krankheit sein.
Manche Christen sind sehr eigenständig. Sie tun alles nach ihrem eigenen Willen. Sie tun alles
selbst. Wenn die Hand Gottes sich auf sie legt, werden sie krank, da die Zufuhr des Leibes diese
Glieder nicht erreicht. Ich darf diese Dinge nicht übereinfach darstellen. Krankheitsursachen können viele und verschiedenartige sein. Eine Krankheit mag auf Ungehorsam gegenüber des Herrn
Gebot beruhen, oder auf der Weigerung, seinen Willen auszuführen. Eine andere kann dadurch
verursacht worden sein, daß eine bestimmte Sünde begangen wurde; eine weitere aber kann die
Folge von Individualismus sein. Im Falle von gewissen Individualisten ist Gott nachsichtig und
züchtigt nicht; aber besonders im Falle von solchen, die die Gemeinde kennen, züchtigt er mit
Krankheit, wenn sie unabhängig vorgehen. Solche läßt der Herr nicht ungezüchtigt. Schwachheit ist möglicherweise auch die Folge eines befleckten Leibes. Befleckt jemand seinen Leib, wird
Gott diesen Tempel zerstören. Viele Christen sind schwach, weil sie ihren Leib verdorben haben.
10 Kapitel 10 300
Zusammenfassend können wir sagen: Keine Krankheit tritt ohne Ursache auf. Wenn der Christ
krank wird, sollte er versuchen, die Ursache oder Ursachen ausfindig zu machen. Nachdem er
sie eine um die andere vor Gott bekannt hat, sollte er die Gemeindeältesten herbeirufen, damit
sie einander bekennen und füreinander beten können. Die Ältesten werden den Kranken mit öl
salben, damit das Leben des Leibes Christi in ihm wiederhergestellt wird. Das Einfließen des
Lebens wird die Krankheit verschlingen. Wir glauben an natürliche Ursachen, aber dabei müssen wir feststellen, daß geistliche Ursachen den natürlichen übergeordnet sind. Wenn man die
geistlichen Ursachen beseitigt, wird die Krankheit geheilt werden.
4. Gottes Züchtigung und die Krankheit
Eine erstaunliche Tatsache findet sich in der Bibel: Für einen Heiden ist es einfach, geheilt zu
werden, für einen Christen ist es jedoch nicht so einfach. Das Neue Testament zeigt uns immer
wieder, daß die Bitte eines Ungläubigen um Heilung sofort erhört wird. Die Gabe Heilung ist
sowohl für die Brüder als auch für die Ungläubigen. Doch berichtet uns die Bibel von einigen
Menschen, die nicht geheilt wurden, unter ihnen Trophimus, Timotheus und Paulus. Und dies
waren die vortrefflichsten Brüder. Paulus ließ den Trophimus krank in Milet zurück. Er ermahnte den Timotheus, ein wenig Wein für seinen Magen und seine häufigen Leiden zu nehmen (1.
Tim. 5,23). Paulus selbst hatte einen »Pfahl im Fleisch«, der ihm viel Leiden verursachte und
ihn sehr schwächte (2. Kor. 12, 7). Was auch dieser »Pfahl« gewesen sein mag, ein Augenleiden oder irgendeine andere Krankheit, es traf sein Fleisch. Wenn der kleine Finger von einem
Dorn gestochen wird, ist das sehr unangenehm. Der »Pfahl« des Paulus aber war ein großer
und kein kleiner. Es verursachte ihm solche Unannehmlichkeit, daß er seinen Zustand nur mit
Schwäche beschreiben konnte. Keiner dieser drei Brüder wurde geheilt. Es ist offensichtlich, daß
die Krankheit in ihrer Auswirkung von der Sünde gänzlich verschieden ist. Sünde bringt keine
Frucht der Heiligung hervor, Krankheit aber sehr wohl. Je mehr jemand sündigt, desto verderbter
wird er. Krankheit hingegen bringt Frucht zur Heiligung, weil die züchtigende Hand Gottes auf
dem Kranken liegt. Unter solchen Umständen geziemt es sich für ein Kind Gottes, sich unter
die mächtige Hand Gottes zu demütigen. Wenn jemand krank ist, sollte er jede Ursache der
Krankheit vor den Herrn bringen. Wenn die Hand Gottes weiter auf ihm bleibt, dann sollte er
begreifen, daß diese Krankheit für ihn einen besonderen Sinn hat. Gott will ihm etwas deutlich
machen. Er sollte das annehmen und die Lektion lernen. Kranksein ist wertlos, wenn die Lektion
nicht gelernt wird. Die Krankheit an sich führt niemanden in die Heiligung, aber die Lektion
bewirkt Heiligung. Manche Christen erleben einen geistlichen Rückgang, wenn sie krank werden!
Das ist der Grund, warum man in einer solchen Zeit eine Lektion zu lernen hat. Welchen Nutzen
oder welche Frucht kann daraus gewonnen werden? Ist die Hand Gottes auf mir, um mich in der
Demut zu halten, wie er es mit Paulus tat, »auf daß ich mich nicht durch die Uberschwenglichkeit
der Offenbarungen überhebe« (2. Kor. 12, 7)? Oder will Gott meinen hartnäckigen Individualismus schwächen? Wozu ist die Krankheit nütze, wenn ich nicht die Lektion der Schwachheit
lerne? Viele Christen sind vergeblich krank, weil sie Gottes Handeln mit ihrem besonderen Problem nicht erkennen und akzeptieren. Erachte Krankheit nicht als etwas Schreckliches. In wessen
Hand liegt das Messer? Denke daran, daß es Gottes Hand ist. Warum sollten wir uns über unsere
Schwachheit Sorgen machen, als ob sie in der Hand des Feindes wäre! Erkenne, daß Gott die
Krankheit zugemessen hat. Gewiß, Satan ist ihr Urheber; er macht die Menschen krank. Doch
alle, die das Buch Hiob gelesen haben, wissen, daß dies mit Gottes Erlaubnis geschieht. Ohne
Gottes Erlaubnis kann Satan niemanden krank machen. Gott ließ zu, daß Hiob von Krankheit
angegriffen wurde, aber er gestattete dem Feind nicht, das Leben zu berühren. Warum sind wir
denn so erregt, voller Verzweiflung, so ängstlich besorgt, geheilt zu werden? Haben wir Angst zu
sterben, wenn wir mit einer Krankheit darniederliegen? Es ist immer gut für uns, daran zu den-
10 Kapitel 10 301
ken, daß alle Krankheit in Gottes Hand liegt. Er hat sie bemessen und auch begrenzt. Nachdem
Hiob die Strecke der Versuchung hinter sich gebracht hatte, war die Prüfung vorüber, denn sie
hatte ihren Zweck in ihm erfüllt. »Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des
Herrn habt ihr gesehen, daß der Herr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist« (Jak. 5, 11).
Welche Schande, daß so viele Christen krank sind, ohne den Zweck zu erkennen oder die Lektion
daraus zu lernen. Alle Schwachheiten sind in der Hand des Herrn und von ihm bemessen, auf
daß wir unsere Lehre daraus ziehen. Je schneller wir lernen, desto schneller weicht die Krankheit
von uns. Darf ich es direkt sagen: Viele Gläubige sind ganz einfach deshalb krank, weil sie sich
zu sehr lieb haben. Wenn der Herr diese Eigenliebe nicht aus ihren Herzen entfernt, kann er sie
nicht gebrauchen. Darum müssen wir es lernen, nicht uns selbst zu lieben. Viele Christen können
an nichts anderes denken als an sich selbst. Das ganze Universum scheint sich um sie zu drehen.
Sie sind sowohl Mittelpunkt der Erde als auch Angelpunkt des Universums. Tag und Nacht sind
sie mit sich selbst beschäftigt. Jedes Geschöpf ist für sie da, alles dreht sich um sie. Selbst Gott
im Himmel ist für sie da, Christus und die Gemeinde sind für sie da. Wie kann Gott dieses egozentrische Wesen zerschlagen? Warum sind einige Krankheiten so schwer zu heilen? Wie eifrig
werben manche Patienten doch um das Mitleid der Menschen! Würden sie menschliches Mitleid
von sich stoßen, wären sie bald geheilt. Eine bestürzende Tatsache ist, daß viele krank sind, weil
sie gerne krank sind. Wenn sie krank sind, erhalten sie soviel Aufmerksamkeit und Liebe wie
bei guter Gesundheit nicht. Sie werden oft krank, damit sie geliebt werden. Solche Leute müssen
scharf zurechtgewiesen werden; sollten sie bereit sein, Gottes Handeln in dieser Angelegenheit
anzunehmen, werden sie sich bald erholen. Ich kenne einen Bruder, der von anderen viel Liebe
und Freundlichkeit erwartete. Immer wenn jemand nach seiner Gesundheit fragte, klagte er über
seine körperliche Schwachheit. Er gab dann einen detaillierten Bericht darüber ab, wie viele Minuten er Fieber hatte, wie lange Kopfweh, wieviele Atemzüge pro Minute er benötigte und wie
unregelmäßig sein Herzschlag war. Es war ihm beständig unwohl. Er erzählte anderen gern von
seinen Nöten, um ihr Mitleid zu erregen. Er wußte nichts zu sagen, als seine Geschichte endloser
Krankheiten. Manchmal wunderte er sich, daß er nie geheilt wurde. Es ist oft schwer, die Wahrheit zu sagen. Manchmal kostet es auch viel. Eines Tages war ich innerlich geführt, ihm klar zu
sagen, daß seine lange Krankheit auf seiner Liebe zur Krankheit beruhe. Er stritt dies natürlich
ab. Trotzdem wies ich ihn darauf hin: Du befürchtest, deine Krankheit könnte dich verlassen. Du
verlangst nach Mitleid, Liebe und Pflege. Da du dir dies auf keine andere Weise sichern kannst,
benutzt du deine Krankheit dazu. Du mußt deine egoistischen Wünsche ablegen, bevor Gott dich
heilen kann. Wenn die Leute dich fragen, wie es dir geht, mußt du lernen zu sagen: »Alles ist
wohl.« Wäre das eine Lüge, wenn die vorhergehende Nacht schlecht verbracht wurde? Erinnere
dich an die Geschichte der Su-namitin. Sie legte ihr totes Kind auf das Bett des Mannes Gottes
und suchte Elisa. Als sie gefragt wurde: »Geht es dir wohl? Geht es deinem Mann wohl? Geht es
dem Kinde gut?« antwortete sie: »Wohl« (2. Kön. 4,26). Wie konnte sie das sagen, da sie doch
wußte, daß das Kind schon gestorben war und auf Elisas Bett lag? Weil sie Glauben hatte. Sie
glaubte, daß Gott ihr Kind auferwecken würde. So mußt auch du heute glauben. Was auch immer
die Ursache ist, ob äußerlich oder innerlich, die Krankheit wird vorüber sein, wenn Gott einmal
zum Ziel gekommen ist. Menschen wie Paulus, Timotheus und Trophimus sind Ausnahmen. Obwohl ihre Krankheiten sich in die Länge zogen, anerkannten sie, daß diese für ihre Arbeit nützlich
war. Sie lernten es, Gott auch durch die Krankheit zu verherrlichen. Paulus riet dem Timotheus,
ein wenig Wein zu trinken und auf Essen und Trinken zu achten. Trotz ihrer Gebrechen wurde die Arbeit des Herrn nicht vernachlässigt. Der Herr gab ihnen ausreichend Gnade, um ihre
mangelnde Kraft zu überwinden. Paulus arbeitete auch in Schwachheit. Wenn wir seine Briefe
lesen, können wir leicht erkennen, daß er mehr leistete als viele andere. Gott gebrauchte diesen
schwachen Mann, um zehn Starke zu übertreffen. Obwohl sein Körper zerbrechlich war, gab Gott
ihm Kraft und Leben. Dies sind jedoch die Ausnahmen in der Bibel. Einige besondere Gefäße
10 Kapitel 10 302
des Herrn mögen auch so behandelt werden. Aber gewöhnliche Gläubige, besonders Anfänger im
Glauben, sollten prüfen, ob sie gesündigt haben; und wenn sie ihre Sünden bekennen, werden sie
erleben, wie ihre Krankheit geheilt wird. Abschließend wollen wir erkennen, daß Satan oft einen
plötzlichen Angriff unternimmt, oder manchmal geschieht es, daß wir unbewußt ein Naturgesetz
übertreten. Auch das können wir vor den Herrn bringen. Wenn es ein Angriff des Feindes ist,
gebietet ihm im Namen des Herrn. Einmal hatte eine Schwester längere Zeit Fieber. Nachdem
sie festgestellt hatte, daß es ein Angriff des Feindes war, bedrohte sie das Fieber im Namen des
Herrn, und das Fieber ließ nach. Wenn du gegen ein Naturgesetz Gottes verstößt, indem du die
Hand ins Feuer hältst, wirst du dich sicherlich verbrennen. Habe gut auf dich acht. Warte nicht,
bis du krank bist, um dein Versäumen zu bekennen. Es ist wichtig, während der gesunden Tage
auf den Körper zu achten.
5. Der Weg zur Heilung
Wie sollten wir vor Gott die Heilung suchen? Im Markusevangelium stehen drei Sätze, die es
wert sind, gelernt zu werden. Ich finde sie besonders hilfreich, wenigstens für mich sind sie sehr
wirksam. Der erste spricht von der Macht des Herrn; der zweite von seinem Willen; der dritte
von seinem Handeln. a) die Macht des Herrn: »Gott kann.« Jesus fragte seinen Vater: »Wie
lange Zeit ist es, daß ihm dies geschehen ist? Er aber sprach: Von Kindheit an; und oftmals hat
er ihn sogar ins Feuer geworfen und ins Wasser, auf daß er ihn umbrächte; aber wenn du etwas
kannst, so erbarme dich unser und hilf uns! Jesus aber sprach zu ihm: Wenn du glaubst! Dem
Glaubenden ist alles möglich« (9, 21-23). Der Vater rief: »Wenn du kannst, so hilf uns!« Der Herr
antwortete: »Wenn du glaubst! Dem Glaubenden ist alles möglich.« Das Problem ist nicht, »wenn
du kannst«, sondern vielmehr, »wenn du glaubst«. Ist es nicht so, daß das erste Problem, das
bei der Krankheit aufkommt, der Zweifel an Gottes Macht ist? Unter dem Mikroskop scheint die
Macht der Bakterien größer zu sein als die Macht Gottes. Sehr selten unterbricht der Herr andere
mitten im Wort, doch hier scheint es, als ob er sehr zornig gewesen wäre. (Der Herr möge mir
vergeben, daß ich es so ausdrücke!) Als er den Vater des Kindes sagen hörte: »Wenn du kannst,
erbarme dich unser und hilf uns«, war seine Antwort scharf: »Warum sagst du, wenn du kannst?
Dem Glaubenden ist alles möglich. Bei der Krankheit ist die Frage nicht, ob ich kann oder nicht,
sondern ob du glaubst oder nicht.« Der erste Schritt eines Gotteskindes in der Krankheit ist also,
sein Haupt zu erheben und zu sagen: »Herr, du kannst.« Wir erinnern uns an die Heilung des
Lahmen. Jesus fragte die Pharisäer: »Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Deine Sünden
sind vergeben oder zu sagen: Stehe auf, nimm dein Bett und wandle?« (Mark. 2, 9). Die Pharisäer
dachten natürlich, es sei einfacher zu sagen, deine Sünden sind dir vergeben, denn wer könnte
beweisen, ob das auch geschieht? Aber die Worte des Herrn und ihre Auswirkungen zeigten
ihnen, daß er sowohl Krankheiten heilen als auch Sünden vergeben konnte. Er fragte nicht, was
schwierig, sondern was leichter sei. Für ihn war beides gleich leicht. Für den Herrn war es genauso
leicht, dem Lahmen zu gebieten, aufzustehen und zu wandeln, wie seine Sünden zu vergeben.
Für die Pharisäer war beides gleich schwierig. b) Der Wille des Herrn: »Gott will.« Ja, er kann
tatsächlich, aber wie kann ich wissen, ob er auch will? Ich kenne seinen Willen nicht. Vielleicht
will er mich nicht heilen. Dies ist wieder eine andere Geschichte im Markusevangelium. »Und es
kommt ein Aussätziger zu ihm, bittet ihn und kniet vor ihm nieder und spricht zu ihm: Wenn du
willst, kannst du mich reinigen. Jesus aber, innerlich bewegt, streckte die Hand aus, rührte ihn
an und spricht zu ihm: Ich will, sei gereinigt« (1, 40-41). Wie groß auch immer die Macht Gottes
sein mag, wenn er mich nicht heilen will, wird seine Macht mir nichts nützen. Das Problem, das
zuerst geklärt werden muß, ist: Kann Gott? Das zweite lautet: Will Gott? Keine Krankheit ist
so unrein wie Aussatz. Sie ist so unrein, daß laut Gesetzjeder, der einen Aussätzigen berührt,
selber als unrein angesehen wird. Und dennoch berührte Jesus den Aussätzigen und sagte zu
10 Kapitel 10 303
ihm: »Ich will.« Wie er den Aussätzigen heilte, will er auch unsere Krankheiten heilen! Wir
können freimütig ausrufen, »Gott kann« und »Gott will«. c) Das Handeln des Herrn: »Gott
hat getan.« Gott muß noch eines tun. »Wahrlich, ich sage euch: Wer irgend zu diesem Berge
sagen wird: Werde aufgehoben und ins Meer geworfen, und nicht zweifeln wird in seinem Herzen,
sondern glauben, daß geschieht, was er sagt, dem wird werden, was er sagen wird. Darum sage
ich euch: Alles, was ihr betet und bittet, glaubet, daß ihr es empfanget (griechisch: empfinget),
und es wird euch werden« (11, 23-24). Was ist Glaube? Glaube vertraut, daß Gott kann, daß
Gott will und daß Gott handelt. Der Glaube ist eine gewisse, keine unsichere Sache. Das muß ich
veranschaulichen: Angenommen, du predigst das Evangelium, und einer bekennt, zum Glauben
gekommen zu sein. Frage ihn, ob er gerettet ist. Und sollte seine Antwort sein: »Ich wünsche
es«, dann weißt du, daß dies nicht die richtige Antwort ist. Sollte er sagen: »Ich werde gerettet
werden«, ist die Antwort noch immer falsch. Sogar wenn seine Antwort lautet: »Ich denke, ich
werde ganz bestimmt gerettet werden«, fehlt noch etwas. Aber wenn er erwidert: »Ich weiß, ich
bin gerettet«, dann weißt du, daß die rechte Saite angeklungen ist. Wer glaubt, ist gerettet. Halte
diese drei Schritte fest: Gott kann, Gott will, Gott handelt.
Gott als das Leben des Leibes
Wir haben schon zur Kenntnis genommen, daß unser Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist.
Was unsere Aufmerksamkeit an sich zieht, ist die besondere Betonung, die der Apostel Paulus
auf den Leib legt. Die allgemeine Auffassung ist, daß das Leben Christi für unsern Geist ist,
nicht aber für unsern Leib. Nur wenige erkennen, daß das Heil Gottes auch den Körper erfaßt,
nachdem er dem Geist Leben gegeben hat. Wäre es Gottes Wille gewesen, daß sein Geist nur in
unserem Geist wohnen sollte, dann hätte der Apostel Paulus nur zu sagen brauchen: »Euer Geist
ist der Tempel Gottes«, und er hätte den Leib gar nicht zu erwähnen brauchen. Der Leib ist
mehr als ein Empfänger eines besonderen Vorrechts, der Leib als Tempel des Heiligen Geistes ist
ein Kanal wirksamer Kraft. Das Innewohnen des Heiligen Geistes stärkt den inneren Menschen,
erleuchtet unsere Herzensaugen und macht unseren Körper gesund. Wir haben auch festgestellt,
wie der Heilige Geist unseren sterblichen Leib belebt. Wir müssen nicht bis zu unserem Tode
warten, bevor er uns aufrichtet, denn jetzt schon gibt er unserem sterblichen Leib Leben. In der
Zukunft wird er diesen vergänglichen Leib aus den Toten erwecken, heute jedoch belebt er diesen
sterblichen Leib. Die Kraft seines Lebens durchdringt jede Zelle unseres Seins, so daß wir sein
Leben und seine Kraft auch im Leib erfahren können. Wir müssen unsere äußere Schale nicht
mehr als ein erbärmliches Gefängnis ansehen, denn wir können in ihr sehen, wie Gottes Leben zum
Ausdruck kommt. Wir können jetzt auf eine tiefere Art das Wort erleben: »Es ist nicht länger ich,
der lebt, sondern Christus lebt in mir.« Jetzt ist Christus zum Quell unseres Lebens geworden. Er
lebt in uns heute, wie er einst im Fleisch lebte. So können wir in vollem Maß die Bedeutung der
Aussage verstehen: »Ich bin gekommen, auf daß sie Leben haben und es im Überfluß haben« (Joh.
10, 10). Zudem reicht dieses überfließende Leben zur Erfüllung jeder Notdurft des Leibes aus.
Paulus ermahnt den Timotheus: »Ergreife das ewige Leben« (1. Tim. 6, 12). Bestimmt fehlte dem
Timotheus nicht das ewige Leben. Ist dies nicht das Leben, das Paulus im selben Kapitel als »das
wirkliche Leben« beschreibt? Ermahnt er nicht den Timotheus, ewiges Leben zu erfahren, indem
er alle Erscheinungsformen des Todes überwindet? Wir möchten unsere Leser wissen lassen, daß
wir die Tatsache nicht aus den Augen verloren haben, daß unser Körper tatsächlich sterblich ist;
aber trotzdem: Wir, die dem Herrn gehören, können die Kraft des Lebens erfahren, das den Tod
verschlingt. In unserem Körper sind zwei Kräfte am Werk: Tod und Leben. Auf der einen Seite ist
Vergänglichkeit, die uns nahe an den Tod bringt; auf der anderen Seite wird wieder nachgefüllt
durch Essen und Schlafen, und diese erhalten das Leben. Außergewöhnlicher Verbrauch schwächt
den Körper, weil die Kraft des Todes zu mächtig ist; gleicherweise weist zu große Nahrungszufuhr
10 Kapitel 10 304
Zeichen der Übersättigung auf, weil die Kraft des Lebens zu stark ist. Die beste Verhaltensweise
ist es, die Kräfte des Lebens und des Todes in einem Gleichgewicht zu halten. Darüberhinaus
sollten wir verstehen, daß die Müdigkeit, die Gläubige in ihrem Körper oft erfahren, sich in
verschiedener Hinsicht von der Müdigkeit anderer Leute unterscheidet. Ihr Verbrauch ist mehr als
nur körperlicher Art. Weil sie mit dem Herrn wandeln, die Lasten anderer tragen, mit den Brüdern
leiden, für Gott arbeiten, vor ihm Fürbitte tun, die Mächte der Finsternis bekämpfen, ihren
Leib zerschlagen, um ihn in Knechtschaft zu führen, sind Speise und Ruhe allein ungenügend,
um den Verlust an Kraft in ihrem Körper wiedergutzumachen. Dies erklärt zum Teil, warum
viele Gläubige, die vor ihrem Ruf in den Dienst gesund waren, nicht lange darnach körperlich
schwach werden. Unsere körperliche Kraft wird nicht mit den Anforderungen des geistlichen
Lebens und Kampfes und der geistlichen Arbeit fertig. Der Kampf mit Sündern, der Sünde
und bösen Geistern saugt unsere Lebenskraft aus. Natürliche Mittel allein sind ungenügend,
um unsere körperlichen Bedürfnisse zu erfüllen. Wir müssen uns vom Leben Christi abhängig
machen, weil dies allein uns aufrecht erhalten kann. Sollten wir uns auf physische Ernährung
und Speise und auf Medizin allein verlassen, begehen wir einen schwerwiegenden Fehler. Nur
das Leben des Herrn Jesus entspricht mehr als zur Genüge den körperlichen Anforderungen
unseres geistlichen Lebens, Werkes und Kampfes. Er allein rüstet uns mit der nötigen Lebenskraft
aus, um mit Sünde und Satan zu ringen. Wenn der Gläubige einmal erfaßt hat, was geistliche
Kampfführung ist, und wie er mit dem Feind im Geist ringen muß, wird er die Kostbarkeit des
Herrn Jesus als das Leben seines Leibes zu schätzen beginnen. Jeder Christ sollte die Realität
seines Vereinigtseins mit dem Herrn erkennen. Er ist der Weinstock und wir die Reben. Wie
die Reben mit dem Stamm vereint sind, so auch wir mit dem Herrn. Durch das Vereinigtsein
mit dem Stamm empfangen die Reben den Lebensstrom. Bewirkt unsere Vereinigung mit dem
Herrn dasselbe? Wenn wir dieses Einssein auf den Geist beschränken, wird sich der Glaube
dagegen erheben und widersprechen. Da der Herr uns beruft, die Realität unseres Einsseins mit
ihm auszuleben, will er, daß wir glauben und den Fluß seines Lebens in unseren Geist, unsere
Seele und unseren Leib empfangen. Sollte unsere Gemeinschaft unterbrochen werden, würde
der Geist seinen Frieden und der Körper seine Gesundheit verlieren. Beständiges Bleiben in
ihm bedeutet, daß sein Leben fortwährend unseren Geist erfüllt und unserem Leib zufließt. Wir
müssen erkennen, daß gewisse Erscheinungen des Leibes in Wahrheit geistliche Angelegenheiten
sind. Göttliche Heilung zu empfangen und Mehrung der Kraft, sind geistliche und nicht bloß
körperliche Erfahrungen, obwohl sie sich im körperlichen Bereich abspielen. Solche Erfahrungen
sind nichts anderes als das Leben des Herrn Jesus, das in unserem Körper manifestiert wird.
Wie einst das Leben des Herrn Jesus die Auferstehung unseres toten Geistes verursachte, so
macht es jetzt diesen sterblichen Leib lebendig. Gott will, daß wir das herrliche, über alles
siegreiche Auferstehungsleben Christi in jedem Bereich unseres Seins zur Auswirkung kommen
lassen. Er beruft uns dazu, täglich und stündlich unsere Lebenskraft durch ihn zu erneuern. Genau
das ist unser neues Leben. Obwohl unser Leib noch immer durch unser natürliches Seelenleben
angetrieben wird, leben wir nicht mehr durch dasselbe, weil wir unser Vertrauen auf das Leben des
Sohnes Gottes gesetzt haben, der mehr Kraft in unsere Glieder leitet, als es das Seelenleben kann.
Wir legen großes Gewicht auf dieses »Leben«. In allen unseren geistlichen Erfahrungen dringt
dieses geheimnisvolle, wunderbare »Leben« reichlich in uns ein. Gott will uns dahin führen, dieses
Leben Christi als unsere Kraft zu besitzen. Das Wort Gottes ist das Leben unseres Leibes: »Nicht
vom Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes
ausgeht« (Matth. 4, 4). Das bekräftigt den Gedanken, daß Gottes Wort unseren Leib erhalten
kann. Natürlich gesehen muß der Mensch vom Brot leben; wenn das Wort Gottes seine Kraft
abgibt, kann der Mensch auch durch dieses leben. Hierin sehen wir beides, die natürliche und die
übernatürliche Art des Lebens. Gott sagt nicht, daß wir fortan nicht mehr zu essen brauchen;
er läßt uns wissen, daß sein Wort uns ein Leben geben kann, das Speise nicht vermag. Wenn
10 Kapitel 10 305
Speise die erwünschte Wirkung in unserem Leib nicht herzustellen vermag, kann sein Wort uns
geben, was wir benötigen. Viele Menschen leben vom Brot allein, andere vom Brot und dem
Wort Gottes. Brot erfüllt manchmal nicht den Zweck, aber Gottes Wort ist unveränderlich. Gott
verbirgt sein Leben in seinem Wort. Er ist das Leben und auch das Wort. Erachten wir Gottes
Wort als bloße Lehre, Glaubensbekenntnis oder moralische Richtschnur, wird es sich nicht als
wirksam in uns erweisen. Nein, Gottes Wort muß »verdaut« und mit uns vereint werden. Hungrige
Gläubige nehmen es zu sich wie eine Speise. Wenn sie es gläubig annehmen, wird das Wort Leben
schaffen. Gott sagt, sein Wort sei in der Lage, Leben zu erhalten. Wenn natürliche Speise versagt,
können wir Gottes Wort glauben. Dann werden wir ihn als Leben, nicht nur für unseren Geist,
sondern auch für unseren Leib, erkennen. Heute erleiden Christen großen Verlust, wenn sie nicht
zur Kenntnis nehmen, wie reichlich Gott für unsere irdische Hütte gesorgt hat. Wir begrenzen
Gottes Verheißungen auf den inwendigen Geist und übersehen ihre Bedeutung für den Leib.
Aber erkennen wir, daß unsere körperlichen Bedürfnisse nicht weniger wichtig sind als unsere
geistlichen?
Die Erfahrungen der Gläubigen
Es ist nicht Gottes Wille, daß seine Kinder schwach sind; sein Wille für sie ist, daß sie stark und
gesund sind. Sein Wort bekräftigt: »Wie deine Tage, so deine Kraft« (5. Mose 33, 25). Das weist
natürlich auch auf den Leib hin. Solange wir auf Erden leben, verheißt uns der Herr Kraft. Weil
viele Kinder Gottes diese kostbare Verheißung nicht im Glauben beansprucht haben, finden sie
ihre Lebenskraft ihren Tagen auf Erden nicht angemessen. Um ihnen so viel Kraft zu geben, wie
die Tage, die Gott seinen Kindern zugestanden hat, erfordern, verheißt Gott, daß er sich selbst zu
ihrer Stärke macht. Im Glauben an Gottes Verheißung können wir jeden Tag sagen: »Weil Gott
lebt, werden wir für diesen Tag ausgerüstet werden, sowohl körperlich als auch geistlich.« Für die
Gläubigen vergangener Tage war es eine allgemeine Erfahrung, Gott als die Stärke ihres Lebens
zu kennen und zu erfahren, daß Gottes Leben ihren Leib durchdrang. Wir können dies zuerst
bei Abraham beobachten: »Und nicht schwach im Glauben, sah er nicht seinen eigenen, schon
erstorbenen Leib an, da er fast hundert Jahre alt war, und das Absterben des Mutterleibes der
Sara«, durch Glauben zeugte er Isaak. Die Macht Gottes wurde in einem Leib offenbar, der so
gut wie tot war. Der wichtige Punkt ist hier nicht so sehr der Zustand unseres Leibes, sondern die
Macht Gottes in unserem Leib. Die Schrift beschreibt uns das Leben Moses, indem sie sagt: »Und
Mose war hundertundzwanzig Jahre alt, als er starb; sein Auge war nicht schwach geworden und
seine Kraft nicht geschwunden« (5. Mose 34, 7). Es kann nicht in Frage gestellt werden, daß hier
von der Kraft Gottes im Leib des Mose die Rede ist. Die Bibel erwähnt auch den körperlichen
Zustand Kalebs. Nachdem die Israeliten ins Land Kanaan eingezogen waren, bezeugte Kaleb:
»Da schwur Mose am selbigen Tage und sprach: Wenn nicht das Land, auf welches dein Fuß
getreten ist, dir und deinen Söhnen zum Erbteil wird ewiglich! Denn du bist dem Herrn, meinem
Gott, völlig nachgefolgt. Und nun siehe, der Herr hat mich am Leben erhalten, so wie er geredet
hat, diese fünfundvierzig Jahre, seitdem der Herr dieses Wort zu Mose geredet hat, als Israel
in der Wüste umherwanderte; und nun siehe, ich bin heute fünfundachtzig Jahre alt. Ich bin
heute noch so stark wie an dem Tage, da Mose mich aussandte; wie meine Kraft damals, so ist
meine Kraft jetzt zum Streite, und um aus- und einzuziehen« (Jos. 14, 9-11). Er war ein Mann,
der Gott von ganzem Herzen nachfolgte. Gott wurde, wie er verheißen hatte, seine Stärke, daß
er auch nach 45 Jahren nichts an Lebenskraft eingebüßt hatte. Wenn wir das Buch der Richter
lesen, sehen wir die körperliche Kraft Simsons. Obwohl Simson viele unmoralische Dinge tat und
obwohl der Heilige Geist nicht jedem Gläubigen solch überragende Kraft verleihen wird, ist eines
gewiß: Wenn wir uns auf den Heiligen Geist stützen, werden wir erleben, wie seine Kraft unsere
täglichen Bedürfnisse erfüllt. Aus den Liedern Davids, wie sie in den Psalmen aufgezeichnet sind,
10 Kapitel 10 306
können wir erkennen, daß die Kraft Gottes auch Davids Körper durchdrang: »Ich liebe dich,
Herr, meine Stärke!.. .der Gott, der mich mit Kraft umgürtet und vollkommen macht meinen
Weg; der meine Füße denen der Hindinnen gleich macht und mich hinstellt auf meine Höhen; der
meine Hände den Streit lehrt, und meine Arme spannen den ehernen Bogen« (Ps. 18, 1; 32-34).
»Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? Der Herr ist meines
Lebens Stärke, vor wem sollte ich erschrecken?« (Ps. 27, 1). »Der Herr wird Stärke geben seinem
Volke, der Herr wird sein Volk segnen mit Frieden« (Ps. 29, 11). »Geboten hat dein Gott deine
Stärke. Stärke, o Gott, das, was du für uns gewirkt hast... Furchtbar bis du, Gott, aus deinen
Heiligtümern her; der Gott Israels, er ist es, der Stärke und Kraft gibt dem Volke. Gepriesen sei
Gott« (Ps. 68, 28 u. 35). »Der mit Gutem sättigt dein Alter; deine Jugend erneuert sich wie die
des Adlers« (Ps. 103, 5). Auch andere Psalmen erzählen, wie Gott seinem Volk zur Stärke wurde:
»Vergeht mein Fleisch und mein Herz - meines Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf ewig« (Ps.
73, 26). »Glückselig der Mensch, dessen Stärke in dir ist, in dessen Herzen gebahnte Wege sind«
(Ps. 84, 5). »Ich werde ihn sättigen mit Länge des Lebens und ihn schauen lassen meine Rettung«
(Ps. 91, 16). Elihu schilderte Hiob Gottes Züchtigung und seine Nachwirkungen. »Auch wird er
gezüchtigt mit Schmerzen auf seinem Lager und mit beständigem Kampf in seinen Gebeinen.
Und sein Leben verabscheut das Brot und seine Seele die Lieblingsspeise; sein Fleisch zehrt ab,
daß man es nicht mehr sieht, und entblößt sind seine Knochen, die nicht gesehen wurden; und
seine Seele nähert sich der Grube, und sein Leben den Würgern. Wenn es für ihn einen Gesandten
gibt, einen Ausleger, einen aus tausend, um dem Menschen seine Geradheit kundzutun, so wird
er sich seiner erbarmen und sprechen: Erlöse ihn, daß er nicht in die Grube hinabfahre; ich habe
eine Sühnung gefunden. Sein Fleisch wird frischer sein als in der Jugend; er wird zurückkehren zu
den Tagen seiner Jünglingskraft« (Hiob 33, 19-25). Dies zeigt, wie das Leben aus Gott ausgelebt
werden kann - auch nahe an der Pforte des Todes. Auch der Prophet Jesaja bezeugt dies: »Siehe,
Gott ist mein Heil, ich vertraue und fürchte mich nicht; denn der Herr ist meine Stärke und
mein Gesang, und er ist mir zum Heil geworden« (Jes. 12, 2). »Er gibt dem Müden Kraft und
dem Unvermögenden reicht er Stärke dar in Fülle. Und Jünglinge ermüden und ermatten, und
junge Männer fallen hin; aber die auf den Herrn harren, gewinnen neue Kraft: sie heben die
Schwingen empor wie die Adler; sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht«
(Jes. 40, 29-31). Als Daniel Gott geschaut hatte, sagte er: »Und es blieb keine Kraft in mir, und
meine Gesichtsfarbe verwandelte sich an mir bis zur Entstellung, und ich behielt keine Kraft.«
Gott aber sandte seinen Engel, um seine Kraft zu mehren. Daniel beschreibt das so: »Da rührte
mich wiederum jemand an, von Aussehen wie ein Mensch und stärkte mich. Und er sprach:
Fürchte dich nicht, du vielgeliebter Mann! Friede dir! Sei stark, ja, sei stark! Und als er mit mir
redete, fühlte ich mich gestärkt und sprach: Mein Herr möge reden, denn du hast mich gestärkt«
(10, 18-19). Wiederum sehen wir, wie Gott dem Leib des Menschen Kraft zuführt. Die Kinder
des Herrn sollten wissen, daß er auch für den Leib sorgt. Gott ist nicht nur Stärke für unseren
Geist, sondern auch für unseren Leib. Selbst in alttestamentlicher Zeit, als die Gnade noch nicht
so offenkundig war wie heute, erlebten die Gläubigen Gott als Stärke für ihren Leib. Kann der
Segen heute geringer sein als damals? Wir sollten mindestens dieselbe göttliche, stärkende Kraft
erfahren. Wenn wir die Reichtümer Gottes nicht kennen, schränken wir sie vielleicht auf das
ein, was nur unseren Geist betrifft. Aber diejenigen, die Glauben haben, werden sein Leben
und seine Kraft nicht auf den Geist beschränken und den Leib ausklammern. Wir wollen die
Tatsache unterstreichen, daß das Leben Gottes nicht nur genügt, unsere Krankheiten zu heilen,
sondern auch, um uns stark und gesund zu erhalten. Gott befähigt uns, sowohl Krankheit als
auch Schwachheit zu überwinden. Er heilt uns nicht, damit wir nachher von unserer natürlichen
Energie leben; er soll unserem Leib Energie sein, damit wir durch ihn leben und Kraft empfangen
für seinen Dienst. Als die Israeliten Ägypten verließen, gab ihnen Gott folgende Verheißung:
»Wenn du fleißig auf die Stimme des Herrn, deines Gottes, hören wirst und tun, was recht ist
10 Kapitel 10 307
in seinen Augen, und horchen wirst auf seine Gebote und beobachten alle seine Satzungen, so
werde ich keine der Krankheiten auf dich legen, die ich auf Ägypten gelegt habe; denn ich bin
der Herr, der dich heilt« (2. Mose 15, 26). Später sehen wir, wie jene Verheißung in Erfüllung
ging, denn es heißt in Psalm 105: »Kein Strauchelnder war unter ihren Stämmen« (V. 37). Wir
müssen verstehen, daß göttliche Heilung sowohl Gottes Heilen unserer Krankheiten beinhaltet
als auch das Fernhalten von Krankheiten, damit wir gesund bleiben. Wenn wir dem Herrn völlig
ergeben sind, seinem Willen nicht widerstreben, sondern gläubig sein Leben als unseres Leibes
Stärke empfangen, werden wir die Tatsache bezeugen können, daß Gott heilt.
Die Erfahrung des Paulus
Wenn wir die biblische Lehre akzeptieren, daß unsere Leiber die Glieder Christi sind, dann müssen
wir auch die Lehre anerkennen, daß das Leben Christi durch diese Glieder fließt. Das Leben
Christi fließt vom Haupt zum Leib, wobei es ihm Lebenskraft und Energie zuführt. Da unsere
Leiber Glieder seines Leibes sind, fließt ihnen naturgemäß sein Leben zu. Das muß uns jedoch im
Glauben zu eigen werden. Das Maß des Glaubens, durch den wir dieses Leben empfangen, wird
das Maß bestimmen, in dem wir das Leben empfangen. Aus der Schrift haben wir gelernt, daß sich
der Gläubige das Leben Jesu für seinen Leib zu eigen machen kann, aber dies erfordert Glauben.
Zweifelsohne werden Christen, wenn sie erstmals solche Lehren hören, völlig überrascht sein.
Wir dürfen aber klare Lehren des Wortes nicht verwässern. Eine Untersuchung der Erfahrung
des Paulus zeigt uns die Kostbarkeit und Realität dieser Lehre. Paulus erwähnt einen »Pfahl im
Fleisch«, wobei er sich auf seinen körperlichen Zustand bezieht. Dreimal fleht er diesbezüglich
zum Herrn, daß er entfernt werde. Aber der Herr antwortet ihm: »Meine Gnade genügt dir, denn
meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.« Daraufhin antwortete der Apostel: »Daher will ich
am allerliebsten mich vielmehr meiner Schwachheit rühmen, auf daß die Kraft des Christus über
mir wohne... denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark« (2. Kor. 12, 9-10). Wir müssen
nicht danach fragen, was der Pfahl gewesen ist, weil die Bibel es nicht klar enthüllt. Eines ist
jedoch sicher: Die Folge dieses Leidens war, daß der Leib des Apostels geschwächt wurde. Die
Schwachheit, die hier erwähnt wird, ist körperlicher Art. Das gleiche Wort wird in Matthäus 8,17
gebraucht. Den Korinthern war die körperliche Gebrechlichkeit des Paulus wohl bekannt (2. Kor.
12, 10). Paulus bekennt selber, daß er, als er das erste Mal bei ihnen war, schwach gewesen sei (1.
Kor. 2, 3). Seine Schwachheit kann nicht auf einen Mangel an geistlicher Kraft zurückzuführen
sein, denn beide Korintherbriefe offenbaren die große geistliche Kraft des Apostels. Nur aus diesen
Abschnitten können wir einen Einblick in den körperlichen Zustand des Paulus gewinnen. Er war
schwach am Leib, doch verblieb er lange in dieser Schwachheit? Nein, denn er teilt uns mit,
daß die Kraft Christi über ihm wohnte und ihn stark machte. Wir beachten hier ein »Gesetz
des Gegensatzes«. Weder der Pfahl noch die Schwachheit, die er verursachte, hatten den Paulus
verlassen. Und doch durchflutete die Kraft Christi seinen gebrechlichen Leib und gab ihm Kraft,
mit jeder Notlage fertig zu werden. Die Kraft Christi stand im Gegensatz zur Schwachheit des
Paulus. Diese Kraft hat die Schwachheit nicht hinweggetan, auch den Pfahl des Paulus nicht
entfernt, aber sie blieb im Paulus, um alle Situationen zu meistern, mit der sein geschwächter
Leib nicht fertig wurde. Man könnte dies mit einem Docht vergleichen, der zwar brennt, aber
nicht verzehrt wird, weil er mit öl durchtränkt ist. Der Docht ist so schwach wie zuvor, das
öl führt ihm aber alles zu, was das Feuer fordert. So verstehen wir das Prinzip, daß Gottes
Leben unseren Leib ausrüstet. Sein Leben wandelt das Wesen unseres schwachen, sterblichen
Leibes nicht um; es füllt diesen lediglich mit all seiner nötigen Zufuhr. Was seinen natürlichen
Zustand betrifft, war Paulus fraglos der Allerschwächste; was aber die Kraft Christi betrifft, war
er der Stärkste von allen. Wir wissen, wie er Tag und Nacht gearbeitet hat, sein Leben und
seine Energie einsetzte, ein Werk vollbrachte, das mehrere starke Männer nicht durchgestanden
10 Kapitel 10 308
hätten. Wie könnte denn ein schwacher Mann wie Paulus solche Arbeit durchführen, wenn nicht
sein sterblicher Leib durch den Heiligen Geist belebt worden wäre? Es ist eine feststehende
Tatsache, daß Gott dem Paulus Kraft zuteil werden ließ. Wie tat Gott dies? Paulus sprach von
seinem Leib, als er in 2. Korinther 4 schilderte, wie sie »allezeit das Sterben Jesu am Leibe
herumtrügen, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar würde. Denn wir, die
wir leben, werden allezeit dem Tode überliefert um Jesu willen, auf daß auch das Leben Jesu
an unserem sterblichen Fleische offenbar werde« (V. 10-11). Vers 10 spricht davon, daß das
Leben Jesu an unsern Leibern offenbar werden soll, während Vers 11 davon spricht, daß das
Leben Jesu in unserm sterblichen Fleisch offenbar wird. Viele sind in der Lage, das Leben Jesu
in ihren Leibern zum Ausdruck zu bringen, versäumen es aber weiterzugehen, um dies auch in
ihrem sterblichen Fleisch zu tun. Die Unterscheidung hat große Bedeutung. Wenn Christen krank
werden, sind sie oft gehorsam und geduldig und zeigen weder Klage noch Furcht. Sie spüren die
Nähe des Herrn. Durch den Heiligen Geist offenbaren sie wirklich das Leben Christi in ihren
Leibern. Trotzdem anerkennen sie die heilende Kraft des Herrn Jesus nicht, noch haben sie je
gehört, daß ein Leben auch für ihren vergänglichen Leib da ist. Sie versäumen es, ihren Glauben zu
betätigen, damit ihr Leib geheilt werde, wie sie es früher getan haben, als sie von ihren Sünden
gereinigt wurden und ihr toter Geist Belebung erfuhr. Darum sind sie nicht in der Lage, das
Leben Jesu auch in ihrem sterblichen Fleisch zu offenbaren. Sie empfangen Gnade, Schmerzen zu
erdulden, aber nicht, um Heilung zu erlangen. Wie heilt und stärkt uns Gott? Durch das Leben
Jesu. Wenn unser sterbliches Fleisch wiederbelebt worden ist, wird das Wesen unseres Leibes
nicht in Unsterblichkeit verwandelt. Das Leben aber, das diesem Leib die Vitalität zuführt, wird
verändert. Während wir früher durch die Kraft unseres natürlichen Lebens existierten, leben wir
jetzt aus der Kraft des übernatürlichen Lebens Christi. Weil seine Auferstehungskraft unseren
Leib erhält, können wir die uns auferlegte Aufgabe erfüllen. Der Apostel gibt auch nicht vor, daß
er nie wieder schwach werden könnte. Ganz und gar nicht, denn wenn die Kraft Christi ihm nicht
aufhülfe, würde er so schwach werden wie zuvor. Durch Nachlässigkeit, Unabhängigkeit oder
Sünde können wir die Offenbarung des Lebens des Herrn Jesus in uns verscherzen. Manchmal
können wir durch den Angriff der Finsternismächte, denen wir mutig entgegengetreten sind,
geschwächt sein. Oder wir mögen Trübsal leiden um des Leibes Christi willen, wenn wir tief mit
dem Leib verbunden sind. Aber nur im Leben tief geistlicher Menschen treten diese zwei Fälle
auf. Auf alle Fälle sind wir sicher, daß es niemals Gottes Wille für uns ist, daß wir krank sind
und weder für uns sorgen noch ihm dienen können. Der Apostel Paulus war oft krank, doch
nie litt die Arbeit Gottes wegen seiner Schwachheit. Wir anerkennen die absolute Souveränität
Gottes, doch dürfen Christen dies nicht als eine Ausrede gebrauchen. »Allezeit das Sterben Jesu
am Leibe umhertragend« ist die Grundlage, »auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe
offenbar werde«. Mit andern Worten, unser eigenes Leben muß vollständig verleugnet werden,
bevor das Leben des Herrn Jesu in unserem Leib offenbar werden kann. Dies entfaltet uns die
äußerst enge Beziehung zwischen einem geistlichen, selbstlosen Wandel und einem gesunden Leib.
Die Kraft Gottes wird nur für ihn gebraucht. Wenn Gott sein Leben in unserem Leib offenbart,
dann tut er das um seines eigenen Werkes willen. Er teilt nie sein Leben aus, damit wir es
selbstsüchtig verbrauchen. Er gibt unserem Leib nicht seine Energie, damit wir sie vergeuden;
auch nicht, damit wir unsere Absichten verwirklichen können. Er wird uns niemals diese Kraft
schenken, wenn wir nicht ganz für ihn leben. Gerade da finden wir die Ursache für viele unerhörte
Gebete. Gläubige begehren allzuoft Leben und Vitalität, nur damit sie sich selbst leben können.
Sie trachten nach Gottes Stärke für ihren Leib, damit sie ein bequemeres, angenehmeres Leben
haben. Sie wollen sich ohne irgendeine Behinderung frei bewegen können. Darum sind sie bis zu
diesem Tag schwach. Gott wird uns nicht mit seinem Leben ausrüsten, damit wir es unabhängig
handhaben. Würden wir dann nicht noch mehr für uns selber leben, und würden dem Willen
Gottes nicht noch größere Hindernisse in den Weg gestellt? Gott wartet heute darauf, daß seine
10 Kapitel 10 309
Kinder am Ende sind, damit er ihnen geben kann, was sie suchen. Was bedeutet »das Sterben
Jesu« ? Es ist dasjenige Leben des Herrn, das sich selbst immer wieder dem Tode überliefert.
Der ganze Wandel unseres Herrn war durch Selbstverleugnung gekennzeichnet. Bis in den Tod
hinein tat Jesus nie etwas aus sich, sondern vollbrachte stets das Werk des Vaters. Jetzt erklärt
uns der Apostel, daß dieses Sterben Jesu in seinem Leib gleichzeitig das Leben Jesu in seinem
sterblichen Fleisch offenbarte. Können wir diese Lehre ertragen? Gott wartet jetzt auf Menschen,
die bereit sind, das Sterben Jesu anzunehmen, damit er durch sie leben kann. Wer ist gewillt,
Gottes Willen ganz zu befolgen? Wer weigert sich, seinen Leib für eigenen Erfolg einzusetzen?
Im Leib solcher Gläubiger wird das Leben des Herrn Jesus offenbar werden. Wenn wir sterben,
wird Gott Leben schenken. Wir bringen ihm unsere Schwachheit, und er gibt uns seine Stärke.
Natürliche Kraft und die Kraft Jesu
Wenn wir uns ganz Gott ausgeliefert haben, dann dürfen wir glauben, daß er uns einen Leib
bereitet hat. Oft stellen wir uns vor, wie schön es gewesen wäre, hätten wir über unseren Körper
bestimmen können. Wir wünschen uns einen Körper ohne viele angeborene Fehler, mit größerer
Widerstandskraft, damit wir lange leben, ohne Schmerz und Krankheit. Gott aber hat uns nicht
um Rat gefragt. Er weiß am besten, was wir benötigen. Wir sollten nicht unsere Vorfahren
ihrer Sünden und Fehler wegen richten noch sollten wir an Gottes Liebe und Weisheit zweifeln.
Alles, was uns betrifft, ist vor Grundlegung der Welt festgesetzt worden. Gott erfüllt seinen
vollkommenen Willen selbst in diesem Leib der Schmerzen und des Todes. Er will nicht, daß wir
diesen Leib aufgeben wie eine zu schwere Last. Vielmehr ermahnt er uns, einen neuen Leib zu
empfangen, der neu ist durch die Innewohnung des Heiligen Geistes. Wenn Gott uns einen Leib
bereitet, ist er sich auch seiner Begrenzung und Gefahren bewußt. Dennoch will er, daß wir uns
durch schmerzliche Erfahrungen einen neuen Leib wünschen, damit wir nicht mehr aus der Kraft
leben, die wir von Natur aus besitzen, sondern durch die Kraft Gottes. So vertauschen wir unsere
Schwachheit mit seiner Stärke. Obwohl dieser unser Leib noch nicht verwandelt worden ist, ist
doch das Leben, durch das er lebt, ein neues Leben. Es ist des Herrn Freude, jeden Nerv und jede
Zelle unseres Leibes mit seiner Kraft zu durchfluten. Er verwandelt unser schwaches Wesen nicht
in ein starkes um, noch gibt er uns Kraft auf Vorrat. Er will unserem sterblichen Fleisch das Leben
sein, damit wir Stunde um Stunde aus ihm leben. Paulus sagt ausdrücklich: »Wir, die wir leben,
werden allezeit dem Tode überliefert, um Jesu willen, auf daß auch das Leben Jesu an unserem
sterblichen Leibe offenbar werde.« Das Fleisch des Paulus war häufig geschwächt, aber die Stärke
des Herrn Jesus floß ihm beständig zu. Er lebte für den Augenblick durch das Leben Christi.
Ihn als das Leben für unseren Leib anzunehmen, erfordert beständiges Vertrauen. Von uns aus
können wir nicht alle Situationen meistern; aber wenn wir dem Herrn vertrauen, empfangen wir
Augenblick für Augenblick die nötige Kraft. Und das bekräftigen auch folgende Worte, die Gott
durch den Propheten Jeremia sprach: »Aber ich gebe dir deine Seele (Leben) zur Beute an allen
Orten, wohin du ziehen wirst« (45, 5). Wir dürfen uns nicht sicher und geborgen fühlen wegen
unserer eigenen, angeborenen Kraft. Stattdessen müssen wir uns dem Leben des Herrn für jeden
Atemzug anvertrauen. Wir besitzen keine Reservekruit. Wenn wir Kraft benötigen, müssen wir
sie vom Herrn empfangen. Das Nehmen eines Augenblicks genügt für diesen Augenblick. Es gibt
keine Möglichkeit, etwas als Reserve zu behalten. Das ist ein Leben, das völlig mit dem Herrn
vereint und ausschließlich von ihm abhängig ist. »Ich lebe des Vaters wegen, so auch, wer mich
ißt, der wird auch leben meinetwegen« (Joh. 6, 57). Genau da liegt des Geheimnis dieses Lebens.
Wären wir in der Lage, unabhängig vom lebengebenden Herrn zu leben, dann würden wir uns
von ihm lossagen und unserem eigenen Willen leben! Würden wir dann nicht wie die Menschen
der Welt unsere Kraft vergeuden? Gott will, daß wir ein beständiges Vertrauen und auch ein
beständiges Bedürfnis haben. Wie vor langer Zeit das Manna täglich gesammelt werden mußte,
10 Kapitel 10 310
so muß unser Leib jeden Augenblick aus Gott leben. Wenn wir so wandeln, werden wir unsere
Arbeit nicht durch irgendeine angeborene Kraft einschränken und werden auch nicht um unseren
Leib besorgt sein. Wenn es Gottes Wille ist, müssen wir es wagen, so zu wandeln, auch wenn
menschliche Weisheit es als gefährlich bezeichnen mag. Denn Gott ist unsere Stärke. Aus uns
selber haben wir keine Kraft, irgendeine Aufgabe zu erfüllen, doch unsere Augen sind auf den
Herrn gerichtet. Wir sind völlig hilflos, doch durch ihn werden wir ausziehen und siegen. Ach, wie
viele von uns sind zu stark aus sich selber! Wir haben nicht gelernt, unserer Kraft zu mißtrauen
und auf den Herrn zu vertrauen. Seine Kraft wird in unserer Schwachheit mächtig. Je hilfloser
wir sind (dies ist eine Frage der inneren Haltung), desto besser wird seine Kraft offenbar. Unsere
Kraft kann niemals mit dem Herrn zusammenarbeiten. Wenn wir versuchen, seine Kraft durch
unsere zu verstärken, werdnen wir nichts als Schmach und Niederlagen ernten. Weil der Herr
ein solches Vertrauen erwartet, sollten wir dieses nicht nur in Zeiten der Schwäche aufbringen,
sondern auch in Situationen natürlicher Kraft. Manche Christen, die sich eines kräftigen und
gesunden Körpers erfreuen, glauben diese Erfahrung nicht machen zu müssen. Das ist falsch
geurteilt, denn sowohl die natürlich Schwachen als auch die von Natur Starken bedürfen des
Lebens aus Gott. Nichts, was wir in der alten Schöpfung empfangen haben, kann ihn befriedigen.
Es geht nicht darum, Schwachheit zu wählen, sondern um ein Mißtrauen gegenüber der eigenen
Stärke. Solche Hingabe wird uns vor Selbstverherrlichung bewahren, die auf natürliche Energie
gegründet ist- ein häufiges Übel unter Dienern des Herrn. Sie wagen es nicht, weiter zu gehen, als
er befiehlt. Sie handeln wie solche, die von Natur aus schwach sind. Ohne durch den Herrn gestärkt
worden zu sein, werden sie keinen Schritt wagen. Sie werden sich hüten, sich zu überarbeiten,
und sie werden ein unvorsichtiges Leben vermeiden, als wären sie von Natur aus schwach. Bei
einer solchen Lebensweise ist es ein Muß, daß das Ich durch den Heiligen Geist eingekerkert wird.
Sonst werden wir bestimmt eine Niederlage erleiden. Manche Christen bewundern aufrichtig das
Leben der Selbstverleugnung, aber sie sind unfähig, völlig von ihren eigenen Energien abzulassen.
So mißachten sie Gottes Absichten und gehen ihren eigenen Wünschen entsprechend voran. Sie
mögen zwar vorübergehend die Bewunderung der Menschen ernten, aber schließlich wird ihr Leib
zusammenbrechen. Gottes Leben weigert sich, vom Willen des Menschen versklavt zu werden.
Einem Werk, das er nicht befohlen hat, wird er auch nie seine Kraft geben. Wenn wir außerhalb
des Willens Gottes etwas unternehmen, werden wir entdecken, wie das Leben Gottes zerrinnt,
und unser gebrechlicher Körper muß die Aufgabe selbst übernehmen. Wir sollten erst dann zu
handeln beginnen, wenn wir den Willen Gottes kennen. Allein durch den Glauben werden wir
die Realität seines Lebens für uns erfahren.
Der Segen dieses Lebens
Wenn wir das Leben des Herrn Jesus als unseres Leibes Leben empfingen, würden wir heute
erleben, daß unser Leib durch den Herrn so gestärkt würde, wie auch unser Geist durch ihn
bereichert wurde. Wir wissen zwar, daß unser Leib dem Herrn gehört, doch wegen unseres Eigenwillens ist es ihm nicht möglich, uns ganz zu erfüllen. Doch jetzt übergeben wir uns ganz ihm,
damit er mit uns machen kann, was er will. Wir bringen unsere Leiber als lebendiges Opfer dar.
Wir bestimmen weder unser Leben noch unsere Zukunft. Jetzt verstehen wir, was es bedeutet:
»Der Leib für den Herrn.« Was uns zuvor Sorgen machte, kann uns jetzt nicht erschüttern. Der
Feind mag uns versuchen, indem er uns darauf aufmerksam macht, daß dieser Weg zu gefahrvoll
sei oder daß wir zu wenig an uns selbst denken. Eines wissen wir: Wir gehören restlos dem Herrn;
nichts kann uns befallen ohne sein Wissen und seine Erlaubnis. Was für Angriffe auch kommen
mögen, es sind nur Zeichen seiner besonderen Absichten und seiner Führung. Unser Leib gehört
nicht mehr uns. Jeder Nerv, jede Zelle, jedes Organ ist ihm übergeben worden. Wir sind nicht
mehr unsere eigenen Herren, darum sind wir auch nicht verantwortlich. Wenn das Wetter plötz-
10 Kapitel 10 311
lich anders wird, so ist das seine Sache. Eine schlaflose Nacht bringt uns keinen Kummer. Auf
welche Weise uns Satan auch angreifen mag, wir denken daran, daß es die Schlacht des Herrn ist
und nicht unsere. Wenn wir dies tun, dann fließt das Leben aus Gott in unseren Leib. In einer
solchen Stunde können andere Menschen ihren Frieden verlieren, verzagen, sich Sorgen machen
und verzweifelt nach Maßnahmen Ausschau halten; wir aber ruhen im Glauben, leben aus Gott,
denn wir wissen, daß wir nicht durch Essen, Trinken, Schlafen usw. leben, sondern durch das
Leben Gottes. Wenn er begriffen hat, daß der Herr für seinen Leib ist, kann sich der Christ alle
Reichtümer Gottes zu eigen machen. Für jedes Bedürfnis ist gesorgt. Sein Herz ist ruhig geworden. Er verlangt nicht mehr, als Gott ihm zuführt, ist aber auch nicht mit weniger zufrieden,
als Gott verheißen hat. Er weigert sich, seine eigene Kraft einzusetzen, um Gott nachzuhelfen.
Während weltliche Menschen besorgt nach Hilfe suchen, um den Leiden und der Pein ihres Fleisches zu entkommen, kann er, aufgrund seiner Vereinigung mit ihm, der Zeit Gottes und seiner
Reichtümer harren. Er hält das Leben nicht in seiner eigenen Hand, sondern schaut auf zum
sorgenden Vater. Welch ein Friede ist das! In dieser Zeit verherrlicht der Gläubige Gott in jeder
Hinsicht. Was auch geschieht, er nimmt es als eine Gelegenheit, Gottes Herrlichkeit zu bezeugen.
Er beeinträchtigt nicht die Herrlichkeit Gottes, indem er eigene Wege geht. Wenn aber der Herr
seinen Arm zur Erlösung ausstreckt, ist er bereit, ihn zu preisen. Das Ziel des Kindes ist nicht
mehr der Segen des Vaters. Gott selber ist weit kostbarer als alle seine Gaben. Wenn Heilung
nicht Gott verherrlicht, dann will er gar nicht geheilt werden. Wenn wir nur Gottes Schutz und
Versorgung begehren oder lediglich nach Befreiung von der Versuchung schreien, sind wir bereits
gefallen. Wer Gott wirklich kennt, erbettelt nicht Heilung, sondern sucht stets den Vater. Wenn
Gesundheit ihn in die Irre führen und Gottes Ehre mindern könnte, möchte er lieber nicht geheilt
werden. Die Gläubigen sollten daran denken, daß Gott viel größer ist als seine Gaben. Der Christ,
der ganz für den Herrn lebt, wird nicht besorgt nach Hilfe, Segen oder Versorgung trachten. Er
wird sich vielmehr bedingungslos Gott ausliefern.
Den Tod überwinden
Die Überwindung des Todes ist keine außergewöhnliche Erfahrung der Gläubigen. Durch das Blut
des Lammes wurden die Israeliten vor der Hand des Würgeengels beschützt, der alle Erstgeburt
Ägyptens tötete. Im Namen des Herrn wurde David aus den Klauen von Löwe und Bär gerettet
wie auch aus der Hand Goliaths. Indem er etwas Mehl in einen Topf warf, vertrieb Elisa den Tod
(2. Kön. 4, 38-41). Schadrach, Meschach und Abednego wurden im Feuerofen nicht beschädigt
(Dan. 3, 16-27). Daniel erlebte, wie Gott den Löwen das Maul verschloß, als er in ihre Grube geworfen wurde. Paulus schüttelte eine tödliche Viper ab und erlitt keinen Schaden (Apg. 28, 3-5).
Henoch und Elia wurden in den Himmel entrückt, ohne den Tod zu schmecken. Das sind Beispiele
dafür, wie der Tod überwunden wurde. Gottes Ziel ist es, seine Kinder jetzt in diese Erfahrung
des Uber-windens des Todes zu führen. Es ist notwendig, über Sünde, Selbst, Welt und Satan zu
siegen; aber der Sieg ist nicht vollständig ohne den Triumph über den Tod. Wenn wir uns eines
völligen Sieges erfreuen wollen, muß dieser letzte Feind vernichtet werden (1. Kor. 15, 26). Wir
werden einen Feind unbesiegt lassen, wenn wir es versäumen, Sieg über den Tod zu erfahren. Es
gibt Tod in der Natur, Tod in uns und den Tod Satans. Die Erde unterliegt einem Fluch, darum
wird sie durch diesen Fluch beherrscht. Wenn wir auf dieser Erde siegreich leben wollen, müssen
wir den Tod überwinden, der in der Welt ist. Tod ist in unserem Leib. Vom Tage unserer Geburt
an ist er in uns wirksam; denn wer von uns bewegt sich nicht vom ersten Tage an auf das Grab
zu? Erachte den Tod nicht als eine bloße »Krise«. Er ist eher etwas Fortschreitendes. Er ist schon
in uns und verzehrt uns unaufhaltsam. Unsere Befreiung von dieser irdischen Hütte ist nur der
Höhepunkt des Wirkens des Todes in uns. Er kann unseren Geist treffen und ihm Leben und
Kraft rauben; er kann uns in der Seele treffen und unsere Gefühle, Gedanken und den Willen
10 Kapitel 10 312
lähmen; oder er kann uns im Leib treffen und uns schwach und krank machen. Wenn wir Römer
5 lesen, sehen wir, daß der Tod »herrschte« (V. 17). Der Tod existiert nicht nur, er herrscht auch.
Er herrscht im Geist, in der Seele und im Leib. Obwohl unser Leib noch lebt, herrscht der Tod
schon in ihm. Sein Einfluß hat seinen Höhepunkt noch nicht erreicht, er regiert aber trotzdem
und schiebt seine Grenzen vor, um den ganzen Leib zu erfassen. Verschiedene Symptome in unserem Leib decken auf, wie sehr seine Kraft uns beeinträchtigt. Und diese Symptome führen die
Menschen schließlich zum körperlichen Tod. Der Apostel Paulus versichert uns, daß alle, die die
Uberschweng-lichkeit der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, »im Leben herrschen«, in einer Kraft, welche die Wirkungskraft des Todes weit übertrifft. Doch die Christen
sind heute so mit dem Problem der Sünde beschäftigt, daß das Problem des Todes praktisch vergessen wurde. Obwohl die Überwindung der Sünde wichtig ist, sollte das Überwinden des Todesein verwandtes Problem-nicht übersehen werden. Wir wissen, daß Römer 5 bis 8 sehr klar den
Sieg über die Sünde behandelt, dieser Abschnitt schenkt aber der Frage des Todes die gleiche
Aufmerksamkeit. »Der Lohn der Sünde ist der Tod« (6, 23). Paulus behandelt sowohl die Folgen
der Sünde als auch die Sünde selbst. Er stellt nicht nur Gerechtigkeit und Übertretung einander
gegenüber, sondern er vergleicht auch Leben und Tod. Viele Christen betonen das Überwinden
der verschiedenen Manifestationen der Sünde in ihrem Wesen und ihrem täglichen Leben, sie
versäumen es aber, die Auswirkung der Sünde, namentlich den Tod, zu betonen. Der Apostel
aber wird hier von Gott gebraucht, um in diesen wenigen Kapiteln nicht so sehr die Äußerungen
der Sünde im täglichen Leben klarzulegen, sondern die Folge der Sünde, den Tod. Wir müssen
die Beziehung zwischen diesen beiden Elementen klar erkennen. Christus starb, um uns nicht nur
aus unseren Sünden zu retten, sondern auch vom Tod. Gott beruft uns nun dazu, diese beiden
Phänomene zu unterwerfen. Als unerlöste Sünder waren wir tot in Sünden, denn Sünde und Tod
herrschten über uns. Aber Jesus hat in seinem Tod unsere Sünde und unseren Tod überwunden.
Anfänglich herrschte der Tod in unserem Leib, aber als wir mit seinem Tod vereint wurden, sind
wir der Sünde gestorben und Gott lebendig gemacht worden (6, 11). »Der Tod herrscht nicht
mehr über (uns)«, und kann uns auch nicht mehr gefangen halten, wegen unseres Einsseins mit
Christo (6, 9 u. 11). Das Heil Christi ersetzt Sünde durch Gerechtigkeit und Tod durch Leben.
Wenn der Apostel in diesem Schriftabschnitt Sünde und Tod behandelt, können wir nicht nur
einen Teil des Themas aufgreifen. Paulus beschreibt das volle Heil des Herrn mit diesen Worten:
»Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich frei gemacht vom Gesetz der Sünde
und des Todes« (8, 2). Es mag sein, daß wir den Sieg über Sünde erfahren haben, doch wieviel
haben wir von der Überwindung des Todes erfahren? Weil wir das ewige Leben Gottes in unserem Geist empfangen haben, wissen wir als wiedergeborene Christen auch etwas vom Sieg über
den Tod. Aber muß unsere Erfahrung auf ein solch geringes Maß beschränkt bleiben? Wieweit
kann das Leben den Tod überwinden? Müssen wir nicht bekennen, daß der Tod mächtiger in
unserem Leib wirkt als das Leben? Wir sollten auf Sünde und Tod genauso achten wie Gott. Wir
müssen Sünde und Tod überwinden. Weil Christus den Tod besiegt hat, müssen die Gläubigen
nicht sterben, obwohl sie sterben können. Es verhält sich so, wie die Befreiung von der Macht der
Sünde. Die Gläubigen müssen nicht mehr sündigen, obwohl sie noch sündigen können. Wenn es
das Ziel des Christen ist, nicht zu sündigen, dann sollte es auch sein Ziel sein, nicht zu sterben.
Wie seine Beziehung zur Sünde durch den Tod und die Auferstehung Christi bestimmt ist, so
sollte es auch mit seiner Beziehung zum Tod sein. In Christus hat der Gläubige die Sünde und
den Tod völlig besiegt. Daher beruft ihn Gott jetzt, diese auch erfahrungsmäßig zu überwinden.
Gewöhnlich nehmen wir Christen an, daß wir dem Tod keine Beachtung mehr schenken müssen,
weil Christus für uns den Tod besiegt hat. Wie können wir dann den Sieg des Herrn erfahren?
Gewiß, außer Golgatha haben wir keine Grundlage für unseren Sieg. Aber dieser Sieg muß in
Anspruch genommen werden. Wir überwinden Sünde nicht durch Passivität, auch besiegen wir
den Tod nicht, indem wir ihn nicht beachten. Gott will, daß wir es damit ernst nehmen, den
10 Kapitel 10 313
Tod zu überwinden. Durch den Tod Christi müssen wir tatsächlich die Macht des Todes in unserem Leib überwinden. Bis jetzt haben wir viele Versuchungen, das Fleisch, die Welt und Satan
besiegt. Jetzt müssen wir uns erheben, um den letzten Feind, den Tod zu besiegen. Wenn wir
uns vornehmen, dem Tod zu widerstehen, wird unsere Haltung ihm gegenüber völlig verändert
werden. Die Menschheit marschiert auf das Grab zu, und da der Tod das gemeinsame Los der
gesamten gefallenen Menschheit ist, neigen wir dazu, eine unterwürfige Haltung einzunehmen.
Wir haben nicht gelernt zu widerstehen. Trotz unseres Wissens um die baldige Wiederkunft des
Herrn und der Hoffnung, nicht durch das Grab gehen zu müssen, sondern in den Himmel entrückt zu werden, bereiten sich die meisten von uns doch darauf vor, den Tod abzuwarten. Wenn
die Gerechtigkeit Gottes in uns wirksam ist, verabscheuen wir Sünde; aber wir haben das Leben
Gottes in uns nicht derart wirksam werden lassen, daß wir den Tod hassen. Um den Tod zu überwinden, müssen die Gläubigen ihre Haltung ihm gegenüber von Unterwürfigkeit in Widerstand
verändern. Wenn wir unserepassive Stellungnahme ihm gegenüber nicht ablegen, werden wir den
Tod nicht überwinden können, sondern werden von ihm verspottet werden und ein frühzeitiges
Ende nehmen. Viele Gläubige halten heute fälschlicherweise Passivität für Glauben. Sie erklären,
sie hätten Gott alles übergeben. Wenn es ihnen nicht bestimmt sei zu sterben, werde er sie davor
bewahren ; wenn sie sterben sollen, dann wird er es wohl zulassen, daß sie sterben. Gottes Wille
geschehe. Solche Aussagen scheinen richtig, aber ist das Glaube? Ganz und gar nicht! Es ist
nichts anderes als Passivität. Wenn wir Gottes Willen nicht kennen, können wir beten: »Nicht
mein, sondern dein Wille geschehe« (Luk. 22, 42). Das heißt aber nicht, daß wir nicht gezielt
beten sollen, indem wir unsere Anliegen vor Gott bringen. Wir sollten uns nicht passiv dem Tod
unterwerfen, denn Gott weist uns an, aktiv mit seinem Willen zusammenzuarbeiten. Es sei denn,
daß wir ganz gewiß sind, daß Gott unseren Tod will, dürfen wir nicht passiv dem Tod erlauben,
uns zu bedrük-ken. Wir müssen vielmehr aktiv mit Gottes Willen zusammenarbeiten und dem
Tod widerstehen. Warum sollten wir eine solche Haltung einnehmen? Die Bibel behandelt den
Tod als unseren Feind (1. Kor. 15, 26). Darum müssen wir uns entschließen, ihn zu bekämpfen
und ihn zu unterwerfen. Weil Jesus für uns in den Tod gegangen ist und ihn für uns auf der
Erde besiegt hat, will er, daß wir persönlich ihn in diesem Leben besiegen. Wir sollten Gott
nicht um Kraft bitten, mit der Macht des Todes lediglich fertigzuwerden, wir sollten stattdessen
um die Kraft bitten, seine Macht zu brechen. Wie der Tod aus der Sünde kam, so kommt der
Sieg über den Tod durch das Werk des Herrn Jesus, der für uns starb und uns von der Sünde
erlöste. »Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch er in gleicher Weise
an ihnen teilgenommen, auf daß er durch den Tod den zunichte mache, der die Macht des Todes
hat, das ist der Teufel und alle die befreite, die durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch
der Knechtschaft unterworfen waren« (Hebr. 2, 14-15). Das Kreuz ist die Grundlage zum Sieg
über die Macht des Todes. Satan besitzt diese Macht, die er aus der Sünde nimmt. »Gleichwie
durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, weil sie
alle gesündigt haben« (Röm. 5, 12). Aber der Herr Jesus ist in den Herrschaftsbereich des Todes
eingedrungen und hat durch sein Erlösungswerk den Stachel des Todes entfernt und Satan seiner
Macht beraubt. Durch den Tod Christi verlor die Sünde ihre Macht, und gleicherweise wurde der
Tod seiner Macht beraubt. Durch die Kreuzigung Christi werden wir fortan die Macht des Todes
brechen und seine Belagerung aufheben, indem wir den Sieg von Golgatha in Anspruch nehmen.
Drei Wege stehen dem Christen offen, um den Tod zu überwinden: 1. Durch den Glauben, daß
wir nicht sterben, bis unser Werk getan ist; 2. indem wir keine Furcht vor dem Tod haben, auch
wenn er kommen sollte, weil wir wissen, daß sein Stachel entfernt worden ist; 3. indem wir glauben, daß wir völlig vom Tod befreit werden, weil wir bei der Wiederkunft des Herrn entrückt
werden. Wir wollen diese drei Wege betrachten.
10 Kapitel 10 314
Der Tod nach Beendigung unseres Werkes
Wenn ein Christ nicht genau weiß, daß sein Werk beendet ist, und der Herr von ihm nicht mehr
verlangt, daß er noch zurückbleibt, sollte er sich mit allen Mitteln dem Tod widersetzen. Wenn
Symptome des Todes in seinem Leib auftreten, bevor seine Arbeit getan ist, sollte er ihm und
seinen Symptomen entschieden widerstehen. Er sollte glauben, daß der Herr helfend eingreifen
wird, weil er noch Arbeit für ihn zu tun hat. Bevor wir uns also unserer anvertrauten Aufgabe
entledigt haben, können wir auch angesichts gefährlicher körperlicher Bedrohung in Ruhe dem
Herrn vertrauen. Wie wir mit dem Herrn zusammenarbeiten, um dem Tod zu widerstehen, werden
wir bald sehen. Beachten wir, wie der Herr Jesus dem Rachen des Todes widerstand. Als die
Menschen versuchten, ihn von der Klippe zu stoßen, ging er mitten durch sie hindurch und ging
seinen Weg (Luk. 4, 29-30). Bei einer anderen Gelegenheit »wandelte Jesus in Galiläa; denn er
wollte nicht in Judäa wandeln, weil die Juden ihn zu töten suchten« (Joh. 7, 1). Einmal »hoben
(die Juden) Steine auf, damit sie auf ihn würfen. Jesus aber verbarg sich und ging aus dem
Tempel hinaus« (Joh. 8, 59). Warum widerstand er dreimal dem Tod? Weil seine Zeit noch
nicht gekommen war. Er wußte, daß eine Stunde für ihn festgelegt war. Er konnte weder vor
Gottes festgesetzter Zeit sterben, noch an einem anderen Ort als auf Golgatha. Auch wir sollten
nicht vor unserer festgesetzten Zeit sterben. Auch der Apostel Paulus machte die Erfahrung des
Widerstandes gegen den Tod. Die Mächte der Finsternis drängten ihn zu einem frühzeitigen
Tod; bei jeder dieser Gelegenheiten überwand er sie jedoch. Als er einmal im Gefängnis saß, mit
dem Tod als möglichem Ausgang, bekannte er: »Wenn aber das Leben im Fleische mein Los ist,
das ist für mich der Mühe wert, und was ich erwählen soll, weiß ich nicht. Ich werde aber von
beidem bedrängt, indem ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christo zu sein, denn es ist weit
besser; das Bleiben im Fleische aber ist nötiger um euretwillen. Und in dieser Zuversicht weiß
ich, daß ich bleiben und mit und bei euch allen bleiben werde zu eurer Förderung und Freude
im Glauben« (Phil. 1, 22-25). Paulus hatte keine Angst, vor der Vollendung seines Werkes zu
sterben. Das war sein Sieg über den Tod. Am Ende seines Lebens sagte er: »Ich habe den
guten Kampf gekämpft, ich habe den Lauf vollendet, ich habe den Glauben bewahrt.« Und
er wußte: »Die Zeit meines Abscheidens ist vorhanden« (2. Tim. 4, 6 u. 7). Bevor wir unsern
Lauf ganz vollendet haben, sollten auch wir nicht sterben. Petrus kannte auch die Zeit seines
Abscheidens: »Ich weiß, daß das Ablegen meiner Hütte bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus
mir kundgetan hat« (2. Petr. 1,14). Wenn wir durch die Beurteilung unserer Situation, unseres
körperlichen Zustandes und unseres Gefühls schließen, daß unsere Zeit gekommen sei, so ist das
ein Irrtum unsererseits. Wir müssen ausdrückliche Hinweise vom Herrn bekommen. Wie wir für
ihn leben, müssen wir auch für ihn sterben. Jedem Ruf zum Abscheiden, der nicht vom Herrn
kommt, muß widerstanden werden. Wenn wir das Alte Testament lesen, sehen wir, daß die Väter
»der Tage satt« starben. Was bedeutet dieser Ausdruck? Es bedeutet, daß sie die Tage, die ihnen
Gott bestimmt hatte, ganz auslebten. Gott hat jedem von uns ein besonderes Alter festgesetzt
(Joh. 21). Wenn wir dieses Alter nicht erreichen, haben wir den Tod nicht überwunden. Wie
können wir unsere Lebensspanne erfahren? Die Bibel gibt uns einen allgemeinen Hinweis: »Die
Tage unserer Jahre sind siebenzig Jahre, und wenn in Kraft, achtzig Jahre« (Ps. 90, 10). Nun
behaupten wir nicht, daß jeder mindestens siebzig Jahre alt werden muß, denn wir können nicht
einfach über Gottes Souveränität hinweggehen. Wenn wir aber keinen Hinweis auf eine kürzere
Zeitspanne erhalten, wollen wir diese Zahl als Hinweis akzeptieren und ein früheres Abscheiden
von uns weisen. Wenn wir uns auf Gottes Wort stellen, werden wir Sieg erleben.
Keine Angst im Tod
Wenn wir vom Überwinden des Todes sprechen, wollen wir damit nicht zu verstehen geben, daß
wir nie sterben. Obwohl wir glauben, daß wir »nicht alle entschlafen« (1. Kor. 15, 51), können
10 Kapitel 10 315
wir nicht sagen, wir werden nicht sterben. Da die Bibel als gewöhnliche Lebensdauer siebzig
Jahre angibt, dürfen wir im Glauben erwarten, so lange zu leben. Weil Jesus unser Leben ist,
dürfen wir nicht hoffen, für immer am Leben zu bleiben. Wir wissen, daß Gott oft Ausnahmen
macht. Viele sterben vor dem siebzigsten Lebensjahr. Unser Glaube erlaubt uns, Gott zu bitten,
daß wir nicht sterben, bevor unsere Arbeit getan ist. Unsere Jahre sollten uns ausreichen, um
unser Lebenswerk zu vollenden. Wenn dann das Ende kommt, können wir im Frieden sterben,
mit Gottes Gnade über uns, so natürlich wie das Abfallen einer Vollreifen Frucht. Das Buch
Hiob beschreibt ein solches Abscheiden: »Du wirst in gutem Alter begraben werden, wie man
Garben einbringt zu seiner Zeit« (5, 26 - Schlachter). Die Überwindung des Todes muß nicht
bedeuten, daß uns das Grab erspart bleibt. Es kann Gottes Wille sein, daß ihn einige durch die
Auferstehung überwinden, wie Jesus es tat. Wenn wir den Tod durchschreiten, brauchen wir aber
keine Furcht vor ihm zu haben. Wenn wir den Rachen des Todes zu überwinden suchen, weil wir
Angst haben oder nicht bereit sind zu sterben, sind wir schon besiegt. Es mag sein, daß der Herr
uns den Tod erspart, indem er uns lebendig in den Himmel entrückt. Nichtsdestoweniger sollten
wir nicht aus Angst vor dem Tod um seine baldige Wiederkunft bitten. Auch wenn wir ins Grab
müssen, gehen wir nur von einem Zimmer ins andere. Unerträglicher innerer Schmerz, Furcht
und Zittern können nicht gerechtfertigt werden. Ursprünglich waren wir auch Menschen »welche
durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren« (Hebr. 2,
15). Der Herr Jesus hat uns jedoch davon befreit, und darum fürchten wir den Tod nicht mehr.
Der Apostel, der den Sieg über den Tod erfahren hatte, bezeugt: »Sterben (ist) Gewinn... indem
ich Lust habe, abzuscheiden und bei Christo zu sein, denn es ist weit besser« (Phil. 1, 21 u. 23).
Keine Spur von Angst kann da entdeckt werden. Der Sieg über den Tod war real und vollkommen.
Lebendig entrückt
Wir wissen, daß bei der Wiederkunft des Herrn Jesus viele lebendig entrückt werden. Das ist die
letzte Form, den Tod zu überwinden (1. Kor. 15, 51-52; 1. Thess. 4, 14-17). Es gibt keinen festen
Zeitpunkt für die Ankunft des Herrn. Er hätte zu irgendeinem Zeitpunkt während der letzten
zwanzig Jahrhunderte kommen können. Darum konnten sich die Gläubigen immer der Hoffnung
erfreuen, entrückt zu werden, ohne zuerst durchs Grab gehen zu müssen. Da die Wiederkunft des
Herrn zur Zeit viel näher ist als zuvor, ist unsere Hoffnung, entrückt zu werden, lebendig und
größer als die unserer Vorfahren. Wir wollen nicht zu viel sagen, doch diese Worte können wir
wagen: Sollte der Herr Jesus in unserer Zeit kommen, möchten wir dann nicht noch am Leben
sein, um lebendig entrückt zu werden? Wenn das so ist, müssen wir den Tod überwinden und
nicht zulassen, daß wir vor unserer festgelegten Stunde sterben, damit wir lebendig entrückt
werden können. Nach der Schrift werden einige Gläubige entrückt werden, ohne den Tod zu
schauen. So entrückt zu werden ist eine besondere Form des Sieges über den Tod. Solange wir
noch auf Erden sind, können wir nicht bestreiten, daß wir so entrückt werden könnten. Sollten wir
darum nicht bereit sein, den Tod völlig zu überwinden? Vielleicht werden wir sterben; trotzdem
muß das nicht der Fall sein. Jesus hat dies ganz klar zum Ausdruck gebracht: »Wer mein Fleisch
ißt und mein Blut trinkt, hat ewiges Leben und ich werde ihn auferwecken am letzten Tage«
(Joh. 6, 54). Andererseits, doch gleichzeitig, bekräftigte Jesus: »Dies ist das Brot, das aus dem
Himmel herniedergekommen ist. Nicht wie die Väter aßen und starben; wer dieses Brot ißt,
wird leben in Ewigkeit« (V. 58). Der Herr will sagen, daß unter denen, die an ihn glauben,
einige sterben und auferweckt werden, während andere den Tod nicht durchschreiten müssen.
Der Herr hat diese Tatsache beim Tode des Lazarus unterstrichen: »Ich bin die Auferstehung
und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der
da lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit« (Joh. 11, 25 u. 26). Hier ist der
Herr nicht nur Auferstehung, sondern auch Leben. Die meisten von uns jedoch glauben an ihn
10 Kapitel 10 316
als die Auferstehung, vergessen aber, daß er auch das Leben ist. Schnell bekennen wir, daß er
uns nach dem Tod auferwecken wird, aber anerkennen wir auch, daß er Macht hat, uns am
Leben zu erhalten, weil er unser Leben ist? Gläubige in diesen zwanzig Jahrhunderten haben
die Worte des Herrn erfahren: »Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist.«
Andere werden sich dereinst seines Wortes erfreuen können, daß »jeder, der da lebt und an mich
glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit«. Tausende und Abertausende von Gläubigen sind schon
im Glauben abgeschieden; Gott aber sagt, daß einige nie sterben werden - nicht: Einige werden
nie wieder auferweckt werden, sondern: Einige werden nie sterben. Darum muß es nicht so sein,
daß wir zuerst sterben und dann auferweckt werden. Weil ja die Wiederkunft des Herrn Jesus
nahe bevorsteht, müssen wir nicht zuerst sterben und auf die Auferstehung warten. Warum
nicht erwarten, daß der Herr kommt und uns entrückt, auf daß wir völlig von der Macht des
Todes befreit werden? Der Herr deutet an, daß er vielen Gläubigen die Auferstehung sein wird,
aber einigen auch Leben. Wie wunderbar es auch ist, aus den Toten auferweckt zu werden,
erschöpft dies keineswegs die Möglichkeiten des Sieges über den Tod. Der Herr kennt noch eine
Möglichkeit: »Nicht sterben in Ewigkeit.« Es ist uns gesetzt, durch das Tal des Todesschattens zu
wandern; andererseits hat der Herr für uns eine Brücke erstellt, damit wir direkt in den Himmel
eingehen können. Diese Brücke ist die Entrückung. Die Zeit der Entrückung naht herbei. Wer
lebendig entrückt werden will, muß es hier und jetzt lernen, den Tod zu überwinden. Vor der
Entrückung muß der letzte Feind überwunden werden. Da er erkennt, daß seine Tage gezählt
sind, wendet Satan seine äußerste Kraft auf, um die Christen an der Entrückung zu hindern.
Das erklärt teilweise, warum Gottes Kinder heute so heftige Angriffe auf ihren Körper erleben.
Wegen der Härte dieser körperlichen Angriffe scheinen sie Todesluft in sich einzuatmen und geben
dabei jede Hoffnung auf, lebendig entrückt zu werden. Sie durchschauen nicht, daß dies nur eine
Herausforderung des Feindes ist, mit dem Ziel, ihre Entrückung zu verhindern. Sollten sie jedoch
den Ruf zur Entrückung vernehmen, werden sie natürlich bald einen kämpferischen Geist gegen
den Tod entwickeln. Denn sie spüren in ihrem Geist, daß der Tod ein Hindernis der Entrückung
ist, das überwunden werden muß. Der Teufel ist ein Mörder (Joh. 8,44). Die Absicht Satans ist
es, die Gläubigen zu töten. Er hat eine besondere Taktik für die letzten Tage: »Die Heiligen
abnutzen« (Dan. 7, 25 - Schlachter, Fußnote). Wenn er dem Geist des Gläubigen nur ein bißchen
Besorgnis einflößen, nur um ein geringes die Ruhelosigkeit seines Gemüts steigern kann, dafür
sorgen, daß der Gläubige für eine Nacht nicht schläft, daß er das nächste Mal weniger ißt und
ein anderes Mal sich überarbeitet, dann hat er sich mit seiner Macht des Todes Zufahrtswege
geschaffen. Obwohl ein einzelner Wassertropfen machtlos ist, kann beständiges Tropfen ein Loch
in einen Felsen fressen. Weil Satan diese Wahrheit kennt, erregt er ein wenig Sorgen hier, ein
bißchen Beklemmung da oder eine geringe Versäumnis sonstwo, um so die Heiligen abzunutzen.
Manchmal greift der Teufel die Gläubigen direkt an und verursacht ihren Tod. Viele Todesfälle
sind solche Angriffe, obwohl nur wenige Menschen sie als solche erkennen. Vielleicht ist es bloß
eine Erkältung, ein Sonnenstich, Schlaflosigkeit, Erschöpfung oder Mangel an Appetit. Vielleicht
ist es Unreinigkeit, Zorn, Eifersucht oder Zügellosigkeit. Wer nicht erkennt, daß die Macht des
Todes hinter diesen Erscheinungen steht, hat den vollen Sieg des Christen verscherzt. Würden
wir dies als Angriffe des Todes erkennen und ihnen richtig widerstehen, wären wir siegreich. Wie
oft schreiben Gläubige dies ihrem Alter zu und verkennen die wahre Bedeutung. Der Herr Jesus
kommt bald wieder. Darum müssen wir einen totalen Krieg gegen den Tod führen. Wie wir gegen
Sünde, die Welt und Satan kämpfen, müssen wir auch gegen den Tod kämpfen. Wir sollten nicht
nur um Sieg bitten, wir sollten ihn in Anspruch nehmen. Wir sollten den Sieg Christi über den
Tod in seiner ganzen Fülle beanspruchen. Wenn wir unsere vergangenen Erfahrungen unter dem
Licht Gottes sähen, würden wir entdecken, wie oft wir vom Tod angefallen wurden, ohne es zu
bemerken. Wir schrieben oft gewisse Geschehnisse anderen Ursachen zu und verloren damit die
Macht zu widerstehen. Wenn wir gewisse Geschehnisse als Angriffe des Todes erkannt hätten,
10 Kapitel 10 317
hätte uns Gott gestärkt, den Tod erfahrungsmäßig zu überwinden. Wir sollten durch den Sieg
Christi die weit offenen Pforten des Todes verriegeln. Wir sollten dem Tod widerstehen und ihm
verbieten, Zutritt zu unserem Leib zu haben. Widerstehe allem, was den Keim des Todes in sich
hat. Betrachte Schwachheit und Leiden aus dieser Haltung. Manchmal mag sich der Leib dessen
nicht bewußt sein, doch der Tod wirkt bereits. Besorgnis im Geist oder Betrübnis in der Seele
können Tod bewirken. Gott ruft uns jetzt zur Entrük-kung; darum müssen wir alles besiegen,
was diesem Ereignis hinderlich sein könnte. Gott führt seine Kinder in verschiedene Umstände,
die sie zwingen, ihr Leben hilflos und hoffnungslos durch den Glauben in die Hand des Herrn zu
geben. Denn seine Hand ist ihre einzige Hoffnung. In einer solchen Zeit rufen sie aus: »Herr, laß
mich leben!« Der Kampf heute ist ein Kampf ums Leben. Mörderische, böse Geister sind überall
am Werk. Wenn sie ihnen nicht widerstehen und beten, werden die Gläubigen besiegt werden.
Sie werden unausweichlich sterben, wenn sie passiv bleiben. Solltest du beten: »Herr laß mich
den Tod besiegen«, wird er antworten: »Wenn du widerstehst, werde ich dir Sieg schenken.«
Gebet allein ist nichtig, wenn der Wille passiv ist. Du solltest sagen: »Herr, wegen deines Sieges
über den Tod widersetze ich mich allen seinen Angriffen. Herr, gib mir Sieg.« Der Herr wird
dich befähigen, den Tod zu überwinden. Nimm die Verheißungen Gottes für dich in Anspruch,
bitte um Leben und vertraue darauf, daß nichts dir schaden kann. Gib der Macht des Todes
nicht nach, sonst wird sie dich berühren. Du kannst dich zum Beispiel in einem von Krankheit
infizierten Gebiet aufhalten und doch allen Krankheiten widerstehen. Laß nicht den Tod dich
durch Krankheit angreifen. Wir können nicht passiv die Wiederkunft des Herrn erwarten und
uns dabei mit dem Gedanken trösten, daß wir ohnehin entrückt werden. Wir müssen bereit
sein. Wie in jeder anderen Angelegenheit erfordert die Entrückung das Zusammenarbeiten der
Gemeinde mit Gott. Der Glaube geht nie den Weg des geringsten Widerstandes. Dem Tod muß
entschlossen widerstanden und die Entrückung mit ganzem Herzen beansprucht werden. Glaube
ist notwendig, das bedeutet aber nicht, daß man sich passiv der Verantwortung entzieht. Was
für einen Nutzen können wir haben, wenn wir nur verstandesmäßig glauben, daß wir dem Tod
entrinnen werden, uns jedoch weiterhin passiv seiner Macht beugen?
Todsünde
Die Bibel erwähnt eine Art von Todsünde oder »Sünde zum Tode«, die Gläubige begehen können
(1. Joh. 5, 16). Der Tod weist in diesem Fall nicht auf geistlichen Tod hin, weil das ewige Leben
Gottes nicht ausgelöscht werden kann. Auch kann es keine Anspielung auf den zweiten Tod
sein, weil die Schafe des Herrn nicht verlorengehen können. Es muß also den Tod des Leibes
bezeichnen. Nun wollen wir uns merken, welches die wesentliche Eigenschaft der Todsünde ist.
Wenn wir das tun, werden wir lernen, uns davon fernzuhalten, auf daß (1) unser Fleisch nicht
verderbt werde, (2) wir den Segen der Entrückung vor dem Tod nicht verscherzen und (3) die
Arbeit beenden können, die der Herr für uns bestimmt hat. Vielen Kindern Gottes wurden die
Jahre verkürzt, weil sie an dieser Stelle nicht wachsam waren. Hätten sie dies beachtet, könnten
viele Mitarbeiter noch heute im Dienst des Herrn stehen. Das Wort macht keine konkreten
Angaben darüber, was diese Sünde ist. Es versichert uns lediglich, daß solche Sünde möglich ist.
Aus den Berichten der Schrift sehen wir, daß diese je nach dem Menschen verschieden ist. Eine
besondere Sünde ist einigen zum Tode, doch einem anderen mag dies keine Todsünde sein und
umgekehrt. Das ist so, weil verschiedene Gläubige ein verschiedenes Maß an Gnade und Licht
empfangen und nicht die gleiche Stellung erreicht haben. Obwohl die Bibel diese Sünde nie genau
umschreibt, können wir doch feststellen, daß jede Sünde, die zum Tod führt, eine Todsünde ist.
Das Volk Israel beging eine solche Sünde in Kadesch (4. Mose 13, 25-14, 12). Obwohl sie mehrere
Male den Herrn versucht hatten (14, 22), vergab er ihnen immer wieder. Nachdem sie sich aber
geweigert hatten, ins Land Kanaan einzuziehen, ließ er sie in der Wüste sterben (14, 32). An
10 Kapitel 10 318
den Wassern von Meriba ließ Mose sich erregen, »so daß er unbedacht redete« (Ps. 106, 33);
dies war seine Sünde zum Tode: Er starb außerhalb des Landes Kanaan. Der Mann Gottes, der
von Juda nach Bethel reiste, war dem Befehl des Herrn betreffs Essen und Trinken ungehorsam;
darin beging er seine Sünde zum Tode (1. Kön. 13, 21-22). Im Neuen Testament erfahren wir,
wie Ananias und Saphira mit dem Tod bestraft wurden, weil sie eine Sünde begingen, die für sie
zum Tode war. Denn sie hatten versucht, den Heiligen Geist zu belügen, als sie einen Teil des
Kaufpreises ihres Feldes beiseite schafften (Apg. 5). Jener Mann in Korinth, der mit der Frau
seines Vaters zusammenlebte, war auch dieser Art Sünde schuldig, und dies zwang den Apostel
Paulus, über ihn Gericht zu sprechen, indem er den Korinthern befahl, »einen solchen dem Satan
zu überliefern zum Verderben des Fleisches« (1. Kor. 5, 5). Eine nicht geringe Anzahl der Brüder
in Korinth hatten sich schuldig gemacht, indem sie den Leib und das Blut des Herrn geschändet
hatten (1. Kor. ll,27u.30). Sie hatten die Sünde zum Tod begangen. Um den Tod zu überwinden,
müssen wir beharrlich die Sünde überwinden, denn der Tod ergibt sich aus der Sünde. Wenn wir
leben wollen, bis unsere Tage erfüllt sind oder bis der Herr wiederkommt, müssen wir uns vor
Sünde hüten. Die Todsünde ist nicht eine besondere, erschreckende Übertretung, weil sie nirgends
genau umschrieben wird. Die Sünde der Unzucht, die die Korinther begangen hatten, kann als
eine tödliche bezeichnet werden; ebenso kann »unbedachtes« Reden, wie bei Mose, eine Sünde
zum Tode werden (denn beachte, wie die Schrift Mose charakterisiert: »Der Mann Mose aber war
sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren« [4. Mose 12, 3]; darum
konnte keine Sünde im Leben dieses Mannes übersehen werden). Jetzt ist Gnadenzeit. Laß Satan
dich nicht anklagen, indem er dir sagt, du hättest die Todsünde begangen und müßtest darum
sterben. Obwohl uns die Bibel nicht ermutigt, für solche zu beten, die diese Sünde zum Tode
begangen haben, wird uns Gott vergeben, wenn wir uns selbst richten und gründlich Buße tun.
Viele Christen meinen, der Mann in 2. Korinther 2, 6-7 sei derselbe, der mit der Frau seines Vaters
gelebt hat. In 1. Korinther 11, 30-32 werden wir auch daran erinnert, daß wir dem Tod entgehen
können, auch wenn wir die Sünde zum Tode begangen haben, nämlich dann, wenn wir uns selbst
richten. Laß daher keine Sünde in deinem Leib herrschen, damit sie nicht zu deiner Todsünde
wird. Unser Fleisch mag geschwächt werden, trotzdem dürfen wir nie das Herz verlieren, das uns
selbst richten kann. Wir müssen ohne Erbarmen unsere Sünde richten. Es stimmt zwar, daß wir
in diesem Leben nie die sündlose Vollkommenheit erreichen werden, doch sind häufiges Bekennen
und Vertrauen auf Gottes Gnade unerläßlich. Gott wird uns vergeben. Wer nach dem Sieg über
den Tod trachtet, muß sich dessen bewußt sein. »Dann macht er ihnen kund ihr Tun und ihre
Übertretungen, daß sie sich trotzig gebärdeten; und er öffnet ihr Ohr der Zucht und spricht, daß
sie umkehren sollen vom Frevel. Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage in
Wohlfahrt verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeiten. Wenn sie aber nicht hören, so rennen
sie ins Geschoß und verscheiden ohne Erkenntnis. Aber die ruchlosen Herzens sind, hegen Zorn:
Sie rufen nicht um Hilfe, wenn er sie gefesselt hat. Ihre Seele stirbt dahin in der Jugend, und ihr
Leben unter den Schandbuben« (Hiob 36, 9-14).
Die Lehre der Sprüche
Die Sprüche sind ein Buch für den praktischen täglichen Wandel des Gläubigen. Es lehrt uns
viel darüber, wie wir unser Leben bewahren können. Wir wollen unsere Aufmerksamkeit auf die
Anweisungen lenken, die sich auf die Überwindung des Todes beziehen. »Denn Länge der Tage
und Jahre des Lebens und Frieden werden sie dir mehren« (3, 2). »Es wird Heilung sein für
deinen Nabel und Saft für deine Gebeine« (3, 8). »Und er lehrte mich und sprach zu mir: Dein
Herz halte meine Worte fest; beobachte meine Gebote und lebe« (4, 4). »Höre, mein Sohn und
nimm meine Reden an! Und des Lebens Jahre werden sich dir mehren« (4, 10). »Halte fest an
der Unterweisung, laß sie nicht los; bewahre sie, denn sie ist dein Leben« (4, 13). »Denn Leben
10 Kapitel 10 319
sind sie denen, die sie finden, und Gesundheit ihrem ganzen Fleische« (4, 22). »Behüte dein
Herz, mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens«
(4, 23). »Wer mit einem Weibe Ehebruch begeht, ist unsinnig; wer seine Seele verderben will,
der tut solches« (6, 32). »Denn wer mich findet, hat das Leben gefunden und Wohlgefallen
erlangt von dem Herrn« (8, 35). »Denn durch mich werden deine Tage sich mehren, und Jahre
des Lebens werden dir hinzugefügt werden« (9, 11). »Schätze der Gesetzlosigkeit nützen nichts,
aber Gerechtigkeit errettet vom Tode« (10, 2). »Die Furcht des Herrn mehrt die Tage, aber
die Jahre der Gesetzlosen werden verkürzt« (10, 27). »Auf dem Pfade der Gerechtigkeit ist
Leben, und kein Tod auf dem Wege ihres Steiges« (12, 28). »Die Furcht des Herrn ist ein Born
des Lebens, um zu entgehen den Fallstricken des Todes« (14, 27). »Ein gelassenes Herz ist des
Leibes Leben, aber Ereiferung ist Fäulnis der Gebeine« (14, 30). »Der Weg des Lebens ist für
den Einsichtigen aufwärts, damit er dem Scheol unten entgehe« (15, 24). »Wer Unterweisung
verwirft, verachtet seine Seele; wer aber auf Zucht hört, erwirbt Verstand« (15, 32). »Im Lichte
des Angesichts des Königs ist Leben, und sein Wohlgefallen ist wie eine Wolke des Spätregens«
(16, 15). »Der Aufrichtigen Straße ist: vom Bösen weichen; wer seinen Weg bewahrt, behütet
seine Seele« (16, 17). »Wer das Gebot bewahrt, bewahrt seine Seele; wer seine Wege verachtet,
wird sterben« (19, 16). »Die Furcht des Herrn ist zum Leben; und gesättigt verbringt man die
Nacht, wird nicht heimgesucht vom Übel« (19, 23). »Erwerb von Schätzen durch Lügenzunge
ist verwehender Dunst; solche suchen den Tod« (21, 6). »Ein Mensch, der von dem Wege der
Einsicht abirrt, wird ruhen in der Versammlung der Schatten« (21, 16). »Wer der Gerechtigkeit
und der Güte nachjagt, wird Leben finden, Gerechtigkeit und Ehre« (21, 21). Wenn der Geist
uns dazu führt, den Tod zu überwinden, entdecken wir einen neuen Sinn in diesen Worten. Wenn
wir diesen Geboten nicht gehorchen, wird unser Leben schrittweise versiegen. Gott ermahnt uns:
»Ehre deinen Vater und deine Mutter, auf daß es dir wohlgehe, und du lange lebest auf der Erde«
(Eph. 6, 2-3). Wenn wir jetzt ungehorsam sind, werden unsere Jahre auf Erden durch die Sünde
verkürzt werden. Gott will, daß wir auf sein Wort hören, Weisheit besitzen, nach Gerechtigkeit
trachten und unsere Herzen bewahren, damit wir unser Leben nicht verlieren. Wenn wir Leben
wollen, müssen wir Gehorsam lernen.
Die Kräfte des zukünftigen Zeitalters
Die Bibel sagt, daß im zukünftigen Reich der Herr Jesus die Sonne der Gerechtigkeit sein wird
mit »Heilung in ihren Flügeln« (Mal. 4, 2). »Und kein Einwohner wird sagen, ich bin schwach«
(Jes. 33, 24). Dann werden wir Gläubige uns an dem erfreuen, was die Schrift verheißt: »Wenn
aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: Verschlungen ist der Tod
im Sieg« (1. Kor. 15, 54). Für Christen besteht das Kennzeichen des Reiches darin, daß es weder Schwachheit noch Krankheit noch Tod gibt, weil unser Leib erlöst und Satan überwunden
sein wird. Aber die Schrift sagt uns auch, daß wir jetzt die Kräfte des zukünftigen Zeitalters
schmecken können (Hebr. 6, 5). Obwohl unser Leib noch auf seine Erlösung wartet, können wir
heute bereits die Kraft des kommenden Zeitalters schmecken. Das heißt praktisch, daß wir weder
Krankheit noch Schwachheit oder Tod schmecken müssen. Das ist eine tiefgehende Erfahrung,
die der Christ aber machen kann, wenn er Gottes Forderungen erfüllt und seinem Wort völlig
vertraut. Glaube ist zeitlos: Nicht nur kann er aus dem schöpfen, was Gott einmal für uns getan
hat, sondern er kann auch das in Anspruch nehmen, was Gott für uns noch tun wird. Paulus
beschreibt die Veränderung in unserem Leib wie folgt: »Denn wir freilich, die in der Hütte sind,
seufzen, beschwert, wiewohl wir nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit
das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben. Der uns eben hierzubereitet hat, ist Gott,
der uns auch das Unterpfand des Geistes gegeben hat« (2. Kor. 5, 4-5). Das Wort »Unterpfand«
10 Kapitel 10 320
hat die Bedeutung von »Anzahlung«. Eine Anzahlung, die die volle Bezahlung garantieren soll.
Der Heilige Geist in uns ist Gottes Unterpfand, daß »das Sterbliche verschlungen werde von dem
Leben«. Obwohl wir diesen Sieg heute noch nicht völlig erleben, so doch teilweise, weil wir den
Heiligen Geist als Unterpfand besitzen. Der Geist ist uns gegeben, damit wir jetzt schon den zukünftigen Sieg des Lebens schmecken können. »(Der) jetzt aber geoffenbart worden ist durch die
Erscheinung unseres Heilandes Jesus Christus, welcher den Tod zunichte gemacht, aber Leben
und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat durch das Evangelium« (2. Tim. 1,10). Leben und
Unsterblichkeit ist der Anteil derer, die das Evangelium aufnehmen. Woraus die Frage entsteht,
wie weit der Heilige Geist in der Lage ist, den Gläubigen in den Besitz dieses Anteils zu führen? Der Tod ist zunichte gemacht worden, darum sollten die Gläubigen auch diese Erfahrung
machen. Nun wird dieses Zeitalter bald vorüber sein; angesichts der Entrückung beabsichtigt
der Heilige Geist, die Gläubigen immer tiefer in diese Erfahrung zu führen. Wir wollen glauben,
daß wir die Kräfte des zukünftigen Zeitalters erfahren können. Wenn Paulus ausruft: »Gott aber
sei Dank, der uns Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!« (1. Kor. 15, 57), weist er auf
die Gegenwart hin und behandelt das Problem des Todes. Obwohl er sich auf den zukünftigen
vollständigen Sieg bezieht, ist er nicht damit zufrieden, eine solche Erfahrung ganz der Zukunft
zu überlassen. Er unterstreicht, daß wir jetzt durch den Herrn Jesus überwinden können! Auch
dies ist ein Grundgesetz des geistlichen Lebens: Was Gott in einem bestimmten Zeitalter tun
will, stellt er zuerst in einigen wenigen Menschen dar. Was alle Gläubigen während des Tausendjährigen Reiches erleben werden, sollten die Glieder Christi schon heute erfahren. Sogar in
vergangenen Zeitaltern gab es Leute, die die Kräfte des zukünftigen Zeitalters im voraus erlebten. Wieviel mehr muß dann heute die Gemeinde die Erfahrung des Sieges Christi über den Tod
machen. Gott will, daß wir jetzt die Schranken der Hölle durchbrechen. Um seines Leibes willen
sind wir vom Herrn berufen, den Tod zu überwinden. Wenn wir den letzten Feind nicht besiegen,
ist unser Kampf nicht vollendet. Darum wollen wir die Gedanken des Herrn im Blick auf unsere
Zukunft erforschen. Wir hegen nicht die abergläubische Hoffnung, daß wir nicht sterben werden.
Wenn aber jetzt die Endzeit ist und die Wiederkunft des Herrn nicht noch hinausgezögert wird,
sondern sich zu unseren Lebzeiten ereignet, dann sollten wir im Glauben Gottes Wort in Anspruch nehmen und ihm vertrauen, daß wir nicht sterben, sondern das Angesicht des Herrn als
Lebende sehen werden. Wir, die so auf ihn hoffen, wollen uns reinigen, wie er rein ist. Wir wollen
Augenblick für Augenblick für ihn leben und aus seinem Auferstehungsleben für die Bedürfnisse
von Geist, Seele und Leib schöpfen. »Durch Glauben ward Henoch entrückt, damit er den Tod
nicht sehen sollte« (Hebr. 11, 5). So wollen auch wir glauben. Wir wollen daran festhalten, daß
der Tod nicht sein muß, die Entrückung aber gewiß ist und daß es nicht mehr lange dauern wird.
»Denn vor der Entrückung hat er das Zeugnis gehabt, daß er Gott Wohlgefallen habe« (Hebr. 11, 5). Wie steht es mit uns? Welch herrliche Zukunft liegt doch vor uns! Wie vollkommen
ist das Heil, das uns Gott bereitet hat! Wir wollen uns erheben und auf Jesum schauen. Möge
der »Himmel« uns so erfüllen, daß dem Fleisch kein Raum und der Welt keine Anziehungskraft
bleibt. Möge die Liebe des Vaters uns so ergreifen, daß wir mit seinem Feind keinerlei Kontakt
mehr pflegen! Möge der Herr Jesus unsere Herzen dergestalt erfüllen, daß wir sonst niemand
und nichts mehr begehren! Und möge der Heilige Geist in jedem Gläubigen das Gebet wirken:
»Komm, Herr Jesus!...https://www.sermon-online.com/de/contents/19704...😘,Ralf

Kommentare

Schreib auch du einen Kommentar
 
Sulzbacher 24.03.2022 21:04
so Ende des 1.Tages der 3.Woche meines vor mir liegenden 60.zigsten Lebensjahres,Danke HERR für den heutigen vergangenen Tag,komm Herr Jesus,Amen
 
Sulzbacher 24.03.2022 21:09
Danke auch für den Hass der unsichtbaren Welt sowie der sichtbaren Welt und Christenheit und aller mich hassenden Zeitgenossen,Amen
 
Sulzbacher 24.11.2022 13:55
Amen🙂
 
Julia1960 24.11.2022 14:06
Etwas kürzere Beiträge finde ich leichter zu lesen.
 
(Nutzer gelöscht) 24.11.2022 14:21
in der Kürze liegt die Würze👍😎
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:01
Ich bitte euch, Geschwister, weist dieses Wort der Ermutigung nicht ab! Ich habe mich ja so kurz wie möglich gefasst(Hebräerbrief,Kapitel 13,Vers 22)😅😘
 
(Nutzer gelöscht) 24.11.2022 19:05
Sulzbacher: Wer um Gottes Willen soll denn so viel Zeit haben so lange Texte bei der Fülle von Infos hier durchzulesen ? Das ist etwas unrealistisch. Deine Texte mögen vlt. ganz toll sein, aber schade, dass durch die Länge sicherlich nicht Viele erreicht werden. Oder merkst du eine große Resonanz ?
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:11
GOTT hat bisher die gesamte Weltgeschichte und außer der Bibel und dem Hebräerbrief noch viel mehr  zum lesen und hören gegeben,...in dem Wissen dass es niemand liest und hört,...ER macht alle "denk und hör und lernfaulen" unentschuldbar,...große Resonanz hat ER ALS REALIST nie erwartet!!!🤔
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:16
wem seine eigene Seele noch nicht mal 12 Stunden  nur einmal im Leben wert ist,na ja,der geht zu recht in den Feuersee!!!
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:17
und GOTT wird fragen was hast DU nur dein ganzes Leben lang gemacht?🤔
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:35
hi Jutta,hab ich was diesbezüglich gesagt?,...ist doch mir egal wer Ihn geschrieben hat,...ist in jedem Fall wie jedes Wort der Bibel von GOTT,...nütze zur Lehre,etc,...für jeden Tag des Lebens,...🙂😘
 
Sulzbacher 24.11.2022 19:36
außerdem,lange nichts mehr voneinander gehört,schöön wieder von Dir zu hören😘
 
Julia1960 24.11.2022 19:39
@ Sulzbacher

Ist nicht böse gemeint. Aber weniger, kürzere Beiträge werden eher und leichter gelesen.
weiße TaubeJetzt kostenlos registrieren