Bundestag berät Initiativen zum Thema Impfpflicht

Bundestag berät Initiativen zum Thema Impfpflicht
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➡ https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw11-de-impfpflicht-881824

Liveübertragung: Donnerstag, 17. März, 9.20 Uhr



Bundestag berät verschiedene Initiativen zum Thema Impfpflicht

Der Deutsche Bundestag befasst sich am Donnerstag, 17. März 2022, mit verschiedenen parlamentarischen Initiativen zur Impfpflicht. Darunter ein interfraktioneller Gesetzentwurf „zur Aufklärung, Beratung und Impfung aller Volljährigen gegen SarsCoV-2“ (20/899), den unter anderen die Abgeordneten Heike Baehrens (SPD), Dr. Janosch Dahmen (Bündnis 90/Die Grünen), Katrin Helling-Plahr (FDP), Dagmar Schmidt (Wetzlar, SPD), Dr. Till Steffen (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Dirk Wiese (SPD) eingebracht haben. 

Darüber hinaus haben die Parlamentarier Dieter Janecek (Bündnis 90/Die Grünen), Gyde Jensen (FDP), Konstantin Kuhle (FDP), Franziska Mascheck (SPD), Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen), Kordula Schulz-Asche (Bündnis 90/Die Grünen), Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP), Dr. Herbert Wollmann (SPD) und weitere Abgeordnete einen Gesetzentwurf „zur Einführung einer verpflichtenden Impfberatung für Erwachsene und einer altersbezogenen Impfpflicht ab 50 Jahren unter Vorbehalt gegen das Coronavirus Sars-CoV-2“ (20/954) vorgelegt. In welchen Ausschuss die Entwürfe nach der 70-minütigen Debatte überwiesen werden sollen, steht derzeit noch nicht fest.

Drei Anträge zur Corona-Impfpflicht

Beraten wird zudem ein interfraktioneller Antrag mit dem Titel „Impfbereitschaft ohne allgemeine Impfpflicht gegen Sars-CoV-2 erhöhen“ (20/680). Hierfür zeichnen unter anderen die Abgeordneten Wolfgang Kubicki (FDP), Christine Aschenberg-Dugnus (FDP), Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen), Jana Schimke (CDU/CSU), Jens Koeppen (CDU/CSU), Dr. Gregor Gysi (Die Linke) und Dr. Sahra Wagenknecht (Die Linke) verantwortlich. Die Vorlage soll nach der Debatte an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen werden.

Des Weiteren legt die CDU/CSU-Fraktion einen Antrag mit dem Titel „Impfvorsorgegesetz – Ein guter Schutz für unser Land“ (20/978) vor. Die AfD-Fraktion hat zudem einen Antrag mit der Forderung „Keine gesetzliche Impfpflicht gegen das Covid-19- Virus“ (20/516) eingebracht. Die beiden Vorlagen sollen ebenfalls dem Gesundheitsausschuss überwiesen werden.

Interfraktioneller Gesetzentwurf zur Impfpflicht ab 18

Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen haben einen Gesetzentwurf zur Einführung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren vorgelegt. Zur Prävention gegen Sars-Cov-2 stünden gut verträgliche, sichere und hochwirksame Impfstoffe zur Verfügung, heißt es in dem Gesetzentwurf (20/899). Studien zeigten, dass Impfungen nicht nur die geimpfte Person wirksam vor einer Erkrankung und vor schweren Krankheitsverläufen schützten, sondern auch dazu führten, dass geimpfte Personen weniger zur Ausbreitung des Erregers beitrügen, heißt es in der Vorlage.

Die Abgeordneten schlagen vor, in einem ersten Schritt die Impfkampagne zu erweitern, alle Erwachsenen persönlich zu kontaktieren und von den Krankenversicherungen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informieren zu lassen. Darauf aufbauend solle eine allgemeine Impfpflicht für Personen über 18 Jahren eingeführt werden. Demnach sollen alle Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und ihren gewöhnlichen Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten in Deutschland haben, dazu verpflichtet werden, ab dem 1. Oktober 2022 über einen Impf- oder Genesenennachweis zu verfügen. 

Der Nachweis soll auf Anforderung vorzulegen sein. Ausgenommen sind Personen unter 18 Jahren oder solche, die permanent oder vorübergehend nicht immunisiert werden können sowie Schwangere in den ersten drei Monaten. Die Regelung soll vierteljährlich evaluiert und bis Jahresende 2023 befristet werden. 

Gesetzentwurf zur Beratungspflicht und altersbezogenen Impfpflicht

Eine fraktionsübergreifende Gruppe von Abgeordneten will eine verpflichtende Impfberatung für Erwachsene und eine altersbezogene Impfpflicht gegen das Coronavirus ab 50 Jahren ermöglichen. Die Überlastung des Gesundheitswesens beruhe nach bisherigen Erfahrungen vorrangig auf schweren Covid-19-Erkrankungen der über 50-Jährigen. Daher könne eine altersbezogene Impfplicht für diese Gruppe leichter gerechtfertigt werden, heißt es in dem Gesetzentwurf (20/954). 

Die Abgeordneten plädieren für ein mehrstufiges Vorgehen. Demnach sollen in einem ersten Schritt alle Erwachsenen kontaktiert und von den Krankenkassen über Beratungs- und Impfmöglichkeiten informiert werden. Bis zum 15. September 2022 sollen alle Personen ab 18 Jahren entweder über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen oder über den Nachweis der Inanspruchnahme einer ärztlichen Impfberatung. Ausgenommen von der verpflichtenden Beratung sollen Personen unter 18 Jahren sein oder solche, die permanent oder vorübergehend nicht immunisiert werden können sowie Schwangere in den ersten drei Monaten. 

In einem zweiten Schritt sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, rechtzeitig vor einer für den Herbst und Winter 2022/2023 zu erwartenden weiteren Infektionswelle eine Impfpflicht für Personen ab 50 Jahren einzuführen. Ein Zustimmungsvorbehalt für den Bundestag stelle sicher, dass die altersbezogene Impfpflicht ab dem 50. Lebensjahr für den erfassten Personenkreis nur dann ausgelöst werde, wenn die epidemiologische Lage dies gebiete, heißt es in dem Entwurf weiter. Für Personen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, soll der Bundestag ab dem 15. September 2022 festlegen können, dass diese über einen Impf- oder Genesenennachweis verfügen müssen. Die Regelung soll vierteljährlich evaluiert und bis zum Jahresende 2023 befristet werden.

Interfraktioneller Antrag

Der sich gegen eine Impfpflicht wendende interfraktionelle Antrag (20/680) zielt darauf ab, die Impfbereitschaft in der Bevölkerung ohne eine Verpflichtung zu erhöhen. Es wird an die Bürger appelliert, die empfohlenen Angebote einer Corona-Schutzimpfung wahrzunehmen. Die auf eine nachhaltige Entlastung des Gesundheitssystems abzielende allgemeine Impfpflicht hänge an noch nicht abschließend geklärten Fragen der Schutzdauer und des Schutzumfangs einer Impfung in den jeweiligen Altersgruppen, heißt es in dem Antrag.

In Anbetracht der Schwere des mit einer allgemeinen Impfpflicht verbundenen Grundrechtseingriffs fielen diese Unwägbarkeiten besonders ins Gewicht. Insbesondere steige der Begründungsaufwand für eine solche Pflicht, je öfter die verpflichtende Impfung wiederholt werden müsse. Der Bundestag könne eine allgemeine Impfpflicht nicht beschließen, solange er nicht einmal die Häufigkeit der mit der Pflicht verbundenen Schutzimpfungen kenne. Zudem sei fraktionsübergreifend immer wieder das Versprechen bekräftigt worden, dass es keine allgemeine Impfpflicht geben werde, heißt es in dem Antrag weiter. Der Bruch dieses Versprechens würde langfristige Schäden in der Gesellschaft hinterlassen.

Antrag der Unionsfraktion

Die Unionsfraktion schlägt ein Impfvorsorgegesetz mit einem gestaffelten Impfmechanismus vor, der unter bestimmten Voraussetzungen vom Bundestag aktiviert werden soll. Bei immer wieder neuen Virusvarianten und fortbestehenden Impfschutzlücken in der Bevölkerung bedürfe es eines vorausschauenden und flexiblen Impfvorsorgekonzepts, um das Land gegen künftige Pandemiewellen zu wappnen, heißt es in dem Antrag (20/978) der Fraktion.

Die Abgeordneten schlagen konkret die Schaffung eines Impfregisters, eine verstärkte Impfkampagne und einen mehrstufigen Impfmechanismus vor. Um eine zuverlässige Datengrundlage über den Impfstatus der verschiedenen Altersgruppen zu bekommen, soll unverzüglich mit der Einrichtung eines Impfregisters begonnen werden. Das Impfregister soll dazu genutzt werden, die Altersgruppen über die bei ihnen jeweils notwendigen Impfungen und Auffrischungen rechtzeitig zu informieren, Ungeimpfte gezielt anzusprechen und eine Beratung zu ermöglichen.

Parallel zum Aufbau des Impfregisters soll die Impfkampagne fortgesetzt und ausgeweitet werden, um auch bisher nicht geimpfte Bürger zu erreichen. Ferner gelte es, die Impfinfrastruktur vor Ort zu stärken. Das Ziel seien breitflächige Impfungen unter anderem in Impfzentren, mit mobilen Impfteams, in Arztpraxen, Apotheken sowie Zahn- und Tierarztpraxen. Das Bundesgesundheitsministerium soll dem Bundestag alle zwei Wochen über die Corona-Lage berichten.

Schließlich werden Kriterien für die Aktivierung des Impfmechanismus genannt: Die voraussichtliche Krankheitslast einer Virusvariante, deren Übertragbarkeit, die Wirksamkeit des verfügbaren Impfstoffs, die Immunität der Bevölkerung nach Altersgruppen und die Zahl der erforderlichen Impfungen.

Personen ab 60 beziehungsweise 50 Jahren sowie bestimmte Berufsgruppen, etwa Beschäftigte in Schulen, Kitas, Einrichtungen gemäß Paragraf 35 Infektionsschutzgesetz (IfSG), Einrichtungen der kritischen Infrastruktur oder der Polizei, kämen für den Impfmechanismus wie auch für eine darüber hinausgehende Impfpflicht in Betracht. Der Bundestag soll die Möglichkeit bekommen, bei Vorliegen konkreter Voraussetzungen die Aktivierung des Impfmechanismus zu beschließen. Der Beschluss soll befristet sein. Bei Verstößen gegen die Verpflichtungen sieht das Konzept ein Bußgeld vor.

Antrag der AfD

Die AfD-Fraktion positioniert sich gegen eine gesetzliche Impfpflicht. Eine unmittelbare oder mittelbare Verpflichtung zur Impfung zum Schutz vor einer Infektion mit dem Virus Sars-Cov-2 sei unverhältnismäßig, heißt es in einem Antrag (20/516) der Abgeordneten. Die Bundesregierung solle von Plänen zur Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht gegen das Coronavirus Abstand nehmen. Zudem sollte ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, mit dem die ab dem 15. März 2022 geltende Impfpflicht für das Gesundheits- und Pflegepersonal aufgehoben werde.

Zur Begründung heißt es in dem Antrag, die Einführung einer generellen Impfpflicht gegen Covid 19 sei verfassungsrechtlich unzulässig, weil damit das Virus nicht ausgerottet werden könne. Zudem bedeute eine Impfpflicht einen Eingriff gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit. (pk/hau/irs/15.03.2022)

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