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Warum gibt es täglich so viele Versuchungen durch Satans Welt,etc?

Warum gibt es täglich so viele Versuchungen durch Satans Welt,etc?
Warum ist die Begierde nur so mächtig?«, fragte Taylor, der
unter dem Gewicht seiner Schuld zusammengebrochen war. Er
war der sexuellen Versuchung erlegen. »Wie kann ich Vertrauen
zu mir selbst haben? Ich möchte kein unmoralisches Leben führen. Ich habe mir selbst versprochen, das nicht mehr zu tun, aber
nun stehe ich wieder da.«
Eine Frau, die jahrelang versucht hatte, mit dem Rauchen aufzuhören, aber immer wieder scheiterte (trotz jeder
neuen Methode), fragte mich einmal: »Wie kommt es, dass ich
– obwohl ich bete, es an Gott abgebe und meine Bibel lese – es
nicht schaffe, damit aufzuhören, wie sehr ich es auch versuche?«
Ähnliche Fragen habe ich von Alkohol- und Sexsüchtigen
gestellt bekommen, die immer wieder in dieselben zerstörerischen Verhaltensmuster zurückfallen, egal wie oft sie diese
Dinge scheinbar bereits hinter sich gelassen haben.
Ihre Fragen verdienen Antworten. Warum ist die Versuchung
so attraktiv, so unnachgiebig und so mächtig? Warum richtet Gott den Grad unserer Versuchungen nicht so ein, dass die
Waagschalen sich mehr zu unseren Gunsten neigen?
Manchmal hat es den Anschein, als sei das Leben als Christ
unnötig schwer. Sicher könnte Gott – der alle Macht und Autorität in Händen hat – es für diejenigen unter uns, die ihn lieben,
leichter machen. So viele Gläubige erliegen der einen oder an­deren Sünde, die oft mit dem Ruin endet. So erscheint eigentlich die Frage logisch, warum Gott nicht vor uns hergeht und die
Landminen auf unserem Lebensweg entschärft. Wie könnte das
geschehen?
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Verbannung des Satans?
Zuerst einmal könnte Gott den Teufel zerstören. Hätte er das in
der Tat zur Zeit des Schöpfungsaktes getan, dann hätten aller
Voraussicht nach Adam und Eva nicht die menschliche Rasse in
die Sünde gerissen. Unsere Voreltern wären Gott wahrscheinlich gehorsam geblieben, ohne erst am Baum mit der verbotenen
Frucht Überlegungen anzustellen.
Angenommen, Adam und Eva hätten Handlungsfreiheit
besessen, warum schenkte ihnen Gott dann nicht Gelegenheit,
ihre Wahl ohne Einmischung von außen zu treffen? Die Schlange
war schön, schien mit Vollmacht zu sprechen und verhieß ein
besseres Leben. Soweit wir wissen, wussten Adam und Eva
nichts von Satans Existenz, und so waren sie auf diese plötzliche
Begegnung nicht vorbereitet. Wäre die Schlange aus dem Garten
verbannt gewesen, dann wären Adam und Eva Gott wohl eher
gehorsam geblieben. Sie hätten sich vielleicht nicht entschlossen,
von der verbotenen Frucht zu essen.
Die Gegenwart Satans im Garten Eden und seine Aktivität
auf unserem Planeten neigt die Waagschale zu unseren Ungunsten. Ich sage nicht, dass wir seinen finsteren Vorschlägen folgen
müssen. Wäre er jedoch von der Erde verbannt, dann könnten
wir der Versuchung wesentlich leichter widerstehen.
Der überwiegende Teil des Bösen in der Welt – und dazu
gehören auch unsere eigenen Kämpfe – kann tatsächlich auf die
Einmischung unsichtbarer geistlicher Mächte zurückgeführt
werden. Würde Gott den Teufel vernichten oder ihn zumindest
in die finsterste Hölle verbannen, dann könnten wir Riesenschritte auf dem Weg mit unserem Herrn tun. Da bliebe nichts
mehr übrig von »einen Schritt vor und zwei zurück«. Unser
Kampf mit der Versuchung würde auf ein Minimum zusammenschrumpfen, und wir wären eher in der Lage, der Verlockung
der Sünde die Stirn zu bieten.
Warum also beseitigt Gott den Satan nicht?
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Gebremste Leidenschaften?
Ein zweiter Vorschlag für die Verringerung der Versagensquote
im Leben von uns Christen wäre, dass Gott die Pfeile der Versuchung abstumpft, die uns von innen her gefährden. Jakobus
schrieb: »Jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen
Begierde fortgezogen und gelockt wird« (Jakobus 1,14). Könnte
Gott nicht diese Leidenschaften bremsen, um moralische Reinheit leichter erreichbar zu machen? Sicher könnte Gott diese Leidenschaften ein wenig dämpfen – sodass uns der Sieg leichter
fallen würde und wir bessere Zeugen für unseren Erlöser wären.
Wir alle haben schon die Aussage gehört: »Ich weiß, was ich
tun sollte, aber ich kann es einfach nicht. Ich hab´s versucht, habe
Gott um Hilfe gebeten und trotzdem versagt.« Paulus schrieb
über seinen eigenen Kampf: »Denn nicht das, was ich will, tue
ich, sondern was ich hasse, das übe ich aus« (Römer 7,15). Der
Kirchenreformator John Knox schrieb kurz vor seinem Tod diese
Worte:
»Nun, nach vielen Kämpfen, finde ich nichts in mir als
Eitelkeit und Verderbnis. In der Stille bin ich nachlässig, in
Mühen ungeduldig mit dem Hang zur Verzweiflung; Stolz
und Ehrgeiz überfallen mich auf der einen Seite, Begierde
und böse Sorge auf der anderen. Kurz, o Herr, die Fehler des
Fleisches vertilgen beinahe die Tätigkeit deines Geistes.«
Wenn schon dieser Mann Gottes solche Kämpfe zu bestehen
hatte, gibt es dann für uns irgendeine Hoffnung? Gott könnte
es uns leichter machen, aber er hat sich entschieden, dies nicht
zu tun.
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Änderung der Pläne?
Wenn Gott den Teufel nicht verbannt und unsere sündhaften
Leidenschaften nicht bremst, könnte er uns dann nicht von
den Orten der Versuchung wegführen? Dann wären wir doch
geschützt vor Umständen, die uns zur Sünde provozieren könnten.
David sündigte doch deshalb mit Bathseba, weil sie zufällig
im Nebenhaus ein Bad nahm, während der König auf dem Dach
seines Hauses ruhte. Man sollte meinen, Gott hätte das so einrichten können, dass sie ihr Bad zwei Stunden früher oder eine
Stunde später nahm. Ein souveräner Gott dürfte doch keine
Schwierigkeiten haben, die Pläne für seine Geschöpfe anders zu
ordnen.
Sündigte Achan nicht, weil er ein Kleidungsstück der Ba­bylonier sah, das nach der Belagerung Jerichos unbeaufsichtigt
herumlag? Log Abraham nicht, weil in dem Land Hungersnot
herrschte und er um sein Leben fürchtete? Verriet Simson nicht
sein Geheimnis, weil er von der charmanten Delila bezaubert
war?
Gott schützt uns nicht vor Umständen, die uns zur Sünde
verlocken können. Wir dürfen nicht vergessen, dass es der Heilige Geist war, der Christus in die Wüste führte, wo er vom Teufel versucht wurde. Im Vaterunser lehrte Jesus seine Jünger, so
zu beten: »Und führe uns nicht in Versuchung, sondern errette
uns von dem Bösen« (Matthäus 6,13). Wir müssen zugeben, dass
Gott uns manchmal in Situationen führt, die unser sündiges Verlangen fördern – aber dies heißt nicht, dass Gott uns zur Sünde
veranlasst – auch führt er uns nicht wie Satan in Versuchung.
Vielmehr sind dies die Zeiten, in denen wir uns auf Gott werfen
und ihn bitten müssen, uns vor dem Bösen zu bewahren, da wir
selbst nicht fähig sind, uns selbst davor zu retten.
Jakobus schreibt: »Niemand sage, wenn er versucht wird: Ich
werde von Gott versucht; denn Gott kann nicht versucht werden
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vom Bösen, er selbst aber versucht niemand« (Jakobus 1,13). Wir
können niemals Gott für das tadeln, was wir selbst tun. Wenn
wir sündigen, dann liegt dies an unserer sündigen Natur; daher
sind wir selbst dafür verantwortlich. Gott prüft uns jedoch.
Auch erlaubt er dem Satan, uns in Versuchung zu führen. Ohne
bewusste Absicht von unserer Seite geraten wir in Situationen,
die ein äußerer Anreiz zur Sünde sind.
Nach dem Zusammentreffen mit einem früheren Freund
entdeckte eine verheiratete Frau, dass sie immer noch Gefühle
für diesen hegte. In der Folge begann sie sich vorzustellen, sie
habe den falschen Mann geheiratet, und sie fühlte sich wie in
einer Falle. Nun fragt sie: »Warum hat Gott, der doch weiß, wie
schwach ich bin, zugelassen, dass wir uns wieder begegnen?«
Eine andere Frau, die mit homosexuellen Gedanken und
Handlungen zu kämpfen hatte, gab zu, dass ihr unnatürliches
Verlangen begann, als sie im Alter von 12 Jahren von einem
älteren Mann sexuell missbraucht worden war. So begann ein
langer Kampf mit sexuellen Versuchungen. Hätte Gott sie nicht
vor diesem Erlebnis bewahren können?
Ein Mann, der verzweifelt versuchte, sich das Rauchen abzugewöhnen, sagte, dass er so lange Fortschritte dabei machte, bis
er in ein Büro versetzt wurde, in dem jeder rauchte. In einer so
vom Tabakduft durchtränkten Umgebung fiel er wieder in seine
frühere Sucht zurück.
Alkoholiker, die versuchen, keinen Tropfen mehr anzurühren, werden oft unter dem Druck von Freunden rückfällig,
die sich nicht darüber im Klaren sind, was sie dadurch bei einem
Alkoholiker auslösen. Das ist der übliche Verlauf.
Und wie sieht es mit den feineren Sünden des Geistes aus?
Ja: Jesus hat uns gelehrt, dass das Böse seinen Ursprung im Herzen hat – doch viele unserer Kämpfe gegen böse Gedanken
werden durch unsere Umwelt hervorgerufen. Wer oft auf Reisen ist, fragt normalerweise nicht nach einem Zimmer, auf dessen Fernseher man Erotik-Programme empfangen kann – aber
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bekommt es trotzdem. Doch ob wir nun oft auf Reisen sind oder
nicht: Überall um uns herum finden sich Anreize, die die übelsten Gedanken aufrühren. Gott könnte uns, ohne uns aus der
Welt herauszunehmen, in Lebensbedingungen führen, die weniger dazu angetan sind, böse Leidenschaften, Habgier und Zorn
zu wecken. Wenn wenigstens einige Stolpersteine aus unserem
Lebensweg entfernt würden, dann würden auch die Möglichkeiten für ein totales Versagen geringer.
Doch Gott bewahrt uns nicht vor den Orten oder der Macht
grausamer Versuchung. Der Satan besitzt Zugang zu unserem
Leben. Unsere sündige Natur unterliegt keiner Einschränkung,
und oft finden wir uns ohne Vorwarnung in Situationen wieder,
die zu äußerer – oder zu geheimer – Versündigung beitragen.
So sind wir wieder zu Taylors Frage zurückgekehrt: Warum
ist die Versuchung so mächtig?
Einige Gründe für die Versuchung
Prüfung unserer Treue
Gott hat, wie wir es wohl auch erwarten, einen Grund dafür,
dass er uns in Versuchung geraten lässt. Gleich zu Anfang sollten
wir uns vor Augen führen, dass die Versuchung mit all ihren furchtbaren Möglichkeiten des Versagens Gottes Möglichkeit ist, unsere
Treue zu prüfen. Wir können erst dann sagen, dass wir jemanden
lieben, wenn wir um seinetwillen harte Entscheidungen treffen mussten. In ähnlicher Weise können wir auch erst sagen,
dass wir Gott lieben, wenn wir zu hartnäckigen Versuchungen
»Nein« gesagt haben. Es ist ganz einfach: Gott möchte, dass wir
eine Leidenschaft für ihn entwickeln, die größer ist als unsere Leidenschaft zur Sünde!
Nehmen wir Abraham als Beispiel. Gott forderte ihn auf, seinen Lieblingssohn Isaak zu opfern. Er war in großer Versuchung,
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Gott ein Nein zu erwidern. Der von ihm errichtete Altar dürfte
unter allen je gebauten Altären am sorgfältigsten konstruiert
worden sein. Während seiner Arbeit fielen ihm sicher zahlreiche
Gründe ein, warum er Gott nicht gehorchen sollte: Isaak wurde
gebraucht, um Gottes Willen zu erfüllen; Sara würde es niemals verstehen; und schließlich: Wie konnte ein barmherziger
Gott erwarten, dass ein Mensch seinen eigenen geliebten Sohn
erschlug?
Natürlich wissen Sie, wie die Geschichte endete. Abraham
bestand die Prüfung; der Engel des Herrn hinderte ihn daran,
seinen Sohn zu töten, und ein Widder wurde das Opfer. Be­achten Sie, wie Gott diesen Vorfall bewertete: »Nun weiß ich,
dass du Gott fürchtest und deinen Sohn, deinen einzigen, mir
nicht vorenthalten hast« (1.Mose 22,12).
Woher wissen wir, dass Abraham Gott geliebt hat? Dass er
Gott vertraute? Weil er sich entschied, »Ja« zu sagen, als alle Mächte
der Finsternis und alle Leidenschaften seiner Seele »Nein« schrien.
Diese heftige Versuchung gab Abraham eine unvergleichliche
Gelegenheit, seine Liebe zum allmächtigen Gott unter Beweis zu
stellen.
Kehren wir nun zurück zu den oben beschriebenen Situationen. Wie steht es mit der Frau, die anscheinend nicht verhindern konnte, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt?
Oder mit dem Alkoholiker, der von seinen Freunden verleitet
wird, in seine alte Gewohnheit zurückzufallen? Oder mit dem
jungen Mann, der sich in verkehrter Gesellschaft befindet?
Warum bewahrt Gott uns nicht vor solchen Lebensumständen?
Er erlaubt uns den Luxus schwieriger Entscheidungen, damit
wir unsere Liebe zu ihm beweisen können. Dies sind unsere
Chancen, uns für Gott zu entscheiden – und nicht für die Welt.
Lieben Sie Gott?
Ich freue mich, dass Sie »Ja« gesagt haben. Aber was passiert,
wenn Sie sich vor einer schwierigen Entscheidung sehen – etwa,
ob Sie Ihrer Leidenschaft nachgeben oder sie beherrschen sol-
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len. Unsere Reaktion auf die Versuchung ist ein genauer Gradmesser für unsere Liebe zu Gott. Einer der ersten Schritte in dem
Bemühen, mit der Versuchung fertig zu werden, ist, sie als Prüfung unserer Treue anzusehen. »Wenn jemand die Welt liebt,
so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm«, heißt es bei Johannes
(1. Johannes 2,15).
Joseph widerstand den täglichen Verführungsversuchen von
Potiphars Frau, weil seine Liebe zu Gott so groß war. Joseph
fragte sie: »… wie sollte ich diese große Bosheit tun und gegen
Gott sündigen?« (1. Mose 39,9). Selbst wenn er es als Privatangelegenheit hätte abtun und so hätte vertuschen können, dass
niemand davon erfuhr, so konnte er den Gedanken nicht er­tragen, den Gott zu verletzen, den er kennengelernt hatte. Dasselbe Prinzip lässt sich auch auf uns anwenden. Nach jeder Versuchung sind wir in einem besseren oder einem schlechteren
Zustand. Neutralität ist hier nicht möglich!
Hierin liegt der Grund, warum Gott das Böse nicht ausrottet.
Die Anwesenheit von bösen Geistern in der Welt macht unsere
Entscheidung zugegebenermaßen nicht leichter. Bedenken Sie
aber, was solche quälenden Entscheidungen für Gott bedeuten.
Wir beweisen unsere Liebe zu Gott, wenn wir uneingeschränkt
»Ja« sagen zu ihm, auch wenn uns der Wind ins Gesicht bläst.
Das Ganze lässt sich auf einen einfachen Nenner bringen:
Schätzen wir die Vergnügungen der Welt oder die Freuden, die
von Gott kommen? Die Chancen zur Sünde, die uns von allen
Seiten umgeben, die sündige Natur in uns und die dämonischen
Kräfte um uns herum bieten uns vielerlei Gelegenheiten zur
Beantwortung dieser Frage.
Gewandelte Leidenschaften
Ein zweiter Grund, warum Gott uns unsere Entscheidungen
nicht erleichtert, besteht darin, dass die Versuchung sein Plan zur
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inneren Entwicklung des Menschen ist. Sündhafte Gewohnheiten
sind ein Mühlstein um unseren Hals, ein großes Gewicht auf
unserer Seele. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille! Dieselben Versuchungen, Kämpfe und selbst unsere Sünden nutzt
Gott als Hilfe auf dem steilen Weg zur geistlichen Reife. Wenn
Sie den Kampf gegen Ihre Sünde nur als eine Verpflichtung
ansehen, werden Sie nie lernen, was Gott Ihnen durch sie beibringen will.
Von Goethe stammt das Wort, dass das Talent sich in der
Stille bildet, der Charakter aber in den Stürmen des Lebens. Gott
will Ihnen etwas viel Schöneres in Ihrem Leben schenken als nur
einfach den Sieg über die Sünde. Er will die Sünde durch etwas
viel Besseres ersetzen – durch die positiven Werte eines fruchtbaren Lebens.
Die Versuchung ist das Vergrößerungsglas Gottes; es zeigt
uns, wie viel Arbeit ihm in unserem Leben noch zu tun bleibt.
Als die Israeliten sich auf ihrer Wanderung durch die Wüste
befanden, ließ Gott sie hungern und dürsten. Einmal waren sie
drei Tage lang ohne Wasser. Sie begannen zu murren über das
langsame Tempo ihres Marsches und wurden ungeduldig, als
Mose so lange auf dem Berg verweilte. Warum ging Gott auf
ihre Erwartungen nicht ein? Nun, hören wir uns einmal Moses
Kommentar an: Gott tat dies alles, »um dich zu demütigen, um
dich zu prüfen, um zu erkennen, was in deinem Herzen ist, ob
du seine Gebote halten würdest oder nicht« (5. Mose 8,2b).
Hier haben wir erneut diesen Punkt: Gott ließ die Israeliten
Versuchung erdulden, um ihre Treue zu prüfen und ihre im
Verborgenen ruhende Sündhaftigkeit an den Tag zu bringen.
Die Versuchung bringt unsere besten oder schlechtesten Eigenschaften zum Vorschein. Die Israeliten erkannten den Grad
ihrer aufrührerischen Gesinnung erst, als sie Hunger litten. Versuchung bringt Unreinheiten an die Oberfläche. Dann beginnt
Gott mit dem Reinigungs-Prozess. Manchmal erteilt Gott
uns diese Lektionen dadurch, dass er uns die Folgen unserer
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eigenen Sünde tragen lässt. Jakobus schrieb, dass wir durch
unsere eigene Begierde gelockt werden. Das Wort locken birgt die
Vorstellung eines Jägers in sich, der das Wild mit einen Köder
anlockt, oder eines Hausbesitzers, der eine Mausefalle aufstellt.
Die Maus kann keinen plausiblen Grund erkennen, warum sie
gerade dieses bestimmte Stück Käse nicht fressen sollte. Da ihr
Wissen begrenzt ist, kann sie nicht erkennen, was in der Zukunft
liegt, und versteht das Wesen einer Falle nicht. So beißt sie zu –
und erleidet die tödliche Konsequenz. Manche unter uns meinen, wir könnten die Folgen unserer Taten voraussagen, und
messen offenen Sünden ernstere Folgen bei als den versteckten
Sünden der Gedanken- und Vorstellungswelt. Doch selbst die
Sünden des Geistes fordern ihren Zoll, und letzten Endes können wir die Sünde nicht länger steuern. Sie steuert uns. Gott
lässt vielleicht eines Tages den Brunnen unserer Vergnügungen
versiegen, sodass wir uns Ihm in Reue erneut zuwenden.
In diesem Falle führt Gott uns zu etwas Besserem. Er möchte
in uns die reichen Charaktereigenschaften zur Entfaltung bringen, die man die »Früchte des Geistes« nennt: Liebe, Freude und
Friede, um nur einige zu nennen (Galater 5,22-23). Gottes Ziel
ist es, uns dem Bild seines Sohnes immer ähnlicher zu machen
(Römer 8,29). Dazu müssen unsere charakterlichen Mängel
(richtiger sollten wir von Sünden sprechen) an die Oberfläche
kommen, damit wir verändert werden können.
Gott will uns auch dadurch demütigen, dass wir andere Menschen aufsuchen, um Hilfe zu bekommen und Rechenschaft
geben zu können. Auf dieselbe Weise, wie ein abgehackter Finger nicht geheilt werden kann, wenn er nicht mit dem Rest des
Körpers verbunden werden kann, können wir nicht von unseren
sündigen Angewohnheiten frei werden, ohne Gemeinschaft mit
anderen Gläubigen zu haben. Heimlichkeiten und Scham fördern Abhängigkeiten. Nur wenn wir ins Licht der Gegenwart
Gottes und zur Offenheit der Gemeinschaft mit anderen kommen, können wir jene Art von Freiheit erfahren, nach der wir
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uns sehnen. Ja, wir brauchen die Hilfe anderer. Mehr dazu
später.
Versuchung bedeutet stets auch Risiko. Das Potenzial für
einen verheerenden Fehlschlag schlummert stets in uns. Doch
gerade weil der Einsatz so hoch ist, ist auch die Belohnung für
ein Widerstehen groß. Wenn wir zur Versuchung »Nein« sagen,
sagen wir damit immer auch zu etwas weit Besserem »Ja«.
Stärke für unsere Schwachheit
Schließlich gebraucht Gott unsere Sünden, um uns seine Gnade und
Macht zu zeigen. Die niederdrückende Auswirkung der Sünde
wird durch die gute Botschaft von der Gnade Gottes beiseitegefegt. Paulus schreibt: »Das Gesetz aber kam daneben ein,
damit die Übertretung überströmend würde. Wo aber die Sünde
überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher
geworden« (Römer 5,20).
Paulus wurde ein Pfahl ins Fleisch gegeben, damit er de­mütig bleibe. Vielleicht war es eine Versuchung, gegen die er
ankämpfte. Er flehte Gott dreimal an, ihn davon zu befreien,
doch Gott sprach: »Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft
wird in Schwachheit vollbracht« (2. Korinther 12,9a). Paulus
rühmte sich daher seiner Schwachheit, denn er wusste, dass
sie für Gottes Macht eine Gelegenheit war: »… denn wenn ich
schwach bin, dann bin ich stark« (2. Korinther 12,10b). Wenn
man von einer besonders hartnäckigen Versuchung bedrängt
wird, bietet sich vielleicht die Chance, die Entfaltung von Gottes
Gnade im eigenen Leben zu erkennen. Sie mögen nun besorgt
sein wegen Ihres Kampfes, doch Sie brauchen nicht besorgt zu
sein wegen Ihres Retters.
Gott trifft den Kern unserer Motivationen. Es geht ihm nicht
darum, lediglich einen neuen Anstrich aufzutragen oder neue
Regeln aufzustellen. Er will unseren Geist von Neuem formen
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und uns neue Werte schenken. Der wichtigste Teil unserer Person ist der, den niemand sieht außer Gott. Und dort will er sein
Werk beginnen.
Denken Sie an die eine spezielle Sünde, die sich bei Ihnen
nicht aus dem Mittelpunkt entfernen lassen will. Vielleicht ist es
eine offenkundige Sünde wie Trunksucht, Drogensucht, Internet-Pornografie. Vielleicht haben Sie gewissse Wünsche und
Vorstellungen, die manche lieber nicht hören sollten – oder
sogar überhaupt niemand hören sollte. Oder vielleicht ist es
auch eine Sünde des Geistes: Stolz, Furcht, Angst oder Bitterkeit. Was auch immer es sei – Gott kann Sie von dieser Sünde
befreien. Sie können mit seiner Hilfe die Sünde aufspüren und
– auch mithilfe des Leibes Christi, seiner Gemeinde – sie ausreißen und ausrotten. Die Sünde muss nicht die Herrschaft über
Sie erlangen. Sie können sich darauf verlassen, dass Gott Sie nie
von etwas fernhalten wird, was gut ist. Stattdessen beseitigt er
– wenn Sie dazu bereit sind – das Böse und setzt etwas weit Besseres an seine Stelle. Er wird Ihre Festung niederreißen, damit er
an ihrer Stelle einen Palast errichten kann.
Sind Sie bereit für eine solche Verwandlung? Das nächste
Kapitel hilft Ihnen bei der Beantwortung dieser Frage...https://clv.de/Das-widerspenstige-Ich/256229

Kommentare

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Sulzbacher 27.12.2021 18:08
Wir sind so verzweifelt, dass wir alles versuchen, um unser Verhalten zu verändern! Vor Kurzem las ich, dass ein Pharma-Unternehmen versucht hat, eine Tablette zur Behandlung von Spielsüchtigen herzustellen. Doch die Tests haben gezeigt, dass Spielsüchtige, die diese Tablette einnahmen, keinen größeren Erfolg
beim Kampf gegen ihre Sucht hatten als eine Kontrollgruppe,
die Placebos einnahm. In dem Artikel stand auch, dass noch nie
ein Medikament erfunden wurde, um Menschen von ihrer Spielsucht zu befreien – und auch noch nie zur Bekämpfung anderer
Süchte, die auf ähnliche Weise Menschenleben ruinieren.
Doch zahllose Menschen können davon berichten, wie Gott
ihr Leben verändert hat – aber es geschieht stets zu seinen Be­dingungen. Ehe Sie Schritte zu einer grundlegenden Veränderung unternehmen, müssen Sie drei Grundvoraussetzungen
akzeptieren. Wenn Sie zögern, auch nur eine von ihnen anzunehmen, werden Sie in der Befreiung von Ihrer sündhaften
Gewohnheit keinen Fortschritt erleben. Was sind nun diese
wesentlichen Punkte?
Glauben Sie, dass Gott gut ist
Als Erstes müssen Sie daran glauben, dass Gott gut ist. In der Welt
ist so viel Böses, dass die Lehre von der Güte Gottes besonders
schwer einleuchten will. Doch wenn wir nicht von ganzem Herzen daran glauben, sind wir in unserem Wachstum als Christen
gelähmt.
Es überrascht nicht, dass Satan als ersten Schachzug im Garten Eden in Eva Zweifel an der Güte Gottes weckte. Seine Worte
lauteten: »Ihr werdet durchaus nicht sterben, sondern Gott
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weiß, dass an dem Tag, da ihr davon esst, eure Augen aufgetan
werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und
Böses« (1. Mose 3,4-5). Er wollte damit sagen: »Gott legt euch
Beschränkungen auf, weil er nicht will, dass ihr eure höchsten
Fähigkeiten zur Entfaltung bringt! Ihr habt das Recht, zu sein
wie er. Doch er will das nicht zulassen – er ist selbstsüchtig und
hat keinesfalls euer Bestes im Sinn.«
Satan überzeugte Eva davon, dass Gott sie davon abhalten
wolle, ihre höchsten Fähigkeiten zur Entfaltung zu bringen –
ihre Gottgleichheit, wenn Sie so wollen. Eva glaubte ihm diese
Lüge.
Auch heute verfolgt Satan noch die gleiche Strategie: Er sät
in uns Unzufriedenheit mit dem Willen Gottes für uns. Unser
Zorn über Lebensumstände und unser Aufruhr gegen Gottes
Gebote rühren von unserem mangelnden Vertrauen in die Güte
Gottes. Die alleinstehende junge Frau fragt: »Wie kann Gott gut
sein? Wenn er es wäre, würde er mir einen Lebensgefährten be­scheren. Weiß er denn nicht, wie einsam ich bin?«
Der Playboy jammert: »Warum sollte Gott mir das Vergnügen
beschränken? Wenn ich Hunger habe, esse ich. Wenn ich das
Vergnügen haben will, dann steht mir Sex zur Verfügung. Ein
Gott, der meinen Lebensstil verkrampft, ist nicht gut. Wenn er
gut wäre, würde er dafür sorgen, dass ich jemanden finde, der
mich wirklich zufriedenstellt.«
Der Alkoholiker klagt: »Wenn Gott gut wäre, würde er mir
eine ordentliche Arbeit verschaffen. Schließlich war es doch
wohl der finanzielle Druck, der mich zur Flasche getrieben hat,
oder nicht? Gott ist gut? Gut wofür eigentlich?«
Einer Frau, die mich um Hilfe bat, riet ich, die Sünde der Verbitterung vor Gott zu beichten. Ihre Reaktion war: »Wenn Gott
mich liebt, warum hat er dann zugelassen, dass meine Eltern
mich so behandelt haben? Ein guter Gott hätte dies niemals
geschehen lassen!« Sie konnte ihren Eltern nicht vergeben, weil
sie Gott nicht »vergeben« konnte, dass er sie nicht beschützt
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hatte. Stattdessen entschied sie sich, ein Opfer ihrer Umstände
zu sein.
Wenn Sie sich ständig Sorgen machen, zweifeln Sie an Gottes Güte und befürchten, er könne in Ihrem Leben Umstände
zulassen, die nicht zu Ihrem Besten dienen. Wenn Sie gierig und
habsüchtig sind, zweifeln Sie, ob Gott sich Ihnen gegenüber fair
verhält, wenn er Ihnen nicht all das gibt, was andere haben und
woran sie sich erfreuen. Wenn Sie von unbeherrschtem Zorn
erfüllt sind, dann lehnen Sie sich gegen Gottes Willen für Ihr
Leben auf.
Nehmen Sie die Sünde unter die Lupe, die Sie nicht aufgeben
wollen! In den Wurzeln Ihres Eigensinns gedeiht Ihr Zweifel an
Gottes Güte. Warum haben Sie kein Vertrauen, dass er das Beste
für Sie will? Weil Ihnen Ihr eigener Weg als besser erscheint.
Für einen Augenblick wollen wir noch einmal in den Garten Eden zurückkehren. Achten Sie darauf, wie Satan sich auf
die einzige Einschränkung konzentrierte und dadurch den Blick
Evas für die Wohltaten Gottes blendete. Gewiss, es gab da einen
Baum, von dem sie nicht genießen konnte, aber zweifellos standen Hunderte im Garten, an denen sie sich laben durfte. Wies
Satan auf diese zahllosen Bäume hin, von denen sie essen durfte?
Wohl kaum. Er lenkte das Augenmerk auf einen Negativpunkt,
und Eva vergaß Gottes Großzügigkeit und Güte. So geschieht
es auch heute. Satan drängt Sie, sich auf das eine Problem, die
eine Beschwernis oder Beschränkung zu konzentrieren. In diesem Augenblick versucht er, Sie davon zu überzeugen, dass
Gottes Weg für Sie nicht der beste ist, sondern nur das Zweitbeste beinhaltet, wenn Sie bedenken, was er Ihnen geben könnte
… oder was Sie sich selbst geben würden.
Daher muss ich Sie fragen: Zweifeln Sie an der Güte Gottes?
Sind Sie in jeder Hinsicht bereit, zu akzeptieren, dass Gottes
Wille vollkommen und annehmbar ist? Wenn er Sie von Ihren
auf das Sexuelle bezogenen Gedanken befreien würde, fühlten
Sie sich dann betrogen? Wenn er Ihnen die Freuden einer Ehe
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vorenthielte, würden Sie sich beraubt vorkommen? Wenn Sie
den Sieg über Zigaretten oder Alkohol davontrügen, würden Sie
dann grollen, weil Ihnen ein Stückchen Vergnügen genommen
wurde?
Verstehen Sie nun, warum Sie nur dann mit Ihrer sündhaften
Gewohnheit brechen können, wenn Sie an die Güte Gottes glauben? Der Grund ist einfach: Wenn Sie nicht an Gottes Güte glauben, dann wollen Sie Gott nur um Hilfe bitten, wenn Sie sich in
einer Zwickmühle befinden, jedoch alle Optionen offen halten
für die Zeit, in der scheinbar wieder alles in Ordnung gekommen
ist. Sie sind dann überzeugt, Gott wolle Sie berauben und nicht
etwa reicher machen, wenn er dauerhafte Veränderungen in
Ihrem Leben oder Ihrer Lebensweise schenkt.
Ich habe festgestellt, dass das schwierigste Problem bei der
Seelsorge an den meisten Menschen einfach darin liegt, dass sie
sich eigentlich nicht ändern wollen. Natürlich sind sie bereit,
kleinere Berichtigungen vorzunehmen – vor allem, wenn ihr
Verhalten sie in Schwierigkeiten bringt. Doch die meisten leben
recht bequem mit ihrer Sünde, solange sie ihnen nicht aus der
Hand gleitet. Oft genug würden sie es vorziehen, wenn Gott
seine Aktivität in ihrem Leben auf ein Minimum beschränken
würde.
Woher kommt nun dieser Mangel an Begeisterung für eine
Befreiung von der Sünde? Wir befürchten, dass uns irgendein erstrebenswert erscheinendes Vergnügen entgeht. Wir stellen infrage, ob Gottes Weg wirklich der beste für uns ist. Wenn
Sie an Gottes Güte zweifeln, dann werden Sie nicht nur widerstreben, sich zu ändern, sondern sich sogar davor fürchten. Ein
junger Mann, den ich beraten habe, konnte einfach nicht seine
Zukunft in Gottes Hand legen, weil er fürchtete, Gott könne von
ihm verlangen, sein Medizinstudium aufzugeben. Er bezweifelte, dass Gottes Wille das Beste für ihn wäre.
Zahllose Christen wollen sich Gott nicht ganz hingeben, denn
sie fürchten sich vor dem, was Gott vielleicht von ihnen for-
33
dern werde. Er könnte sie auf ein Missionsfeld führen, für sie
ein alleinstehendes Leben vorsehen oder von ihnen die Aufgabe
ihrer Liebe zum Geld oder sündhafter Vergnügungen verlangen.
Wenn Sie an Gottes Güte zweifeln, dann pressen Sie Ihre
Sünde fest an sich aus Furcht, Gott könne Sie Ihrer Stütze, Ihres
Zeitvertreibs, Ihres Vergnügens berauben. Gelegentlich bewegt
Sie vielleicht etwas zu dem Vorsatz, Ihre Sünde aufzugeben,
doch bald stellen Sie fest, dass Sie den Verlust nicht riskieren
können.
Doch ist Ihr Weg wirklich besser als der Weg Gottes? War
Satan wirklich der Gute im Garten Eden? Und Gott vielleicht der
Schurke? Jesus hat die Dinge ins rechte Licht gerückt mit seinen
Worten: »Der Dieb kommt nur, um zu stehlen und zu schlachten
und zu verderben. Ich bin gekommen, damit sie Leben haben
und es in Überfluss haben« (Johannes 10,10). Wenn Sie meinen,
Ihr Weg sei besser als der Weg Gottes, dann stellen Sie sich auf
die Seite Evas und glauben die Lüge Satans. Gleichgültig, welche Vergnügungen er Ihnen bietet: Seine endgültige Absicht ist,
Sie zu ruinieren. Ihre Zerstörung hat für ihn die oberste Priorität!
Wenn Sie andererseits die Tatsache akzeptieren, dass Gott gut
ist, dann ergeben sich daraus zwei Konsequenzen: 1. Sie können
sich ihm vorbehaltlos ausliefern, ohne befürchten zu müssen,
Sie würden übers Ohr gehauen; 2. Sie werden sich nach einer
Veränderung sehnen, denn Sie werden wissen, dass alle Brunnen der Welt keinem Vergleich standhalten mit dem lebendigen
Wasser, das Christus verheißt.
Sind Sie bereit, sich bedingungslos, vorbehaltlos und ohne
sich eine Hintertür offen zu halten, ganz Gott hinzugeben? Wie
attraktiv auch immer Ihre hartnäckige Sünde Ihnen erscheint:
Sind Sie bereit, sich von Gott zeigen zu lassen, dass sein Plan
vollkommen ist? Wenn Sie es sind, dann schließt das die Bereitschaft ein, sich von Ihrer Sünde zu trennen in der Gewissheit,
dass Gott sie durch etwas Besseres ersetzen wird. Sie haben
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die erste Prüfung als Kandidat für eine radikale Veränderung
bestanden.
Seien Sie sich bewusst:
Sie tragen die Verantwortung für Ihr Handeln
Wie lautet nun die zweite wesentliche Wahrheit, die Sie an­erkennen müssen? Antwort: Als Erwachsener sind Sie für Ihr
Verhalten und Ihre innere Einstellung voll verantwortlich. Wir alle
sind mit der Neigung geboren, Tadel zu umgehen. Kinder legen
eine bemerkenswerte Fähigkeit an den Tag, Verantwortung auf
andere abzuschieben. Meine Frau und ich haben beobachtet,
dass unsere Kinder spontan, kreativ, ja auf beinahe geniale
Weise Ausreden für Unarten erfinden können.
Bloßgestellt zu werden, ist eine schmerzhafte Erfahrung. Deshalb werden wir Experten darin, uns selbst zu schützen, indem
wir die Tatsachen etwas anders darstellen, sodass wir uns besser
darstellen können, als wir in Wahrheit sind. Dieses Spiel – dass
wir uns vor uns selbst und vor den Folgen unserer Handlungen
verstecken wollen – ist die Folge der Tatsache, dass wir mit einer
sündigen Natur geboren wurden, doch es zu spielen, passt nicht
mit dem überein, wozu Christus uns auffordert, wenn wir ihm
nachfolgen wollen.
Das begann schon im Garten Eden. Gott fragte Adam: »Hast
du gegessen von dem Baum, von dem ich dir geboten habe, nicht
davon zu essen?« (1. Mose 3,11). Adam antwortete auf diese
direkte Frage, die mit einem einzigen Wort, nämlich »Ja«, hätte
beantwortet werden können: »Die Frau, die du mir beigegeben
hast, sie gab mir von dem Baum, und ich aß« (1. Mose 3,12). Was
Adam wirklich sagte, war: »Es ist dein Fehler – ich habe diese
willensschwache Frau am Hals, die du geschaffen hast.«
Man beachte Adams Logik. Gott schuf die Frau, die Frau aß
von der Frucht und gab dann ihrem Mann davon. Adam bildete
35
sich also ein: Wenn Gott Eva nicht erschaffen oder Eva Gott nicht
den Gehorsam verweigert hätte, dann hätte er – Adam – auch
nicht gesündigt. Daher könne ihn doch kein Vorwurf treffen.
In Bezug auf die Übernahme von Verantwortung machte Eva
keineswegs eine bessere Figur. Sie sagte: »Die Schlange betrog
mich, und ich aß« (Vers 13b). Auch sie war nicht verantwortlich.
Niemand war verantwortlich; es war Gottes Schuld.
Wirklich? Gewiss, Gott schuf den Baum, die Frau, den Mann
und sogar Luzifer, der zum Teufel wurde. Gott hätte sicher
einen Garten ohne diesen verbotenen Baum erschaffen und der
Schlange den Zugang verwehren können. Ja, ein souveräner
Gott hätte alles anders machen können. Aber Eva traf eine Entscheidung, und Adam traf ebenfalls eine Entscheidung, und so
mussten sie die volle Verantwortung für ihre Entscheidung
tragen. Auch die Schlange bekam ihren Teil – jeder traf eine Entscheidung, und jeder verdiente Tadel. Im Garten Eden wurde
die Frage der Verantwortung des Menschen ein für alle Mal
geklärt: Jeder Einzelne muss die Verantwortung für seine Entscheidungen treffen.
Ein prominenter Amerikaner sagte über den Mörder Robert
Kennedys: »Ich werfe ihm keine Schuld vor; die Gesellschaft, die
ihn hervorgebracht hat, ist schuld.«
Es ist wohl kaum eine Übertreibung nötig, will man den Schaden beschreiben, der durch Sigmund Freuds Lehre angerichtet
wurde, Fehlverhalten sei ein Zeichen von Krankheit. Wir ziehen
die Menschen nicht zur Verantwortung, weil sie Grippe, Masern
oder Krebs bekommen. Für die körperlich Kranken haben wir
Krankenhäuser, nicht Gefängnisse – weil sie keine moralische
Schuld an ihrer Krankheit tragen. Es liegt auf der Hand, Sigmund Freud so zu deuten: Wenn Menschen nicht verantwortlich
sind für physische Krankheiten, warum sollten sie dann schuld
sein für ihr Suchtverhalten? Wenn man behauptet, ein Vergewaltiger, Mörder oder Dieb sei krank, dann ergibt sich der Schluss,
dass er keiner Bestrafung unterworfen werden sollte. Schließlich
36
hat er sich einfach eine sonderbare Krankheit zugezogen – er ist
das Opfer von Kräften, die jenseits seiner Kontrolle liegen.
Vor Kurzem sahen meine Frau und ich ein Interview mit
einem Arzt, der die Meinung vertrat, seltsame Verhaltensweisen rührten von unserem Geburtserlebnis her. Wenn ein
Baby in einem lauten, hellen und anscheinend unfreundlichen
Kreißsaal zur Welt kommt, dann wird dieser Mensch in seinem
Erwachsenenleben eine feindselige Einstellung entwickeln. Daraus folgt, dass man ihm aus seiner Feindseligkeit keinen Vorwurf machen darf.
Wenn ein Teenager sich in Schwierigkeiten befindet, dann
sind die Eltern schuld – sie waren entweder zu streng oder zu
nachgiebig. Vielleicht war es aber auch die Umwelt – er wuchs
in einem wohlhabenden Elternhaus auf. Jedermann weiß, dass
Reichtum Langeweile erzeugt, und Langeweile erzeugt Verbrechen. Umgekehrt trifft ihn auch keine Verantwortung, wenn
er aus einem armen Elternhaus kommt – Armut treibt den Menschen zu Drogen, Sex und Kriminalität. Selbst im Gefängnis findet man nur schwer einen Menschen, der sich für schuldig hält.
Es stimmt, dass wir mit einer Neigung zum Sündigen
geboren werden. Wir sind von Natur »Kinder des Zorns« (Epheser 2,3), und deshalb geben wir uns unseren schlimmsten Neigungen hin, wenn uns keine Beschränkungen auferlegt werden.
Doch nur wenn wir unsere Unfähigkeit erkennen, werden wir
Gott um Hilfe bitten.
Nehmen wir zum Beispiel das Problem der sexuellen Gebundenheit. Ein Mann, dessen spezielle Sucht die Form von Homosexualität angenommen hatte, berichtete mir, seine abnormen
Wünsche hätten während der Pubertät begonnen, jedoch nicht
durch Verbindung zu einem praktizierenden Homosexuellen. Es
seien eher ungesunde Faktoren in seinem Elternhaus gewesen,
die zu perversem Denken und Verhalten führten, sodass dieser Junge in der Vorstellung heranwuchs, er sei homosexuell ge­boren. Mit seinen Worten: »vorherbestimmtes Schicksal«.
37
Kann er von seiner sexuellen Gebundenheit frei werden?
Nicht, wenn er seine Umwelt oder seine Gene für seine Handlungen verantwortlich macht. Dieser Mann veränderte sich tatsächlich. Hören Sie seine Worte: »Jahrelang war ich davon überzeugt, ich könnte mich niemals ändern, weil ich von der Veranlagung her und nicht durch freie Entscheidung homosexuell
sei. Ich übernahm keine Verantwortung für mein Verhalten.
Doch als ich begann, die Heilige Schrift zu lesen, da begann ich
auch zu glauben, dass Gott mich verändern könne. Den ersten
Schritt in diese Richtung tat ich, als ich volle Verantwortung für
mein homosexuelles Verhalten übernahm. Keine Ausflüchte,
keine Alibis.«
Wenn ein Verhalten als »Sünde« erkannt und bezeichnet
wird, dann besteht die Chance zur Befreiung. Denn Jesus kam,
um »Sünder« zur Buße zu rufen. Jay Adams drückte dies so aus:
»Homosexualität beispielsweise eine Krankheit zu nennen, hebt
die Hoffnung des Patienten nicht. Wenn man aber Homosexualität eine Sünde nennt, wie es die Bibel tut, dann wird damit
Hoffnung angeboten.« Alkoholiker sind bekannt dafür, dass
sie die Verantwortung für ihr Verhalten umgehen. Die Frau,
ein Chef, ihre Freunde oder Nachbarn werden beschuldigt. Die
Bibel lehrt uns jedoch, dass jeder Mensch verantwortlich ist. Niemand bringt Sie dazu, häufig Ihre Sexualpartner zu wechseln,
oder verschafft Ihnen ein Magengeschwür. Es ist natürlich richtig, dass der Missbrauch durch andere und die Untreue anderer
Auslöser für sündige Verhaltensmuster sein können. Doch es ist
definitiv so – besonders, wenn wir erwachsen sind –, dass wir
die volle Verantwortung für unsere Reaktionen auf Ereignisse
in unserer Vergangenheit und unsere Umstände tragen müssen.
Und selbst in jenen Augenblicken, in denen wir durch scheinbar
unbeherrschbare Leidenschaften getrieben werden, treffen wir
eine Entscheidung. Daher können wir uns auch genauso gut entscheiden, Gott seinen Weg mit uns gehen zu lassen.
Selbstverständlich müssen wir, wie ich schon angedeutet
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habe, behutsam sein, wenn wir über diese Dinge sprechen.
Manche Menschen sind verhaltensgestört, weil sie körperliche
und seelische Misshandlungen erduldet haben. Andere leben
ein Leben in Sünde wegen der verdrehten Wertvorstellungen
ihrer Eltern. Bis zu einem gewissen Grad sind wir alle ein Produkt von Vererbung und Umwelt. Doch selbst wenn wir diese
Dinge in Betracht ziehen, tragen wir Verantwortung. Wir wissen, dass selbst eine zivilisierte Gesellschaft nicht lange bestehen
kann, wenn der Einzelne die Verantwortung für seine Handlungen ablehnt. Wir alle sind jemandem Rechenschaft schuldig:
der Familie, dem Arbeitgeber, der Gesellschaft, der Gemeinde
und letzten Endes Gott. Jeder erwachsene Mensch muss endlich aufhören, die Schuld auf Umstände oder andere Menschen
zu schieben, und anfangen, die volle Verantwortung für seine
Reaktionen auf Ereignisse in seiner Vergangenheit zu übernehmen, wie traumatisch auch immer dies sein mag.
Wenn wir aufhören, uns zu verstecken, und stattdessen die
Verantwortung für unsere Sünde übernehmen, dann stellen wir
fest, dass wir nun ein Anwärter auf Gottes Barmherzigkeit und
Macht sind. Ein Freund von mir drückte es einmal so aus: »Gott
heilt manchmal Krankheiten, aber für die Sünde hat er eine
sichere Heilung.« Die Übernahme der Verantwortung stellt auch
unsere von Gott gegebene Würde wieder her. Gott erschafft uns
nicht als Opfer unserer Lebensumstände oder als Sklave unserer
genetischen Zusammensetzung. Wir können uns über unsere
Vergangenheit erheben – wie auch immer sie aussehen mag –
und in eine Zukunft hineingehen, die von Gottes Gnade geformt
wird.
Wie Adam, der versuchte, die Verantwortung für seine Sünde
abzugeben, indem er sagte: »Die Frau, die du mir beigegeben
hast …«, sind wir alle versucht zu sagen: »Die Eltern, die du mir
gabst …«, oder: »Die Freunde, die du mir gabst …«, oder: »Die
Gefühle, die du mir gabst …« Viele Menschen geben ein kleines
Vermögen für professionelle Beratung aus, um Probleme in den
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Griff zu bekommen, die sie selbst hätten lösen können, wenn sie
zur Annahme der Verantwortung für ihre Handlungen bereit
gewesen wären und sich dann Gottes Veränderungsprogramm,
wie wir es in der Bibel finden, unterworfen hätten.
Wenn wir uns weigern, unsere Verantwortung zu tragen, werden wir nicht durch die biblischen Wahrheiten verändert werden, durch die Gott uns verändern möchte. Weil Gott uns liebt
und uns annimmt, brauchen wir nicht länger anderen etwas vortäuschen, ihnen imponieren oder sie beeindrucken. Weil wir
geliebt werden, können wir ehrlich dazu stehen, was wir sind;
weil wir angenommen sind, können wir zulassen, dass Gott uns
verändert in der starken Gewissheit, dass wir seine Hilfe unsagbar nötig haben. Das Verstecken muss ein Ende haben, und der
Furcht vor der Wahrheit müssen wir die Gegenwart eines liebenden Gottes entgegenstellen, der für uns sorgt.
Wenn Sie sich nun immer noch drehen und winden und vielleicht denken, ich verstünde nicht, wie schlimm Sie misshandelt
wurden oder warum Ihre Situation einzigartig ist, dann haben
Sie aller Wahrscheinlichkeit nach die zweite Grundvoraussetzung für eine grundlegende Charakterveränderung durch Gottes Hilfe nicht erfüllt. Nur ein Mensch, der bekennt: »Ich habe
gesündigt«, kann mit Gottes Barmherzigkeit und Gnade zur
Veränderung rechnen.
Vertrauen Sie seiner Gnade
Wenn Sie die beiden ersten Grundvoraussetzungen erfüllt haben,
dann bleibt Ihnen noch eine weitere Aussage, die Sie vor Beginn
Ihrer Arbeit an der Überwindung jener hartnäckigen Gewohnheit akzeptieren müssen. Sie lautet ganz einfach: Sie müssen daran
glauben, dass eine Befreiung möglich ist. Gott verhieß Adam und
Eva, die so tief greifend gesündigt hatten, dass Satans Macht zerbrochen werde. Er kündigte der Schlange an: »Und ich werde
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Feindschaft setzen zwischen dir und der Frau und zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir den Kopf zermalmen,
und du wirst ihm die Ferse zermalmen« (1. Mose 3,15). Die Botschaft war eindeutig: Satan würde weiterhin große Probleme auf
der Erde bereiten – bis Gott ihn ein für alle Mal durch Jesus, den
Samen [= Nachkommen] der Frau, überwunden haben wird.
Und wegen des Werks, das Jesus auf Golgatha für uns vollbracht
hat, ist ein Sieg über die Sünde für jeden Menschen, der Jesus in
Bezug auf seine Rettung und Befreiung vertraut, in den Bereich
des Möglichen gerückt.
Vor allen anderen Dingen ist das Neue Testament ein Buch
der Hoffnung. Es berichtet im Einzelnen, wie Gott seine Verheißungen erfüllte. Es gibt keine Sünde – nein, keine einzige –,
an der Sie notwendigerweise zerbrechen müssten. Gott hat
auf dramatische Weise für einen Ausweg gesorgt: »Keine Versuchung hat euch ergriffen als nur eine menschliche; Gott aber
ist treu, der nicht zulassen wird, dass ihr über euer Vermögen
versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, sodass ihr sie ertragen könnt« (1. Korinther
10,13). In diesem Vers erkennen wir zwei Tatsachen:
Erstens kann man sich nicht darauf berufen, dass der eigene
Fall einzigartig ist. Gewiss: Keine zwei Situationen sind sich
völlig gleich, doch die grundsätzlichen Kämpfe gegen die Leidenschaften der Welt, Ihre sündhafte Natur und den Satan sind
die gleichen Kämpfe, die auch andere zu bestehen hatten. Sie
können sich mit der Tatsache trösten, dass Sie eine Versuchung
erleben, der sich auch ein anderer schon gegenübersah und sie
erfolgreich bezwang. Joseph ist der Lust nicht erlegen, Mose
überwand den Stolz und Elia die Depression.
Doch wie steht es mit Menschen, die tiefer sitzenden Sünden
wie Abgötterei, Ehebruch, Homosexualität, Trunksucht oder
Kleptomanie verfallen sind? Die neutestamentliche Gemeinde
in Korinth hatte solche Menschen in ihren Reihen, die von
ihrer Sünde befreit wurden. »Und solches sind einige von euch
41
gewesen; aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber
ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus
und durch den Geist unseres Gottes« (1. Korinther 6,11). Ihre
Situation ist also nicht einzigartig. Jemand hat schon vor Ihnen
Ihr Problem erfolgreich gemeistert.
Zweitens bekräftigte Paulus, dass Gott Ihnen die Mittel verleiht, mit allen Versuchungen fertig zu werden. Ein treuer Gott
erwartet von Ihnen nichts, was Sie nicht vollbringen könnten.
Er gibt Ihnen auch die notwendige Kraft dazu. Erinnern Sie
sich an die Geschichte von der Schlacht zwischen den Kindern
Israel und Amalek? Als die Zeit für die Schlacht herankam,
sagte Mose: »… morgen will ich auf dem Gipfel des Hügels stehen mit dem Stab Gottes in meiner Hand. … Und es geschah,
wenn Mose seine Hand erhob, so hatte Israel die Oberhand,
und wenn er seine Hand ruhen ließ, so hatte Amalek die Oberhand. Und die Hände Moses wurden schwer. Da nahmen sie
einen Stein und legten diesen unter ihn, und er setzte sich darauf; und Aaron und Hur unterstützten seine Hände, hier einer
und dort einer; und so waren seine Hände fest, bis die Sonne
unterging.« Nach dieser Schlacht baute Mose »einen Altar und
und gab ihm den Namen: ›Der Herr, mein Banner!‹« (2. Mose
17,9-15).
Wenn Sie ernstlich daran zweifeln, das, was Sie tun sollten,
auch wirklich vollbringen zu können, dann brauchen Sie die
Unterstützung von anderen Gläubigen. Sie brauchen jemanden,
der Ihre schwachen Arme emporhält, der Ihnen hilft, auf ge­radem Wege zu gehen, der tröstet, Kraft spendet und für Sie
betet. Wenn Sie jedoch sagen: »Ich kann nicht«, und es dabei
bewenden lassen, dann stellen Sie die Glaubwürdigkeit Gottes
beziehungsweise die Gültigkeit Ihres eigenen Glaubens infrage.
Warum ist es für Sie von so grundlegender Bedeutung, einen
Sieg über die Sünde für möglich zu halten? Ganz einfach: Weil
niemand einen Krieg gewinnen kann, wenn er zweifelt, dass ein Sieg
zu erreichen ist! Wer in die Schlacht zieht und schon im Voraus
42
einen dauerhaften Sieg für ausgeschlossen hält, der ergibt sich
dem Feind praktisch schon vor Beginn des Feldzugs.
Wir Christen haben schon häufig dem Feind das Feld geräumt
durch die Vorstellung, irgendeine Sünde könne nicht beseitigt
werden. Ein solcher Ungehorsam erzeugt Pessimismus, Un­gehorsam und Verzweiflung. Das Neue Testament lehrt uns hingegen: »… dem Glaubenden ist alles möglich« (Markus 9,23).
Nennen Sie Ihre Sünde jetzt und hier beim Namen und sprechen Sie: »Ich danke dir, Gott, dass eine Befreiung davon möglich ist!« Gott hat eine reichhaltige Erfahrung darin, sein Volk
von der Versuchung zu befreien – sogar von Ihrer Versuchung!
Petrus schreibt: »… so weiß der Herr die Gottseligen aus der
Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf
den Tag des Gerichts, damit sie bestraft werden« (2. Petrus 2,9).
Sind Sie bereit zu glauben, dass Gott gut ist? Dass Sie ein
Mensch mit eigener Verantwortung sind? Dass Gott Ihnen helfen kann, den Sieg über Ihre hartnäckige Sünde zu erlangen?
Wenn ja, dann machen Sie sich bereit, denn Gott möchte ein
machtvolles Werk der Veränderung in Ihrem Leben vollbringen
 
Sulzbacher 27.12.2021 18:42
Unter allen traurigen Worten von Zunge oder Feder sind die
traurigsten diese: »Hätte ich nur …«
John Greenleaf Whittier
»Hätte ich nur …« – das holt Menschen immer wieder ein. Wir
alle kennen die Pein der Reue. Gleichgültig, wie unsere Vergangenheit aussieht: Wir wissen alle um mindestens eine Sache,
von der wir wünschten, sie anders gemacht zu haben: »Hätte ich
doch nur auf meine Eltern gehört …« / »Hätte ich mir doch nur
andere Freunde ausgesucht …« / »Wäre ich doch nur nicht mit
diesem Mann ausgegangen …« und so weiter.
Sie müssen sich mit Ihrer Vergangenheit auseinandersetzen,
ehe Sie in der Zukunft die Freiheit erfahren. Die Sünde, die Sie
heute beschwert, hat ihre Wurzeln gestern in Ihr Leben gesenkt.
Sie können mit Ihren sündhaften Gewohnheiten nicht brechen,
ohne einen neuen Anfang zu machen.
Satan nutzt besonders geschickt Ihre Vergangenheit, um Ihre
Zukunft zu ruinieren. Seine Waffe ist der unzulässige Gebrauch
der Schuldgefühle. Auf dem Boden der Entmutigung vermehren sich die Sünden. Ein Verstoß führt leicht zum nächsten. Erkennen Sie an, dass Ihre Vergangenheit nicht unbedingt
Ihre Zukunft steuern muss. Sonst verfangen Sie sich in einem
Teufelskreis. Gott verheißt einen neuen Anfang.
Als ich in Kanada die Grundschule besuchte, da spielten wir
oft »Fuchs und Gans« auf dem frischen, sauberen Schnee des
Schulhofs. Nach etwa einer Viertelstunde verliefen die Spuren so durcheinander, dass wir zu einem unberührten Stück
Schnee weiterzogen und in dem glitzernden Weiß neue Spuren
46
anlegten. Bald mussten wir wieder weiterziehen, dann wieder,
immer auf der Suche nach einem frischen, neuen Anfang.
Danach machte ich eine Beobachtung, die sich mir tief eingeprägt hat. Wenn wir eine neue Spur getreten hatten, waren
alle Kinder ängstlich darauf bedacht, nicht darüber hinaus zu
geraten, doch wenn die Spur breit und verwischt war, gaben wir
weniger acht, das Muster im Schnee nicht zu verderben. Nach
zehn Minuten ruppigem Spiel kümmerte es uns nicht mehr, wie
die Spur aussah. Wir brachten sogar absichtlich die Spielfläche
in einen möglichst unordentlichen Zustand.
Was für ein Bild von der Menschheit! Ich denke da an eine
junge Christin, die den aufrichtigen Wunsch hatte, Gott zu dienen. Sie führte ihr Leben klug, ehrbar und moralisch. Doch entgegen ihrer Absicht erlag sie der sexuellen Versuchung. Sie
wurde daraufhin überwältigt von Schuldgefühlen und von
der Erkenntnis, dass sie ihre Jungfräulichkeit niemals mehr
wiedererlangen könne. In der Vorstellung, ein neuer Anfang sei
unmöglich, schlug sie alle Bedenken in den Wind und suchte
sexuelle Befriedigung bei allen möglichen Partnern. Als sie
schließlich schwanger wurde, wusste sie nicht einmal, wer der
Vater ihres Kindes war.
So geht es vielen, die sich von der einen oder anderen Sünde
einfangen lassen. Sündige Gewohnheiten haben einen DominoEffekt: Hat man erst einmal damit angefangen, dann ist man
leicht geneigt, beliebig oft weiterzumachen. Deshalb bezweifeln
viele Christen, ob Gott sie wirklich verändern kann. Sie meinen,
wegen ihrer Vergangenheit könnten sie auch in Zukunft nicht
anders leben.
Satan hat seine Freude an dieser Art von Logik. Er möchte uns
einreden, dass wir zu weit gegangen sind, dass wir gleich den
Kampf aufgeben können, weil Vergangenes nicht ungeschehen
gemacht werden kann. Der schottische Prediger James Stalker
schrieb: »Der große Versucher der Menschen hat zwei Lügen,
mit denen er uns auf zwei Ebenen bedrängt. Ehe wir gefallen
47
sind, sagt er uns: ›Einmal ist keinmal‹, wir könnten uns davon
leicht wieder erholen. Sind wir aber erst einmal gefallen, dann
sagt er uns, es sei hoffnungslos, wir seien der Sünde verfallen
und brauchten gar nicht erst versuchen, wieder aufzustehen.«
Stalker fährt fort mit der Feststellung, dass beide Vorstellungen falsch sind. Eine Sünde spielt sehr wohl eine Rolle. Selbst durch
einen einzigen Fall können Sie etwas verlieren, was nie wieder
zu erlangen ist. Ein kostbares Gefäß kann zerbrechen und wieder zusammengeklebt werden, aber es ist nie wieder das gleiche
wie vorher. Außerdem führt eine Sünde zu weiteren Sünden.
Es ist, als wolle man einen Eisberg hochklettern: Man rutscht
immer wieder ab.
Wenn Sie aber tatsächlich fallen, dann müssen Sie Satans
zweite Lüge von sich weisen, es sei nutzlos, sich wieder zu er­heben. Er möchte Ihnen einreden, es gebe keinen Weg, die Macht
sündhafter Gewohnheiten zu brechen.
Gibt es für Sie einen neuen Anfang? In gewissem Sinne nein,
denn Ihre Vergangenheit können Sie nicht ein zweites Mal er­leben. Jungfräulichkeit lässt sich nicht wiederherstellen. Eine
durch Drogen, Nikotin oder Fresssucht ruinierte Gesundheit
bleibt angeschlagen. Manche zerrütteten Familien lassen sich
nicht wieder in Ordnung bringen. Sogar Sünden, die schon vergeben sind, können oft noch schlimme Folgen haben. Doch in
einem tieferen Sinne gibt es durchaus einen neuen Anfang. Gott
bietet hierzu zwei wertvolle Gaben: 1. echte Vergebung und Tilgung all Ihrer Sünden – der vergangenen, gegenwärtigen und
zukünftigen; und 2. die Gewissheit, dass Ihre Vergangenheit
nicht Ihre Zukunft beherrschen muss. Der Teufelskreis der Sünde
darf durchbrochen werden. Sie dürfen sich wieder erheben.
Lesen Sie Gottes Verheißung für ein Volk, das von Gewalt,
Betrug und Bosheit besessen war: »Kommt denn und lasst uns
miteinander rechten, spricht der Herr. Wenn eure Sünden wie
Scharlach sind, wie Schnee sollen sie weiß werden; wenn sie rot
sind wie Karmesin, wie Wolle sollen sie werden« (Jesaja 1,18).
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Eine unordentliche Spur bei »Fuchs und Gans« lässt sich
zwar nicht mehr herrichten, aber sie kann von einer frischen
Schneedecke zugedeckt werden. Die verdorbenen Pfade, die
beschmutzten Plätze in Ihrem Leben können mit Vergebung
bedeckt werden. »… eure Sünden … sollen weiß [wie Schnee]
werden.« Auch Sie haben die Möglichkeit für einen neuen
Anfang.
Die Folgen der Schuld
Eine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ist eine Auseinandersetzung mit der Schuld. Schuldgefühle können wie ein
Mühlstein um den Hals einen Menschen belasten und ihn an
seine Sünden und an früheres Versagen ketten. Manchmal kann
Ihr Gewissen Sie plagen und die Sünden der Vergangenheit
immer wieder in lebhaften Einzelheiten vorführen. Vielleicht
haben Sie auch einfach ein unbestimmtes Schuldgefühl, einen
starken Verdacht, dass Sie wieder einmal versagt haben und im
Himmelreich immer ein Bürger zweiter Klasse sein werden.
Mit der Schuld zu leben, das ist, als wolle man mit an­gezogenen Bremsen Auto fahren. Schuldgefühle können zahlreiche ernste Folgen haben.
Körperliche Krankheiten werden oft durch unterdrückte
Schuld hervorgerufen. Manche Ärzte schätzen, dass fast die
Hälfte ihrer Patienten entlassen werden könnte, wenn ihnen mit
Vollmacht zugesagt würde: »Dir ist vergeben.« Der christliche
Psychologe Gary Collins schrieb: »Allein der Energieaufwand,
der nötig ist, um die Schuld aus dem Bewusstsein fernzuhalten,
kann den Körper belasten und zu einem Zusammenbruch führen.«
Ungelöste Schuld verursacht Depression. Hoffnungslosigkeit und Minderwertigkeitsgefühle werden durch das nagende
Gefühl erzeugt, wieder einmal »schwach geworden« zu sein,
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und weil die Vergangenheit nicht ungeschehen zu machen sei,
habe es wenig Sinn zu versuchen, ein nützliches Leben zu führen.
Schuld ist oft die Ursache für mangelnden Glauben an Gott.
In 1. Johannes 3,21 heißt es: »Geliebte, wenn unser Herz uns
nicht verurteilt, so haben wir Freimütigkeit zu Gott.« Ich habe
in meinem Seelsorgedienst festgestellt, dass Schuld die am weitesten verbreitete Ursache des Zweifels ist. Ein Mensch, der sich
unrein fühlt, kämpft gegen das Vertrauen zu Gott an.
Schuld führt zu Selbstbestrafung. Manche Eltern beispielsweise, deren Kinder auf Abwege geraten sind, wollen nicht frei
von Schuld werden. Sie sind überzeugt davon, dass sie für das
Verhalten ihrer Kinder bezahlen müssten, und die Schuld sei der
Preis. Andere gehen noch einen Schritt weiter und deuten jede
Tragödie als Gottes Weise, sie zu bestrafen. Manche Menschen
werden tatsächlich physisch krank, sodass sie die Genugtuung
haben, für ihre Sünden zu bezahlen. Solche Schuldgefühle kommen nie zur Ruhe – egal, wie sehr diese Menschen darunter leiden.
Schuld bewegt Menschen, gute Werke zu tun. Ein Ehemann
überreicht seiner Frau am Abend Blumen, weil er sie am Morgen angeschrien hat. Andere spenden der Kirche oder Gemeinde
Geld oder sind besonders freundlich zu einem bedürftigen
Freund in der Hoffnung, damit ihre Sünden zu sühnen. Manche
Kinder, die sich gegen ihre Eltern aufgelehnt haben, engagieren
sich für soziale Belange oder arbeiten sogar in Ghettos, um ihre
Rebellion in gewisser Weise »wiedergutzumachen«. Statt ihre
Eltern um Vergebung zu bitten, nehmen sie unbewusst an, dass
ihre Opfergesinnung ihr Konto ausgleichen könnte.
Doch gute Werke können niemals Schuld tilgen. Solche Aktivitäten können Ihnen helfen, die Schuld zu leugnen oder Ihrem
Gewissen gegenüber Zeit zu erkaufen, doch über kurz oder lang
wird die Schuld in anderer Form an die Oberfläche drängen. Ein
Freund von mir drückt das so aus: Es ist so, als verschütte ich
Ketchup auf meine Krawatte. Der Vorsatz, das nächste Mal vor-
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sichtiger zu sein – oder gar der Entschluss, ein sich selbst aufopfernder Knecht zu werden – kann den Fleck nicht mehr auslöschen. Wenn nicht ein Mittel gefunden wird, das direkt auf die
Schuld angewendet wird, bleibt sie. Glücklicherweise lässt Gott
uns nicht ohne Hoffnung stehen.
Grundsätze zur Behandlung der Schuld
Es ist Gottes Wille, dass Sie frei sein sollen von jeder Form von
Schuld. Er, der reich ist an Barmherzigkeit, hat Ihre moralischen
und gefühlsmäßigen Verstrickungen vorausgesehen. Glücklicherweise wird Gott niemals überrascht. Er bietet Ihnen Freiheit von einem nagenden Gewissen an. Ich möchte Ihnen drei
Schritte vorschlagen, um diese Freiheit zu finden:
1. Identifizieren Sie die Ursache Ihrer Schuldgefühle. Oft ist dies sehr
leicht möglich: Eine unmoralische Beziehung, Betrügereien bei
der Einkommenssteuer, harte Worte den Eltern gegenüber – all
diese Schuldquellen lassen sich ohne Schwierigkeiten feststellen.
Vielleicht haben Sie den Wunsch, diese Ursachen auf einem Blatt
Papier zu notieren und sich dann mit jeder einzelnen Ursache
auseinanderzusetzen, um sie ein für alle Mal hinter sich zu
werfen.
Ich möchte Sie warnen: Menschen haben manchmal falsche
Schuldgefühle und quälen sich damit aufgrund von Dingen, die
doch jenseits ihrer Kontrolle liegen. Eine Frau stand mit ihrem
dreijährigen Töchterchen am Straßenrand und wartete darauf, die Straße überqueren zu können. Das Kind fragte: »Mutter, kann ich jetzt gehen?« Ganz in Gedanken sagte die Mutter:
»Ja.« Sekunden später sah sie voller Entsetzen, wie ein heranfahrender Lastwagen ihre Tochter überfuhr und damit tödlich
verletzte. Das Entsetzen dieses Ereignisses wird sich nie mehr
aus dem Bewusstsein der Frau tilgen lassen.
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Sie wird geplagt von Schuld, einem unglaublichen Gefühl
der Reue und des Zorns auf sich selbst. Diese Gefühle entstanden, weil sie sich selbst nicht vergeben kann. Wir können
diese Reaktion natürlich gut nachvollziehen. Doch sie muss
irgendwann dahin kommen, diese Gefühle hinter sich zu lassen, indem sie erkennt, dass sie aus ihr selbst hervorkommen
und nicht von Gott verursacht worden sind, der uns nicht für
Unfälle verdammt, die jenseits unserer Kontrolle liegen. Diese
Frau muss sich selbst vergeben und erkennen, dass Gott von uns
keine Selbstquälerei haben will.
Um Schuldgefühle zu überwinden, müssen Sie sie ans Licht
befördern, wo Sie sich mit ihnen auseinandersetzen können.
Dann stellen Sie sich ernsthaft die Frage: »Warum fühle ich mich
schuldig?«
2. Erkennen Sie, dass Gottes Heilmittel vollkommen ist. In Christus hat Gott all Ihre Gefühle, all Ihre Mutlosigkeit, all Ihre Fehlschläge selbst durchgemacht und versteht Sie gut. Jesu Tod am
Kreuz schloss ein Opfer für alle unsere Sünden mit ein – für vergangene, gegenwärtige und zukünftige. »… indem er uns alle
Vergehungen vergeben hat; als er ausgetilgt hat die uns entgegen stehende Handschrift in Satzungen, die gegen uns war …«
(Kolosser 2,13-14). Für jede Sünde, die Sie noch begehen sollten,
ist schon bezahlt. Als Jesus vor zweitausend Jahren starb, waren
Ihre Sünden noch Zukunft. Es gibt keine Sünde, die Sie je auf sich
laden werden, die in Christi Tod nicht eingeschlossen ist.
Es fällt Gott nicht schwer, Ihnen zu vergeben. Er bedauert
keineswegs, Ihnen eine zweite Chance zu geben. Der Preis für
die Vergebung ist schon bezahlt, und Gott möchte, dass Sie sie
frei annehmen.
Ein Atheist fragte Billy Graham: »Wenn Hitler auf dem Totenbett noch Christus angenommen hätte, wäre er dann in den
Himmel gekommen? Oder der Mensch, der ein gutes Leben
führte, aber Christus ablehnte, hätte der zur Hölle fahren müs-
52
sen?« Das ist eine Fangfrage. Sie wurde so gestellt, um das Evangelium lächerlich zu machen. Doch die Antwort lautet: »Ja.«
Wenn Hitler noch Christus im Glauben angenommen hätte,
dann würde Gott ihm vollständig vergeben, weil in Christi Tod
auch alle Sünden Hitlers eingeschlossen sind! Gott wertet Christus so hoch, dass er Hitler um des Verdienstes Christi willen an­nehmen könnte, während er dies selbst bei dem besten Menschen, der aber nicht nach Christus fragt, nicht tun würde! Denn
niemand ist ohne Schuld – nur Christus allein.
Der Schrei vom Kreuz – »Es ist vollbracht!« (Johannes 19,30) –
wird im Griechischen mit einem einzigen Wort ausgedrückt:
tetelestai, ein Ausdruck, der bei Geschäftsvorgängen gebraucht
wurde. Wurde dieses Wort quer über eine Rechnung geschrieben, dann bedeutete dies: »voll bezahlt«. Sie brauchen nie den
Versuch zu unternehmen, selbst für Ihre Sünden zu bezahlen.
Durch seinen Opfertod hat Christus voll dafür bezahlt.
Wenn Gott Ihnen vergibt, dann sind Ihre Sünden so vollständig gelöscht, dass er sich nie wieder daran erinnert (Hebräer
8,12). Er wird sie niemals mehr gegen Sie verwenden (Hebräer
10,17). Die Sünden, die Sie gestern vor Gott bekannt haben, treten nie mehr als Barriere zwischen Sie und ihn – sofern Sie sich
nicht weigern, Gottes Vergebung anzunehmen, und sofern Sie
nicht den Wert des Opfers Christi anzweifeln.
Ich bin so froh darüber, dass mein Computer eine Taste mit
Löschfunktion (Delete) hat. Wenn ich etwas Falsches geschrieben habe oder einen Absatz noch einmal neu schreiben möchte,
drücke ich einfach auf diese Taste – und die Vergangenheit ist
weg! Und ich habe das Vorrecht, wieder auf einer sauberen Seite
anfangen zu können. Genau das geschieht mit Ihren Sünden,
wenn Gott Ihnen vergibt. Die Folgen müssen wir dann oft noch
tragen, doch die Schuld, die rechtmäßige Verdammung für das
Vergehen, ist weg!
Ich denke an eine Frau, die eine unvergebene Schuld wegen
vorehelicher sexueller Erfahrungen mit sich herumschleppte.
53
Ihre Schuldgefühle und die sich daraus entwickelnde unglückliche Ehe kosteten sie ihre Gesundheit. Ich fragte sie, ob sie
die Sünden der Vergangenheit gebeichtet habe. »O ja, ich habe
diese Sünden wohl schon tausendmal gebeichtet«, erwiderte sie.
»Nun, und hat Gott Ihnen vergeben?«, fragte ich. »Ich bin mir
nicht sicher«, war ihre Antwort.
Was sagte diese Frau nun wirklich? Ganz unbeabsichtigt leugnete sie, dass Gott ihre Sünde in Christi Tod mit eingeschlossen
hat. Und sie sagte damit auch, dass Gott nicht treu ist, dass er
uns die Sünden vergibt und reinigt von aller Ungerechtigkeit –
was er in seinem Wort doch versprochen hat (1. Johannes 1,9)!
Warum beichten Menschen immer wieder dieselben Sünden?
Manchmal wohl deshalb, weil sie nicht glauben können, dass
Gott so frei vergibt – sie müssen doch sicherlich erst unter der
Schuld leiden, oder nicht? Oft zweifeln sie an ihrer eigenen Aufrichtigkeit, als sie ihre Sünde zum ersten Mal beichteten. Vielleicht haben sie auch nie selbst Barmherzigkeit und Vergebung
von einem anderen Menschen empfangen. Was auch immer die
Ursache sein mag – einer ist der Gewinner dabei: Satan.
Die Bibel stellt Satan als den großen Ankläger der Christen vor. Und wann ist er besonders aktiv? Unablässig, Tag und
Nacht. Er bringt Ihre Sünden vor Gott und hält sie Ihnen vor.
Doch dankbarerweise können die Erlösten ihn durch das Blut
des Lammes überwinden (Offenbarung 12,10-11).
Satan hat sein Vergnügen daran, wenn die Gläubigen ihre
Sünden immer und immer wieder beichten. »Warum beichtest
du diese Sünde nicht nochmals?«, raunt er Ihnen zu. Am nächsten Tag redet er Ihnen ein, Sie seien nicht aufrichtig gewesen.
»Beichte diese Sünde nochmals, aber diesmal wirklich mit ganzem Herzen.« Und so geht es immer weiter. Wenn wir seinem
Betrug glauben, laufen wir in die Falle unseres eigenen Un­glaubens und werden das Opfer unserer Gefühle. Das Ergebnis: weder Liebe noch Freude, noch Frieden. Elend hocken wir
dann auf einer Bank, die die Bezeichnung trägt: »der Vergebung
54
ungewiss« – eine Bank, die bereits von Scharen geistlich gelähmter Heiliger besetzt ist.
Und wie können wir zwischen dem Drängen des Heiligen
Geistes und den Beschuldigungen des Teufels unterscheiden?
Der Teufel klagt uns wegen Sünden an, die bereits unter dem
Blut Jesu sind – er klagt uns wegen Sünden an, die Gott bereits
vergeben hat. Der Heilige Geist überführt uns von Sünden, die
wir noch nicht bekannt haben und über die wir noch Buße tun
müssen, sodass die Gemeinschaft mit Gott wiederhergestellt
wird. Doch wenn wir einmal Buße getan und Vergebung empfangen haben, hat der Heilige Geist sein Werk vollbracht.
Wie können Sie diese Falle umgehen? Das Geheimnis ist einfach: Danken Sie Gott für seine Vergebung, auch wenn Sie sich noch
schuldig fühlen. Ein Vorschlag: Nutzen Sie Ihre Schuldgefühle als
Merkzettel, um Gott für seine Vergebung zu loben. Lernen Sie
die Psalmen 32 und 103 auswendig und sprechen Sie diese laut
vor sich hin mit einem Dank an Gott, wenn diese Schuldgefühle
sich Ihnen wieder aufdrängen. Auf diese Weise gelangen Sie
einen großen Schritt in Ihrem inneren Leben voran. Denn Sie lernen, im Glauben und nicht nach Gefühlen zu wandeln. Und Ihre
Gefühle werden schon bald Ihren Glauben einholen!
Gott verheißt uns nicht nur Vergebung, sondern auch Reinigung. In 1. Johannes 1,9 heißt es: »Wenn wir unsere Sünden
bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden
vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.« Vergebung
bezieht sich auf unseren rechtlichen Status vor Gott; die Reinigung aber ist das, was Gott tut, um dafür zu sorgen, dass wir um
unsere Vergebung wissen. Oder anders ausgedrückt: Reinigung
ist das Werk Gottes, durch das wir tatsächlich rein werden.
Ein Mann, der mit Internet-Pornografie zu kämpfen hatte,
erzählte mir, dass er sogar dann, wenn er sich diese Bilder
anschaute, seine Sünde Gott bekannte – manchmal zwei- bis
dreimal in der Minute. Doch er entdeckte, dass seine Leidenschaften selbst nach dem Bekenntnis anhielten. Das ist ein offen-
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sichtlicher Beweis dafür, dass das Bekenntnis selbst nicht die
sinnlichen Gedanken und das triebhafte Verlangen aufhören
lässt, wenn sie einmal in Gang gekommen waren. Doch dieser
Mann entdeckte das Gegenmittel für dieses Problem. Wenn er
nicht nicht nur auf Gottes Vergebung, sondern auch auf der Reinigung durch Gott beharrte, dann wusste er, dass er den Computer auszuschalten hatte. Er sagte: »Manchmal konnte ich spüren, wie die Begierde meinen Körper verließ, wenn ich beschloss,
Gottes Reinigung anzunehmen.«
Durch den Empfang der Vergebung und der inneren Reinigung können Sie den ersten Schritt tun, Ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen. Viel mehr muss noch getan werden, aber Sie
haben den Prozess zumindest begonnen.
3. Erfahren Sie so oft wie möglich die Heilung aller persönlichen Beziehungen.
Viele von uns haben Gemeinschaft mit Gott, doch unsere Ge­wissen erlauben nicht, dass wir Freude empfinden, weil es un­geklärte Dinge zwischen uns und anderen Menschen gibt. Diese
Dinge nagen an unserer Seele und erinnern uns daran, dass in
Bezug auf das anfällige Gleichgewicht unseres Seelenlebens
nicht alles in Ordnung ist. Die meisten von uns verhärten leider ihr Herz und entscheiden sich einfach dafür, mit Schuld »auf
niedrigem Niveau« und inneren leichten Reizungen ihres Ge­wissens zu leben. Auch hier ist die Vergebung der einzige Weg
zur Freiheit. Oft ist ein Telefonanruf oder ein zwangloses Treffen
mit einem Freund alles, was nötig ist, um alte Wunden zu heilen. Und was geschieht, wenn der andere Ihnen nicht vergibt?
Wenn Sie sich ihm aufrichtig genähert haben, dann können Sie
zuversichtlich sein, dass sich Gottes Gnade zu ihrer Zeit Bahn
brechen wird – und bis es so weit ist, seien Sie damit zufrieden,
dass Sie alles taten, was Sie konnten, um kaputte Beziehungen
wieder zu heilen.
56
Annahme der Gnade Gottes
Gottes Gnade ist größer als Ihre Sünde – gleichgültig, ob Ihre
Sünde groß oder klein ist. Ein bekannter Christ, der im Regen
zu schnell fuhr, verursachte einen Unfall, bei dem sein Begleiter
getötet wurde. Reue und von der Schuld aufgerissene Wunden
quälten das Herz des Mannes. Doch er entschied sich, dass er
nicht den Rest seines Lebens im Gefängnis der Selbstbeschuldigung verbringen will. Er entschied sich, sich selbst zu vergeben
– in dem Wissen, dass Gott ihm vergeben hatte. »In jener Nacht«,
so erzählte er, »erkannte ich klarer als je zuvor, dass der Sinn des
Kreuzes ist, das Nichtreparierbare wieder zu reparieren.«
John Newton hatte gottesfürchtige Eltern, doch er wurde im
Alter von sechs Jahren Waise. Er wurde von einem Verwandten
adoptiert, der Newtons christliches Erbe ablehnte. In jungen Jahren wurde er Seekadett. Während seiner Dienstzeit bei der Royal
Navy desertierte er und ging nach Afrika mit dem einen Ziel:
nach Herzenslust zu sündigen.
Er trat in die Dienste eines üblen Sklavenhändlers und fing
an, so sehr zu sündigen, dass sogar er selbst sich schon unbehaglich fühlte! Schließlich floh Newton zur Küste. Durch ein Signalfeuer konnte Newton die Aufmerksamkeit eines Schiffes auf sich
ziehen. Da er ein ausgebildeter Navigator war, wurde er auf
dem Schiff bald zum Maat befördert. Das Schiff war auf dem
Weg von der afrikanischen Küste nach England.
Bei einer Gelegenheit öffnete er die Rumfässer und verteilte
den Alkohol an die Besatzung, sodass alle Mann betrunken wurden. Das Schiff wurde auf seinem Weg nach Großbritannien
vom Kurs abgetrieben. Als die Wellen das Schiff hin und her
warfen, wurde Newton in das Unterdeck geschickt, um mit den
dort beförderten Sklaven die Pumpen zu bedienen. Angesichts
der unbeschreiblichen Not brach sich die Wahrheit, die ihm als
Kind beigebracht worden war, wieder Bahn, und aus der Tiefe
des Schiffes schrie er zu Gott: »Herr, hab Gnade mit uns!« Die
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Ereignisse jenes Tages veränderten sein Leben für immer, und
später schrieb er die bekannten Worte des Liedes Amazing Grace:
O Gnade Gottes wunderbar,
die du errettest mich.
Ich war verloren ganz und gar,
war blind, jetzt sehe ich.
Wenn Gott es fertigbringt, Ihre Vergangenheit zu vergessen,
warum können Sie selbst es dann nicht? Wenn Sie Ihre Sünden
bekennen und Gott um Vergebung für sie bitten, wirft er sie in
die Tiefe des Meeres und stellt dann am Ufer eine Tafel auf mit
der Aufschrift: »Schwimmen und fischen verboten.«
Sie haben nicht den geringsten Grund, sich auf den Irrwegen
Ihrer Vergangenheit festhalten zu lassen. Gott bietet Ihnen
einen neuen Anfang an. Jesus sagte zu der Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war: »Geh hin und sündige nicht mehr!«
(Johannes 8,11). Wenn Ihre Vergangenheit vergeben ist, dann
sind Sie frei von ihrem Zugriff. Sie sind aus den Gewässern der
Sünde herausgezogen worden und stehen nun an einem Kreuzweg. Sind Ihre Sünden vergeben, dann können Sie entweder auf
den schlüpfrigen Pfad des Versagens zurückkehren oder Ihre
Füße fest auf Gottes Erde setzen und unverrückbar auf Gottes
Seite stehen.
 
Sulzbacher 27.12.2021 19:38
zum Abschluss des heutigen Tages noch eine Wahrheit...Versuchungen allein sind noch keine Sünde,...zur Sünde werden diese erst wenn Wir ihnen nachgeben...in diesem Sinne,evtl. hier bis Morgen,...Gruss,Ralf😘
 
(Nutzer gelöscht) 27.12.2021 19:40
Ich hoffe Du gibst Ihnen nicht nach😊
 
Sulzbacher 27.12.2021 19:42
PS: auch viele Blogs hier sind Versuchungen zur Sünde,...zur Sünde werden solche erst wenn DU sie liest🤔
 
(Nutzer gelöscht) 27.12.2021 19:43
Lesen ist nicht das Problem, Kommentare schreiben evtl. schon...
 
Sulzbacher 27.12.2021 20:04
kennen wir Uns?🤔
 
Sulzbacher 27.12.2021 20:08
??? Leben ist mehr🤔
 
(Nutzer gelöscht) 27.12.2021 22:54
Ich kenne Lebenistmehr12, habe nichts mit ihr zu tun. 
 
(Nutzer gelöscht) 27.12.2021 22:56
Kann Dir nicht sagen wo sie abgeblieben ist. 
 
Seinesgleichen 27.12.2021 23:50
Sag mal Sulzbacher, wo ist Dein Blog von gestern hin?
 
Sulzbacher 28.12.2021 15:07
Ist es Ihnen immer noch ernst damit, Ihre sündhafte Gewohnheit aufzugeben? Gut, dann wollen wir beginnen. Wichtig ist
vor allem, dass Sie Ihre Probleme aus der richtigen Perspektive
sehen. Deshalb wollen wir uns erst die folgenden Geschichten
anschauen. Vielleicht können Sie sich mit einer dieser Geschichten identifizieren.
Dave hat schon als Jugendlicher herausgefunden, dass er nur
durch einen Mausklick freien Zugang zur ganzen Bandbreite
der Internet-Pornografie bekommen konnte. Viele Jahre später,
als er bereits verheiratet war, bat er Gott um Kraft, diese Sucht
zu überwinden, und flehte voller Ernst, sein unangemessenes
sexuelles Verlangen möge von ihm genommen werden. Er war
erfüllt von Schuld, Angst und Scham, weil es ihm nicht gelang,
diesem Drang zu widerstehen. Eines Tages entdeckte seine Frau
die Internetseiten, die er sich anschaute, und ihre Beziehung
erlitt eine tiefe Wunde.
Ken, ein Lkw-Fahrer, versprach seiner Frau, er werde das
Rauchen aufgeben. Er beschloss, die Zahl der täglich konsumierten Zigaretten nach und nach zu reduzieren, bis er von seiner
Gewohnheit frei wäre. Er versagte so oft, dass er es schließlich
aufgab. Heute ist er davon überzeugt, dass er nie mit Rauchen
aufhören kann und dass es keinen Zweck hat, nochmals einen
Versuch zu machen.
Susans erster Mann starb in jungen Jahren an einem Herzanfall. Zwei Jahre später heiratete sie wieder – diesmal einen
Christen. Nach vielen Jahren Ehe mit ihrem neuen Mann sehnte
sie sich noch immer nach der Initimität zurück, die sie mit ihrem
ersten Mann hatte. Schließlich ließ sie sich mit einem anderen
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Mann ein. Sie betete stundenlang zu Gott, er möge ihr das Verlangen nehmen, auf solch ungesunde Weise Liebe zu suchen,
doch ihr Gebet fand keine Antwort – zumindest nicht so, dass
sie sie hätte hören können. Schließlich flog ihre Affäre auf, und
sie und ihr neuer Mann ließen sich scheiden.
John war ein Mann von äußerst heftigem Temperament. Er
warf mit scharfen Worten um sich, die das Selbstvertrauen und
die Zuneigung seiner Frau erschütterten. Er bestrafte seine Kinder viel zu streng, meist in einem Wutanfall. Als Christ wusste
er, dass dieses Verhalten falsch war, und beschloss auch, sich zu
ändern. Nach einem besonders heftigen Wortwechsel mit seiner Frau schlug er einmal mit der Faust ein Loch in die Wand.
Beschämt und von Schuld erfüllt, bat er Gott um Befreiung
von seinem ungezügelten Temperament. Ein Gelöbnis, sich zu
wandeln, half nichts, ebenso wenig seine Gebete. Monate später
gab er es auf mit den Worten: »Ich kann mir nicht helfen, so bin
ich nun einmal.«
Was ist in diesen Fällen schiefgelaufen? Alle diese Leute
waren Christen, alle beteten um Befreiung, doch alle waren
schließlich stärker entmutigt als zuvor. Die einfachste Antwort
wäre: »Sie waren nicht aufrichtig – wenn sie es ernst gemeint
hätten, dann hätte Gott ihnen auch geholfen.« Ich bin jedoch
davon überzeugt, dass viele in ihren Gebeten wirklich aufrichtig
sind – manche weinen sogar dabei – und in einem täglichen
Kampf um die Befreiung stehen. Allem Anschein nach garantiert
Aufrichtigkeit allein noch keine Befreiung.
Ein Grund, warum diese Menschen wieder in ihre alte Verhaltensweise zurückfielen, liegt darin, dass sie das volle Ausmaß
ihres Problems nicht verstanden. Sicherlich wollten sie den Sieg,
aber sie verstanden nicht, wie oder wann Gott ihn herbeiführen
würde. Wie die meisten von uns wollten sie eine spezielle
Gewohnheit überwinden – zu ihrem eigenen Nutzen. Wir wollen frei werden von den Symptomen eines Problems, doch wir
wollen keine gründliche Prüfung; die tiefer gehenden Probleme
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in unserem Leben, denen wir uns nicht stellen wollen, würden
ja dabei enthüllt werden. Die Gewohnheiten als solche sind wie
die Spitze eines Eisbergs – 90 Prozent der Sache sind unter der
Oberfläche verborgen. Lassen Sie mich das erläutern:
Dave wollte von seiner Pornografie-Sucht frei werden, weil er
sich schuldig fühlte. Außerdem lebte er in einer ständigen Angst,
die Sache könnte auffliegen. Er suchte Gottes Hilfe, um seine
Ehe und vor allem seine Ehre zu retten. Das ist natürlich verständlich, und wir alle könnten uns hinter solche Beweggründe
stellen. Doch in seinem Leben waren viele andere Umstellungen
notwendig.
Vor allem war er selbstsüchtig. Er verbrachte einen Großteil
seiner freien Zeit damit, an Autos herumzubasteln. Seine Familie
war ein lästiges Anhängsel. Wie können wir erwarten, eine sündige Gewohnheit zu überwinden, wenn wir nicht einmal anderen
Menschen eine höhere Priorität geben können als uns selbst?
Zweitens war er stolz. Dave und seine Frau stritten oft, und er
nutzte diese Tatsache als Möglichkeit, sie für die Umstände in
seinem Leben verantwortlich zu machen. Er argumentierte, dass
sie sich nicht genug um ihn kümmerte – ja, sie war wahrscheinlich sogar die Ursache dafür, dass diese hartnäckige Gewohnheit noch immer ein Teil seines Lebens war. Er argumentierte so,
obwohl er ganz genau wusste, dass er schon zu einem Zeitpunkt
in seinem Leben gegen diese Sünde zu kämpfen hatte, bevor er
seine Frau überhaupt das erste Mal gesehen hatte.
Was wollte Gott im Leben dieses Mannes bewirken? Dass
er aufhörte, sich pornografische Bilder anzuschauen und ein
leidenschaftliches Verlangen nach anderen Frauen zu haben,
mit denen er nicht verheiratet war? Gewiss, aber doch noch
sehr viel mehr. Gott wollte, dass Dave sich demütigte, seine
Frau und Kinder um Vergebung bat und die Prioritäten in seinem Leben neu ordnete. Dave sollte sich mit anderen Christen zusammentun, die ehrlich mit ihm sein würden und denen
gegenüber er sich verpflichten könnte, Rechenschaft abzulegen.
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Einige seiner Einstellungen mussten bekannt, der Stolz musste
gebrochen und der Egoismus klar erkannt werden. Vor allen
Dingen aber sollte er Gott in seinem Leben an die erste Stelle
setzen. Doch an einer so tief greifenden Behandlung war Dave
nicht interessiert. Gott wollte sein ganzes Haus reinigen, doch
Dave wünschte sich, dass Gott nur den Dreck vor dem Hauseingang fortfegt.
Und wie steht es mit Ken? Er wollte das Rauchen aufgeben,
er war Christ, doch sein Leben spiegelte davon nur wenig wider.
Seine Kinder hatten ihn, abgesehen von dem gewohnheitsmäßigen Tischgebet, niemals beten hören. Er bot seiner Familie
keine geistliche Führung; die wenigen biblischen Geschichten,
die die Kinder kannten, hatte seine Frau ihnen beigebracht.
Nun wollte er, dass Gott ihm half, das Rauchen sein zu lassen, weil ihn die Ärzte auf die Gefahr aufmerksam gemacht hatten, dass er an Lungenkrebs sterben könnte. Konnte Gott ihm
helfen, seine Gewohnheit aufzugeben? Sicherlich! Aber er sollte
auch sich selbst ganz Gott übergeben, seine Zeit, seinen Besitz
und seinen Ruf. Ken hätte damit beginnen müssen, täglich in der
Heiligen Schrift zu lesen und sich an Gott zu wenden für die täglichen Bedürfnisse, die er selbst und seine Familie hatten. Doch
solche Veränderungen hatte er nicht im Sinn. Er dachte, Gott
würde ihn von den Zigaretten befreien und das übrige Leben
unberührt lassen.
Und warum nahm Gott die von Susan wahrgenommenen
Bedürfnisse nicht weg? Tief in ihrem Inneren musste sie sich
mit langjährigen Kämpfen auseinandersetzen, die mit ihrem
ersten Mann zu tun hatten und die sie nie gelöst hatte. Sie war
auch nervös und ängstlich und nörgelte seit eh und je wegen
jeder Kleinigkeit an ihrem Mann und ihren Kindern herum. Ihre
augenblickliche Situation wurde genährt durch Selbstmitleid –
und das war eine Sünde, von der sie sich nicht trennen wollte.
Ständig rechtfertigte sie ihre Haltung, pries ihr eigenes rechtschaffenes Verhalten und beklagte die Tatsache, dass gerade
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sie so Schlimmes durchmachen musste mit dem Verlust ihres
ersten Mannes.
Wir fühlen mit ihr. Ihre seelische Qual war groß – ja, fast nicht
zu beschreiben. Doch wir kommen nicht an der Tatsache vorbei,
dass Selbstmitleid nicht besiegt werden kann, solange wir selbst
über unser Verhalten bestimmen. Für viele Menschen wird selbst
das Gebet zu einer weiteren Sitzung mit dem Selbstmitleid, bei
der Gott bis ins Einzelne von all dem Unrecht informiert wird
– oder sogar deshalb beschuldigt wird –, das diese Person er­duldet hat.
Schließlich ist da noch John. Sein Problem war, so meinte
er jedenfalls, dass bei ihm schon von Geburt an so leicht die
Sicherungen durchbrannten. Selbstverständlich trugen auch
die Umstände Schuld daran – wenn alles mehr nach seinem
Geschmack liefe, dann brauchte er nicht in die Luft zu gehen
und mit den Fäusten gegen die Wand zu rennen. John fällt auch
heute noch die Selbstbeherrschung schwer, weil er nicht bereit
ist, die tiefer liegende Einstellung gegenüber Gott und seiner
Familie klar zu erkennen. Tatsächlich ist John ständig wütend –
wütend auf seinen Chef, wütend auf das Leben selbst. Er fühlt
sich nur wenig wert, weil er nie den Erfolg hatte, den sein Vater
von ihm erwartete. Er wird den Gefühlen der Zurückweisung,
die er in seiner Kindheit erlebte, begegnen müssen und sich dann
Gott unterwerfen müssen, um emotionale Heilung zu erfahren –
Vergebung wird den Unmut ersetzen müssen.
Obwohl John es sich nicht eingesteht: Er lebt im Kriegszustand mit Gott und lehnt sich gegen die Berufung und gegen
die Lebensumstände auf, die Gott für ihn bestimmt hat. Solange
er nicht sich selbst und seinen Platz in der Welt mit fröhlichem
Dank annimmt, wird er niemals lernen, sein Temperament zu
beherrschen. Gott möchte eine Veränderung dieser Haltung
bewirken, aber das wiederum möchte John nicht. Er will einen
Sieg über sein heftiges Wesen, um weitere Unannehmlichkeiten zu vermeiden und seine Ehe intakt zu halten. Er will das
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unbedingt erforderliche Minimum dessen, was für die Weiterführung seines Lebens auf einigermaßen annehmbarem Stand
notwendig ist – aber mehr auch nicht.
Sich den Problemen stellen
Wie leichtfertig wollen wir die Befreiung von einer speziellen
Sünde, ohne uns den Grundproblemen zu stellen! Eines Tages
rief mich ein Mann an, der von seinem Betrieb entlassen worden war. Ich war ihm nie zuvor begegnet; doch er fragte mich,
wie er seine Willenskraft stärken könne. Er brachte es einfach
nicht fertig, rechtzeitig auf der Arbeit zu sein, und war auch
schon vorher zweimal wegen seiner Faulheit und Unpünktlichkeit gefeuert worden. Ich gab ihm einige Ratschläge in der Hoffnung, ihm damit helfen zu können.
Eine Woche später erhielt ich den Anruf einer Frau, die um
Rat fragte, wie sie eine unerlaubte Liebesbeziehung beenden
könne. Zu meiner Bestürzung handelte es sich bei ihrem Partner
um den Mann, der mich eine Woche vorher angerufen hatte! Das
Problem seiner Sinnlichkeit hatte alle übrigen Lebensbereiche in
Mitleidenschaft gezogen. Wie genau erfasst Jakobus die Lage,
wenn er sagt, dass ein Zweifler unbeständig ist in allen seinen
Wegen (vgl. Jakobus 1,8)!
Sündhafte Gewohnheiten weisen in der Regel auf ungelöste
Probleme hin. Wir müssen zuerst die zugrunde liegenden
Ursachen suchen, ehe wir die Symptome behandeln. Gott nutzt
unsere Kämpfe gegen die Sünde, um unseren wahren Zustand
zu diagnostizieren. Die Versuchung ist sein Röntgenapparat,
der die verborgenen Konflikte offenbart, die der Behandlung
bedürfen.
65
Was will Gott erreichen?
Gott verfolgt ein weitreichendes Ziel, wenn er uns unser Inneres
zeigen will. Leider klammern wir uns viel zu oft an das Nahziel:
Wir wollen Befreiung von der Sünde, um Unannehmlichkeiten
zu vermeiden, von der Schuld entlastet zu werden oder eine
Ehe zu retten. Das tiefer sitzende Problem, das wir oft umgehen,
ist unsere Rebellion gegen Gott. Ein Mann war unehrlich im
Geschäft; eine Frau hat ihr Kind abtreiben lassen – beide wollen
von einem quälenden Gewissen befreit werden, doch sie sind
nicht gewillt, ihre Grundhaltung – Trotz gegen Gottes Autorität – zu prüfen.
Echte Reue ist niemals leicht. Das Eingeständnis unserer
Sünden bedeutet, dass wir mit Gott der Meinung sind, gesündigt zu haben. Es bedeutet auch, dass wir der Meinung sind,
die Sünde müsse aufgegeben werden. Wer seine Sünden mit
der Absicht bekennt, die gleiche Handlung noch einmal zu be­gehen, der bereut nur teilweise – wenn überhaupt! Eine solche
unvollständige Buße führt zu der abwärtsgerichteten Spirale
wiederholter Fehlschläge. Wirklich Sünde bekennen heißt, dass
wir diese zugeben und Gott die Erlaubnis einräumen, sie aus
unserem Leben auszumerzen. Natürlich behaupte ich nicht, dass
wir niemals mehr die gleiche Sünde begehen und dass dafür
keine Vergebung mehr möglich ist – wenn das so wäre, dann
gäbe es für niemanden von uns Vergebung. Doch es muss auch
die Bereitschaft da sein, sich von der Sünde zu trennen und sich
Gottes Urteil in dieser Frage zu unterwerfen. Fehlt diese Bereitschaft, dann sind unsere Absichten nur auf uns selbst gerichtet.
Wir fragen uns, wie die Vergebung uns nützt, anstatt darüber
nachzudenken, wie wir Gott gekränkt haben.
Also bekennen Sie Gott Ihre Sünden und bereuen Sie sie.
Doch bleiben Sie hier nicht stehen. Gott will Sie weiter führen als
nur bis zur Buße für Ihre Sünden gegen ihn. Er will Ihre Kämpfe
gebrauchen, um Sie zu einem gottgefälligen Leben zu führen.
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Sein Wille ist es, Sie nicht nur von der Sünde zu befreien; er will
Sie vielmehr dem Bild seines Sohnes ähnlich machen. Die Be­freiung von sündhaften Gewohnheiten ist nur ein Schritt auf
diesem Weg. Die Tilgung der Flecken aus Ihrem Leben ist sein
Vorspiel, um Sie zu einem geisterfüllten Menschen zu machen,
wie Gott ihn haben möchte.
Ein junger Mann, der ein Problem mit Homosexualität hatte,
kämpfte jahrelang gegen seine Sünde an. Nach und nach wandelte Gott ihn so radikal, dass er normale Gefühle für das
andere Geschlecht entwickelte. Heute ist er ein gottesfürchtiger, empfindsamer junger Mann. Gott lehrte ihn die Grundlagen der Hingabe, die er in allen Bereichen seines Lebens
anwenden konnte. Während jener Monate seines qualvollen
Kampfes lernte er mehr als zweihundert Verse aus der Heiligen
Schrift auswendig. Seine sündhafte Gewohnheit hatte ihn dazu
geführt, Gott zu suchen und mit dem Allmächtigen innig vertraut zu werden. Es hatte damit angefangen, dass er sich mit
seinem Problem befasste; heute befasst er sich mit seinem Gott,
dem mächtigen Versorger.
Wenn Sie sich einer peinvollen Versuchung gegenübersehen,
dann müssen Sie eine Entscheidung treffen. Sie können sagen:
»Ich habe schon vorher versucht, mich zu ändern, und es hat
nicht funktioniert, also werde ich zusehen, dass ich mit meiner Sünde so gut wie möglich zurechtkomme. Schließlich sind
wir ja alle Menschen, nicht wahr?« Ihre Sünde wird dann zum
Denkmal für den falschen Gott, den Sie sich zurechtgezimmert
haben.
Sie können aber auch Ihre sündhafte Gewohnheit genau in
Augenschein nehmen und sie als Herausforderung erkennen,
dass die Gnade und Macht Gottes sich in Ihrem Leben zeigt.
Jakobus schrieb an die zerstreuten Judenchristen: »Haltet es
für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Prüfungen fallt, da ihr wisst, dass die Bewährung eures Glaubens
Ausharren bewirkt. Das Ausharren aber habe ein vollkommenes
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Werk, damit ihr vollkommen und vollendet seid und in nichts
Mangel habt« (Jakobus 1,2-4).
Gott schickt den geistlichen Sieg keineswegs als Eilpaket
an den, der darum ersucht. Ihre Sünde hat ihn den Tod seines
Sohnes gekostet. Er verteilt nicht nur einen geistlichen Schnellverband. Aber er gebraucht Ihre Kämpfe, um Sie einer gründlichen Reinigung zu unterziehen, Ihre Prioritäten neu zu ordnen und Sie dazu zu bringen, sich auf seine Gnade zu verlassen.
Es gibt keine billigen, einfachen Wunder. Sie müssen geistliche
Freiheit wollen – und nicht nur um Ihrer selbst willen, sondern
vor allem auch um Gottes willen. Nur dann werden Sie den Sieg
erringen, den er verheißt.
Den größeren Zusammenhang betrachten
Zwischen Versuchung und Sünde besteht ein großer Unterschied. Die Entscheidung, der Versuchung nachzugeben, ist
Sünde, aber die Versuchung an sich ist keine Sünde. Selbst unser
Herr wurde in Versuchung geführt (Hebräer 4,15).
Wenn sündhafte Gedanken sich gegen Ihren Willen und
ohne Vorankündigung in Ihren Geist einschleichen, dann haben
Sie an diesem Punkt noch keine Sünde begangen. Nun kommt
jedoch die entscheidende Prüfung: Wie reagieren Sie auf diese
Einflüsterungen? Geben Sie ihnen nach, hegen Sie diese und lassen Sie sie in Ihrem Geist heimisch werden?
Für viele Christen bedeutet Sieg über die Sünde, dass sie hinfort nicht mehr in Versuchung geführt werden oder dass Gott
ihre Natur so verändert, dass sie nicht mehr den Wunsch haben,
Böses zu tun. Diese Vorstellungen sind in jedem Fall falsch. Versuchung ist keine Sünde, sie ist ein Schlachtruf.
Ich erinnere mich an meine eigenen Kämpfe gegen sündhaftes Verlangen, als ich Gott anflehte, mich von diesen Leidenschaften zu befreien. Ich erwartete, dass Gott meine Wün-
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sche so verändern würde, dass ich in Zukunft bei Versuchungen keinen Anreiz mehr empfände. Ich brauche wohl nicht zu
sagen, dass ich enttäuscht wurde. Gott verändert unsere Natur
nicht so, dass wir nicht mehr menschlich sind. Die Versuchung
in irgendeiner Form ist universal. Wenn wir darum beten, nie
mehr in Versuchung geführt zu werden, dann ist das so, als
wollten wir darum beten, zu sterben, um in den Himmel zu
kommen. Da wir immer versucht werden, müssen wir lernen,
mit der Versuchung auf Gottes Weise fertig zu werden. Wie
sollten Sie mit Versuchung umgehen? Sehen Sie sich dazu einmal die folgenden Punkte an:
1. Danken Sie zuerst Gott für Versuchungen und die Chancen, die sie
Ihnen in Ihrem Leben bieten.
Jede Versuchung ist eine eindeutige Chance, Ihre Verbundenheit
mit Jesus Christus unter Beweis zu stellen. Ständiger Lobpreis ist
der erste Schritt zur Überwindung der Versuchung. Gott wird
verherrlicht, wenn Sie Ihre Lebensumstände aus seiner Hand
annehmen. Wenn Sie Gott nicht für Ihre Lebensbedingungen und
selbst für die Versuchung danken können, dann sind Sie dabei,
gegen ihn zu rebellieren. Ein Mann, der sich mit einer heftigen
Versuchung auseinanderzusetzen hatte, erzählte mir einmal, er
habe ihr so lange nicht widerstehen können, bis er Gott beständig für seinen Kampf dankte. »Herr«, so betete er, »ich danke dir
für diese Versuchung; selbst wenn ich von nun an bis zu meinem
Todestag versucht werden sollte, werde ich dir dafür danken.«
Das ist der erste Schritt in dem Prozess, die Sache aus Gottes
Perspektive sehen zu lernen. Akzeptieren Sie die Tatsache, dass
Sie in Versuchung geführt werden, dann danken Sie Gott für die
Chance, die sich Ihnen dadurch bietet.
2. Nehmen Sie sich Zeit, Ihre Grundhaltungen zu definieren.
Nehmen Sie Ihr gesamtes Leben gründlich in Augenschein und
notieren Sie die Bereiche, die Sie in Angriff nehmen müssen.
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Welche Dinge machen Ihnen wirklich zu schaffen? Was wollen
Sie wirklich? Lehnen Sie sich gegen irgendeinen Menschen auf?
Sind Sie verärgert über Ihre Leistung oder über Ihr Aussehen?
Fühlen Sie sich als Versager, als große Null? Glauben Sie, dass
Sie zu kurz kommen, seit Sie Christ wurden? Empfinden Sie
Bitterkeit gegen Eltern, Kinder, Mann oder Frau? Sind Sie zornig auf Gott, weil er nicht das tat, was Sie von ihm erwartet hatten? Verbringen Sie eine Stunde ohne Hetze mit der Bestandsaufnahme.
Wann immer ich das selbst tat, entdeckte ich Haltungen, die
mir selbst gar nicht bewusst waren. So bin ich zum Beispiel
ärgerlich über mich selbst, weil ich so lange brauche, um ein Projekt durchzuführen, etwa, ein Buch zu schreiben. Ich beschäftige
mich mit Kämpfen in meinem Dienst als Pastor, Frustration in
persönlichen Beziehungen und meiner Verantwortung als Ehemann, Vater und Großvater. Dies alles beeinflusst meine Haltung, meinen Blickwinkel. Gott hat mir gezeigt, dass die Art
und Weise, wie ich mit diesen Einstellungen umgehe, meine Be­ziehung zu ihm berührt und Ehre oder aber Schande für meinen
himmlischen Vater mit sich bringt.
3. Nachdem Sie über Ihre persönlichen Kämpfe nachgedacht haben,
geben Sie sich und Ihr Problem ganz in Gottes Hände.
Geben Sie Gott die Schlüssel zu jedem Raum Ihrer Seele und lassen Sie ihn eintreten und die Führung übernehmen. Tun Sie dies
in dem Wissen, dass Gott von Ihnen verlangen wird, dass Sie
sich mit Ihren Verhaltensweisen und Sünden auseinandersetzen.
Das kann ein schmerzlicher und langwieriger Prozess sein, der
jedoch zu unserem Besten dienen wird.
Fürchten Sie sich nicht vor dem, was Gott von Ihnen verlangen könnte. Eine sehr schüchterne und zurückgezogen
lebende Frau sagte mir einmal, sie scheue davor zurück, sich
in Gottes Hände zu geben, weil sie vielleicht lernen müsste, an­deren Menschen freundlich zu begegnen. Zweifellos werden Sie
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in schwierige Situationen geraten, insbesondere solche, in denen
Sie andere um Vergebung werden bitten müssen. Einige Situationen werden möglicherweise sogar die Hilfestellung durch
einen bibeltreuen Seelsorger erforderlich machen. Doch ich bin
mir sicher, dass Sie erkennen werden, dass es all den Schmerz
wert ist, da Gott doch alle Dinge zu unserem Besten dienen lassen wird (vgl. Römer 8,28).
Was auch immer Gott von Ihnen verlangt: Er wird Ihnen die
Kraft dafür geben. Wenn Sie an einen Bach kommen, an dem
die Brücke weggeschwemmt worden ist, dann kann die Überquerung trotzdem noch möglich sein – nicht in kurzen Schritten, aber mit einem großen Satz. Das Gleiche geschieht, wenn Sie
sich Gott anvertrauen. Wenn die Brücke von Schuld und Ausflüchten dahin ist, dann tun Sie diesen einen großen Sprung,
ohne einen Gedanken an eine Rückkehr in das Leben der Halbherzigkeit zu verschwenden. Ihre Hingabe muss vielleicht noch
viele Male erneuert werden, doch sie sollte so klar, eindeutig
und endgültig sein wie nur irgend möglich; denn Sie wissen,
dass Gott bei Ihnen ist, um Sie auf seinem Pfad zu halten.
4. Erkennen Sie, dass Ihr letztes Ziel nicht der Sieg, sondern die Beziehung zu Gott selbst ist.
Augustinus schrieb in seinen »Confessiones«: »Du hast uns zu
dir hin geschaffen und ruhelos ist unser Herz, bis es ruht in dir.«
Letzten Endes kann selbst der Sieg über die Sünde nicht unser
innerstes Verlangen befriedigen. Nur Gott kann dies, denn er hat
uns als »soziale Wesen« geschaffen, und wir müssen mit ihm in
Gemeinschaft sein, um unser volles Potenzial zu erkennen, das
wir als seine Kinder haben.
Lassen Sie es mich hier ganz klar sagen: Unterwerfung ist
nur der erste Schritt in einem langen Prozess. Herzen werden zu
dem Zeitpunkt verändert, in dem sie Christus annehmen, doch
es erfordert viel mehr, die Gedanken und Einstellungen und
Gewohnheiten zu verändern.
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Erinnern Sie sich an Kopernikus? Er war der Astronom, der
zu dem Schluss kam, dass die Erde sich um die Sonne dreht
und nicht umgekehrt. Wenn die Sonne als Mittelpunkt des Universums angenommen wurde, konnten die Planetenbewegungen leichter erklärt werden. Die zur Erläuterung der Planetenbewegungen erforderlichen komplizierten Gleichungen wurden
durch diese neue Theorie erheblich vereinfacht.
Gott wünscht sich von Ihnen Ihre eigene kopernikanische
Revolution. Er will von der Randzone in den Mittelpunkt Ihres
Lebens rücken, um Ihrem Leben Bedeutung und Belohnung
zugleich zu geben, indem Sie dem Herrscher dienen, der gleichzeitig Schöpfer und Erlöser ist. Der Sieg über die Sünde, den
Sie anstreben, folgt aus Ihrer Beziehung zu Gott. Wenn Sie Gott
erkennen und ihn mit ganzem Verstand, mit ganzem Herzen
und ganzer Seele lieben wollen, dann gewinnen Sie die Freiheit,
nach der Sie suchen.
Vielleicht meinen Sie, Gott zu erkennen sei ein ziemlich theoretisches und mystisches Ziel. Gott ist unsichtbar und erscheint
vielleicht unzugänglich. Ist es nicht einfacher, sich Ziele im
Geschäftsleben oder in der Ehe und im Familienleben zu setzen? Die wunderbare Verheißung der Heiligen Schrift lautet,
dass Sie Gott wirklich erkennen können. Zum Propheten Jeremia
sprach Gott: »Und ihr werdet mich anrufen und hingehen und
zu mir beten, und ich werde auf euch hören. Und ihr werdet
mich suchen und finden, denn ihr werdet nach mir fragen mit
eurem ganzen Herzen; und ich werde mich von euch finden lassen« (Jeremia 29,12-14).
In der gesamten Bibel wird das Verlangen, Gott zu erkennen,
mit einem Durstgefühl verglichen. Im Alten Testament sprachen
die Propheten von der Zeit, in der das Land mit Wasserströmen
durchflossen sein und Gott selbst seinem Volk Quellen in der
Wüste bescheren werde. Jesus sprach von sich als dem Einen,
der das lebendige Wasser schenkt. Er sagte: »Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die
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Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen
Wassers fließen« (Johannes 7,37-38).
Haben Sie Durst nach diesem lebendigen Wasser? Sehnen Sie
sich in Ihrem tiefsten Inneren nach Befriedigung? Das Gedicht
von Nancy Spiegelberg mag Ihre Erfahrung beschreiben:
Herr,
ich kroch
durch die Wüste
zu dir
mit leerer Schale,
unsicher,
doch bittend
um einen Tropfen
der Erquickung.
Hätte ich
dich besser gekannt,
dann wäre ich
mit einem Eimer
gerannt.
Je besser Sie Gott kennenlernen, desto öfter werden Sie sich ihm
zuwenden. Je mehr Sie verstehen lernen, dass Sie zur Gemeinschaft mit ihm geschaffen wurden, desto mehr Zeit werden Sie
damit verbringen, diesen Sinn zu erfüllen, bis Ihr Leben die einzigartige Hingabe zeigt, die Paulus so ausdrückt: »Eins aber tue
ich …« (Philipper 3,13).
Wenn Sie sich selbst und Ihr Leben aus Gottes Perspektive
sehen lernen, dann werden Sie lernen, optimistisch und voller Glauben zu beten. Gott hat diese Versuchung zu Ihrem Besten zugelassen. Danken Sie ihm jetzt dafür, was er aus ihr Gutes
machen wird. Er will bauen und nicht zerstören. Wenn er Wun-
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den schlägt, dann geschieht dies, um Sie in den Tiefen Ihres
Wesens gesund zu machen.
Ist es Ihnen ernst damit, die sündhafte Gewohnheit aufzugeben? Warum beten Sie dann nicht auf der Stelle und danken
Gott für das, was er in Ihrem Leben tun will?
»Herr, ich bekenne meine Sünde, vor allen Dingen meine Rebellion
gegen deine Autorität. In der Einsicht, dass ich gesündigt habe, sehe
ich auch ein, dass diese Sünde ein Ende haben muss. Ich danke dir
für deine Vergebung. Ich danke dir für diese schwere Versuchung,
die mir die Möglichkeit gibt, zu beweisen, dass ich dich mehr liebe
als alle Vergnügungen der Welt. Ich danke dir, dass die Versuchung
nicht größer ist, als ich ertragen kann, und ich freue mich darüber,
wie du sie in meinem Leben gebrauchen willst. Ich sehne mich
danach, dich besser kennenzulernen, und ich bin froh, dass du mir
diese Prüfung geschickt hast als Mahnung, wie verzweifelt ich dich
brauche. Hilf mir, dass ich nicht vergesse, zu allen Zeiten und unter
allen Umständen dir zu danken. Im Namen Jesu! Amen.«
 
Sulzbacher 28.12.2021 17:17
Vor dem Versuch, mit einer sündhaften Gewohnheit oder einem
sündhaften Denkschema zu brechen, ruhten die Ketten der
Gewohnheit so leicht auf Ihnen, dass Sie sie gar nicht spürten.
Doch jetzt, wo Sie sie abwerfen wollen, erscheinen sie Ihnen zu
stark, um sie zerbrechen zu können. Die Sünde erscheint nicht
unwiderstehlich – bis zu dem Augenblick, wo Sie sich von ihr
befreien wollen. In dem Augenblick, wo Sie ihr zu Leibe rücken,
stellen Sie zu Ihrer Überraschung fest, dass ihre Macht zum
größten Teil verborgen ist. Sie fühlen sich wie der Mann, der den
Versuch unternahm, einen Sumpf trockenzulegen, und nicht
wusste, dass dieser Sumpf durch einen unterirdischen Wasserlauf gespeist wurde.
Sie haben bereits einige Beispiele von Menschen gelesen,
die von sündhaften Leidenschaften überwunden worden sind.
Ihre unmittelbare Reaktion ist vielleicht, einen Angriff auf diese
Gewohnheiten zu starten, zu lernen, wie man sie in den Griff
bekommt, und genügend Stärke zu entwickeln, um zu sündhaften Versuchungen »Nein« zu sagen. Doch am Ende stehen
Enttäuschung und bittere Mutlosigkeit. Denn Sie haben es mehr
auf Ihr äußerliches Verhalten abgesehen statt auf den Kern Ihrer
inneren Beweggründe. So werden Sie vielleicht den Sumpf
trockenlegen, aber niemals den unterirdischen Zufluss stoppen.
Das Aufspüren der Quelle
Wussten Sie, dass alle sündhaften Gewohnheiten eine gemeinsame Quelle besitzen? Wir sind geneigt, manche Sünden für
»weniger sündhaft« zu halten als andere. Ein Mann bemerkt vielleicht selbstgerecht: »Ich habe zwar ein heftiges Temperament,
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aber Sie werden mich nie betrunken erleben.« Oder eine Frau:
»Ich habe zwar ein Problem mit Habgier und Unzufriedenheit,
aber ich würde niemals die Ehe brechen.«
Es trifft zwar zu, dass manche Sünden schlimmere Folgen
haben als andere. Die Gedanken von Wollust und Hass führen nicht zu den gleichen Konsequenzen wie die Tat des Ehebruchs oder des Mordes. In diesem Sinne sind nicht alle Sünden gleich. Aber unter einem anderen Gesichtspunkt sind alle
Sünden im Wesentlichen dasselbe: Sie stammen aus derselben
Quelle. Wir können Sünden nicht in eine Skala einordnen zwischen »ernst« und »geringfügig«. Manche Sünden mögen uns
vielleicht belanglos erscheinen, Gott jedoch nicht – denn alle
Sünden haben ihren Ursprung in unserer aufrührerischen, gottfernen Natur. Das Neue Testament verweist an vielen Stellen mit
der Bezeichnung »das Fleisch« auf diesen Sachverhalt.
Vielleicht fragen Sie sich, was »das Fleisch« eigentlich ist.
Es ist eine zwingende innere Kraft, die wir durch den Sündenfall geerbt haben. Sie manifestiert sich in einer allgemeinen und
besonderen Rebellion gegen Gott. Mit geistlichen Begriffen
bezeichnet man es oft als das »Ich« und bezieht sich damit auf
das unstillbare Verlangen, die eigenen Interessen über die Sache
Gottes zu stellen. Es zeigt sich insbesondere als Stolz, Trieb­haftigkeit und Habgier. Unserer Natur nach schützen wir peinlich genau unseren Ruf, werden wir von den Trieben des Körpers gehetzt und wollen Dinge und Menschen besitzen, um
unser Vertrauen nicht in Gott setzen zu brauchen.
Lesen Sie die folgenden Verse gründlich durch. Finden Sie
darin die Folgen Ihrer speziellen sündhaften Gewohnheit wieder?
»Offenbar aber sind die Werke des Fleisches, welche sind:
Hurerei, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zaube­­­­­rei, Feindschaft, Streit, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht,
Sekten, Neid, Totschlag, Trunkenheit, Gelage und der­gleichen« (Galater 5,19-21a).
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Alle diese Sünden entsprießen dem gleichen Boden: dem Fleisch.
Wir können uns nicht damit trösten, dass wir sagen, wir hätten
zwar die eine Sünde, aber dafür eine andere nicht. »Das Fleisch«
ist wie ein Baum mit den verschiedensten Arten von Zweigen,
die allerlei Arten von Früchten tragen, aber alle Früchte sind
Sünden. Bei mir sind es vielleicht Wutanfälle, bei Ihnen könnte
es sich vielleicht in Eifersucht oder Stolz ausdrücken. Doch wir
beide werden vom »Fleisch« gelenkt, obwohl wir unterschiedliches Verhalten an den Tag legen und ein unterschiedliches
Temperament haben. Deshalb ist Selbstgerechtigkeit, die immer
zu Vergleichen neigt, Gott so besonders verhasst. Sie erwächst
aus einer oberflächlichen Meinung über die Sünde (»Meine
Sünde ist nicht so schlimm wie deine«) und einer ebenso oberflächlichen Meinung über Gott (»Ich erreiche ohne Zweifel noch
seine Normen«).
Die Bibel räumt mit solcher Eitelkeit auf. Alle haben gesündigt;
alle erfüllen von Natur aus die Wünsche des Fleisches und der
Gedanken (Römer 3,23). Wir denken vielleicht, unsere Sünde
sei von untergeordneter Bedeutung, doch sie braucht dieselbe
durchgreifende Behandlung wie die eines Verbrechers, dessen
ganzes Leben von einem perversen Verhalten verzerrt ist. Unser
und sein »Fleisch« sind das gleiche. Er hat vielleicht nicht unsere
Vorteile genossen, oder vielleicht wurden wir durch die Gnade
Gottes vor diesem Verhalten bewahrt. In beiden Fällen wäre
Stolz eine Sünde.
Das mag in den Ohren derer, die ihre sündhafte Gewohnheit bisher für belanglos hielten, entmutigend klingen, doch es
sollte gerade all jene ermutigen, die für sich keine Hoffnung
mehr sehen. Ein sündhaftes Verhaltensschema unterscheidet
sich im Grunde nicht von dem aller anderen Menschen. Manche
Gewohnheiten sind stärker eingewurzelt als andere, doch das
Heilmittel Gottes ist für alle so ziemlich das gleiche.
Das Fleisch bzw. das Ich ist so sehr Teil unseres Wesens, dass
wir seine Gegenwart oft nicht einmal erkennen. Nur für den Fall,
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dass Sie noch meinen, Sie seien seinem Einfluss bisher entgangen,
nenne ich einige Fragen, über die Sie nachdenken sollten.
Entdecken Sie in sich folgende Regungen:
– ein geheimer Geist des Stolzes; starkes Unabhängigkeitsstreben; Starrheit und Übergenauigkeit; legen Sie übertrieben
Wert auf Ihren Erfolg oder Ihre Stellung, auf Ihre gute Ausbildung und Erscheinung, auf Ihre natürlichen Gaben und
Fähigkeiten?
– Spaß am Lob durch andere; eine geheime Freude daran,
bemerkt zu werden; Empfänglichkeit für Schmeicheleien;
Spaß an Überlegenheit; lenken Sie die Aufmerksamkeit bei
Gesprächen auf die eigene Person, und verschafft es Ihnen
Genugtuung, wenn Sie Gelegenheit haben zu öffentlichem
Sprechen oder Beten?
– Zorn oder Ungeduld, die Sie, was am schlimmsten ist, »Nervosität« oder »heiligen Zorn« nennen; Empfindlichkeit und
Reizbarkeit; die Neigung, keinen Widerspruch zu dulden;
das Verlangen, anderen scharfe, hitzige Worte an den Kopf
zu werfen?
– Eigenwille; Eigensinn und Unbelehrbarkeit; Streitsucht und
Geschwätzigkeit; harte, sarkastische Ausdrücke; Neigung zu
Unnachgiebigkeit und Starrköpfigkeit; Launenhaftigkeit und
Missmut; ungeduldiges Drängen und Erzwingen; Neigung
zum Kritisieren und zur Haarspalterei, wenn andere Sie übersehen oder übergangen haben; Empfänglichkeit für Schmeicheleien; Wunsch, von anderen unterhalten zu werden?
– Angstgefühle; Menschenfurcht; übergroße Nachgiebigkeit;
Angst vor Vorwürfen; Scheu vor Pflicht und Verantwortung;
Leidensscheu; Hemmungen gegenüber Menschen mit Geld
oder in gehobener Stellung; Angst davor, dass jemand anders
durch sein Verhalten einen Prominenten vergraulen könnte?
– Neigung zur Eifersucht; tief im Herzen verschlossener Neid;
unerfreuliches Gefühl angesichts des Wohlstands oder
Erfolgs anderer; die Neigung, mehr über die Fehler und das
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Versagen von begabteren und angeseheneren Menschen zu
reden als über ihre Gaben und Tugenden?
– Neigung zu Unehrlichkeit und Betrügerei; falsche Be­scheidenheit; Übertreibungen und Verdrehungen der Wahrheit; Umgehen und Verbergen der Wahrheit; Verschleiern
Ihrer wirklichen Fehler und Vorspiegelung von Tatsachen,
durch die andere einen besseren Eindruck von Ihnen be­kommen?
– Unglauben; Mutlosigkeit in Zeiten von Druck oder Widerstand; Mangel an Frieden in Gott und Zuversicht zu ihm;
Mangel an Glauben an Gott und Vertrauen auf ihn; Neigung
zu Jammern und Klagen über Gottes Führung, besonders bei
Schmerz oder in Not; Überängstlichkeit, ob auch ja alles gut
wird?
– Gesetzlichkeit; Gefühllosigkeit; Gleichgültigkeit gegenüber
der Verlorenheit der Menschen; Mangel an Kraft von Gott?
Die Lösung Gottes
Wie gut, dass Gott den Entschluss fasste, sich um unsere missliche Lage zu kümmern. Der Tod seines Sohnes bringt uns die
Befreiung von der Enttäuschung über unser unerfülltes Leben.
In dem einen Augenblick genießen wir die Werke des Fleisches,
doch schon im nächsten hassen wir uns selbst für das, was wir
getan haben. Wir beschließen, uns zu ändern, doch später fallen
wir in die gleichen alten Sünden zurück.
Jesu Tod hat viele Ziele erreicht. Das Kreuz ist die Grundlage
für unsere Vergebung und zugleich die Grundlage für unsere
geistliche Freiheit – für die Befreiung von unseren hartnäckigen
Gewohnheiten. Um richtig zu würdigen, was Christus für uns
tat, sollten Sie sich mit zwei Ausdrücken vertraut machen: »in
Adam« und »in Christus«.
Als Adam sündigte, wurde die ganze menschliche Rasse ins
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Chaos gestürzt. Seine Nachkommen haben sich von dieser Katastrophe nie erholt. Wir haben unsere sündhafte Natur von un­seren Eltern, Großeltern und Urgroßeltern geerbt; unsere Ahnenreihe lässt sich bis zum Garten Eden zurückführen.
So, wie ein Kind in eine verschuldete Familie hineingeboren
werden kann (und das Kind daher die Schulden miterbt), erben
wir die sündhafte Natur unseres Urahnen Adam. Und wenn wir
unsere sündhafte Natur gewähren lassen, bringt sie uns dazu,
auf schädliche Weise zu handeln.
Doch durch den Tod Christi ist eine andere Situation entstanden: Die Gläubigen sind nicht mehr »in Adam«, sondern »in
Christus«. Gott löst uns von dieser Vergangenheit, und Christus
wird unser neuer Ahnherr im geistlichen Sinne. Deshalb spricht
Paulus mehr als einhundert Mal davon, dass die Gläubigen »in
Christus« sind. Das ist die Grundlage für ein ganz neues Leben.
Das hört sich alles ziemlich theoretisch an. Besitzt diese Veränderung der Beziehungen irgendeinen Wert? Schließlich haben
Sie nach Ihrer Bekehrung genauso ausgesehen wie vorher, sich
genauso gefühlt und (leider) oft auch noch genauso gehandelt.
Oberflächlich betrachtet sieht es so aus, als sei das »In-Christus«-
oder »In-Adam«-Sein nur eine Frage von Worten.
Das ist keineswegs der Fall. Stellen Sie sich ein Kind vor, das
durch Adoption von einer Familie in eine andere übernommen
wird. Der Vorgang der Adoption verändert weder sein Aussehen noch seine Handlungen. Doch wenn es aus einer Sklavenfamilie in eine Königsfamilie kommt, dann erbt es ganz neue
Beziehungen. Es gewinnt neue Privilegien und neue Verpflichtungen. Deshalb konnte Paulus schreiben: »Daher, wenn jemand
in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden« (2. Korinther 5,17).
Folgendes geschieht: Gott setzt alle Gläubigen mit Christus gleich, und zwar nicht auf eine mystische oder theoretische
Weise, sondern durch Veränderung unseres rechtlichen Status.
Vor unserer Bekehrung waren wir verpflichtet, den sündhaften
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Impulsen unserer gefallenen Natur zu gehorchen. Selbst wenn
wir der Sünde überdrüssig wurden und beschlossen, uns zu
ändern, konnten wir höchstens unser Leben umstellen. Doch
eine Verwandlung unseres Inneren war uns nicht möglich.
Gott hat das getan, was uns nicht möglich war. Er hat uns
eine neue Natur geschenkt und die persönliche Gegenwart und
Kraft des Heiligen Geistes beschert, damit wir zu unserer alten
Natur »Nein« sagen können.
Um sich ein Bild davon zu machen, was Gott getan hat, sollten Sie sich einmal vorstellen, Sie seien Bewohner eines Mietshauses, in dem Ihnen der Hausbesitzer das Leben zur Hölle
macht und eine überhöhte Miete verlangt. Er behandelt Sie
schlecht, dringt in Ihre Wohnung ein, zertrümmert die Einrichtung und gibt Ihnen dann dafür die Schuld. Eines Tages
geht das Haus an einen neuen Eigentümer über. Sie haben dann
einen freundlichen Hausbesitzer, der Sie einlädt, mietfrei in seinem Haus zu wohnen. Und nicht nur das: Er repariert sogar Ihre
ganze zerstörte Einrichtung! Sie sind erleichtert, dankbar und
sehen einer friedlichen Zukunft entgegen.
Ein paar Stunden später klopft es an der Tür. Zu Ihrem Er­staunen steht Ihr alter Hausbesitzer draußen und sieht so boshaft und fordernd aus wie immer. Er bedroht Sie und erinnert Sie
daran, dass Sie die Wohnung bei ihm viele Jahre lang gemietet
hätten und deshalb verpflichtet seien, das zu tun, was er wolle.
Was würden Sie dann tun? Ihm von sich aus Widerstand zu
leisten, ist nutzlos – er ist bedeutend kräftiger als Sie. Das Beste
ist, wenn Sie ihn daran erinnern, dass Sie nun in einem neuen
Vertragsverhältnis stehen; er müsse sich Ihretwegen an den
neuen Hauseigentümer wenden.
Welche Verpflichtung haben Sie Ihrem alten Hausbesitzer
gegenüber? Ihr früherer Hausherr hat ebenso wenig Recht,
von Ihnen eine Bezahlung zu fordern, wie von denen, deren
Namen in den Todesanzeigen erscheinen. Daher ermahnt uns
Paulus: »So auch ihr, haltet dafür, dass ihr der Sünde tot seid,
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Gott aber lebend in Christus Jesus« (Römer 6,11). Ihre Autorität, so zur Sünde »Nein« zu sagen, stammt von Gott. Auch wenn
wir vor unserer Bekehrung gebunden waren, unserer ererbten,
sündhaften Natur zu dienen, bedeutet das nicht, dass alles böse
war, was wir taten. Die meisten Menschen sind in der Lage, ihre
Wünsche zu lenken, und sind fähig zu Mitleid und Anstand.
Jedoch waren wir damals nie frei von Enttäuschungen über
unerfüllte Wünsche und unbefriedigte Leidenschaften. Stolz,
Habgier und Triebhaftigkeit waren unser Motor. Als Gläubige,
die Christus teuer erkauft hat, sind wir nun ihm untertan. Durch
den Heiligen Geist hat er uns die Kraft gegeben, »Nein« zu unserer sündhaften Natur und »Ja« zu einem neuem Leben »in Christus« zu sagen.
Das Wachsen des neuen Lebens
Wie wenden Sie nun dieses Wissen an, wenn Sie mit einer
bestimmten Gewohnheit brechen wollen? Zuerst müssen Sie
klar erkennen, dass Sie in Christus für Ihre sündhaften Leidenschaften rechtlich gesehen bereits tot sind. An diesem Punkt
schrecken viele Menschen zurück. Sie denken: »Ich muss sterben; ich muss darum beten, dass Gott mich kreuzigt, damit ich
in Christus lebendig werde.« Aber genau an diesem Punkt haben
Sie unrecht. Für die Sünde tot zu sein, ist nicht etwas, was Gott
Ihnen verheißt; es ist kein Akt, um den Sie ihn bitten können. Er
erklärt dies einfach als Tatsache, die schon vollendet ist. Ihre Fehler und Sünden können nicht an dem rütteln, was Gott gesagt
hat. Nur weil Ihnen eingeredet wurde, Ihrem alten Hausbesitzer
zu gehorchen, ändert das nichts an der Tatsache, dass ein neuer
Eigentümer da ist. Es bedeutet nur, dass Sie vergaßen, zu seinem
erpresserischen Ansinnen zuversichtlich »Nein« zu sagen.
Nehmen wir einmal an, Sie seien ein gläubiger Christ, der in
Furcht lebt – vielleicht Furcht vor Menschen, vor Krebs oder vor
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der Einsamkeit. Dann müssen Sie diese Ängste als Rechnung
von Ihrem alten Hausbesitzer erkennen. Denken Sie daran, dass
Sie nicht auf ihn hören müssen – geschweige denn das tun müssen, was er Ihnen vorschlägt. Tragen Sie die Sache Ihrem neuen
Hausherrn vor. Sie sind nicht länger an jene alten Verpflichtungen gebunden.
Zweitens müssen Sie die Notwendigkeit des Glaubens in
Ihrem täglichen Leben zugeben. Dass Christi Opfer auch Ihnen
gilt, ist nichts, was bewiesen werden kann; das ist nicht so wie
die Tatsache, dass Sie mit eigenen Augen sehen könnten, dass
die Sonne scheint. Und selbst, wenn die Gültigkeit von Christi
Opfer für uns durch eigene Erfahrung bewiesen werden könnte,
kämen viele von uns in Schwierigkeiten. Ein ehrlicher Blick
auf unser Leben stützt kaum die Tatsache, dass wir der Sünde
abgestorben sind und in Gott lebendig sind. Doch wenn wir einmal verstehen – mit der Hilfe des Heiligen Geistes –, dass unsere
Bindungen an die Sünde bereits zerbrochen worden sind, dann
beginnen wir zu erkennen, dass Gott uns nicht betrogen hat.
Wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf das vollbrachte Werk
des Kreuzes lenken und auf unseren Vorrechten bestehen, dann
wird sich unser altes Ich der Autorität Gottes unterwerfen.
Durch den Glauben – und nur durch den Glauben – erleben wir
unseren Sieg persönlich.
Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass die Freiheit von der
Sünde niemals etwas Automatisches ist. Jeder Zentimeter muss
erkämpft werden. Niemandem fällt die geistliche Reife in den
Schoß, selbst wenn er von seinem Status her in Christus bereits
vollkommen ist. Die Lektüre eines Buches wie dieses hier birgt
die Gefahr, dass wir vielleicht dazu neigen, hierin nach Formeln
für eine neue geistliche Methode zu suchen. Doch es gibt keinen
Ersatz dafür, Gott zu suchen, sein Wort zu lesen und der von
ihm offenbarten Wahrheit zu gehorchen.
Im Leben des Christen geht es um eine wachsende Beziehung
zu Jesus Christus. Die Bedeutung seines Kreuzes für Ihr Leben
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anzuwenden, ist keine einmalige Handlung. Es genügt auch
nicht, dies jede Woche oder nur einmal am Tag zu tun. Augenblick für Augenblick verläuft dieser alltägliche Prozess. Wenn
Sie gegenüber dem Werk des Heiligen Geistes in Ihrem Leben
empfänglich werden, werden Sie entdecken, dass eine Lebensweise daraus wird, »Nein« zum Fleisch und »Ja« zu Christus zu
sagen. Im nächsten Kapitel werden Sie lernen, den Sieg Christi
auf sich persönlich anzuwenden
 
Sulzbacher 28.12.2021 18:06
Die Kraft des Heiligen Geistes
Vor vielen Jahren, als auf Jamaika die Sklaverei offiziell ab­geschafft wurde, erfuhren einige Sklaven in den entfernter liegenden Gebieten nichts von ihrer Freiheit. Jahre nach der Verkündigung ihrer Freilassung dienten sie noch immer ihren Herren in Unkenntnis der Tatsache, dass sie nach dem Gesetz frei
waren. Ihre Besitzer hielten die Nachricht so lange wie möglich von den Sklaven fern in der Hoffnung, noch möglichst viel
Arbeitskraft aus ihren Gefangenen herauspressen zu können. Die
Sklaven hätten sich dieser Schinderei nicht zu unterwerfen brauchen – es geschah einzig und allein wegen ihrer Unkenntnis.
Jesus Christus ist die Proklamation der Freiheit, die jedem
Gläubigen gilt. Wir haben bereits gelernt, dass unsere Verbindung mit ihm uns berechtigt, an seinem Sieg teilzuhaben.
Doch wie wird nun sein Sieg im Einzelnen in unsere Erfahrung
umgesetzt? Die Antwort liegt in dem persönlichen Wirken des
Heiligen Geistes. Er vermittelt uns die Stärke Christi. Er stillt
unseren geistlichen Durst. Wir wollen uns einmal ansehen, was
Christus über das Wirken des Heiligen Geistes sagt.
Als Jesus Christus das Laubhüttenfest in Jerusalem besuchte,
war er tief berührt von der Sinnentleerung der Gottesdienstformen, die die Juden pflichtschuldigst erfüllten. An einem Tag,
so haben es gelehrte Männer herausgefunden, ging eine Gruppe
weiß gekleideter Priester hinab zum Teich Siloah. Sie füllten ihre
Krüge mit Wasser aus dem Teich, gingen zum Tempel zurück
und gossen das Wasser in Gegenwart der Menschen aus. Dies
sollte zur Erinnerung daran dienen, wie Gott Israels Bedarf an
Wasser während der Wanderung durch die Wüste gestillt hatte.
Diese Zeremonie war eine wunderbare Erinnerung an das,
was Gott getan hatte, doch den Menschen entging ihre geistliche
Bedeutung – dass Gott auch ihren geistlichen Durst löschen will.
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In der Schrift heißt es: »An dem letzten, dem großen Tag des Festes aber stand Jesus da und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die
Schrift gesagt hat, aus dessen Leib werden Ströme lebendigen
Wassers fließen. Dies aber sagte er von dem Geist, den die an ihn
Glaubenden empfangen sollten« (Johannes 7,37-39). Jesus sagte
den Beginn einer neuen Zeit voraus, in der der Heilige Geist auf
sein Volk ausgegossen werden wird.
Beachten Sie sorgfältig, dass die Grundlage der Gabe des
Heiligen Geistes die Verherrlichung Jesu Christi ist. Der Geist,
so sagte Jesus, könne seinem Volk erst gegeben werden, wenn
er verherrlicht sei. Gott schenkt den Heiligen Geist nicht, weil
wir uns für ihn abquälen oder fasten, sondern weil Jesus zum
Himmel aufgefahren ist. In der Zeit des Alten Testaments
war das Werk des Heiligen Geistes eingeschränkt; nach der
Himmelfahrt Christi wurde der Geist jedem Gläubigen ge­schenkt.
Beachten Sie die Worte Jesu an seine Jünger: »Doch ich sage
euch die Wahrheit: Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn
wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch
kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden« (Johannes 16,7). Jesus konnte seiner Gemeinde den Geist
erst schenken, als er die Erde physisch verlassen hatte. Er musste
zuerst verherrlicht werden, bevor der Geist auf sein Volk ausgegossen werden konnte.
Stellen Sie sich das so vor: Der Tod Jesu Christi am Kreuz ist
die Grundlage dafür, dass uns vergeben werden kann. Weil er
unsere Strafe auf sich genommen hat, können wir Vergebung
der Sünden ohne irgendwelche Vorbedingungen erlangen. Das
Einzige, was wir brauchen, ist Vertrauen – wir müssen unseren
Glauben von unserer eigenen Person auf Christus allein übertragen. Ähnlich ist die Grundlage für den Empfang des Heiligen
Geistes Christi Himmelfahrt und Verherrlichung. Wir müssen
nicht um Vergebung betteln oder uns für den Geist abquälen;
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auch das Wasser des Lebens wird frei geschenkt und durch den
Glauben empfangen.
Seit der Verherrlichung Christi und der Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag hat jeder Gläubige ihn empfangen (Römer 8,9; 1. Korinther 6,19). Wir müssen nicht ängstlich
danach streben oder ständig das Gefühl haben, unwürdig zu
sein, ihn zu empfangen. Der Geist ist bereit, unseren Durst zu
löschen, doch niemals übernimmt er automatisch die Steuerung
unseres Lebens.
Wie empfangen wir die Kraft des Geistes?
Kennen Sie die Reaktion vieler Christen, wenn man mit ihnen
über die Fülle des Heiligen Geistes redet? Sie sagen: »Das ist gut
und schön für andere, aber ich bin nicht gut genug. Ich kann
mich dafür nicht qualifizieren. Wenn ich mich mehr dem Glauben widmen und mehr Zeit mit Bibellesen und Gebet zubringen
würde, dann wäre ich vielleicht würdig, im Geist zu wandeln.«
Doch das bedeutet, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen. Der Heilige Geist wird uns nicht gegeben, weil wir
geistlich rundherum in Ordnung sind; er wird uns gegeben,
damit wir geistlich in Ordnung kommen! Ich bin immer wieder
betroffen über die Worte des Paulus: »Ich sage aber: Wandelt im
Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen«
(Galater 5,16). Beachten Sie die Reihenfolge. Paulus sagt nicht,
dass wir im Geist wandeln werden, wenn wir aufhören, den
Wünschen des »Fleisches« nachzugeben; vielmehr werden wir
die Wünsche des »Fleisches« dann nicht erfüllen, wenn wir im
Geist wandeln.
Diese Reihenfolge zu beachten, ist unglaublich wichtig. Viele
Christen schieben oft jeglichen Gedanken an einen Wandel im
Geist von sich, weil sie sich dafür für nicht gut genug halten. Ihr
Leben ist viel zu sehr erfüllt von fleischlichen Kämpfen. Aber
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das ist genauso, als wollte ein Kranker erst dann eine Arznei einnehmen, wenn er wieder gesund ist und sich für wertvoll genug
für die Arznei hält! Der einzige Sinn der Arznei ist ja, uns wieder
gesund zu machen. Sie wird den Kranken gegeben, nicht den
Gesunden. So wird auch der Geist geschenkt, damit wir in der
Lage sind, die Macht der Sünde zu zerbrechen. Wir müssen das
nicht aus eigener Anstrengung heraus tun, ehe wir die Kraft des
Geistes empfangen.
Stellen Sie sich vor, jemand würde sagen: »Ich bin nicht gut
genug, um errettet zu werden; ich werde warten, bis ich mich
so weit gebessert habe, dass ich zu Christus kommen kann.«
Wir würden diesem Menschen hoffentlich umgehend darlegen,
dass die Errettung ja gerade für Sünder gedacht ist. Keiner von
uns ist je gut genug, um errettet zu werden; wir werden errettet
wegen Gottes überströmendem Großmut in Jesus Christus. Ein
Mensch, der sagt, er sei dafür nicht gut genug, erfasst die entscheidende Wahrheit über Jesu Tod nicht.
Das Gleiche gilt aber auch für den Heiligen Geist. So wie Jesu
Tod uns die Vergebung beschert, so beschert Jesu Himmelfahrt
und Verherrlichung uns den Heiligen Geist. Und wenn der Geist
in unser Leben kommt, dann ist das nicht irgendein hübsches
Beiwerk, sondern er wohnt in uns, um uns zu lenken.
Mir scheint, wir verkomplizieren oft die Erfordernisse für
einen Wandel im Geist viel zu sehr. Wir betonen Hingabe, Unterwerfung und Disziplin als Voraussetzungen für den Empfang
des Heiligen Geistes und fürs Wandeln in seiner Kraft. Wenn
ich Bücher lese, in denen sieben Schritte für die Erfüllung mit
dem Geist genannt werden, oder andere, die mit vier Schritten
auskommen, dann frage ich mich: »Kann denn auch nur einer
unter uns sicher sein, dass er alle diese Voraussetzungen voll
und ganz erfüllt?« Wird nicht die Kraft des Geistes uns Sündern
geschenkt, damit wir erfüllt werden mit Hingabe und Zucht,
ohne dass von uns all diese Eigenschaften zuvor erwartet werden?
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Beachten Sie die Worte Christi: »Wenn jemand dürstet, so
komme er zu mir und trinke!« Die einzige Anforderung ist ein
Durst, der uns zu ihm hinzieht. Wir müssen keine Superheiligen
sein, sondern nur einfach durstige Sünder. Darum konnte Christus das lebendige Wasser einer Frau anbieten, die fünf Ehemänner gehabt hatte und nun in wilder Ehe lebte. Er verhieß,
dass aus ihr lebendiges Wasser quellen würde, das ihren seelischen und geistlichen Durst löschen könne (Johannes 4,10-14).
Haben Sie Durst? Fühlen Sie sich, wie es mir oft geschehen
ist, wie ein Apfelbaum, der in der Wüste zu gedeihen versucht?
Dann sind Sie ein Kandidat für das Leben und die Kraft des
Heiligen Geistes.
Leben im Geist
Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen einem Wandel im Geist und dem Bruch mit einer sündhaften Gewohnheit.
Viele Menschen sind heute drogenabhängig. Vielleicht wollten
sie am Anfang einfach nur mal »high« sein, einen Kick erleben
oder einfach cool wirken, aber jetzt sind sie süchtig. Zur Zeit
des Neuen Testaments waren Drogen, wie wir sie heute kennen, nicht erhältlich. Doch viele berauschten sich mit Wein, was
Paulus dazu brachte, den Gläubigen in Ephesus zu schreiben:
»Und berauscht euch nicht mit Wein, in dem Ausschweifung
ist, sondern werdet mit dem Geist erfüllt …« (Epheser 5,18). All
denen, die gegen Süchte und Abhängigkeiten in irgendeiner
Form ankämpfen, bietet die Bibel einen anderen Weg an: Lassen
Sie sich vom Geist steuern, nicht von Drogen oder Alkohol oder
irgendeiner anderen hartnäckigen Gewohnheit. Die Kontrolle
durch den Geist wird die Kontrolle durch die Sünde ersetzen.
Seine Macht ist größer als die Macht all Ihrer Sünden.
Vielleicht sagen Sie jetzt: »Schön und gut, mein Lieber, aber
wie bekomme ich die Hilfe des Heiligen Geistes?« Fangen Sie
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damit an, dass Sie »klar Schiff« machen. Bekennen Sie Ihre
Sünde – denn die Sünde muss bekannt werden –, und empfangen Sie Gottes Vergebung. Stützen Sie sich auf 1. Johannes 1,9: »Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und
gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller
Ungerechtigkeit.«
Dann denken Sie daran, dass der Heilige Geist Sie mit Kraft
erfüllen will. Meinen Sie nicht, er sei zurückhaltend und begnüge
sich nur mit dem Beifahrersitz Ihres Lebens! Er nimmt in Ihnen
Wohnung mit dem ausdrücklichen Ziel, Präsident zu werden. Er
wird seine Macht jedoch niemals unabhängig von Ihrem Glauben ausüben. Wenn Sie ihn bitten, Ihr Leben zu steuern, dann
glauben Sie doch auch, dass er das tun wird!
Vielleicht fühlen Sie sich unwürdig oder denken, dass
es einen besseren Zeitpunkt dafür geben wird. F. B. Meyer
berichtet von seiner Erfahrung: »Ich verließ die Gebetsversammlung und schlich hinaus auf die Gasse und betete: ›Herr, wenn
es je einen Menschen gegeben hat, der die Kraft des Heiligen
Geistes brauchte, dann bin ich es. Aber ich weiß nicht, wie man
ihn empfängt, ich bin zu müde, zu abgekämpft, zu nervös, um
mich abzuquälen.‹ Da sprach eine Stimme zu mir: ›Wie du die
Vergebung aus der Hand des sterbenden Christus entgegengenommen hast, so nimm den Heiligen Geist aus der Hand des
lebendigen Christus.‹« Meyer fährt fort: »Ich habe ihn zum ersten Mal hingenommen, und ich habe seither nie aufgehört, ihn
zu nehmen.«
Wie wurden Sie erlöst? Indem Sie sich auf den Tod Christi
verließen. Wie empfangen Sie die Kraft des Heiligen Geistes?
Indem Sie sich auf die Himmelfahrt Christi verlassen. Beides
geschieht durch den Glauben. Deshalb schreibt Paulus: »Wie ihr
nun den Christus Jesus, den Herrn, empfangen habt, so wandelt
in ihm« (Kolosser 2,6).
Durch den Glauben – nicht durch ein besonderes Gefühl –
werden Sie vom Heiligen Geist erfüllt. Manche Christen denken
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fälschlicherweise, die Erfüllung mit dem Geist sei ein sensationelles Ereignis. Sie erwarten Wogen der Liebe, ein überwältigendes Gefühl des Friedens oder die Fähigkeit, in fremden Zungen
zu sprechen. Sie haben den – aus dem »Fleisch« kommenden –
Wunsch, im Schauen und nicht im Glauben zu wandeln. Wir finden es schwierig, Gott beim Wort zu nehmen, und wie die Pharisäer bitten wir um Zeichen, damit wir glauben können.
Gott erfreut sich jedoch daran, wenn wir an ihn glauben, ohne
nach seelischen Krücken zu verlangen. So wie ein frisch zum
Glauben Gekommener Gottes Verheißungen – unabhängig von
Gefühlen – in Anspruch nehmen muss, so können wir täglich
die Kraft des Heiligen Geistes empfangen – ebenso unabhängig
von Gefühlen.
Leben durch Lobpreis
Die Führung des Heiligen Geistes in Ihrem Leben wird be­deutend erleichtert, wenn Sie die Kraft des Lobpreises kennenlernen. »Wer Lob opfert, verherrlicht mich, und wer seinen Weg
einrichtet, ihn werde ich das Heil Gottes sehen lassen« (Psalm
50,23). Paulus drückte dies so aus: »Danksagt in allem, denn
dies ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch« (1. Thessalonicher 5,18).
Wenn wir jetzt diese Aufrufe, Gott zu preisen, lesen, können wir leicht in zwei Irrtümer verfallen. Einmal meinen wir
vielleicht, dass wir Gott nur für die guten Dinge danken sollten, die er uns beschert – wie Gesundheit, Nahrung, Kleidung
und andere Segnungen. Der zweite Irrtum wäre die Vermutung,
wir sollten Gott nur loben, wenn wir uns danach fühlen. Doch
Paulus schreibt: »Danksagt in allem.« Damit sind alle Lebensumstände gemeint, die angenehmen wie die unangenehmen.
Es fällt mir außerordentlich schwer, Gott zu danken, wenn
ich Schwierigkeiten in meinen persönlichen Beziehungen habe
92
und alles andere, was wirklich von Bedeutung ist, schiefläuft.
Doch erst, wenn wir uns entschließen, auch für die unerfreulichen Dinge in unserem Leben zu danken, beginnen wir, sie
aus dem Blickwinkel Gottes zu betrachten. Vor allem aber leben
wir im Unglauben, wenn wir nicht für alle Dinge danken, denn
wir gehen dann davon aus, dass unsere Lebensumstände nicht
von einem Gott gesteuert werden, der uns liebt! Ich sage nicht,
dass Sie für die Sünde dankbar sein sollen, aber danken Sie Gott
dafür, wie er diese in Ihrem Leben gebraucht, um Sie zu lehren,
zu tadeln oder zu demütigen.
Auch können Sie es lernen zu danken, selbst wenn Sie sich
nicht besonders dankbar fühlen. Wenn Gott ein Gebot erteilt,
dann erwartet er Gehorsam, ob Sie nun in der passenden Stimmung dazu sind oder nicht. Dankbarkeit ist wie die Vergebung
nicht nur Gefühl, sondern eine intelligente Reaktion auf die
Gnade Gottes, die auf sein Wort gegründet ist. Es ist Ihre Be­stimmung, gehorsam zu sein.
Sie könnten folgendermaßen vorgehen: Nennen Sie Ihre
Sünde beim Namen und danken Sie Gott dafür, dass Sie schon
über sie gesiegt haben. Als Jesus am Kreuz starb, erwarb er Vergebung und Freiheit. Danken Sie Gott für beides, etwa mit folgenden Worten: »Vater, ich danke dir dafür, dass ich ›in Christus‹ sein darf. Ich danke dir dafür, dass diese meine Stellung
sicher und unverrückbar ist. Ich danke dir dafür, dass ich in
ihm bereits den Sieg über die Sünde errungen habe, die mich
im Griff hatte. Ich danke dir dafür, dass ich frei bin.« Bald wird
Ihre Erfahrung mit dem Schritt halten, was Gott ihnen bereits in
Christus geschenkt hat.
Danksagung ist jedoch keine einmalige Sache. David schrieb:
»Den Herrn will ich preisen allezeit, beständig soll sein Lob in
meinem Mund sein« (Psalm 34,1). Aber wie wird nun der Lobpreis zu einem Lebensstil, einer täglichen Gewohnheit, die wichtiger ist und regelmäßiger sein soll als das Schnüren der Schuhbänder oder das Kämmen der Haare?
93
Sie lernen das Loben nicht an einem einzigen Tag, vor allem,
wenn Sie sich schon seit Jahren in Klagen übten! Neue Gewohnheiten brauchen Zeit, um sich zu entwickeln. Doch Sie können
heute damit anfangen und morgen und an jedem neuen Tag
üben, bis es Teil Ihres Lebens geworden ist. »Lasst das Wort
des Christus reichlich in euch wohnen, indem ihr in aller Weisheit euch gegenseitig lehrt und ermahnt mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern, Gott singend in euren Herzen in
Gnade« (Kolosser 3,16).
Der Heilige Geist ist bereit. Sind Sie es auch?
 
Sulzbacher 28.12.2021 18:27
Sie werfen all Ihre Angst auf Gott, doch schon eine Stunde später
lastet sie wieder schwer auf Ihren Schultern? Sie bitten Gott, Ihr
Temperament zu steuern, doch Sie fahren immer noch immer
wieder aus der Haut? Sie erwarten von Gott, dass er Sie vor wollüstigen Gedanken bewahre, doch am nächsten Tag können Sie
sich einfach nicht die große Blonde aus dem Restaurant aus dem
Kopf schlagen?
Wir geben uns ganz in Gottes Hände. Und dann fallen wir so
schnell und so leicht wieder in die alten Gewohnheiten zurück.
Wir haben die besten Absichten, und doch sind unsere Erfolge
so kümmerlich. Warum?
Jesus erzählte eine Geschichte, die das wichtigste Einzelprinzip beim Zerbrechen einer sündhaften Gewohnheit veranschaulicht. Ein Mann war von einem Dämon besessen. Der
Dämon brachte den Mann dazu, schreckliche Dinge zu tun,
und kontrollierte jeden Bereich seines Lebens, doch eines Tages
wurde der Dämon ausgetrieben, und der Mann freute sich überschwänglich darüber. Der böse Geist zog durch eine wasserlose Öde und suchte Ruhe. Da er sie nicht fand, beschloss er,
zu seiner ursprünglichen Behausung zurückzukehren, genau
ins Lebenszentrum dieses armen Mannes. Zu seiner vollen Zu­friedenheit sah er, dass das ursprüngliche Haus unbewohnt,
gekehrt und aufgeräumt war. Dann fand er »sieben andere Geister …, böser als er selbst, und sie gehen hinein und wohnen dort;
und das Letzte jenes Menschen wird schlimmer sein als das
Erste« (Lukas 11,24-26).
Warum scheiterte dieser Mann in seiner Bitte um Freiheit? Er
vergaß, dass es im menschlichen Herzen kein Vakuum gibt. Keiner von uns kann das Böse überwinden, indem er einfach darauf verzichtet. Das gelingt uns nur, wenn wir das Gute an seine
96
Stelle setzen. Sündhafte Gewohnheiten können nur zerbrochen
werden, wenn wir sie durch gute ersetzen.
Versuchen Sie ein einfaches Experiment. Denken Sie an die
Zahl acht. Haben Sie sie vor Augen? Wenn ja, dann setzen Sie
Ihre Willenskraft ein und hören Sie jetzt sofort auf, an die Zahl
acht zu denken.
Ist es Ihnen gelungen? Natürlich nicht. Ich zumindest denke
noch an diese Zahl. Können wir es mit bloßer Willensanstrengung fertigbringen, nicht mehr an die Zahl acht zu denken?
Keineswegs. Der Versuch, sie mit aller Gewalt aus unserem Geist
zu verdrängen, führt nur dazu, dass wir uns mit unserer ganzen
Aufmerksamkeit auf sie konzentrieren.
Welch ein Bild geben wir da ab, wenn wir versuchen, die
Sünde zu überwinden! Wir können auf die Knie niederfallen und
Gott bitten, unsere Begierden wegzunehmen; wir beschließen
dann, nicht mehr diesen gierigen oder lüsternen Gedanken
nachzuhängen, aber schon sind sie wieder da. Wir widerstehen
ihnen von Neuem, versuchen verzweifelt, sie aus unserem Geist
zu verdrängen, aber wir sitzen in der Falle. So sehr wir uns auch
anstrengen: Wir bekommen sie nicht von der Stelle.
Können wir wirklich frei werden? Ja, wir können diese
Gedanken steuern, aber nicht, indem wir krampfhaft versuchen,
sie nicht zu denken! Nur einfach dem Bösen zu widerstehen,
heißt, es noch stärker zu machen. Unser Entschluss, lustvolle
Gedanken nicht mehr aufkommen zu lassen, verstärkt sie nur in
unserem Denkschema.
Wie also erlangen wir die Freiheit? Wir wollen noch einmal
zu unserem Experiment zurückkehren und an die Zahl acht
denken. Wir können zwar nicht durch bloße Willensanstrengung aufhören, an sie zu denken, aber wir können diese Zahl
auf einfache Weise aus unserem Bewusstsein verscheuchen, und
zwar so: Denken Sie an eine oder zwei Begebenheiten aus dem
Leben Ihrer Mutter. Denken Sie an Ihre Position innerhalb Ihrer
Familie, egal ob Sie noch eine enge Verbindung zu Ihren Eltern
97
haben oder nicht. Konzentrieren Sie sich auf diese Dinge, und
Sie werden augenblicklich aufhören, an die Zahl acht zu denken.
Auf dieselbe Weise können Sie auch sündhaften Gedanken
zu Leibe rücken. Angst, Triebhaftigkeit, Habgier – sie können
aus Ihrem Geist verdrängt werden, wenn Sie Ihre Gedanken
der Heiligen Schrift zuwenden. Die Freiheit zieht ein, wenn Sie
Ihren Geist mit den Gedanken Gottes erfüllen (Römer 12,1-2;
Philipper 4,8).
Ich kenne einen jungen Mann, dessen Frau an Krebs starb.
In den letzten Wochen ihres Lebens litt sie sehr. Doch sie und
ihr Mann waren fähig, diese Tragödie ohne Bitterkeit oder auch
nur den geringsten Anflug von Selbstmitleid anzunehmen. Ich
stellte John die Frage: »Warum waren Sie und Ihre Frau in der
Lage, dies alles so gefasst anzunehmen? Waren Sie nie verbittert
oder zornig auf Gott in dieser schweren Prüfung?« Seine Antwort lautete: »Doch, wir hatten solche Augenblicke. Doch dann
las ich meiner Frau aus der Bibel vor. Wir kauften das ganze
Neue Testament auf CD und spielten es zu Hause ab, Stunde um
Stunde.« Das also war das Geheimnis – die Vertreibung zorniger
und angstvoller Gedanken, indem man den Geist mit dem Wort
Gottes füllt.
Wie bekommt man am besten die Luft aus einer Flasche?
Vielleicht könnte nun jemand vorschlagen, eine komplizierte
Vakuumpumpe herzustellen, um die Luft herauszupumpen.
Aber es gibt eine viel einfachere Lösung: Füllt man die Flasche
mit Wasser, dann wird die Luft verdrängt.
Die Macht der Sünde wird entschärft, wenn Sie Ihre Ge­dankenmuster durch das Wort Gottes ersetzen. Jede Versuchung, jedes Laster, jedes üble Motiv schleicht sich durch Ihre
Gedanken bei Ihnen ein. Daher müssen die Gedanken unter die
Kontrolle des Heiligen Geistes gebracht werden. Paulus schreibt:
»Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes, dass ihr prüfen
mögt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille
98
Gottes ist« (Römer 12,2). Der Unterschied zwischen Weltlichkeit
und Gottgefälligkeit liegt in einem erneuerten Geist. Ein altes
Sprichwort drückt dies so aus: »Du bist nicht, was du denkst;
aber was du denkst, das bist du!«
Nehmen wir einmal an, Sie könnten alle Gedanken, die Sie
in der vergangenen Woche hatten, auf einen riesigen Bildschirm
werfen. Keiner von uns würde wollen, dass jemand anders alle
Einzelheiten sieht und erfährt! Doch so entmutigend dies auch
sein würde: Das, was Sie zu sehen bekämen, ist wirklich Ihre
geistige Beschaffenheit! Ihre Gedanken formen nicht nur Ihr
Leben, sie sind Ihr Leben.
Ich las einmal von einem aus dem Gefängnis entlassenen
Mann, der Schwierigkeiten hatte, mit seiner Freiheit fertig zu
werden. Er stellte sein Problem mit folgendem Experiment dar:
In eine Glasflasche von einer ganz bestimmten Form stopfte
er Drähte von unterschiedlicher Größe. Dann zerschlug er die
Flasche mit einem Hammer. Das Ergebnis? Die meisten Drähte
behielten die Form der Flasche bei. Sie mussten Stück für Stück
wieder geglättet werden.
Der Mann hatte den springenden Punkt erfasst: Man kann
formell gesehen frei sein und trotzdem die Merkmale der Ge­bundenheit behalten. Selbst wenn ein Mensch in die Freiheit
entlassen wird, muss er sich auf die Freiheit einstellen und
sorgfältig die Gewohnheiten der Vergangenheit abbauen.
Als gläubiger Mensch sind Sie frei in Christus, doch Sie
können immer noch versklavt sein durch die Fantasien Ihres
Fleisches und die Laster der Welt. Sie können sich völlig Gott
ausliefern und ständig beten, doch Ihr Geist kehrt in vertrautes Gelände zurück, sobald Ihr Erlebnis sich abnutzt. Um diesen Kreislauf ständiger Niederlagen zu durchbrechen, müssen Sie sich eine spezielle Strategie zurechtlegen – wenn Sie die
Freiheit erleben wollen, die Sie in Christus haben, und den Sieg
annehmen, der Ihnen rechtmäßig gehört.
99
Vorbereitung auf die Schlacht
Ist das wirklich möglich? Jawohl! Doch nicht, ohne die bösen
Kräfte des Geistes frontal anzugreifen. Lesen Sie aufmerksam
die Worte von Paulus: »Denn obwohl wir im Fleisch wandeln,
kämpfen wir nicht nach dem Fleisch; denn die Waffen unseres
Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur
Zerstörung von Festungen, indem wir Vernunftschlüsse zer­stören und jede Höhe, die sich erhebt gegen die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam
des Christus« (2. Korinther 10,3-5).
Sie besitzen die geistlichen Geschütze, die Sie brauchen,
um die Festungen des Geistes niederzureißen. Sinnlose Grübeleien, mächtige Fantasien und verkehrte Gewohnheiten können gründlich zerstört werden. Sie haben die geistliche Ausrüstung, um jeden Gedanken aufzuspüren und bewusst Christus zu unterstellen.
Militärische Bewegungen erfolgen nach einer genau festgelegten Strategie. Die Waffen müssen genau verstanden werden, ehe man sie einsetzt. In dieser Schlacht mit Satan und dem
Bösen müssen Sie die Strategie kennen und mit Ihren Waffen
wohlvertraut sein. Doch wie können Sie das im Einzelnen tun?
Erstens müssen Sie die fremden Gedanken identifizieren, die
Sie ersetzen wollen. Sie müssen die Fantasien, Vorstellungen
und Einstellungen benennen, die Sie los sein wollen. Es reicht
nicht aus zu sagen: »Ich möchte ein besserer Christ werden«,
oder: »Ich möchte fröhlicher sein.« Allgemeinplätze taugen nicht
– Sie müssen konkret werden!
Ich nehme an, dass Sie die Sünden in Ihrem Leben kennen,
die nicht von der Stelle weichen wollen. Wenn Sie sich mit allen
Fragen, die Ihnen bisher in diesem Buch begegnet sind, auseinandergesetzt haben, dann sollten Sie eigentlich schon ziemlich gut einschätzen können, welches Ihre schwersten Kämpfe
sind. Nehmen Sie ein Blatt Papier zur Hand und notieren Sie
100
die Gedankenmuster, die weichen müssen. Bitte überspringen
Sie diesen Punkt nicht! Nur wenige Menschen halten tatsächlich
ihre Ziele schriftlich fest, und noch weniger erreichen jene Ziele,
die sie nicht schriftlich festgehalten haben. Daher ist es sehr
wichtig, dass Sie die Dinge schriftlich festhalten, die Sie in Ihrem
Leben ändern wollen.
Zweitens müssen Sie sich auf einen geistlichen Kampf einlassen. Die Welt, das Fleisch und Satan ergeben sich nicht kampflos. Wenn Sie von Gott gesegnet werden wollen, müssen Sie lernen, »über sein Gesetz [zu sinnen] Tag und Nacht!« (Psalm 1,2).
Manchmal wird uns gesagt: »Wir stehen in einem geistlichen Krieg. Als Soldaten des Kreuzes müssen wir diszipliniert
sein. Wir müssen die Bedeutung von Anstrengung und Opfer
im Christenleben bekannt machen.« Vielleicht äußert sich eine
Woche später ein anderer Christ genau umgekehrt: »Ich habe
viel zu hart daran gearbeitet, ein guter Christ zu sein. Gott hat
mir gezeigt, dass ich mich einfach entspannen und im Herrn
ruhen soll.«
Diese Standpunkte mögen widersprüchlich erscheinen, in
Wirklichkeit sind sie es jedoch nicht. Nur ein Christ, der in der
Zucht des Wortes Gottes steht, kann im Herrn ruhen. Wir können
durchaus unser heftiges Bemühen beenden und lernen, uns in
dem Vertrauen zu entspannen, dass Gott mit jeder Situation fertig wird. Doch ein träger, undisziplinierter Christ kann das nicht;
wenn ein Schicksalsschlag ihn trifft, zerbricht er vollständig. Der
Gläubige, der wie ein am Ufer eines Baches gepflanzter Baum
ist (Psalm 1,3), der denkt in jedem freien Augenblick über das
Gesetz Gottes nach (V. 2); seine Gedanken wenden sich zum
Wort Gottes wie Stahl zum Magneten.
Die Kriegserklärung an Ihre Gedankenwelt bedeutet, dass Sie
sich jeden Morgen Zeit nehmen müssen, um Ihren Angriff zu
beginnen. Ich schlage als Minimum 20 Minuten vor. Nachsinnen
über die Schrift bedeutet Anstrengung; nichts wirklich Lohnendes kann ohne Anstrengung erlangt werden.
101
Sicher haben Sie schon einmal den Spruch gehört: »Pro Tag
ein Kapitel packt den Teufel am Wickel!« Glauben Sie das nur
nicht. Sie können ein Kapitel lesen und Ihre Gedanken bei den
Sorgen von morgen haben oder im Herzen Rache brüten. Echtes Nachsinnen erfordert gründlich Zeit. Wir müssen die Textstelle in uns aufnehmen und ihr unsere ungeteilte Aufmerksamkeit schenken.
Drittens müssen Sie bereit sein, das Wort Gottes auswendig
zu lernen. »In meinem Herzen habe ich dein Wort verwahrt,
damit ich nicht gegen dich sündige« (Psalm 119,11). Sie sollten nicht einfach irgendwelche Verse lernen, sondern Ihre Liste
mit den belastenden Denkmustern zur Hand nehmen und Verse
der Schrift suchen, die auf diese Denkmuster direkt eingehen.
Am Ende dieses Kapitels finden Sie einige Beispiele für solche
Verse. Lernen Sie diese Verse auswendig, damit Sie sie während des Tages jederzeit verfügbar haben – Sie werden sie nötig
brauchen. Die einzige Alternative zum Auswendiglernen wäre,
die Textstellen auf kleine Karten zu tippen, damit sie zum sofortigen Nachsehen greifbar sind. Diese Bibelstellen sind es, die
Gott zur Vernichtung der Festungen Ihres Geistes gebraucht
und mit denen er etwas Neues aufbaut.
Setzen Sie Ihre Geschütze ein
Bis jetzt haben Sie Ihre Sünden identifiziert, Sie haben sich entschlossen, jeden Morgen 20 Minuten für Gott zu reservieren,
und Sie haben auch einige Schriftstellen vorliegen, mit denen Sie
arbeiten können. Wie geht es nun weiter? Was sollen Sie morgen
früh wirklich tun? Ihre Strategie setzt mit dem Augenblick des
Erwachens am Morgen ein. Diese Augenblicke zwischen Wachwerden und Herausklettern aus dem Bett sind kritisch, denn hier
wird die Saat von Niedergeschlagenheit, Zorn und Lust gesät.
Solange Sie im Bett liegen, sollten Sie Gott für die Ruhe dan-
102
ken, die er Ihnen beschert hat. Ich selbst bete dann so: »Heute
stehe ich auf im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.« Legen Sie ganz bewusst Ihren Geist, Ihre Möglichkeiten und Ihre Zeit in Gottes Hände. Rufen Sie sich Verheißungen Gottes ins Bewusstsein, wie zum Beispiel:
»Denn bei Gott wird kein Ding unmöglich sein« (Lukas 1,37).
»Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum
Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind«
(Römer 8,28).
»Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt« (Philipper 4,13).
Sich diese Verheißungen Gottes zu vergegenwärtigen, vermittelt
Ihnen die richtige Einstellung zum Leben.
Wenn Sie dann das Bett verlassen haben und einigermaßen
munter geworden sind – ich brauche dazu ein Frühstück mit
Kaffee, viel Kaffee, um meinen Geist in Schwung zu bringen –,
lesen Sie ein Kapitel der Bibel und horchen Sie auf das, was Gott
Ihnen zu sagen hat.
Verbringen Sie einige Zeit damit, Ihren Geist auf die spezielle
Versuchung vorzubereiten, die an diesem Tag auf Sie zukommen
wird. Angenommen, Ihr Chef ärgert Sie ständig. Eine Stunde
nach Arbeitsbeginn möchten Sie am liebsten laut schreien. Wenn
Sie warten, bis Ihr Chef Sie anschreit, ehe Sie entschieden haben,
wie Sie dann reagieren wollen, dann wird Ihre Reaktion vermutlich voller Zorn sein. Gebrauchen Sie im Voraus das Wort
Gottes. In der Zeit, die Sie in der Frühe mit Gott verbringen, sollten Sie sich die Verse aufsagen, die Sie auswendig gelernt haben,
und den Sieg Christi für sich persönlich in Anspruch nehmen,
ehe Ihr Chef aus der Haut fährt.
Dasselbe Prinzip gilt auch, wenn Sie ein Problem mit Fressoder Magersucht, Pornografie, Rauchen oder Alkoholmissbrauch
103
haben. Beanspruchen Sie Gottes Verheißungen für diesen be­sonderen Tag. Sagen Sie ihm, dass Sie sich mit seiner Hilfe an diesem Tag für ihn und nicht für die Welt entscheiden wollen.
Bedenken Sie jedoch: Wenn Sie mit der Entscheidung, wie Sie
reagieren wollen, warten, bis die Versuchung da ist, dann haben
Sie zu lange gewartet! Entscheiden Sie sich im Voraus, Gottes
Verheißungen in Anspruch zu nehmen, ganz gleich, welchen
Umständen Sie an diesem Tag vielleicht gegenüberstehen werden.
Lernen Sie dann, während des Tages, dem ersten Reden des
Heiligen Geistes zu gehorchen. Wenn Sie versucht sind, sich an
einer sexuellen Fantasie zu ergötzen, dann setzen Sie sich um­gehend mit diesen Gedanken auseinander. Jeder von uns weiß,
wann wir unseren Geist über diese unsichtbare Grenze in verbotenes Territorium hüpfen lassen. In diesem Augenblick spüren wir, dass wir gegen die Reinheit handeln, die dem Heiligen
Geist entspricht. In diesem Augenblick müssen Sie sich sagen:
»Ich lehne diese Gedanken im Namen Jesu ab.« Dann zitieren Sie die Bibelverse, die Sie bezüglich der betreffenden Versuchung gelernt haben. Mit der Zeit wird sich Ihr Feingefühl für
die Regungen des Heiligen Geistes entwickeln.
Das Wichtigste ist, dass Sie lernen, die Gedankenrichtung
umzupolen. Erinnern Sie sich an das Experiment zu Beginn
dieses Kapitels? Wir brachten es nicht fertig, nicht mehr an die
Zahl acht zu denken, wie sehr wir uns auch bemühten. Erst die
gedankliche Beschäftigung mit einem anderen Thema konnte
dieses Ergebnis herbeiführen.
Sie können bei jeder Versuchung so handeln. Gebrauchen Sie
einfach Ihre Versuchung als Alarmsystem – als ein Zeichen dafür,
Gott zu loben. Wenn Sie zum Beispiel Angst vor Krebs haben
(wenn man die Erkrankungsrate in westlichen Industrieländern
bedenkt, scheint diese Angst ja eine gewisse Berechtigung zu
haben), dann nutzen Sie diese Angst als Gelegenheit, Gott die
Ehre zu geben. Sagen Sie die Verse aus Römer 8,35-39 auf oder
104
lesen Sie die Psalmen 103, 144 oder 145. Danken Sie dann Gott
für all die Segnungen, die Sie in Christus haben. Danken Sie ihm
für Vergebung, für seine Souveranität, Macht und Liebe. So wird
sich Ihr Stein des Anstoßes in eine Stufe nach oben verwandeln,
und Sie werden loben anstatt zu murren.
Während ich an diesem Kapitel schrieb, rief mich eine Frau
an und bat mich, für sie zu beten, dass sie ihren Kampf gegen
das Rauchen siegreich bestehen werde. Sie hatte versucht, frei zu
werden, jedoch ohne Erfolg. Ich gab ihr verschiedene Ratschläge,
darunter auch den, das Verlangen nach einer Zigarette als Er­innerung daran aufzufassen, dass es Zeit sei, drei Kapitel zum
Lobpreis Gottes zu lesen. Statt sich auf ihr Verlangen zu konzentrieren, könnte sie nun ihre Aufmerksamkeit auf Gott und seine
Macht lenken. Mit der Zeit würde sie lernen, dass sie in dieser
Versuchung keineswegs nachzugeben braucht. Der Kampf selbst
wird zur Methode Gottes, ihr Leben in disziplinierte Bahnen
zu lenken. Je mehr ich nachfragte, desto mehr stellte ich leider
fest, dass es ein ganzes Bündel von anderen Bereichen in ihrem
Leben gab, die anzugehen und zu lösen waren. Wie ich bereits
in einem früheren Kapitel erwähnt habe, ist es schwierig, eine
zerstörerische Angewohnheit zu besiegen, während man gleichzeitig plant, andere solcher Angewohnheiten zu tolerieren. Gott
möchte unsere Beweggründe und Werte bis ins Innerste verändern.
Wenn Sie sich mit dem Problem der Fresssucht oder aber der
Magersucht herumschlagen, dann entscheiden Sie sich dafür,
dass Ihr Verlangen Sie ermuntern will, Ihre Aufmerksamkeit auf
Gottes Wort zu richten. Sagen Sie einen Vers der Heiligen Schrift
auf, beten Sie für Ihre Freunde in der Mission oder singen Sie ein
Lied. Wenn Sie sich eine bestimmte Strategie für den Widerstand
gegen die Versuchung ausarbeiten und sich daran halten, dann
befreien Sie sich nach und nach aus ihrem Griff.
Und: Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn Sie häufig in
derselben Sache versucht werden. Wenn Sie über lange Zeit mit
105
einem verkehrten Denkschema gelebt haben, dann lassen sich
die Festungen Ihrer Vorstellungswelt nicht von heute auf morgen niederreißen. Außerdem müssen Sie sich bewusst machen,
dass Sie möglicherweise nicht nur sich selbst gegenüberstehen,
sondern es auch mit satanischen Kräften zu tun haben. Die
meistgebrauchte Waffe Satans ist die Entmutigung. Nachdem
Sie heimtückische Gedanken zurückgewiesen haben, erfreut er
sich daran, sie wieder neu in unsere Gedanken zu streuen. Da
seine Aktivität in unserer Gesellschaft so offen zutage tritt, werden in einem späteren Kapitel spezielle Anweisungen gegeben,
wie man sich diesen Kräften entgegenstellen kann. Im Voraus möchte ich sagen, dass der wichtigste Schutz gegen satanische Angriffe in der persönlichen Rechtschaffenheit besteht,
d. h. im Bekennen und Aufgeben der Sünde. Und wenn Sie die
oben genannten Grundsätze unbeirrt befolgen, dann werden
Satan und seine Kräfte geschwächt werden; mit der Zeit werden
sie die Flucht ergreifen.
Wie lange dauert es, bis Ihr Geist sich erneuert hat? Das ist
ganz unterschiedlich. Manche Christen, die sich nach diesen
Grundsätzen richten, bemerken innerhalb einer Woche einen
beachtlichen Fortschritt. Andere, die sich Jahrzehnte ihres
Lebens nicht an Gottes Willen ausgerichtet haben, brauchen
vielleicht bis zu dreißig Tagen, bis sie sagen können: »Ich bin
frei!« Und selbstverständlich erreicht niemand die Vollkommenheit. Je mehr wir über das Wort Gottes nachsinnen, desto klarer erkennen wir immer neue Bereiche unseres Lebens, die verändert werden müssen. Verborgene Beweggründe treten oft erst
dann an die Oberfläche, wenn sie über lange Zeit dem Licht des
Wortes Gottes ausgesetzt waren.
Ich habe einmal einen Mann beraten, der mit homosexuellen
Versuchungen zu kämpfen hatte, aber durch die oben angeführten Ratschläge von seiner bisherigen Lebensform befreit wurde.
Er bekannte, dass er noch oft in seine alten Denkmuster zurückfiel. »Aber nun«, so berichtet er, »wird mir übel, wenn ich die
106
Gedanken denke, die ich früher hatte.« Er ist ein Beweis für das,
was Gott im Leben jedes Menschen zustande bringen kann, der
ausdauernd über das Wort Gottes nachsinnt und es gezielt auf
seine geistlichen Kämpfe anwendet.
Ich bin davon überzeugt, dass Gott uns von geistlicher
Knechtschaft befreien will. Sein Wort ist das Hilfsmittel, durch
das unsere Gedanken Gott gehorsam werden können. Selbst
Christus, der ewige Sohn Gottes, hat »an dem, was er litt, den
Gehorsam« gelernt (Hebräer 5,8). »Wenn nun der Sohn euch frei
macht, werdet ihr wirklich frei sein« (Johannes 8,36)
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