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Das Menschenbild der Bibel

Das Menschenbild der Bibel
Die Verwendung des Begriffs »Geist-Seele« verpflichtet zur Untersuchung des biblischen Menschenbildes. Überhaupt kann das Thema »Tod« und »Unsterblichkeit der Seele« nicht wirklich verstanden
werden, wenn man nicht den Menschen und das, was ihn ausmacht,
untersucht. Dies soll hier in begrenztem Umfang und im Hinblick
auf unser Thema geschehen. Die Bibel ist jedoch kein Lehrbuch
der Anthropologie123, sodass sie an einer Stelle umfassend über den
Menschen reden würde. Überdies redet sie über den Menschen nicht
in der Sprache der Theologen oder Psychologen, sondern in der Alltagssprache. Die biblische Sprache ist vielseitig und benutzt oft denselben Ausdruck in verschiedenen Bedeutungen. Nicht nur deshalb
ist das Thema schwierig und umfangreich; es erfordert daher Anstrengung, einen Überblick zu bekommen. Auch wenn das Thema
schwierig ist und verschiedene Meinungen darüber bestehen, sollte
sich der Gläubige nicht von der Beschäftigung damit abhalten lassen. Es geht doch dabei um ihn selbst, wie Gott ihn geschaffen, wie
Gott ihn gewollt hat! Darin sind die Größe und Weisheit Gottes zu
erkennen.
Wer zu diesem Thema das Wort Gottes zur Hand nimmt, wird mehrere Begriffe finden, die Wesenselemente des Menschen beschreiben.
Das sind Worte wie »Herz, Geist, Seele, Nieren, Gebein, Fleisch,
Leib, Gedanken, Gewissen, Sinn, Wille« usw. Diese Begriffe müssen in ihrem Textzusammenhang untersucht werden.
Dabei wird man feststellen, dass die Begriffe in einer Vielfalt von
Bedeutungen und Übersetzungen verwendet werden. Am Ende der
Untersuchung wird also keine Lösung stehen, bei der wir lupenreine
und eindeutige Definitionen haben. Aber die wesentlichen Begriffe
werden klarer sein, und wir werden viele besser zuordnen können.
Es wird eine allgemeine Struktur oder Ordnung zu erkennen sein,
die wir als biblisches Menschenbild bezeichnen können.124
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 148
Meine Untersuchung ist auch keine ausgiebige Studie für sich und
außerhalb jedes Zusammenhangs. Sie erfolgt besonders im Hinblick auf die irrige Ansicht, dass der Mensch nach dem Tod in keiner Weise mehr existiere. Man behauptet, der Mensch besitze keine
Seele und keinen Geist als vom Leib unterschiedene Elemente. Der
Mensch wird ausschließlich in seiner Ganzheit und Einheit gesehen, die durch den Tod vernichtet wird. Folglich bedeutet der Tod
die Nicht-Existenz bis zur Neuschöpfung in der Auferstehung. Geist
und Seele, Sitz und Mittelpunkt der Persönlichkeit des Menschen,
seien demnach zeitlich und wie der Leib vergänglich.
Da ich bereits ausführlich herausgearbeitet habe, dass es ein Bewusstsein nach dem Tod gibt, überrascht es nicht, dass sich diese
falschen Ansichten auf ein Menschenbild gründen, das dem der Bibel nicht entspricht.
3.1 Woraus besteht der Mensch?
Wie bereits angedeutet, gibt es mehrere Begriffe im AT und NT, die
Wesensbestandteile des Menschen bezeichnen. Und das sind nicht
die Begriffe »Geist« und »Seele«, die an erster Stelle stehen, sondern es ist das »Herz«, das mehr als alle anderen Begriffe das Wesen des Menschen beschreibt. »Herz« kommt mehr als tausendmal
in der Bibel vor, und das in verschiedenen Bedeutungen. Das Herz
des Menschen – nicht der Hohlmuskel, der das Blut pumpt – ist in
der bildlichen Bedeutung das Zentrum des Menschen, sein innerstes
und damit auch verborgenes Wesen.
Der Mensch ist als Krone der Schöpfung und als Bild Gottes ein
äußerst komplexes Wesen. Es wäre zu einfach, ihn in zwei oder drei
Elemente aufzuteilen. Der Mensch besteht nicht aus »Substanzen«,
die man zerlegen kann, sondern bildet eine Einheit mit verschiedenen Aspekten. Ein Aspekt125 beschreibt den Menschen von einem
gewissen Standpunkt oder Blickwinkel aus. Wir betrachten den
Menschen unter dem Aspekt seiner Überzeitlichkeit. Unsere Frage
ist, was mit dem Menschen im Tod geschieht.
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Bemerkenswert ist, dass diese Frage oft die Wesenselemente oder
Wesensaspekte berührt, die »Geist« und »Seele« genannt werden.126
Das Herz, das mehr als alle anderen Begriffe der anthropologische
Begriff der Bibel schlechthin ist, kommt in diesem Zusammenhang
kaum oder gar nicht zur Sprache.
Zwei Schriftstellen sollen als Ausgangspunkt für meine Untersuchung herangezogen werden. Die eine geht auf die Erschaffung des
Menschen zurück, die andere weist in die Zukunft:
»Und Gott der Herr bildete den Menschen, Staub vom Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und der
Mensch wurde eine lebendige Seele« (1Mo 2,7) und:
»Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und
euer ganzer Geist und Seele und Leib werde untadelig bewahrt
bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus« (1Thes 5,23).
In diesen Versen finden wir die Begriffe »Geist«, »Seele« und »Leib«
in Verbindung mit der Herkunft bzw. Erschaffung des Menschen und
im Hinblick auf seine Zukunft. Paulus spricht von der Ankunft des
Herrn, und für ihn besteht in dieser Bibelstelle der ganze Mensch
aus Geist, Seele und Leib. Der Begriff »heilige euch völlig« unterstreicht diese Wahrheit ausdrücklich. Diese »Ordnung« der Wesenselemente finden wir in der Tat nur einmal in Gottes Wort, und zwar
hier. Aus dieser Stelle leiten viele eine ausschließliche Dreiteilung
des Menschen ab.127 Wenn das so wäre, wo bliebe dann das Herz
des Menschen, und wie werden dann alle anderen oben genannten
Begriffe erklärt? Paulus beschränkt den Menschen im Allgemeinen
nicht auf diese drei Aspekte, denn auch er verwendet weitere Begriffe in seinen Briefen. Hier hat er die Zukunft vor Augen und sagt,
dass der ganze Mensch in seiner Vielfalt, in allen seinen Aspekten,
auf den Tag Christi hin bewahrt wird.
Für Paulus ist es wichtig, im Hinblick auf die Zukunft diese Sicht
vom Menschen zu haben. Und seine Sicht ist nichts anderes als eine
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UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 150
Übernahme und Zusammenfassung aller im AT enthaltenen Schriftstellen, die ausgehend von 1. Mose 2,7 etwas über die Beschaffenheit des Menschen aussagen. Das kann auch nicht anders sein, bildet
doch die Heilige Schrift, bestehend aus AT und NT, eine von Gott
zusammengefügte Einheit. Damit entspricht das Menschenbild des
Paulus ganz der Offenbarung Gottes, wie sie bereits im AT gegeben
war. Es ist also kein neues oder gar griechisches Menschenbild, sondern, wenn man so will, ein hebräisches oder jüdisches Menschenbild.
Paulus nennt eine bestimmte Reihenfolge, in der er den Geist des
Menschen an die erste Stelle setzt. Damit wird allerdings der Leib,
weil er an letzter Stelle steht, nicht abgewertet128. Warum diese
Reihenfolge gewählt wird, geht aus der Schöpfung des Menschen
hervor, wo der Geist (Odem des Lebens) das wesentliche Element
ist, das den Menschen erst zum Menschen als Ebenbild Gottes
macht.
3.2 Der Geist des Menschen
Die Hauptaussagen des AT über die Schöpfung des Menschen lauten:
»Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserm Bild,
nach unserem Gleichnis … Und Gott schuf den Menschen in
seinem Bild, im Bild Gottes schuf er ihn« (1Mo 1,26.27).
»Und Gott der HERR bildete den Menschen, Staub von dem
Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens; und
der Mensch wurde eine lebendige Seele« (1Mo 2,7).
Hier sehen wir den ersten Menschen, zuerst leblos, aus dem Staub
der Erde geformt. Dann kommt der in der Schöpfungsgeschichte einzigartige Vorgang der Belebung: Gott haucht den Odem des
Lebens in seine Nase. Das Ergebnis ist der lebendige Mensch mit
einem stofflichen, aus der Erde gebildeten Körper, der als einzige
151
Kreatur in sich den Odem des Lebens Gottes hat. Der Odem des
Lebens geht in ihn hinein und bleibt dort, er gehört damit zu seiner
Konstitution.129 Er macht ihn zum Menschen als Ebenbild Gottes.
3.2.1 Der Odem des Lebens
Der Odem des Lebens, den Gott von sich selbst gegeben hat, entspricht dem menschlichen Geist, wie Paulus ihn in 1. Thessalonicher 5 auch nennt.130 Das Wort »Odem« wird verschieden übersetzt.
Dieses Wort hat ein weites Bedeutungsspektrum. Es bezieht sich auf
Gott, auf den Menschen und auf die Tiere. Eine Bedeutung besteht
darin, dass der Lebensodem der Geist ist, den Gott dem Menschen
gegeben hat, der dem Menschen als das wesentlichste Element seiner Beschaffenheit im Gegensatz zum Tier eingehaucht wird.
Durch den Geist, den Gott jedem Menschen gibt,131 wird der Mensch
zu einer selbstständigen Person, d. h. zu einem »Ich« und damit auch
zu einem »Du« für Gott. Der Begriff »Person«, der uns so geläufig
ist, hat genau hier seinen Ursprung. Gott ist ein unendlicher und
doch persönlicher Gott, Er ist der Schöpfer und Erhalter des Menschen.
Der im Bild Gottes geschaffene Mensch ist eine Person, deren Persönlichkeit von der Persönlichkeit Gottes abgeleitet ist.
3.2.2 Der Geist von Gott und der Geist des
Menschen
Wenn der Geist, den Gott gibt, den Menschen zur Person macht,
indem Er den Geist des Menschen formt, dann müssen wir zwei
Aspekte dieses Geistes deutlich unterscheiden, die für unser Thema
von großer Bedeutung sind. Zum einen ist und bleibt es der Geist,
der von Gott kommt. Das macht den Menschen nicht Gott gleich,
sondern er besitzt diesen Geist als Gabe in Abhängigkeit vom Geber, so wie die Blätter eines Baumes die Kraft und das Leben nur in
Verbindung mit dem Baum haben. In diesem Sinn muss man auch
DAS MENSCHENBILD DER BIBEL
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 152
die Aussage des Paulus verstehen, wenn er den Griechen auf dem
Areopag sagt, dass wir »Gottes Geschlecht« sind (Apg 17,28.29;
vgl. den Stammbaum Jesu in Lk 3,38, wo Gott am Anfang als Urheber des Menschengeschlechts steht: »des Adam, des Gottes«zwinkerndes Smiley.
Der zweite Aspekt liegt in der menschlichen Eigenexistenz dieses
Geistes. Der Geist von Gott wurde im Menschen zum Geist des
Menschen, der ihn zur Person macht (Röm 1,9; 1Kor 16,18; 2Kor
2,13; 7,13; Phil 4,23; 2Tim 4,22, Phim 25).
So wird auch von »ihrem« – d.h. des Menschen – Geist (Odem)
gesprochen, der vor Gott verschmachtet (Jes 57,16). Hier ist es der
menschliche Geist in seiner Schwachheit und Hinfälligkeit, im Gegensatz zu dem Geist aus Gott, der nicht verschmachten kann.
Der Geist ist das innerste Wesen des Menschen (Ps 32,2; auch Herz
genannt: Mk 7,20–23; Jes 57,15; 1Kor 7,34)132. Er ist das Subjektzentrum, das »Ich« als Person (Jes 26,9). Dieser Geist aus Gott verleiht
dem Menschen die Ebenbildlichkeit Gottes (»Gott ist Geist«; Joh
4,24) und macht sein Menschsein aus, wie Gott es beabsichtigte.
Der Geist ist nicht, wie oft angenommen, der Verstand des Menschen.
Diese Ansicht hat ihren Ursprung in der griechischen Philosophie,
wo der Geist gleichbedeutend mit »Verstand« und »Erkenntnis« ist.
Diese Ansicht verdunkelt das einzigartige Menschenbild der Bibel.
Die Bibel stellt selbst den Unterschied von »Geist« und »Verstand«
heraus, obwohl der Geist sowohl denkt als auch fühlt. Das Denken,
das wir dem Verstand zuordnen, ist nur eine Funktion des Geistes
(Spr 20,27; 1Kor 2,11; 14,14; Jes 29,24).
Der Geist des Menschen ist auch die »Stelle« in uns, zu der Gott
sprechen kann. Er ist Ansatzpunkt und Antenne für das Wirken Gottes am Menschen (Spr 20,27). So bezeugt z. B. der Heilige Geist
unserem Geist (das ist der menschliche Geist), dass wir Kinder Gottes sind (Röm 8,16). Allerdings wird der ganze Mensch von Gott
angesprochen. Der Geist ist der Eingang für das Reden Gottes, aber
153
wenn der Mensch sich Gott unterwirft, ist es der ganze Mensch, der
sich in den Dienst für Gott stellt.
Der Geist des Menschen ist das Wesenhafte des Menschen, sowohl
beim Gläubigen als auch beim Ungläubigen (1Mo 41,8; 45,27; Esr
1,1.5; Dan 6,4). Doch ohne den Heiligen Geist ist der Geist des
Menschen fleischlich (Röm 8,4–8), unfähig mit Gott in Verbindung
zu treten.
Die Gottbezogenheit des in Sünde gefallenen Menschen und seines menschlichen Geistes kommt deutlich in den Religionen zum
Ausdruck. In seiner Bezogenheit auf Gott wendet der Mensch sich
nicht an seinen Schöpfer, sondern an die Götzen, hinter denen die
Dämonen stehen.
Der wesentliche Punkt für unsere Betrachtung ist, dass der von Gott
gegebene Geist die Eigenschaft der Unsterblichkeit besitzt. Die Unsterblichkeit des menschlichen Geistes wird zwar nicht explizit erwähnt, aber sie folgt aus der Tatsache, dass der Odem Gottes nicht
sterben kann. Es ist der Odem bzw. Geist des ewigen Gottes (Röm
16,26). Der Odem Gottes, den jeder Mensch von Anfang an in sich
hat, ist aber nicht der Heilige Geist als Person der Gottheit. Nur von
den Kindern Gottes heißt es, dass der Heilige Geist in ihnen wohnt.
Mit dem Odem Gottes ist eben nicht die Person des Geistes Gottes
gemeint, sondern der Odem Gottes als etwas, was dem Leben Gottes
entspricht und damit die belebende Kraft des Menschen ist. Dieser
Odem Gottes ist dem Wesen und der »Substanz« nach von Gott.
Wenn der Mensch diesen Geist hat, dann muss sein Geist – immer
in Abhängigkeit von dem ewigen Gott – auch unsterblich bzw. überzeitlich sein.
An dieser Stelle wiederhole ich: Der Mensch hat den Odem Gottes
als Gabe, die entscheidend ist für sein Mensch-Sein. In seiner Eigenexistenz macht er zugleich die Person des Menschen aus. Darum
ist es interessant zu erfahren, was über den menschlichen Geist in
Verbindung mit dem Tod gesagt wird.133 Die klassische Stelle im
DAS MENSCHENBILD DER BIBEL
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 154
Buch des Predigers, die oft angeführt wird, besagt, dass der Staub,
d. h. der menschliche Körper, zur Erde zurückkehrt und der Geist zu
Gott, der ihn gegeben hat (Pred 12,7). Der Geist wird hier in seiner
Unvergänglichkeit gesehen, wie er den Tod und Verfall des Körpers
überdauert. Dieser Geist ist aber nicht allein Geist von Gott, wie er
den Menschen belebt. Er ist zugleich der Geist des Menschen, worin
seine Persönlichkeit und sein Ich-Bewusstsein bestehen. Wenn der
Geist zu Gott zurückkehrt, dann kehrt damit der Geist des Menschen,
also die Person (nicht nur das Leben des Leibes) zu Gott zurück, und
Gott nimmt ihn auf, sei es nun zum Gericht oder zum Segen.
Der Geist des Menschen ist nicht leibgebunden und vergeht nicht
wie der Leib im Tod. Wenn der Psalmist sagt, dass der Geist ausgeht
und zur Erde zurückkehrt (Ps 146,4),134 so kann man daraus nicht
schließen, dass die Person leibgebunden ist, und das, was das Ich
ausmacht, zur Erde wird. Die Person des Menschen ist an seinen
Geist gebunden (1Kor 5,5) und hört, wenn der Körper stirbt und
vergeht, nicht auf zu existieren.
Das NT zeigt uns, wie der Geist der Tochter des Jairus in das tote
Mädchen zurückkehrte (Lk 8,55; Jak 2,26) und wie Stephanus seinen
Geist in die Hände des Herrn Jesus übergab (Apg 7,59; vgl. Lk 23,46;
Ps 31,6). In dieser Bedeutung spricht Petrus auch von den Geistern,
die jetzt im Gefängnis sind (1Petr 3,19). Einerseits sind es die Personen selbst, andererseits befinden sie sich, weil sie gestorben sind, in
einem geistigen, d. h. nicht-materiellen Zustand (Hebr 12,23).
3.2.3 Zusammenfassung
Der Geist-Begriff der Bibel unterscheidet sich grundsätzlich vom
Geist-Begriff anderer Menschenbilder. Der Geist erhebt die menschliche Seele zur Geist-Seele und macht den Menschen zur Person. Er
ist der Garant für die Identität des Menschen. Der Geist unterscheidet den Menschen als Ebenbild Gottes vom Tier. Weil der Mensch
einen Geist hat, kann Gott ihn ansprechen und umgekehrt. Er ist
von ewiger Existenz, weil es der Geist ist, der von Gott kommt.
155
Der Mensch ist somit ein Ewigkeitswesen, bezogen auf eine höhere,
unsichtbare Welt...https://clv.de/Und-die-Toten-leben-doch/255227

Kommentare

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Sulzbacher 24.12.2021 13:24
Zwischen dem Geist und dem Leib des Menschen nennt Paulus die
Seele. In der Schrift stehen Geist und Seele einige Male in enger
Verbindung miteinander, sodass jeder Begriff für sich alleine (1Petr
2,11; Phil 1,27) den inneren Menschen (2. Kor 4,16; Ps 103,1), also
den immateriellen und nicht sichtbaren Aspekt des Menschen bezeichnen kann. Und doch werden diese beiden Begriffe auch voneinander unterschieden (Hebr 4,12; 1Thes 5,23).
Es ist zu Unrecht oft darauf hingewiesen worden, dass die Seele einfach nur das Leben bedeutet, wie es den stofflichen Organismus von
Mensch und Tier belebt (siehe Mt 2,20; 16,25.26; Lk 12,22). Diese
Bedeutung hat das Wort Seele auch, aber sie hat eine vergleichbare
Vielfalt an Bedeutungen wie das Wort Geist.
Die Seele ist oft von der bloßen Bedeutung des »Lebens« unterschieden.
Denn auch die Seele ist wie der Geist des Menschen sein wesentlicher
Bestandteil (Hi 19,2; Spr 3,21.22; Mt 10,28; Lk 12,20; 2Petr 2,8).
So wird z. B. das Wohlbefinden der Seele dem Wohlbefinden des
Leibes und seines Lebens gegenübergestellt und damit deutlich von
diesem unterschieden (3Jo 2). Menschen können wohl den Leib,
aber nicht die Seele töten (Mt 10,28). Wäre in diesem Vers die Seele
das Leben, so würde sie zusammen mit dem Leben des Leibes getötet. Der Herr Jesus kennzeichnet die Seele an dieser Stelle eindeutig
als Wesenselement des Menschen, das mit dem Tod des Leibes nicht
tot ist. Die Seele wird nach den Worten des Herrn Jesus eindeutig
als Element des Menschen von seinem Geist und seinem Leib unterschieden (Lk 17,33; vgl. 1Petr 2,25; Apg 14,22).
Als Teil des Menschen ist die Seele neben dem Geist auch der Ausdruck für den Menschen in seiner Ganzheit. Die Bibel verwendet
DAS MENSCHENBILD DER BIBEL
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 156
darum den Begriff »Seele«, wenn es um die Zählung von Menschen
geht (vgl. 1Mo 46,25.26.27; Apg 2,41).
Die Seele bildet im Menschen zusammen mit dem Geist die Persönlichkeit (Lk 9,24; Hebr 6,19; 10,39). Sie steht – wie der Geist – für
das »Ich« des Menschen (2Kor 1,23; Jes 53,11; Kla 3,24).
Wenn die Seele eine gewisse Mittelstellung zwischen Geist und
Leib einnimmt, dann hat sie zum einen Bezug zum Geist, weshalb
wir sie auch »Geist-Seele« nennen. Andererseits steht sie in enger
Verbindung mit dem Leib, dem äußeren Menschen.
Die Beziehung der Seele zum Leib kommt deutlich zum Ausdruck,
wenn wir lesen, dass die Seele des Fleisches im Blut ist (3Mo 17,11;
5Mo 12,23). Die Seele des Menschen und des Tieres wird mit dem
Blut verbunden (1Mo 9,4.5). Deshalb wird der Tod des Menschen
auch als das Ausgießen der Seele bezeichnet (Ps 141,8; Jes 53,12).
Bei aller Unterschiedlichkeit vom Leib steht die Seele doch in sehr
enger Verbindung mit ihm, was in dieser Form nicht für den Geist
gilt. Deshalb heißt es bei der Erschaffung des Menschen, dass er
eine lebendige Seele wurde, wie auch das Tier eine lebendige Seele
genannt wird (1Mo 1,20.21.24; 2,19; 9,10).
Dass der Mensch in seiner Ganzheit eine lebendige Seele wurde,
stellt eben die enge Beziehung der Seele und des Leibes heraus,
denn dort ging es um die Belebung der Erde, der toten Materie. In
diesem Sinn, und in keinem anderen, wird auch das Tier »lebendige
Seele« genannt. Die Seele des Tieres ist ihm nicht vom Schöpfer
eingehaucht worden, was beim Menschen gerade der Fall ist. Darin
besteht der wesentliche Unterschied zwischen dem Tier und dem
Menschen (3Mo 24,17.18).
Im AT wird auch der Leichnam (im Hebräischen) »Seele« genannt
(4Mo 5,2; 6,6.11; 19,11.13). Hier bezeichnet die Seele den Körper
und die Gestalt des Menschen. So ist der Körper zugleich auch die
äußere Form der Seele, aber nicht ihre Substanz, d. h. die Leiche ist
157
nicht die Seele. Sie kann es deshalb nicht sein, weil die Seele beim
Tod des Menschen heraustritt (1Mo 35,18). Der Begriff »Seele« bedeutet im Hinblick auf den toten Menschenkörper die rein körperhafte, materielle Seelengestalt, aber ohne Seele.
Diese enge Verbindung des Körpers mit der Seele deutet an, dass sie
auch nach dem Tod des Menschen an die Form und Gestalt »ihres«
menschlichen Körpers gebunden ist. Die Seele erscheint demnach in
»leiblicher Gestalt« (im Sinne von Lk 3,22). Dieser »Leib« des Zwischenzustandes ist allerdings nicht mehr materiell. Damit erscheint
die Seele nach dem Tod auch als menschliche Gestalt und ist als
solche zu erkennen.
In diesem Licht ist es verständlich, dass Johannes die Seelen derer
sieht, die um des Wortes Gottes willen geschlachtet worden waren
(Offb 6,9; 20,4). Wäre die Seele nur das Leben, was hätte er dann
gesehen? Er sah offensichtlich Menschengestalten, die er als solche
wieder erkannte. Mehr als das, nämlich dass Johannes die Seelen als
Menschengestalten erkannte, kann bezüglich ihrer geistigen Leiblichkeit in der für uns unsichtbaren Welt nicht gefolgert werden. Hier
soll deutlich gemacht werden, dass die Erkennbarkeit nach dem Tod
etwas mit dem äußeren Erscheinungsbild des Menschen zu tun hat,
so wie dies auf der Erde durch den materiellen Körper geschieht.
Diese Überlegungen über das Weiterexistieren der Seele nach dem
Tod berühren auch die Frage nach der Unsterblichkeit. Dass die Seele den Tod des Leibes überlebt, ist deutlich herausgestellt worden.
Ob sie unsterblich, d. h. von ewiger Existenz ist, kann nur in ihrer Verbindung mit dem Geist beantwortet werden. Da der Geist,
der unsterblich ist, in der Seele wohnt, und in der Konstitution des
Menschen in untrennbarer Verbindung dazu steht, und die beiden
Begriffe oft ein und dieselbe Sache ausdrücken, muss auch die Seele des Menschen als Geist-Seele unsterblich sein. Das ist sie nicht
in sich selbst, weil nur Gott in sich unsterblich ist. Sie ist dadurch
unsterblich, dass Gott sie aufrecht erhält, und weil Er will, dass sie
lebt und nicht stirbt.
DAS MENSCHENBILD DER BIBEL
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 158
3.3.1 Zusammenfassung
Obwohl es nicht möglich ist, aufgrund der vielschichtigen Bedeutungen des Wortes »Seele« (755-mal im AT) eine Definition zu formulieren, so lässt sich gerade aus diesem Reichtum ableiten: Die
Seele des Menschen ist eines seiner Wesenselemente. Sie ist GeistSeele und unterscheidet sich als solche von der Seele des Tieres, die
keine Geist-Seele ist. Sie ist Bindeglied zwischen dem Geist und
dem Leib. Sie ist Sitz der Persönlichkeit und des individuellen IchLebens. Durch den in ihr wohnenden Geist ist sie unsterblich und
erhält den Menschen als Person über den Tod des Leibes hinaus.
Auch hier wird – wie bei dem Geist des Menschen – deutlich, dass
der Mensch ein Ewigkeitswesen ist
 
Sulzbacher 24.12.2021 14:13
Auch der Leib ist ein Wesenselement des Menschen. Der sichtbare
Teil des Menschen ist unserem Verständnis weit mehr zugänglich
als sein unsichtbarer Teil und bereitet daher für unser Verständnis
weniger Schwierigkeiten. Gott hat einen Leib gegeben, wie Er gewollt hat (1Kor 15,38). Der Leib ist Ausdruck der Weisheit Gottes
– auch nach dem Sündenfall – und versetzt uns immer wieder in
Staunen über die wunderbare Weise, in der wir gemacht worden sind
(Ps 139). Der Leib aus Fleisch und Blut (Hebr 2,14) ermöglicht und
bestimmt unsere Existenz in der sichtbaren Welt. Mit dem Leib erleben, erfahren und spüren wir die Welt.
Durch den Tod, der durch die Sünde in diese Welt eingebrochen ist,
wird der Leib, das Fleisch, dem Tod und der Vergänglichkeit unterworfen (Röm 6,23; Jes 40,6–8; 1Petr 1,24). Aus der Sicht des natürlichen Menschen, die nicht über den Tod hinausreicht, wird dem
Menschen – wie der Prediger sagt – dasselbe Schicksal wie dem
Vieh zuteil: Er wird wieder zu Staub (Pred 3,19). Der äußere Mensch
vergeht (2Kor 4,16), wie auch die Gestalt der Welt (1Kor 7,31; Jes
51,6), d.h. wie das Sichtbare überhaupt (2Kor 4,18) vergeht.
159
Der Leib ist auch das Instrument der Sünde geworden (Röm 6). Deshalb sagt Paulus, wenn er von der Ohnmacht des unter die Sünde
geknechteten Menschen spricht: »Wer wird mich retten von diesem
Leib des Todes?« (Röm 7,24).
Das heißt jedoch nicht, dass der Leib ein Kerker ist, von dem man
erst durch den Tod befreit wird. Das ist Anschauung griechischer
Philosophie, die der Sicht der Bibel über den Leib völlig entgegengesetzt ist (vgl. Abschnitt 4). Welchen Wert der Leib in Gottes
Augen hat, wird im größten Geheimnis der Weltgeschichte deutlich: Gott selbst wurde Mensch, Gott offenbart im Fleisch (1Tim
3,16).
Johannes sagt, dass das Wort Fleisch wurde und unter uns wohnte
(Joh 1,14). Der Herr Jesus ließ sich einen Leib bereiten (Hebr 10,5),
um ihn als Opfer am Kreuz in den Tod zu geben (Hebr 10,10). Als Er
starb, legte Er Seinen Leib, den Er als Opfer dargebracht hatte, nicht
für immer ab. In der Auferstehung erhielt Er, weil Er vollkommen
Mensch ist und in Ewigkeit bleibt, einen Leib, der verherrlicht ist
und zugleich das Muster für alle Gläubigen ist, wenn sie bei der Verwandlung und Auferstehung mit demselben Leib der Herrlichkeit
angetan werden (Phil 3,21; Röm 8,23).
Der Leib der Gläubigen ist durch die Erlösung die Wohnstätte Gottes geworden (1Kor 6,19), weil Gott der Heilige Geist, darin wohnt.
So ist der Leib, obwohl durch die Sünde sterblich, das Instrument,
durch das Gott jetzt auf der Erde verherrlicht wird (Röm 12,1.2;
1Kor 6,20). Der ganze Mensch ist in den Dienst Gottes gestellt.
Die Auferstehung der Gläubigen ist der Beweis, dass Gott den Leib
weder verwirft noch zurücklässt, weil Er vielleicht eine andere Existenzform vorziehen würde. Was einst vollkommen aus der Hand
Gottes hervorging, aber durch die Sünde entstellt und verdorben
wurde, wird einmal, auf der Grundlage des Todes und der Auferstehung Christi, zur Verherrlichung Gottes wiederhergestellt werden.
DAS MENSCHENBILD DER BIBEL
UND DIE TOTEN LEBEN DOCH 160
Die Sohnschaft der Gläubigen ist erst dann vollständig erreicht,
wenn der Leib erlöst ist (Röm 8, 23).
Geist und Seele und Leib, der ganze Mensch, sind von der Schöpfung her auf die Ewigkeit angelegt. Der Leib wird erst in der Auferstehung an der Unsterblichkeit teilhaben. Der Begriff »Unsterblichkeit«, als Gegenteil zur »Sterblichkeit«, trifft auch nur auf den
auferstandenen Leib zu (Röm 8,11), weil dieser durch die Sünde ein
»sterblicher« Leib geworden ist. Deshalb spricht die Schrift nicht
von »Unsterblichkeit der Seele«, weil die Seele weder sterblich war,
noch dies geworden ist, wie es beim Leib sehr wohl der Fall ist.
3.5 Fazit
Es ist unbestreitbar: Die Bibel kennt den Menschen in der Einheit
von Geist, Seele und Leib. Auch wenn der Mensch aus seiner Bestimmung, in Gemeinschaft mit Gott zu leben, gefallen ist, bleibt
das Menschenbild der Bibel, wie es sich aus der Schöpfung darstellt,
erhalten (Jak 3,9).
Dabei betone ich, dass die drei Aspekte eine untrennbare Einheit
bilden und den Menschen in seiner Ganzheit darstellen, die bis zum
Tod erhalten bleibt. Der Tod führt eine vorläufige Trennung von Leib
und Geist-Seele herbei. Durch die Auferstehung wird diese Einheit
des Menschen wiederhergestellt.
Der Mensch ist ein Ewigkeitswesen. Nicht nur ein Teil des Menschen ist damit gemeint, sondern der ganze Mensch in seiner Einheit und gleichzeitigen Vielfalt, was seine verschiedenen Aspekte
betrifft, wie Gott es von Anfang an gewollt und ausgeführt hat
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