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Ampel-Koalition:

Ampel-Koalition:
Mehr Trennung zwischen Staat und Kirche wagen

24.11.2021
Analyse - Die Katze ist aus dem Sack: Am Mittwoch legten SPD, Grüne und FDP ihren Koalitionsvertrag vor. Der mutet den Kirchen einiges zu. Was erwartet sie ohne Beteiligung der traditionell christlich geprägten Unionsparteien in der Bundesregierung? Eine Analyse.


Erstmals seit 16 Jahren kommt eine Bundesregierung ohne Beteiligung der traditionell kirchennahen und christlich geprägten Unionsparteien zustande. SPD, Grüne und FDP haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten zwar an Kirchennähe gewonnen – der am Mittwoch vorgelegte Koalitionsvertrag mutet den Kirchen aber einiges zu. Überraschend ist das nicht: Die Marschlinie hatte sich schon bei den Wahlprogrammen abgezeichnet – die Wähler haben im Bereich der Religionspolitik weitgehend bekommen, was zu erwarten war. Unter der zuende gehenden Großen Koalition spielte das Verhältnis von Staat und Religionsgemeinschaften nur eine geringe Rolle; grundsätzliche Reformen des Staatskirchenrechts wurden nicht angegangen. Oppositionsanträge etwa zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen hatten erwartbar keinen Erfolg.

In der kommenden Legislaturperiode soll sich das ändern: Reformen beim kirchlichen Arbeitsrecht, Aufarbeitung sexualisierter Gewalt, Ablösung der Staatsleistungen – die Ampel-Koalition nimmt sich einiges vor. Dabei fällt auf, dass im Vergleich zum Koalitionsvertrag der vorigen Großen Koalition Kirchen und Religionsgemeinschaften insgesamt etwas weniger Raum einnehmen. Zwar schätzt auch die Ampel das Engagement der Kirchen in der Entwicklungszusammenarbeit und will ihre Förderung stärken; weiterhin will sie in der auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik das Thema Religion stark machen.

Kein Schwerpunkt mehr bei Religionsfreiheit weltweit

War für die Vorgängerregierung aber das Thema Religionsfreiheit und Christenverfolgung weltweit noch ein wichtiges Thema – so wurde unter anderem das Amt eines Beauftragten der Bundesregierung für weltweite Religionsfreiheit geschaffen –, tauchen diese Themen im Koalitionsvertrag überhaupt nicht auf. Lediglich mit Blick auf muslimisches und jüdisches Leben in Deutschland gibt es ein klares Bekenntnis zum Schutz dieser Gemeinschaften und ihrer Gläubigen. Das Problem des islamistischen Extremismus hat dagegen einen deutlich geringeren Stellenwert als bei der Vorgängerregierung. Zur Zukunft des Beauftragten für Religionsfreiheit gibt es keine Aussage, das Amt des Antisemitismus-Beauftragten soll allerdings gestärkt werden.
Ausführliche Würdigungen des kirchlichen Wirkens in der Gesellschaft, wie sie im Vorgängervertrag immer wieder vorkommen, fehlen aber.

Immerhin: Der Abschnitt zu Kirchen und Religionsgemeinschaften wird mit einem wertschätzenden Absatz eingeleitet: "Kirchen und Religionsgemeinschaften sind ein wichtiger Teil unseres Gemeinwesens und leisten einen wertvollen Beitrag für das Zusammenleben und die Wertevermittlung in der Gesellschaft. Wir schätzen und achten ihr Wirken." Das reicht aber auch an Nettigkeiten – danach geht es zur Sache. Die Koalitionäre kündigen ein zusammen mit den Ländern und Kirchen entwickeltes ein "Grundsätzegesetz" an, das einen "fairen Rahmen für die Ablösung der Staatsleistungen" schaffen will. Grundsätzlich haben sich in der Vergangenheit auch die Kirchen offen gezeigt für eine Ablösung der Staatsleistungen. Zugleich gibt es aber innerkirchlich Bedenken, wie angesichts sinkender Kirchenmitgliedschaft und Kirchensteuereinnahmen die Folgen eines solchen Gesetzes getragen werden können. Gerade die kleineren Bistümer und Landeskirchen im Osten bestreiten einen größeren Teil ihres Jahreshaushalts aus Staatsleistungen als die mitgliederstarken Kirchen im Westen.

Staat-Kirche-Verhältnis auf den Prüfstand

Generell stehen die Zeichen auf größeren Abstand zwischen Staat und Kirche: Das Religionsverfassungsrecht soll "im Sinne des kooperativen Trennungsmodells" weiterentwickelt werden. Ziel ist dabei eine bessere Beteiligung und Repräsentanz insbesondere der muslimischen Gemeinden. "Neuere, progressive und in Deutschland beheimatete islamische Gemeinschaften" sollen dabei eingebunden werden, Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften und "Orte der Begegnung" gefördert werden. Generell liegt der Fokus der Ampel stärker auf der Unterstützung der muslimischen Gemeinde als auf der Problematisierung von islamistischem Extremismus, die noch den Groko-Koalitionsvertrag prägte.

Geplant ist auch, das kirchliche Arbeitsrecht kritisch in den Blick zu nehmen: "Gemeinsam mit den Kirchen prüfen wir, inwiefern das kirchliche Arbeitsrecht dem staatlichen Arbeitsrecht angeglichen werden kann", heißt es im Kapitel über betriebliche Mitbestimmung, fast wörtlich aus dem SPD-Wahlprogramm übernommen. Verkündigungsnahe Tätigkeiten sollen dabei aber ausgenommen werden. Wieviel Konfliktpotential hier besteht, ist noch nicht abzusehen – den Kirchen selbst ist im Licht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der das in Deutschland traditionell hochgehaltene Selbstverwaltungsrecht der Kirchen weniger hoch hält als die deutschen Gerichte, klar, dass hier Änderungen unvermeidlich sind.

Bei der Aufarbeitung von Missbrauch positioniert sich die Ampel nicht direkt auf Konfrontationskurs zu kirchlichen Stimmen, die einer staatlichen Aufarbeitung speziell des Missbrauchs in der Kirche etwa durch Untersuchungsausschüsse kritisch gegenüber stehen. Die Kirchen werden zusammen mit Sportvereinen und Jugendarbeit als gesellschaftliche Sektoren aufgeführt, in denen die Regierung die Aufarbeitung "begleiten" und "aktiv fördern" will – die Große Koalition hatte in ihrem Vertrag keine Gruppen benannt. Wenn nötig, will die Ampel zur Aufarbeitung auch "gesetzliche Grundlagen" schaffen – wie die aussehen könnten, wird nicht ausgeführt. Ein Wunsch des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs wird erfüllt: Künftig soll er regelmäßig dem Bundestag berichten.

Keine Lobby für den Lebensschutz in der Koalition

Eine deutliche Wende steht im Bereich des Lebensschutzes an. Die Kirchen haben ohne die Unionsparteien nun keine Verbündeten mehr in diesem Politikfeld: Das Werbeverbot für den Abbruch der Schwangerschaft in § 219a StGB soll abgeschafft werden – das war zu erwarten. Weitergehende Reformen, wie sie bisweilen erwartet wurden, etwa eine Entkriminalisierung von Abtreibungen durch Abschaffung des § 218 StGB, hat sich die Ampel nicht vorgenommen; gestärkt werden soll allerdings das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und Schwangerschaftsabbrüche Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden. Für radikalere Abtreibungsgegner weht künftig ein kälterer Wind: "Sogenannten Gehsteigbelästigungen […] setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen", kündigen die Koalitionäre an.

Auf die Kirchen kommt eine spannende Legislaturperiode zu: Jahrelang hatte sie in der Bundesregierung eine Verbündete, die am Status quo des Verhältnisses von Staat und Kirche nichts Großes ändern wollte. Auf europäischer Ebene warb die unionsgeführte Regierung für das besondere Verhältnis in Deutschland und verhandelte beispielsweise Ausnahmen für Religionsgemeinschaften in Verordnungen, in denen man sie nicht erwartet hätte – etwa beim EU-Datenschutzrecht. Solche Zugeständnisse können die Kirchen nun nicht mehr erwarten. Bisher konnte man sich bequem auf den Standpunkt stellen, dass man einer Ablösung der Staatsleistungen offen gegenüber stehe – nun gibt es ein Gegenüber, das das auch tatsächlich will.

Für das kirchliche Arbeitsrecht drohten Einschnitte bisher hauptsächlich vom Europäischen Gerichtshof – nun kommt das auch in der deutschen Politik auf die Tagesordnung. Im Staatskirchenrecht kann die neue Bundesregierung einen jahrelangen Reformstau auflösen und der in Deutschland deutlich bunter gewordenen religiösen Landschaft einen angemessenen religionsverfassungsrechtlichen Rahmen geben. Besonders kritisch wird in den kommenden vier Jahren die Außenpolitik zu betrachten sein: Hier hat sich die Große Koalition durch ihren Schwerpunkt auf Religionsfreiheit Verdienste erworben. Dieses angesichts seit Jahren stetig zunehmender Bedrohung von Religionsfreiheit wichtige Zukunftsthema ist eine auffällige Leerstelle im Koalitionsvertrag, der "mehr Fortschritt wagen" will.
Von Felix Neumann






😐

Kommentare

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(Nutzer gelöscht) 24.11.2021 17:30
was will man anders erwarten können von Leuten, die von nichts Ahnung haben..davon aber genug....😧
 
Alberlix 24.11.2021 18:04
Uuuuiiiiiiieeee da hast du aber was zusammen getragen.

Warten wir es einmal ab.
 
Klavierspielerin2 24.11.2021 18:16
Lediglich um den Posten des Gesundheitsministers scheint sich niemand zu reißen, oder weiß jemand etwas?
 
Alberlix 24.11.2021 18:20
Nein, im Radio kam dieselbe Nachricht.

Ist in dieser Corona Pandemie auch verständlich
 
hansfeuerstein 24.11.2021 18:42
Würde damit antworten, dass auch die Kirchen ihre ethische Bindung zum Staat aufgeben sollten. Das offen sagen, welche staatlichen Verordnungen mit dem christlichen Glauben
nicht vereinbar sind, und auch entspr. Agenden in Zukunft offen anzugreifen. Und, nicht
mundtod machen lassen wegen der instrumentalisierten Missbrauchsaffäre. Ganz klar sagen, wo die Regierungen der Staaten irren und ihnen einfach nicht zu folgen ist.
 
Avokado 24.11.2021 18:56
Die Trennung der Regierung vom gesunden Menschenverstand ist schon mal eine Leistung.
 
hansfeuerstein 24.11.2021 19:02
Man könnte auch so sagen: Wenn ein Bundespräsident zur Hölle fährt, muss ein Obdachloser es ihm nicht gleich tun. Für Zweiteren ist der Himmel offen, wenn er an entscheidenden Wendungen diesen Leuten nicht folgt. Hart, aber....
 
AndreasSchneider 24.11.2021 21:04
Abscheulich ist auch die Legalisierung von Cannabis!

Hans, ich stimme Dir ausdrücklich zu, alle Vertreter des christlichen Glaubens, sollten der zukünftigen Regierung klar und deutlich sagen, was sie als Christen nicht mittragen wollen und werden!

Andreas
 
Klavierspielerin2 01.12.2021 19:00
Buschmann ( FDP) möchte als erstes den 219b, Werbung für Abtreibung, abschaffen.
 
janinaj 02.12.2021 11:41
Ja, und das Ehegattensplitting soll auch abgeschafft werden. Begründung: Mehr Gerechtigkeit. Von wegen! Für mich wäre es mehr als ungerecht, denn der größte Vorteil ist beim Ehegattensplitting dann gegeben, wenn ein Partner gut und der andere sehr wenig oder gar nichts verdient. 
Es sollen Frauen animiert werden zu arbeiten. Aber wie soll das eine Mutter mit z.B. vier Kindern tun? Oder eine Frau wie ich, die erwerbsgemindert ist und nie wieder arbeiten wird können. Ich könnte ggf. vom Ehegattensplitting profitieren, praktisch jedoch auch wieder nicht, denn dann müsste ich so schnell als möglich Heiraten. ABER ich brauch Zeit für die Entscheidung. 
Ich bin so angesäuert. Ich muss schon 10,8 % Abschlag bei meiner Erwerbsminderungsrente für den Rest meine Lebens in Kauf nehmen und werde von einer Regelung die mir vielleicht in Zukunft hilfreich sein wird, wieder nicht profitieren. 
Manchmal ist das Leben und eine Regierung einfach ungerecht - und mag sie noch so angeblich sozial daher kommen. 
Ich bin so angefressen. 
 
Klavierspielerin2 06.12.2021 15:49
Corona-Pläne der Ampelkoalition


Infektionsschutz: Gottesdienste sollen nicht untersagt werden können 


Der Bundestag soll angesichts der angespannten Pandemielage noch in dieser Woche über eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes beraten. Auf Gottesdienste hat die aber offenbar keine Auswirkungen.

Bei der geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetzes mit Möglichkeiten für schärfere Corona-Regeln planen SPD, Grüne und FDP keine neuen Beschränkungen für Gottesdienste. Wie aus dem Gesetzentwurf der Ampel, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, hervorgeht, sollen auch künftig bestimmte Bereiche von Untersagungen ausgenommen werden, darunter religiöse oder weltanschauliche Zusammenkünfte. Auch ein Verbot von Demonstrationen ist demnach weiter nicht möglich. Neu ist gegenüber der jüngsten Änderung des Infektionsschutzgesetzes, dass die Gastronomie geschlossen und Übernachtungsangebote untersagt werden können.

Der Bundestag soll angesichts der angespannten Pandemielage noch in dieser Woche über eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes beraten. Die Bundesländer hatten darauf gedrängt, mehr Möglichkeiten zur Eindämmung der Pandemie zu erhalten, nachdem am 25. November die epidemische Lage nationaler Tragweite ausgelaufen war.

Pläne für Impfpflicht

Der Gesetzentwurf der neuen Koalition im Bund sieht auch eine Impfpflicht für das Personal von Einrichtungen vor, in denen besonders gefährdete Menschen betreut, behandelt oder gepflegt werden. Sie soll unter anderem gelten für Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen, Tageskliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen, Praxen sonstiger medizinischer Heilberufe, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie Entbindungseinrichtungen, wobei freiberufliche Hebammen eingeschlossen sind.

Dort tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen den Gesetzesplänen zufolge bis zum 15. März 2022 nachweisen, dass sie geimpft oder genesen sind oder aufgrund einer Kontraindikation nicht geimpft werden können. Die Impfpflicht gilt dabei nicht nur für das betreuende Personal, sondern für alle Mitarbeiter in den Einrichtungen, einschließlich Praktikanten, Zeitarbeitskräften oder für diejenigen, die einen Freiwilligendienst leisten, heißt es in der Gesetzesbegründung. Wer den Nachweis nicht vorlegt, kann ab dem 16. März 2022 in diesen Einrichtungen nicht mehr tätig sein, heißt es weiter. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht soll zunächst befristet bis Ende kommenden Jahres gelten. Über eine allgemeine Impfpflicht wird inzwischen auch diskutiert. Sie ist aber nicht Bestandteil des aktuellen Gesetzgebungsvorhabens. (epd)
 
Cassandra 06.12.2021 17:39
janinaj 02.12.2021 um 11:41
Ja, und das Ehegattensplitting soll auch abgeschafft werden. Begründung: Mehr Gerechtigkeit. Von wegen! Für mich wäre es mehr als ungerecht, denn der größte Vorteil ist beim Ehegattensplitting dann gegeben, wenn ein Partner gut und der andere sehr wenig oder gar nichts verdient.
Es sollen Frauen animiert werden zu arbeiten. Aber wie soll das eine Mutter mit z.B. vier Kindern tun? Oder eine Frau wie ich, die erwerbsgemindert ist und nie wieder arbeiten wird können. Ich könnte ggf. vom Ehegattensplitting profitieren, praktisch jedoch auch wieder nicht, denn dann müsste ich so schnell als möglich Heiraten. ABER ich brauch Zeit für die Entscheidung.
Ich bin so angesäuert. Ich muss schon 10,8 % Abschlag bei meiner Erwerbsminderungsrente für den Rest meine Lebens in Kauf nehmen und werde von einer Regelung die mir vielleicht in Zukunft hilfreich sein wird, wieder nicht profitieren.
Manchmal ist das Leben und eine Regierung einfach ungerecht - und mag sie noch so angeblich sozial daher kommen.
Ich bin so angefressen.



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Möglicherweise hast du da etwas falsch verstanden - sozialistisch hat mit Gerechtigkeit überhaupt NICHTS zu tun/ 



Bitte begreift endlich was Sozialisten wollen. Die Zerstörung der traditionellen Familie ist nur ein ‘Detail’ in deren Programm!
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