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Dein Wille geschehe

Dein Wille geschehe
Vater unser im Himmel.
Geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden …

Matthäus 6,9.10


Als wir noch in Denkendorf wohnten, war ich in der Betreuung für Asylbewerber tätig.
An einem Freitagnachmittag erhielt ich einen verzweifelten Anruf.
Herr E., ein afrikanischer Asylbewerber, sei in Handschellen vor den Augen seiner Kinder abgeführt worden.
Jetzt werde er von der Polizei zum Flughafen gebracht, um nach Afrika abgeschoben zu werden.

Mit einer Freundin aus unserem Asylkreis fuhr ich sofort zu der betroffenen Familie.
Die schwangere Ehefrau war geschockt und verzweifelt.
Die beiden kleinen Mädchen weinten und konnten nicht fassen, dass die Polizei ihren Vater abgeholt hatte.
Da alles so schnell ging, konnte er nur etwas Geld und seine Bibel mitnehmen.

In dem kleinen Zimmer der Familie waren viele afrikanische Freunde zusammengekommen, die nun auch Angst hatten, abgeschoben zu werden.
Es herrschte eine bedrückende Stimmung.

Meine Freundin und ich waren beschämt, wie deutsche Behörden mit Menschen umgehen, die in unserem Land Schutz suchen.

Vom Flughafen aus ließen die Leute vom Bundesgrenzschutz Herrn E. nochmals zu Hause anrufen.
Nachdem er mit seiner weinenden Frau gesprochen hatte, wollte er auch mit mir reden.
Was kann man in solch einer Situation einem verzweifelten Menschen sagen?
Ich habe ihm versichert: "Herr E., wir können jetzt nur noch für Sie beten."
Ein geringer Trost?
Es klickte in der Leitung, das kurze Gespräch war beendet.

Da mir alle Worte fehlten, schlug ich vor, dass wir gemeinsam das "Vaterunser" beten.
Ich werde dieses Gebet in dem kleinen Zimmer mit all den afrikanischen Asylbewerbern nie vergessen.
Verzweifelt beteten einige in ihrer afrikanischen Landessprache, andere auf Französisch und wir beide auf Deutsch.
Man kann diese Situation schwer in Worte fassen.

Am nächsten Tag hörten wir nichts von Herrn E.
Am Sonntagmorgen tickerte das Fax-Gerät im Pfarramt meines Mannes.
Ungläubig hielten wir ein Schreiben mit der Botschaft in den Händen, dass wir Herrn E. vom Flughafen in Echterdingen abholen könnten.
Was war geschehen?
Als die deutsche Maschine auf dem Flughafen in Kinshasa landete, sagte einer der kongolesischen Polizisten zu Herrn E.: "Wenn Sie hier ins Land kommen, machen wir sie einen Kopf kürzer!"
Einer der Bundesgrenzschutzbeamten konnte Französisch.
Er erkannte die Gefahr und sagte zu Herrn E.: "Wir bringen Sie zu ihrer Familie zurück."

Die Freude in Denkendorf war übergroß!
Das "Vaterunser" ist für mich seither ein ganz besonderes Gebet.


(Edith Haberzeth-Grau)

Kommentare

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Weinrebe 30.10.2021 18:33
Das ist so schön..danke.
 
(Nutzer gelöscht) 30.10.2021 18:49
berührend
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