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Thea, Lia – Gedanken über den Tod

Thea, Lia – Gedanken über den Tod
Die beiden Schwestern Lia (82 ) und Thea (92) sind im Leben und in der Liebe zuhause. Aber nicht nur. Auch über ernste Themen, wie den Tod, denken sie nach.


Thea: Lia, was für ein Datum haben wir heute?
Lia: Weiß ich nicht.
Thea: Du hast doch die Zeitung in der Hand. Schau mal aufs Datum.
Lia: Das nützt auch nichts. Die Zeitung ist von gestern.
Thea: Zählen kann ich selber. Was liest Du denn so konzentriert?
Lia: Todesanzeigen.
Thea: Das ist aber keine typische Unterhaltungslektüre für Dich, wo Du doch immer so fröhlich und unbeschwert bist.
Lia: Manchmal denke ich eben auch über ernste Themen nach. Ich stelle mir beim Lesen der Anzeigen die Frage: Wie kann es sein, dass immer nur gute Väter und Mütter, fleißige Mitarbeiter, vorbildliche Chefs sterben. Aber von den faulen und bösen Menschen, steht nie etwas drin. Ob die nie sterben?
Thea: Nun, über alle Menschen schreibt man zum Schluss etwas Gutes, auch wenn es gelogen ist. Die Zeitungen verdienen Geld damit. Und wer will schon Geld für ein Inserat ausgeben, in dem das Schlechte des verstorbenen Menschen veröffentlicht wird? An dieser Stelle ist die Lüge die einzige Form der Kunst, die der Leser billigt und instinktiv der Wirklichkeit vorzieht.
Lia: Was würdest Du in meiner Todesanzeige drucken lassen?
Thea: Sie hat mich immer wieder herausgefordert.
Lia: Ist das alles?
Thea: Den Rest muss ich mir noch überlegen.
Lia: Du könntest schreiben lassen: „Sie war immer eine liebe Schwester.“
Thea: Na, ich denke, das ist eine terminologische Ungenauigkeit.
Lia: Ich denke, alle Menschen wollen gut sein.
Thea: Menschen, die gut sein wollen, leben meist in einem Luftschloss.
Lia: Wie meinst Du das?
Thea: Ein Luftschloss ist etwas, was ein Träumer baut, worin ein Neurotiker wohnt und für das ein Psychiater die Miete kassiert.
Lia: Ich hab mal das Poppelsdorfer Schloss in Bonn besichtigt. Es war sehr schön.
Thea: Ach, hör mir auf mit Bonn. Bonn ist halb so groß wie der Zentralfriedhof von Chicago, aber doppelt so tot.
Lia: Wenn dort ein König wohnen würde, wäre Bonn sicher viel lebendiger.
Thea: Städte sind lebendig, wenn in ihnen nur Menschen leben, die den König Jesus kennen.
Lia: Was wäre dann anders?
Thea: Die Menschen gingen rücksichtsvoll miteinander um und würden sich nicht gegenseitig übervorteilen. Es gäbe keine Heuchler.
Lia: Wie meinst Du das?

Thea: Nun, ein Heuchler ist ein Mann, der ein atheistisches Buch schreibt und dann betet, dass es sich gut verkaufen lässt. Und das erlebt man auch bei so manchen Grabreden. Da stellen Pfarrer wider besseres Wissen oder Gewissens die Dinge so dar, wie es den anderen gefällt.

Lia: In Kirchen und Gemeinden findet man auch Heuchler unter dem Deckmantel der Wohltätigkeit.
Thea: Nun, Wohltätigkeit ist bei manchen religiösen Menschen wie ein Naturinstinkt: Wenn Anton den Bert in Nöten sieht, so zwingt ihn sein Gewissen, Claudia um Hilfe für Bert zu ersuchen.

Lia: Früher gab es die Wohlfahrt.
Thea: Ja, das ist ein warnendes Beispiel dafür, was aus einem Begriff wird, wenn Politik und Bürokratie sich seiner bemächtigen.
Lia: Was die Bürokraten falsch machen, ist ein Unglück?
Thea: Sicherlich. Wenn ich mitbekomme, was alles schiefläuft, kann ich zornig werden.
Lia: Bluehorse meinte mal: Zorn ist ein Windstoß, der das Licht der Vernunft ausbläst.
Thea: Dann lass uns mal vernünftig Kaffee trinken und ein Likörchen dazu einnehmen.
Lia: Wir haben es gut. Wir sind immer zusammen und brauchen den Kaffee nicht alleine trinken, können uns gut unterhalten.
Thea: Irgendwann werden wir uns auch auf die Reise zu Gott begeben, jede für sich alleine. Dann bleibt die andere zurück und muss den Kaffee alleine trinken.
Lia: Dann trinke ich das Likörchen für Dich mit. Aber es würde mich schon sehr traurig machen, so ganz allein.
Thea: Wenn wir Jesus haben, sind wir nie alleine.
Lia: Aber wenn Jesus immer da ist, warum merken wir ihn nicht?
Thea: Das liegt daran, dass Du immer quasselst. Jesus legt Wert auf das Zuhören.
Lia: Was würde Jesus sagen, wenn ich alleine bin?
Thea: Keine Ahnung. Vielleicht würde er sagen: „Lade mal jemanden ein, der auch alleine ist.“
Lia: Und worüber soll ich dann reden?
Thea: Auch da kannst Du zuhören, was diesen Menschen ernsthaft bewegt.
Lia: Und wenn es nichts Ernsthaftes gibt, was diesen Menschen bewegt?
Thea: Dann sprich Du mit ihm oder mit ihr über etwas Ernsthaftes was Dir eben einfällt.
Lia: Soll ich über Todesanzeigen sprechen?
Thea: Bloß nicht. Das kann falsch verstanden werden. Erzähle etwas, was den Menschen fröhlich stimmen kann.
Lia: Was denn?
Thea: Du könntest über die Kunst der Liebe sprechen und vormachen, wie man diese Kunst ausübt.
Lia: Und wie übt man sie aus?
Thea: Liebe ist die Kunst, Außergewöhnliches an gewöhnlichen Menschen zu entdecken und mit gewöhnlichen Worten Außergewöhnliches zu sagen.
Lia: Aha. Und wann übst Du diese Kunst mal bei mir aus?
Thea: Du bist die Beste. Keiner kocht so einen guten Kaffee wie Du!
Lia: Ist das alles?
Thea: Nein. Du bist meine Schwester, die ich sehr liebhabe, auch wenn ich immer noch auf meinen Likör mit Kaffee warten muss.
Lia: Ich geh ja schon.
© JJ

Kommentare

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Weinrebe 12.06.2021 19:24
Jesus legt Wert auf das Zuhören..Beispiel Maria.
 
Weinrebe 12.06.2021 20:30
Vor nicht allzu langer Zeit verstarb ein Kollege von mir, diese Woche seine Frau. Beide nicht mal sechzig. So schnell kann es gehen. 
 
(Nutzer gelöscht) 12.06.2021 21:37
Dieser Dialog ist sehr rührend, treffend und eindrucksvoll. Im Schwarzwald gab es mal zwei solche Damen, die bis ins hohe Alter (über 80!) selbstzufrieden, bescheiden und gottverbunden eine mit Wasserkraft angetriebene Sägemühle betrieben haben. Die haben so geredet.
 
(Nutzer gelöscht) 12.06.2021 22:12
Ich mag sehr alte Menschen!
Hatte mal 90jährige Zwillingsschwestern in der Betreuung.Es war immer so schön bei Ihnen zu sein!!
Thea und Lia erinnern mich immer an die Beiden..........
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