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Der traditionsbewusste Katholik und seine Abhängigkeit

Der traditionsbewusste Katholik und seine Abhängigkeit
Der traditionsbewusste Katholik und seine Abhängigkeit

Ich wurde gefragt, warum klare biblische Aussagen so wenig Berücksichtigung finden, wenn man mit einigen Katholiken, besonders mit Anhängern marianischer Theologie, diskutiert. In der Regel verweist der Anhänger marianischer Theologie auf kirchliche Lehren und auf Tradition. Warum auf diese Art und Weise einer Diskussion ausgewichen wird - darauf gibt es verschiedene Antworten. Eine dieser Antworten will ich hier erläutern.

Noch in keiner Religion ist mir die Abhängigkeit zur Tradition, was immer das beinhalten mag, so sehr aufgefallen, wie im Katholizismus. Die Tradition spiegelt allgemein die Sehnsucht nach Dauer und ist tief im Menschen verwurzelt.

Die Verlässlichkeit des Gewohnten und Vertrauten in unserer Kindheit ist ungemein wichtig für unsere Entwicklung. Sie ermöglicht uns erst die Entfaltung spezifischer menschlicher Eigenschaften, unserer Gefühls- und Gemütsseite und unserer Liebesfähigkeit, lässt uns Vertrauen und Hoffen lernen. Dauer und verlässliche Wiederkehr der gleichen Eindrücke ist aber ebenso wichtig für die Entwicklung unseres Gedächtnisses, für Erkenntnis und Erfahrung, überhaupt für unsere Orientierung in der Welt. Eine chaotische Welt ohne erkennbare und verlässliche Gesetzmäßigkeiten und Ordnungen ließe uns jene Fähigkeiten gar nicht erst entfalten. Dem Äusseren würde ein inneres Chaos entsprechen.

Immanuel Kant wird der Ausspruch zugeordnet: „Zwei Dinge erfüllen mich immer wieder mit tiefster Ehrfurcht: der gestirnte Himmel über uns und das moralische Gesetz in uns.“ Eine Spiegelung…einer kosmischen Ordnung, die über allen Ideologien steht, weil sie nicht von Menschen erdacht ist und zugleich die fundamentale Bedingung für unsere Existenz und unseren Lebensraum. Dies ist existentiell bedeutsam. Das Streben nach Dauer gehört also zu unserem Wesen neben der Sehnsucht nach der Unverlierbarkeit eines geliebten und uns liebenden Wesens. 

Das ist eine sichere Wurzel religiöser Gefühle. In der Vorstellung der Zeitlosigkeit, Ewigkeit und Allgegenwärtigkeit eines Göttlichen erfüllt sich der Mensch dieses Bedürfnis nach Dauer selbst, wenn er es ist, der über Göttlichkeit bestimmt, wie wir es bei der Bestimmung „wer darf Fürsprecher bei Gott sein?“ Wer darf Mutter der Gläubigen, des Kosmos, des Himmels sein?“ erfahren.

Weil hier der Mensch bestimmt – und eben nicht Gott, beruhigt sich der Mensch selbst, denn er ist es, der die Fäden in der Hand hält. Katholische Tradition ist also ein Deckbegriff für das von Gott unabhängige Handeln des Menschen.

Wie tief dieses Bedürfnis in vielen Katholiken verwurzelt ist, ist ihm/ihr nicht immer bewusst. Sie erleben es aber sofort, wenn Vertrautes, Gewohntes, für Unveränderlichkeit Gehaltenes sich plötzlich zu ändern beginnt oder gar aufhört zu existieren. Das ist immer dann der Fall, wenn die Tradition (Glaube an die helfende Maria, Glaube an den Schutzheiligen) in Frage gestellt wird. Dann greift der Schauder der Vergänglichkeit nach dem Menschen, und er wird sich erschreckend seiner Abhängigkeit von der Tradition bewusst und damit der Zeitlichkeit seines Menschseins.

Selbstverständlich wehrt sich der von der Tradition abhängige Katholik in einer Diskussion und lässt keine noch so stichhaltigen Argumente zu, ganz in dem Sinne: Nicht sein kann was nicht sein darf.

Dabei ist zu beobachten: Die Angst vor der Vergänglichkeit befällt den Menschen umso heftiger, je mehr er sich gegen sie absichern will. Wenn der Mensch übermäßig Angst vor der Vergänglichkeit erlebt oder von der Impulsseite her gesehen überwertig das Streben nach Dauer und Sicherheit zu leben versucht, wird die allgemeine Folge die sein, daß er die Neigung hat, alles beim Alten zu belassen. Änderungen jeglicher Art erinnern an die Vergänglichkeit, die es zu vermeiden gilt. Der unbewusste Wunsch selbst mitzuerlösen, lässt zu Helfern der Miterlösung greifen, die man selbst einsetzt bzw. die von der Kirche installiert wurden.

Wenn sich etwas verändert, fühlt sich der Traditionsabhängige gestört, beunruhigt, geängstigt. Er wird deshalb versuchen, Veränderungen zu unterbinden, aufzuhalten oder einzuschränken. Er wendet sich gegen Neuerungen, was aber immer mehr zur Sisyphusarbeit wird, denn das Leben ist immer im Fluss. Alles ist in fortwährender Wandlung begriffen. Alles fließt, in immerwährendem Entstehen und Vergehen, das sich nicht aufhalten lässt.

Ein weiterer Stützpfeiler im Kampf gegen die Angst vor dem Vergänglichen ist die Übertragung der Eigenverantwortung auf höher gestellte Personen, letztendlich auf den Papst. „Er muß es ja wissen.“
Das erklärt die Obrigkeitsgläubigkeit, die im Katholizismus auffällig stark vertreten ist. So kommt zu der Angst vor Vergänglichkeit die Angst vor Selbstverantwortung noch hinzu. 

Umgekehrt kann der Papst bzw. die Kirche diese Angst nutzen, um den Menschen an sich zu binden. Schauderhaft erinnere ich mich an die mittelalterlichen Predigten, in der die Angst vor der Hölle geschürt wurden.

Diesem von Tradition und Obrigkeit abhängigen Katholiken steht der (kath. oder evang.) Christ gegenüber, der seine Angst vor dem Risiko besiegt, wenn er sich auf einen Gott einlässt, den er auch mittels einem Heiligen nicht kontrollieren kann und will. Nur Jesus allein ist das Credo. Eine weitere Sicherheit ist nicht erforderlich.

Der meist seit Kindheit im Unterbewussten gespeicherte Gedanke des Abhängigen: Auf Gott alleine kann man sich nicht verlassen – deswegen braucht der Mensch Schutzheilige sowie eine Gottesmutter, die ihm die Aussicht nach Hilfe sicherer erscheinen lassen. Und dies weiß sich die kath. Kirche zu nutzen zu machen.

Der zwanghafte Mensch und die Liebe

Bei dem Menschen, der mit der Tradition zwanghaft verbunden ist, spielen Zeit und Geld, Pünktlichkeit und Sparsamkeit in der Partnerschaft oft eine wichtige Rolle. An ihnen pflegen Machtantrieb, Pedanterie und Starre am deutlichsten hervorzutreten.

Eine Variante ist der Mensch mit zwanghafter Persönlichkeitsstruktur, wenn er versucht, seine Gefühle in der Hand zu behalten. Auf Gefühle ist kein Verlass, Leidenschaft ist noch verdächtiger. Dieser Typ hat für die Gefühle des Partners wenig Verständnis. Durch Sachlichkeit im unrechten Augenblick kann dieser Typ in Gefühlsbeziehungen ungemein ernüchternd wirken.

Dafür haben diese Menschen in allen partnerschaftlichen Beziehungen Verantwortungsgefühl und stehen zu ihren Entscheidungen. Es fällt ihnen nicht leicht, den Partner als gleichberechtigt anzuerkennen und neigen mehr zu einer vertikalen Ordnung „Hammer oder Amboß“. So wird bei ihnen leicht eine Bindung zum Machtkampf um die Überlegenheit.

Will der depressive Mensch den Partner aus Verlustangst von sich abhängig machen, so der Zwanghafte aus Machtbedürfnis. Er will den Partner nach seinem Willen formen. Es fällt ihm schwer, das Anderssein des Partners gelten zu lassen. Er fasst ihn zu leicht als Eigentum, seinen Besitz auf, das seinem Willen untersteht.

Nicht selten hat die Sexualität Zwanghafter einen sadistischen Einschlag, im Zwingenwollen des Partners, in der Vermischung der Intimbeziehung mit dem Machtwillen.

Kommentare

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Bluehorse 07.02.2021 01:19
Fragen beantworte ich gerne. Von Polemik oder unsachlichen Beiträgen, die sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen, bitte ich abzusehen.
 
Autumn 07.02.2021 11:19
Lieber @Bluehorse, ich persönlich empfinde diesmal deinen Blog mit deinem Gedankenfaden "etwas kritisch" und vermutlich nicht wirklich zielführend und sinnvoll.  🤔

Möchte mich aber nicht weiter darin "verfangen".

Hab 'nen guten Sonntag!  
 
Bluehorse 07.02.2021 11:37
Liebe Autumn, Deine Empfindungen respektiere ich. Gute Antworten dem Fragenden zu geben, halte ich für zielführend.

Es gibt Menschen, die fragend durch das Leben gehen. Bei ihnen denke ich an den durstigen Mann, der mit einem leeren Becher zum Fluß geht. Die Menschen, die angeblich genügend Wissen haben, lassen mich an den Mann denken, der mit einem gefüllten Wasserbecher zum Fluß geht.

Dir und allen Lesern einen guten Tag! 😊 

Aus meiner Sicht lautet eine der wichtigen Fragen: Warum tut der Mensch, was er tut?  

Ich meine, wenn wir mehr über den so ganz anderen Menschen erfahren, warum er tut was er tut, desto besser können wir ihn in Liebe annehmen.
 
Bluehorse 07.02.2021 12:32
Von einer Katholikin lese ich in einem anderen Blog: " Wir sind das Licht und die Wahrheit!" 

Damit liefert sie ein gutes Beispiel für diesen Blog. 
Wie weit sie sich doch von Jesus entfernt hat.... 
 
(Nutzer gelöscht) 07.02.2021 14:18
Der Historiker Daniele Ganser sagt sinngemäß:
unser Gehirn ist so gemacht, dass wir das Gewohnte suchen und glauben,
sprich Bestätigung, denn dann wirkt es wie Belohnung (wie bei Süchten)
und fühlt sich gut an und schüttet Glückshormone aus

kommt etwas Neues, dann kommt die Stressreaktion (sprich oh,
was ist das denn, man muss alles neu überdenken, es erfordert Arbeit)
keiner will Stress (Adrenalin) und hört lieber gerne das bereits Gewohnte
man kann es auch Komfortzone nennen

Das Hirn ist schuld 😀😀😀 es will Glückshormone
 
Schneeball 07.02.2021 14:41
Das Thema,das der User hier anhand von katholischem Traditionsbewußtsein sehr gut und
zutreffend darstellt,geht weit über das Thema katholisch oder evangelisch hinaus.

Gut sichtbar wird das an dem Beispiel von Kant.

Seit dem Verlust der Geborgenheit in und bei Gott - damals im Paradies - "streunt" der
Mensch - ich wähle absichtlich diesen Begriff - durch sein eigenes Leben,durch selbsterdachte Religionen,Ideologien,durch die Geschichte, durch seine eigene Lebensgeschichte.

Nur durch die persönliche Verankerung in diesem Jesus Christus von Nazareth,der Mensch
und Gott zugleich gewesen ist,findet der Mensch die verloren gegangene Verankerung
wieder.Und zwar so,daß er Gott vertraut - und zwar absolut - total ohne die Möglichkeit
eigener Manipulation oder Einflußnahme.

Gott liebt mich - das hat ER bewiesen - und deshalb kann ich IHM total vertrauen.
---
Die frühe sich konstituierende Kirche sah in der Möglchkeit,Dinge genauso zu machen,bei
zu behalten wie sie eben zur Zeit Jesu gehandhabt wurden,eine Garantie zum Erhalt des
Echten.
Man bedachte aber nicht,daß "Wiederholung" sehr leicht ein eigenständiges Pseudoleben
entwickeln kann - und von der unmittelbaren Abhängigkeit zu Gott weg führt.
Hier liegt der Kern des Fehlers : Man lebt aus Gewohntem und nicht aus Gott selbst.
 
(Nutzer gelöscht) 07.02.2021 16:52
Schneeball, das ist wirklich gut getroffen.  Nur in der persönlichen Beziehung zu Jesus findet man in die Wahrheit die frei macht. Alles andere ist babylonischer Wein.
 
Schneeball 07.02.2021 18:02
Scherz : Ich bin wirklich "Weinliebhaberin" - - 😅 - komme aus dem Süden - aber - babylonischer Wein  - neee Danke !!!! Macht total trunken !!!!!

Seid nüchtern - meint der "alte Paulus" - Recht hat er !!!
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