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Der Atheist und der Pfarrer - Wahrheit und Vergebung

Der Atheist und der Pfarrer - Wahrheit und Vergebung
Ein Pfarrer unternahm eine längere Zugfahrt. Er saß in einem Abteil, in dem auch ein Atheist einen Platz hatte. Irgendwie kam es dazu, dass beide Bemerkungen über Landschaft und Mitreisende austauschten und merkten, dass sie eine zumindest recht ähnliche Wahrnehmung hatten. Auch in Fragen des Humors schienen sie ähnlich gestrickt zu sein. Da hob der Atheist an zu fragen:

Atheist:  Ihr Christen behauptet, es gäbe Gott.
Pfarrer:  Das ist so.
A: Wir sprechen über Wahrnehmung oder über Einbildung. Also ich nehme Gott nicht wahr. Und ich vermute, dass es Christen ganz genauso geht - sie nehmen Gott nicht wahr - und sie sich deshalb etwas einbilden.   
P:  Und wo liegt jetzt für Sie das Problem?
A:  Ich habe kein Problem - nur eine Frage. Sind Christen wirklich an der Wahrheit interessiert? 

P: Christen sind ebenso Menschen wie Atheisten. Wenn es Atheisten gibt, die sich für Wahrheit interessieren, dann gibt es auch Christen, die sich für Wahrheit interessieren. Ich behaupte sogar, dass Christen ein besonders großes Interesse an der Wahrheit haben. Warum fragen Sie?

A: Damit Sie verstehen, warum ich auf diese Frage gestoßen bin, möchte ich Ihnen kurz eine Begebenheit erzählen. 

Ich gehe ab und zu in die Kirche, weil mich meine Nichte darum gebeten hat. Ihre Eltern haben kein Interesse und sie möchte nicht gerne alleine hingehen. Also ich habe kein näheres Interesse an Kirche, Gottesdienst etc. Manche Lieder finde ich schön und in einer Predigt kann es vorkommen, dass ein guter Gedanke enthalten ist. Aber im Großen und Ganzen halte ich nichts von Gottesdiensten und gehe - wie gesagt - nur ab und zu mal als Begleiter meiner Nicht mit.

Aber neulich war ich nach dem Gottesdienst Zeuge eines sehr aufschlussreichen Ereignisses. Eine Frau stellte sich vor die Gemeinde, zeigte ein paar Zettel und verkündete laut: "Das sind private Nachrichten, die beweisen, dass hinter meinem Rücken von Max Muster Lügen über mich verbreitet werden." 

P: Hat sie denn für ihre Behauptung "alles Lügen" irgendwelche Beweise gezeigt? 

A: Sie hat nur Kopien des privaten Briefes verteilt. Und in diesen privaten Briefen waren auch nur Behauptungen aufgestellt, ohne Beweise anzuführen. 

P: Also Behauptung steht gegen Behauptung.

A: Ja genau. Für mich sieht das so aus: Dieser Max Muster hat sich dem Verdacht ausgesetzt, durch Aufstellung von negativen Behauptungen Diffamierung bzw. üble Nachrede zu betreiben. 

P: Dass sich die Frau dagegen wehrt, kann ich verstehen, vor allem wenn diese Behauptungen in keinster Weise richtig sind. 

A: Ja, soweit stimmen wir überein. Aber jetzt wird es interessant. Diese Frau hielt sofort danach einen Vortrag den sie einleitete mit den Worten: Es geht mir um Vergebung. "Bitte vergib mir" soll nach ihrer Meinung etwas mit Erkenntnis und Demut zu tun haben. Wie sehen Sie das? 

P: Diese Aussage kann ich nachvollziehen.

A: Aber wie passt der lautstarke Vorwurf "Max Muster hat mich verleumdet" zusammen mit dem Hinweis auf Erkenntnis und Demut, die für Vergebung erforderlich sein sollen?

P: Nun, wir sollten unterscheiden, ob ich beim Thema Vergebung auf mich schaue, auf meine Vergebungsbereitschaft oder auf den Anderen und seine Vergebungsfähigkeit. 

A:  Und hier hat die angeblich diffamierte Frau nur die Vergebungsfähigkeit von Max Muster im Auge. 

P: richtig.

A: Ich verstehe diese Frau so, dass sie von Max Muster verlangt: "Zeige mir Deine Demut und Deine Erkenntnis, dass Du Dich falsch verhalten hast, bevor ich darüber nachdenke, ob ich Dir vergebe." 

Sie hat zur weiteren Begründung Bibelstellen zitiert und zitierte: "Jakobus 4,6  »Gott widersteht den Hochmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade«.  Und auch:  
1. Petrus 5,5: Ermahnung zu Demut und Wachsamkeit gegenüber dem Widersacher Ebenso ihr Jüngeren, ordnet euch den Ältesten unter; ihr alle sollt euch gegenseitig unterordnen und mit Demut bekleiden! Denn »Gott widersteht den Hochmütigen; den Demütigen aber gibt er Gnade«.

Ich frage Sie, warum hat sie diese Bibelstellen zitiert?

P: Die Bibelstellen sind doch grundsätzlich im Thema Vergebung nicht falsch. 

A: Selbst wenn die Bibelstellen an sich gut und richtig sind und hilfreich sein können, werden sie doch hier aus meiner Sicht instrumentalisiert, so in dem Sinne: "Sind die Bibelstellen richtig und wahr, dann ist auch alles was ich tue oder behaupte richtig und wahr." 

P: Ich verstehe, was Sie meinen.

A: Wo ist denn jetzt die Wahrheit zu finden? 

P: Die Aussagen der Bibel sind wahr. Und ich stimme Ihnen in Ihrem Verständnis zu, dass hier Wahrheit der Bibel mit Einstellung und Aussagen dieser Frau vermischt werden.

A: Diese Frau hat weiter ausgeführt, dass - wenn jemand nicht ihre Erkenntnis teilt - hochmütig ist. Und wer hochmütig ist, dem fehlt es logischerweise an Demut. Und wem es an Demut fehlt, der findet keine Vergebung. 
Stimmen Sie dieser Frau zu?

P: Nein. Hier werden menschliche Erkenntnis und göttliche Wegweisung vermischt. Mit einer solchen Vermischung will sich die betreffende Person den Anschein göttlicher Wahrheit uns Autorität verleihen. Gott muß gar nicht mehr gefragt werden, weil diese Person ja angeblich schon göttliche Erkenntnis hat.

Das hört sich ja sehr schlimm an. Ging es irgendwie weiter? 

A: Ja. Etwas kompliziert zu folgen, aber interessant. Sie führte weiter sinngemäß aus: Wer meine (göttliche) Erkenntnis nicht hat, der befindet sich auf der Seite der Lüge. Und so ein Mensch hat die Gnade Gottes weggeworfen. Was soll das bedeuten?

P: Ich nehme an, dass diese Frau den Richter spielt über diesen Mann und angeblich mit göttlicher Erkenntnis und Autorität  ausgestattet befindet, dass er in die Verdammnis gehört. 

A: Das hört man ja ab und zu auch von Atheisten, dass jemand sagt "ich verdamme Dich". Ich meine, es ist bei dieser Frau die gleiche Einstellung, nur verklausuliert ausgedrückt und mit einem Heiligenschein dekoriert.

P: Ja, da muß ich zustimmen. Wenn Gott außen vor gelassen wird und Seine Worte instrumentalisiert werden, um sich den Anschein alleiniger göttlicher Erkenntnis zu verschaffen, dann ist es eben ein gottloser Vorgang, dem jede Demut abhanden gekommen ist. 

A: Ich lernte in meinen Leben: Wer gerne zu unterschiedlichen Gelegenheiten Tugenden predigt, wie Fleiss, Pünktlichkeit, Demut, Wahrheit, Ehrlichkeit, ==> dass es dann in fast allen Fällen genau diese Person ist, die mit diesen von ihr erwähnten Tugenden Probleme hat. 

P: Ja, das kann ich bestätigen. Man sollte aber den Christen zugute halten, dass ihnen diese Werte wirklich wichtig sind. 

A: Unser Gespräch hatten wir mit meiner Frage begonnen: Sind Christen wirklich an der Wahrheit interessiert? Diese Frage hatten Sie klar bejaht. 

Ich verstehe ja, dass es auch unter den Christen immer wieder mal schwarze Schafe gibt. Aber müsste das den anderen Christen nicht auffallen? Müssten Christen nicht laut aufschreien und rufen: "Hey, was Du da tust, die Okkupation von Wahrheit, Erkenntnis und Autorität, ist unredlich und dient nicht dem Frieden, nicht der Wahrheit sondern lediglich der Legitimation Deines Machtanspruchs mit dem Ziel, Menschen der Verdammnis auszuliefern. So ist das nichts anderes als Rache mit Heiligenschein als Dekor." 

P: Ja, das sollten Christen so erkennen. Man muß nur Verständnis haben für Christen. Ich behaupte: Die Erkenntnis der Wahrheit - was ist hier eigentlich los? - haben Christen schon. Vielleicht nicht alle Christen, aber einige schon. Erkenntnis ist auch eine Frage der geistlichen Reife. Die ist von Christ zu Christ unterschiedlich. 

A: Ist es richtig zu sagen, dass es in der Kirche, in der sich der Vorfall ereignete, eine reifen Christen gibt?

P: Das kann ich so nicht beantworten. Vielleicht gab es hinter den Kulissen noch klare Worte. Und wenn es zu keinem Aufschrei kam, den Sie gerne vernommen hätten, dann liegt das vielleicht daran, 

dass a) manche Christen die öffentliche Auseinandersetzung auf Grund ihrer negativen Erfahrungen scheuen und b) dass sie vielleicht die Erfahrung gemacht haben, dass dann nur dem Streit eine Bühne geboten wird und c) vielleicht spielt auch Konfliktscheu eine Rolle. Sich öffentlich für die Wahrheit einzusetzen, sich gegen Vermischung von Bibel und egoistischen Rachegelüsten einzusetzen, erfordert Mut. Und Christen sind nicht immer mutig. 
  
 
  

Kommentare

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(Nutzer gelöscht) 06.11.2020 08:18
Der Sonntags-Gottesdienst ist dann wohl eher etwas für die Frauen ….?

Zeitlos
lachendes Smiley
 
Engelslhaar 06.11.2020 08:45
Schon Pilatus fragte: Was ist Wahrheit?

Die Geschichte ist aufschlussreich.
Sie erinnert mich an die Begebenheit, die von Mutter Teresa geschildert wurde
Sie wurde gefragt: Was muss sich an der Kirche ändern?
Sie sagte: Sie und ich.
 
(Nutzer gelöscht) 06.11.2020 10:07
@ Bluehorse
"Hey, was Du da tust, die Okkupation von Wahrheit, Erkenntnis und Autorität, ist unredlich und dient nicht dem Frieden, nicht der Wahrheit sondern lediglich der Legitimation Deines Machtanspruchs mit dem Ziel, Menschen der Verdammnis auszuliefern. So ist das nichts anderes als Rache mit Heiligenschein als Dekor."

Das nenn ich Bigotterie. Deine Beiträge zu meinen waren nichts anderes.
Davon abgesehen: Ich genieße den Dialog mit sog. Atheisten tatsächlich mehr als mit "Christen" - da ist oft mehr Fragestellung, offener Dialog ...
 
Bluehorse 06.11.2020 11:50
MunsteadWood: "Deine Beiträge zu meinen waren nichts anderes." 
Für (berechtigte) Kritik bin ich offen.

Ich behaupte nicht, dass meine Meinung die allein richtige ist. Bei sachlichen Beanstandungen verschließe ich mich keiner Diskussion. Um diesen Blog nicht zu zerschießen, biete ich an, mich mit einem Link zum jeweiligen Blog per PN anzuschreiben. Dann können wir sehen, ob Deine Empfindung oder Interpretation auch sachlich gerechtfertigt ist.  
 
(Nutzer gelöscht) 06.11.2020 13:11
Und Christen sind nicht immer mutig.

Christen haben manchmal auch die Haltung, dass sie nur dann etwas sagen, einen anderen kritisieren, wenn sie es in Liebe sagen können. Sofern ihnen das nicht gelingt, sagen sie nichts. Und gehen dann lieber ins Gebet für die betreffende Person.

Das ist für Atheisten nicht nachvollziehbar. Und das erfordert mehr Mut als öffentlich zu kritisieren und vor allem aber auch Vertrauen ins Wort und auf Gott.

Wenn man darauf verzichtet: "Ich will selbst machen.........." und das Problem dem Herrn übergibt.

Das ist ein auch ein Weg.
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