In Realitäten ankommen
09.09.2020 17:18
In Realitäten ankommen
09.09.2020 17:18
In Realitäten ankommen
In Realitäten ankommen
Es ist unsere lebenslange Aufgabe, in Realitäten anzukommen.
Und ich denke, es ist wohl überhaupt die allergrößte Aufgabe, mit der uns Gott betraut hat.
Als Baby kommen wir nach der Geburt unversehens in einer Welt voller Schwerkraft, Kälte, Hitze oder auch Lautstärke an. Das ist eine neue Realität. Als Kinder durchleben wir die magische Phase, in denen wir die Welt mit Fantasiegestalten bevölkert sehen – da müssen wir raus und in einer Realität ohne solche Gestalten ankommen. Bei der Einschulung müssen wir uns ebenfalls einer neuen Realität in der Schule stellen. Und so geht es immer weiter im Leben.
Oft haben wir zunächst bestimmte Vorstellungen auf Grund der Beschreibungen anderer. Oder wir machen uns eigene Vorstellungen auf Grund unserer Erfahrungen und Wünsche. Aber dann erleben wir die Realität und stellen fest: Wir hatten vorher Illusionen.
Elementar dabei ist: Wir brauchen Vorstellungen von der Realität – sonst können wir nicht planen und Entscheidungen treffen. Unser Kopf ist dementprechend auch prallvoll mit Vorstellungen von unserer Welt. Und elementar ist außerdem: Mit diesen Vorstellungen ist in der Regel ein Glauben oder ein Vertrauen verbunden.
Drei Beispiele dazu: Wir setzen uns mit der Vorstellung auf einen Stuhl, dass er uns trägt. Wir glauben daran und vertrauen darauf. Oder wir glauben, unser Gemüse morgens immer frisch im Supermarkt vorzufinden. Oder wir stellen wir uns vor, dass der Bus um 8 Uhr 12 an der Haltestelle ankommen wird, und dementsprechend machen wir uns vertrauensvoll dahin auf den Weg. Wenn dann der Stuhl zusammenkracht, das Gemüse welk ist oder sich der Fahrplan geändert hat, müssen wir unseren Glauben und unser Vertrauen entsprechend an die Realität anpassen.
Dasselbe gilt anderen Menschen gegenüber: Menschen glauben und vertrauen darauf, dass sich die anderen – erfahrungsgemäß – in einer bestimmten Weise verhalten werden. Und wenn dann der Partner etwa doch unerwartet fremd geht, brechen der Glaube an ihn und das Vertrauen in ihn zusammen. Man kommt in einer neuen Realität an und muss sich darin erst zurechtfinden.
Anders gesagt: Letztlich leben wir in einer unsicheren Welt. Alle Sicherheiten sind nur vorläufig. Wir können uns nicht daran klammern. Schon im Alltagsleben sind wir ständig darauf angewiesen, zunächst Glauben und Vertrauen aufzubringen. Und dann müssen wir aber auch wiederum - bei gelegentlichen Enttäuschungen - möglichst schnell unseren Glauben und unser Vertrauen an neue Gegebenheiten anpassen.
Aus meiner Sicht unterscheidet sich unser Glaube an Gott nicht prinzipiell vom Alltagsglauben gegenüber anderen Menschen und Dingen. Und das heißt: Wenn Gott uns in eine Welt gestellt hat, in der wir ständig Glauben und Vertrauen an Realitäten anpassen müssen, dann verlangt er das auch von uns in punkto Glauben und Vertrauen ihm gegenüber.
Konkret wird das etwa beim Satz von Jesus „Bittet, so wird euch gegeben.“ Es gehört ja zu den Grunderfahrungen des Glaubens, dass uns nicht immer gegeben wird – etwa weil wir zu egoistisch bitten. Da aber verliert der Satz von Jesus seine Allgemeingültigkeit und er gilt nur noch unter bestimmten Umständen und Realitäten. Und wenn das für diesen einen Satz gilt, gilt das im Prinzip auch für jeden anderen Satz in der Bibel. Oder anders gesagt: Die ganze Bibel gilt nur in einer Weise, bei der gewisse Realitäten Berücksichtigung finden.
Im Mittelalter hat die Kirche das Weltbild vertreten, dass die Sonne um die Erde kreist. Die Wissenschaft hat schließlich die Kirche gezwungen zu akzeptieren, dass es umgekehrt ist, dass also die Erde um die Sonne kreist. Aber das Mittelalter ist gar nicht so weit weg: Auch heute sehen manche Christen die Wissenschaft noch als Angriff auf ihren Glauben an. Das aber heißt: Solche Christen wollen nicht wirklich in den Realitäten der Welt ankommen. Doch die Wissenschaft erkundet gerade die Realitäten von Gottes Schöpfung, in die uns Gott hineingestellt hat und denen wir uns folglich zu stellen haben.
Sich an scheinbare Sicherheiten zu klammern und unangenehme Realitäten auszuschließen, ist allerdings sehr menschlich. Ich kann das durchaus verstehen – und Gott ebenso. Und das kann auch lange und sogar ein Menschenleben lang gut gehen.
Doch Menschen, die flexibler sind und schnell in neuen Realitäten ankommen, sind im Vorteil. Sie geben schneller überholte Positionen auf, wachsen schneller auf Gott zu, erleben ihn dann intensiver und können von ihm besser gebraucht werden.
Es ist unsere lebenslange Aufgabe, in Realitäten anzukommen.
Und ich denke, es ist wohl überhaupt die allergrößte Aufgabe, mit der uns Gott betraut hat.
Als Baby kommen wir nach der Geburt unversehens in einer Welt voller Schwerkraft, Kälte, Hitze oder auch Lautstärke an. Das ist eine neue Realität. Als Kinder durchleben wir die magische Phase, in denen wir die Welt mit Fantasiegestalten bevölkert sehen – da müssen wir raus und in einer Realität ohne solche Gestalten ankommen. Bei der Einschulung müssen wir uns ebenfalls einer neuen Realität in der Schule stellen. Und so geht es immer weiter im Leben.
Oft haben wir zunächst bestimmte Vorstellungen auf Grund der Beschreibungen anderer. Oder wir machen uns eigene Vorstellungen auf Grund unserer Erfahrungen und Wünsche. Aber dann erleben wir die Realität und stellen fest: Wir hatten vorher Illusionen.
Elementar dabei ist: Wir brauchen Vorstellungen von der Realität – sonst können wir nicht planen und Entscheidungen treffen. Unser Kopf ist dementprechend auch prallvoll mit Vorstellungen von unserer Welt. Und elementar ist außerdem: Mit diesen Vorstellungen ist in der Regel ein Glauben oder ein Vertrauen verbunden.
Drei Beispiele dazu: Wir setzen uns mit der Vorstellung auf einen Stuhl, dass er uns trägt. Wir glauben daran und vertrauen darauf. Oder wir glauben, unser Gemüse morgens immer frisch im Supermarkt vorzufinden. Oder wir stellen wir uns vor, dass der Bus um 8 Uhr 12 an der Haltestelle ankommen wird, und dementsprechend machen wir uns vertrauensvoll dahin auf den Weg. Wenn dann der Stuhl zusammenkracht, das Gemüse welk ist oder sich der Fahrplan geändert hat, müssen wir unseren Glauben und unser Vertrauen entsprechend an die Realität anpassen.
Dasselbe gilt anderen Menschen gegenüber: Menschen glauben und vertrauen darauf, dass sich die anderen – erfahrungsgemäß – in einer bestimmten Weise verhalten werden. Und wenn dann der Partner etwa doch unerwartet fremd geht, brechen der Glaube an ihn und das Vertrauen in ihn zusammen. Man kommt in einer neuen Realität an und muss sich darin erst zurechtfinden.
Anders gesagt: Letztlich leben wir in einer unsicheren Welt. Alle Sicherheiten sind nur vorläufig. Wir können uns nicht daran klammern. Schon im Alltagsleben sind wir ständig darauf angewiesen, zunächst Glauben und Vertrauen aufzubringen. Und dann müssen wir aber auch wiederum - bei gelegentlichen Enttäuschungen - möglichst schnell unseren Glauben und unser Vertrauen an neue Gegebenheiten anpassen.
Aus meiner Sicht unterscheidet sich unser Glaube an Gott nicht prinzipiell vom Alltagsglauben gegenüber anderen Menschen und Dingen. Und das heißt: Wenn Gott uns in eine Welt gestellt hat, in der wir ständig Glauben und Vertrauen an Realitäten anpassen müssen, dann verlangt er das auch von uns in punkto Glauben und Vertrauen ihm gegenüber.
Konkret wird das etwa beim Satz von Jesus „Bittet, so wird euch gegeben.“ Es gehört ja zu den Grunderfahrungen des Glaubens, dass uns nicht immer gegeben wird – etwa weil wir zu egoistisch bitten. Da aber verliert der Satz von Jesus seine Allgemeingültigkeit und er gilt nur noch unter bestimmten Umständen und Realitäten. Und wenn das für diesen einen Satz gilt, gilt das im Prinzip auch für jeden anderen Satz in der Bibel. Oder anders gesagt: Die ganze Bibel gilt nur in einer Weise, bei der gewisse Realitäten Berücksichtigung finden.
Im Mittelalter hat die Kirche das Weltbild vertreten, dass die Sonne um die Erde kreist. Die Wissenschaft hat schließlich die Kirche gezwungen zu akzeptieren, dass es umgekehrt ist, dass also die Erde um die Sonne kreist. Aber das Mittelalter ist gar nicht so weit weg: Auch heute sehen manche Christen die Wissenschaft noch als Angriff auf ihren Glauben an. Das aber heißt: Solche Christen wollen nicht wirklich in den Realitäten der Welt ankommen. Doch die Wissenschaft erkundet gerade die Realitäten von Gottes Schöpfung, in die uns Gott hineingestellt hat und denen wir uns folglich zu stellen haben.
Sich an scheinbare Sicherheiten zu klammern und unangenehme Realitäten auszuschließen, ist allerdings sehr menschlich. Ich kann das durchaus verstehen – und Gott ebenso. Und das kann auch lange und sogar ein Menschenleben lang gut gehen.
Doch Menschen, die flexibler sind und schnell in neuen Realitäten ankommen, sind im Vorteil. Sie geben schneller überholte Positionen auf, wachsen schneller auf Gott zu, erleben ihn dann intensiver und können von ihm besser gebraucht werden.
Kommentare
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Bluehorse 09.09.2020 19:50
Manche Menschen, die mit der Realität nur schwer zurechtkommen, verdächtigen andere Menschen krank, boshaft oder paranoid zu sein.
RolfK 09.09.2020 20:07
Ich weiß nicht, ob es stimmt:
Menschen, die streng an die Bibel glauben und sie nicht vor dem Hintergrund heutiger Realitäten verstehen, könnten gelegentlich überhaupt Probleme mit manchen irdischen Realitäten haben.
Ich jedenfalls meine beobachten zu können: Solche Menschen glauben auch leichter an selbsternannte irdische Propheten - ganz nach Gutdünken und ohne irdische Realitäten ernsthafter zu prüfen.
Menschen, die streng an die Bibel glauben und sie nicht vor dem Hintergrund heutiger Realitäten verstehen, könnten gelegentlich überhaupt Probleme mit manchen irdischen Realitäten haben.
Ich jedenfalls meine beobachten zu können: Solche Menschen glauben auch leichter an selbsternannte irdische Propheten - ganz nach Gutdünken und ohne irdische Realitäten ernsthafter zu prüfen.
(Nutzer gelöscht) 09.09.2020 20:30
Zu Beginn unseres Weges mit Gott machen wir oft gute Erfahrungen, die uns Aufwind geben und unseren Glauben stärken. Danach erleben wir auch Enttäuschungen und können nicht verstehen, warum Gott früher so helfend eingegriffen hat und jetzt nicht. Dann ist unser Vertrauen gefragt.
Judas konnte sich mit der Realität nicht abfinden. Für ihn war die Enttäuschung darüber, dass Jesus den Leidensweg auf sich nehmen wollte, so groß, dass er das mit allen Mitteln abwenden wollte.
Ich finde gut, wenn Christen kein Problem damit haben, auch von ihren Enttäuschungen und Niederlagen zu berichten.
Judas konnte sich mit der Realität nicht abfinden. Für ihn war die Enttäuschung darüber, dass Jesus den Leidensweg auf sich nehmen wollte, so groß, dass er das mit allen Mitteln abwenden wollte.
Ich finde gut, wenn Christen kein Problem damit haben, auch von ihren Enttäuschungen und Niederlagen zu berichten.
Seinesgleichen 09.09.2020 20:37
@Angel08
Falsch Angel, Judas, wie auch ein grosser Teil seiner Jünger, haben nicht - vollkommen - verstanden, wovon Jesus überhaupt sprach...jedenfalls nicht in der Tiefe. Judas erlag schlicht der welltlichen Verführung. Er hat seinen Meister nicht erkannt.
Falsch Angel, Judas, wie auch ein grosser Teil seiner Jünger, haben nicht - vollkommen - verstanden, wovon Jesus überhaupt sprach...jedenfalls nicht in der Tiefe. Judas erlag schlicht der welltlichen Verführung. Er hat seinen Meister nicht erkannt.
(Nutzer gelöscht) 09.09.2020 20:45
@Seinesgleichen, das muss sich ja nicht ausschließen. Ich glaube auch, dass die Jünger noch nicht so ganz verstanden haben. Aber Judas konnte diese Niederlage (so hat er empfunden) nicht aushalten. Dass er deshalb so gehandelt hat, können wir ja nur vermuten; für mich ist das eine einleuchtende Erklärung.
Seinesgleichen 09.09.2020 21:08
Judas hat weder begriffen wovon Jesus redet, noch hat er ihn - mit der Absicht und dem Wissen, dass er getötet wird - verraten. Was für eine NIEDERLAGE ? Judas hat schlicht nicht an ihm geglaubt ...
(Nutzer gelöscht) 09.09.2020 21:17
Ich denke, Judas hat sich den Weg mit Jesus anders vorgestellt. Er hatte vlt. auch die Hoffnung, dass Jesus sie von der Knechtschaft der Römer befreien würde. Jedenfalls wollte er nicht, dass Jesus stirbt. Aus seiner Sicht war das eine Niederlage. Von der Auferstehung wussten die Jünger noch nicht.
(Nutzer gelöscht) 09.09.2020 21:40
🙂🙂🙂