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Fehlerhafte Vergebung - was ist das?

Fehlerhafte Vergebung - was ist das? 
Desmond Tutu, der frühere Erzbischof von Kapstadt, hat jahrelang in sogenannten «Wahrheitskommissionen» daran mitgearbeitet, das Unrecht der Apartheit aufzuarbeiten. Zusammen mit seiner Tochter hat er in «Das Buch des Vergebens» vier konkrete Schritte definiert, wie solch ein Prozess aussehen kann: 

1- die Geschichte erzählen, 
2 - die Verletzung beim Namen nennen, 
3 - Vergebung praktizieren, 
4 - die Beziehung erneuern oder beenden. 

"Manchmal dauert dieser Pfad einige Minuten und manchmal Jahre", sagen die Autoren realistisch. Doch auch sie unterstreichen, dass diese Schritte unverzichtbar sind – nicht nur in Kirchen und Gemeinden, sondern auch in der Gesellschaft.

Dieser Vergebungsprozess klingt so einfach, ist es aber nicht. 

Zu 1) oft wird nur ein Teil der Geschichte erzählt. Dadurch werden z.B. eigene Anteile übersehen und Zusammenhänge bleiben unentdeckt. 

Zu 2) Anstelle von "das hat mir weh getan, weil ..." heißt es z.B. "Du Lügner" oder "Du bist eine Person, die ständig beleidigt"

Zu 3) Wir behalten den anderen Menschen in reduzierter Form in Erinnerung. Das passiert, wenn  wir nur seine schlechten Seiten sehen. In der Folge lösen wir uns nicht wirklich von unserer Verletzung sondern "bauen" in unsere Vergebung einen Trigger ein, durch den der Schmerz vergangener Verletzung immer wieder aktiviert werden kann.

Zu 4) Eine Beziehung erneuern kann nur dann gelingen, wenn beide Seiten auf Frieden ausgerichtet sind. 

Es ist noch nicht so lange her, da sprach ich eine Person an, mit der ich mich überhaupt nicht verstehe. Ich bemerkte, dass ich einen Ansatz sehe, den wir beide zu einem friedlichen Miteinander ausbauen könnten. Dazu wäre aus meiner Sicht ein Dialog wichtig, durch den eine langsame Annäherung erfolgen könne. Mein Gegenüber meinte, dass er einige Forderungen an mich hätte. Erst wenn ich seine Forderungen erfüllt hätte, würde er sich überlegen, ob er in einen Dialog treten will. Als ich ihn fragte, ob denn seine Forderungen auch für ihn gelten, blieb die Antwort aus.

Wenn Forderungen erhoben werden, wie z.B. "erst mußt Du ein guter Mensch werden" kann der Weg zum Frieden nicht beschritten werden. Die Aufstellung von Forderungen, die für den Anderen unerfüllbar sind, signalisieren die Unfähigkeit den Weg zum Frieden zu beschreiten.  

Die Unfähigkeit, den Weg des Friedens zu betreten, ist krank. Diese Art von Krankheit ist eine Form des Bösen. Dort, wo Jesus im Menschen regiert, wird nach friedlichen Lösungen gesucht. Wenn nur eine Seite sucht, ist es nicht genug. Dann ist Abstand wichtig, um keine neuen Verletzungen zu ermöglichen.   

Kommentare

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Klavierspielerin2 05.09.2020 12:13
Andere- meine,- Erfahrung möchte ich hier einbringen:
Ein Dialog ist oft schwierig, statt zu klären wird's noch komplizierter.
Statt Worte, finde ich Gesten viel wichtiger: In den Arm nehmen, oder nur Händchen tätscheln. Und siehe da, mein hochbetagter Kommunist lächelt.
Mit 1 Mal ist es aber nicht getan, sondern 7 x 77 Mal ( gefühlt unendlich).
 
Bluehorse 05.09.2020 12:28
Menschen und Situationen sind so verschieden. Ich wünsche mir hier im Blog gute Beispiele, wie Vergebung ggf. auch in schwierigen Fällen gelungen ist. Aber auch über Misserfolge kann hier berichtet werden, über die - wenn gewünscht - auch gemeinsam nachgedacht werden kann.
 
einSMILEkommtwieder 05.09.2020 12:54
"Wenn nur eine Seite sucht, ist es nicht genug. Dann ist Abstand wichtig, um keine neuen Verletzungen zu ermöglichen."

DANKE für diese - für mich - klare Aussage, die mir bei meinen Überlegungen zu dem Thema "Vergebung praktizieren" weiterhilft!

Jetzt habe ich eine eigene Meinung, bei der ich mir sicher bin! 🙂

Und nicht mehr die, die der Aussage aus "Das ist ja eine schöne Busreise" , wie folgt:
"Dazu habe ich eine Meinung, aber ganz sicher bin ich mir nicht." … entspricht. 😉

LG Vera
 
Schneeball 05.09.2020 12:59
Meine Reaktion hier jetzt ist nur ein Versuch,weil ich eine Störung im PC habe: Hier auf meiner Seite sind die
Buchstaben winzig und ich habe einen extrem großen Zeilenabstand.
Ich trage das jetzt mal ein - nur um zu sehen,wie es ankommt.
Sollte es "vernünftig" ankommen,kann ich mich zum Blogthema äußern.
 
Schneeball 05.09.2020 13:14
Es kommt erstaunlicherweise richtig an - mmh ???
---
Also :Vergebung  - zwei Seiten.
Gelungene Versöhnung - nicht gelungene Versöhnung.
In dem Wort steckt : "der Sohn".
Warum weise ich darauf hin?
Vielen ist bestimmt der Beruf des Mediators vertraut: Er vermittelt zwischen zwei Parteien.
Übersetzt Sprache,die nicht so beim anderen ankommt,wie es eigentlich gedacht gewesen ist.
Wenn wir breücksichtigen,daß jeder von uns aufgrund seiner Lebensgeschichte Filter hat,wie er Äußerungen
einsortiert - sind wir schon ein Stückchen weiter.
Der Geist des Jesus Christus - also der Geist des Sohnes ist ein Geist der Wahrheit,der Liebe,der Vermittlung
usw.
ER alleine kann die gegenseitigen Blockaden,die Menschen an der Annäherung und Vergebung hindern,
auflösen.Nur ER.
Und natürlich geht es nur,wenn gegenseitig der Wille zur Ver-söhn - ung gegeben ist - das meint praktisch:
Jeder läßt sich innerlich von Christus zeigen,wo seine Anteile am Konflikt liegen.Neulich schrieb eine Userin
hiermal sehr gut : Ich muß erkennen,wo meine Anteile am Konflikt liegen! Ja !
Ich nehme das Meine zurück,bitte um Vergebung - und der erste Schritt ist getan.
Außerdem ist es die goldene Regel,daß so etwas "unter vier Augen" zu geschehen hat.(vgl. Math.18.15).
Niemand hat es gerne,wenn es offen geschieht,weil wir uns alle schämen und nicht gerne offen bloß gestellt
werden wollen.
Dieses ist dann wieder eine neueVerletzung.Und dazu hat niemand ein Recht.
Wie sagt Jesusso schön : "Wer ohne Sünde ( also Fehler,Schuld,Versagen etc. ) ist - der werfe den ersten Stein"
 
Friedensstifter 05.09.2020 17:14
Vielen Dank "Blouhorse", für dieses ganz wichtige Thema! 👍
Du hast mir die Worte "aus dem Mund genommen". 😊
Noch einen wirklich wichtigen Aspekt, möchte ich hinzufügen.
Wenn man sich nur schriftlich "kennt" und sich mitteilt, aber sich nicht persönlich kennen gelernt hat, dann ist dieses Thema selten erfolgreich.
Denn es fehlt nämlich die nonverbale Kommunikation, wie: Mimik, Gestik, innere und äußere Haltung, Ausdruck, Wortwahl, Neutralität, etc.
Da kannst du dir die Hände "wund" schreiben, es kommt nicht an, weil die vorgefasste Ansicht, bei "brenzlichen" Themen so starr geworden ist, dass eine Kommunikation auf Augenhöhe sehr erschwert.
Insofern sollte man dies schon bedenken, wenn man nur schriftlich miteinander Kontakt hat. Denn theoretisch kann man viel schreiben, doch erst in der Praxis könnten beide Seiten zu einer besseren Einschätzung gelangen, ohne Vorurteile und Vorbehalte und möglichst in einer beiderseits entspannten Situation und dazu das beiderseitige Wohlwollen. 
Das wäre wünschenswert oder ideal. 😊      
 
Bluehorse 05.09.2020 17:39
Liebe Friedensstifterin,
Du hast da völlig Recht. Dieses Thema ist sicherlich nicht geeignet, um einem anderen Menschen eine konkrete Anweisung geben zu können, wie er sich in einer geschilderten Situation verhalten soll. Ich habe das Thema daher auch abstrakt und ohne konkreten Bezug zu einer bestimmten Situation behandelt. 
Mit einer jungen Familienmutter kam ich ins Gespräch. Sie erzählte mir, dass sie von ihrer Schwiegermutter und ihrer Schwägerin schlecht behandelt wurde und ihr Mann stellt sich auch noch auf die Seite seiner Mutter und seiner Schwägerin, stellt seine eigene Frau vor der Familie bloß. 
Dazu gab ich ihr einen abstrakten Text zu lesen, was Vergebung bedeutet. Damit war das Problem aber nicht gelöst. Einige Tage später sprachen wir zusammen und sie stellte mir Fragen, wie sie denn die Vergebung konkret und praktisch durchführen solle und wie sie denn zukünftig mit ihrer Schwiegermutter, ihrer Schwägerin und ihrem Mann umgehen soll. Die Theorie kann immer nur ein Einstieg sein. Dann aber brauchen viele Menschen eine Hilfe bei der Umsetzung. 
Vergebung können wir - ebenso wie Nächstenliebe - als starres Prinzip festlegen. Wir können es dabei belassen, lediglich Prinzipien zu predigen. Dann aber gilt die Regel: Wer auf einem Prinzip rumreitet, und wenn das Prinzip noch so gut ist, versteht nichts von Menschen.    
 
Friedensstifter 05.09.2020 18:08
Danke "Blouhorse" für deine Antwort und deine weiteren Schilderungen in deinem konkreten Fall.
Hierzu fiel mir sofort die Frage ein, in Verbindung der Familie, mit der du ins Gespräch gekommen bist. Hast du sie nur zufällig getroffen oder kennt ihr euch schon länger?

Es ist richtig, was du schriebst, dass die Theorie nur ein Einstieg sein kan. Am allerwichtigsten ist auch, dass viele Menschen bei der Umsetzung einen erfahrenen und vor allem vertrauensvollen Menschen an ihrer Seite haben müssten, um dran zu bleiben und vor allem, das auch wollen.

Wenn man Menschen nur zufällig anspricht oder mit ihnen ins Gespräch gekommen ist und sie interessiert sind, dann bedeutet das nicht, dass du jetzt ein Leben lang für sie da sein müsstest. 
Aber du könntest ihnen zeigen, wie sie sich selbst helfen könnten, wenn sie es wünschen oder sie benötigen professionelle Hilfe. Auch hierbei kann man gute Tipps geben. 
Doch ihre Probleme sollte nicht zu deinen werden. 
Hierbei ist auch wichtig, welche innere Haltung oder Gesinnung und Lebensauffassung jemand hat.
Spielt der Glaube eine Rolle oder nicht, etc. pp!     

Also, du siehst, es ist nicht einfach und es spielen Faktoren eine Rolle. DAS geht nicht schriftlich.

Ich neige tendenziell immer mehr in alltäglichen Begegnungen dazu, den suchenden und fragenden Menschen "das Fischen zu lehren", als es ihnen abzunehmen. Denn das ist die beste Lehre.
 
Bluehorse 05.09.2020 18:20
Friedensstifterin
"Hast du sie nur zufällig getroffen oder kennt ihr euch schon länger?"
Diese Mutter hörte von mir und wandte sich mit speziellen Fragen schon von einiger Zeit an mich. Der Begriff des Zufalls ist mir eher fremd. Ich habe den Eindruck, dass Gott Menschen zu mir führt, damit ich Ihnen vom Evangelium erzähle. 
Du schreibst: "Aber du könntest ihnen zeigen, wie sie sich selbst helfen könnten, wenn sie es wünschen oder sie benötigen professionelle Hilfe. Auch hierbei kann man gute Tipps geben. Doch ihre Probleme sollte nicht zu deinen werden." 
Wenn ich mich einem Menschen zuwende, dann widme ich mich ihnen, fast so, als ob ihre Probleme die meinen wären. Deswegen belasse ich es nie nur bei einem Bibelspruch. Und ja, Hilfe zur Selbsthilfe ist wichtig. Ich möchte, dass Menschen selbstständig Jesus nachfolgen und nicht von mir abhängig sind.
Du schreibst: "Also, du siehst, es ist nicht einfach und es spielen Faktoren eine Rolle. DAS geht nicht schriftlich." 
Nun, die Bibel wird uns nur schriftlich übermittelt. Der Heilige Geist führt beim Lesen zur Erkenntnis. So kann man vieles auch schriftlich verdeutlichen. Aber Du hast auch Recht: Oft wird ein Punkt erreicht, an dem es zu einem mündlichen Dialog kommen sollte. 
Du schreibst: "Ich neige tendenziell immer mehr in alltäglichen Begegnungen dazu, den suchenden und fragenden Menschen "das Fischen zu lehren", als es ihnen abzunehmen. Denn das ist die beste Lehre."
Das setzt voraus, dass mein Gegenüber bereits Jesus nachfolgt. Das ist bei den Menschen, die mir begegnen, oft nicht der Fall - oder es handelt sich um verunsicherte Christen, bei denen es an irgendeiner Erkenntnis noch mangelt oder die bestimmte wichtige Entscheidungen in ihrem Leben noch nicht getroffen haben.
 
Friedensstifter 05.09.2020 18:44
"Bluehorse" (Entschuldige bitte, ich hatte dein Pseudonym falsch geschrieben).
Danke für deine Antwort, die ich natürlich nachvollziehen kann. Doch du siehst, wenn man nur schriftlich eine Thema diskutiert, bleibt vieles auf der Strecke. 😊
Ich treffe auch viele Menschen, die Gott nicht kennen. Doch ich kann sie auch darauf aufmerksam machen oder, wenn sie es wollen, mit ihnen darüber sprechen. 
JESUS hatte damals hauptsächlich live zu den Menschen gesprochen, was in Gottes Wort später alles im NT aufgeschrieben wurde und für alle Nachkommen nachzulesen ist. Na klar.
Doch viele Menschen sind heute leider oft auch zu bequem geworden, um darin zu forschen, denn sie möchten ein Gegenüber haben, mit dem sie darüber sprechen könnten, sofern Interesse besteht. Dazu dienen heute die Predigten in den Gottesdiensten. 

Zum Thema fehlerhafte Vergebung gibt es also viele Lösungsansätze.  
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