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Freunde

Freunde
„Freunde sind wie Sterne. Du kannst sie nicht immer sehen, aber du weißt, sie sind immer für dich da.“ heißt es so schön in Spanien.

Zumindest hier in Deutschland gibt es auch Freunde, die sieht man öfter, als einem lieb ist.
Die mehr für einen da sind, als man sich das jemals wünschen würde.
Die man, wenn man wirklich ganz ehrlich wäre, am liebsten gar nicht zum Freund hätte.
Einer meiner besten Freunde ist so einer.
Als ich ihn das erste Mal sah und er mir unter die Arme griff, brach ich in Tränen aus. Und verbannte ihn daraufhin erst einmal für ein halbes Jahr in den Keller.

Aber dann kam die Adventszeit. Die Tage wurden kürzer und kälter. Und meine anderen Freunde wollten mit mir - wie jedes Jahr – auf den Weihnachtsmarkt gehen, bummeln, Glühwein trinken….
Gerade dieses Jahr hätte ich ganz gut auf den Glühwein verzichten können, da ich - dank meiner MS - inzwischen völlig ohne Alkoholkonsum in den schönsten Schlangenlinien laufen und auch schon lange nicht mehr auf einem Bein stehen kann. Auch auf zweien nicht mehr lange genug, um einen Weihnachtsmarktbummel durchzustehen.
Andererseits wollte ich nicht auf diesen besonderen Abend mit meinen Freunden verzichten.
Nur auf meinen einen speziellen Freund, den ungeliebten im Keller, auf den hätte ich gerne verzichtet. Andererseits könnte ich vielleicht mit seiner Hilfe..
Aber….
Aber wie sonst?
Lieber gar nicht?
Weihnachtsmarktstimmung, der Duft nach Zimt und gebrannten Mandeln, sich gemeinsam über die vielen Fressbuden oder den Konsumterror vor dem Fest aufregen oder auch an einer besonderen Geschenkidee freuen.
Wie sonst?
Es wäre ja schon beinahe dunkel und mein Freund ist schwarz und damit abends quasi unsichtbar.
Also gab ich mir einen Stoß und ging in den Keller, ihn zu holen. Er war schon ein wenig muffig, nachdem ich ihn ein halbes Jahr so schmählich ignoriert hatte. Und rächte sich auf die ihm eigene Weise: er sperrte sich, ins Auto einzusteigen. Nachdem ich ihm erst keinen Raum in meinem Leben zubilligen wollte, bestand er zumindest auf ausreichend Platz in meinem Toyota. Erst als ich die Rückbank umgeklappt hatte, war er zufrieden.
Das war der Beginn einer bis heute andauernden Hassliebe.
Er ist schon lange kein Kellerkind mehr.
Mir kommen auch nicht mehr jedes Mal die Tränen, wenn er mir unter die Arme greift. Dann wäre ich auch fast nur noch am Heulen, denn ich brauche  ihn inzwischen täglich.
Oft bin ich fürchterlich ungerecht zu ihm, lasse meine schlechte Laune an ihm aus und beschimpfe ihn. („Geschlechtsneutralisator“ ist dabei noch relativ harmlos.)
Trotzdem ist er immer für mich da, bewahrt meinen Fuß vorm Gleiten und meine Ohren vor dem entrüsteten Getuschel oberflächlicher Zeitgenossen: “So früh schon betrunken!“
Er dient mir als Pausenbank, Einkaufswagen, Buffet-Abräum-Stapler, Liegestuhl im Freibad, Adventskranztransporter, überhaupt als Lastenträger in allen möglichen Situationen.
Leider ist mein Rollator nicht so unsichtbar, wie einige meiner anderen Freunde inzwischen.
Darin gleicht er eher meinen echten Freunden:  er erträgt meine Launen und ist immer für mich da.

Kommentare

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Schirin 09.12.2016 22:34
Danke Martina, Dir auch eine freundliche Adventszeit!
Nimm mich nicht in allem zu wörtlich, der Rollator ist nicht mein bester Freund, (wenn auch inzwischen ein ziemlich guter zwinkerndes Smiley ), sorry wenn ich das missverständlich ausgedrückt habe.
Deine Mutter hat vollkommen recht!
 
Schirin 10.12.2016 23:13
Gott sei Dank! lachendes Smiley
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