„Er blickte auf“...

„Er blickte auf“...
Wie der Reiche, der das Leben im Überfluss liebte,
so liebe ich die vergänglichen Vergnügen
mit diesem animalischen Körper, den ich den meinen nenne,
durch die Vergnügungen dieses Unverständigen...

Und von all diesen großen Gaben,
die du mir umsonst geschenkt hast,
habe ich den Zehnten nicht zurückgegeben,
den ich von deinen eigenen Gütern nehmen müsste.

Von all dem, was ich unter meinem Dach angesammelt hatte,
gehortet aus Erde, Wasser und Luft,
- deinen unzähligen Wohltaten –
Dachte ich, sie wären mein.

Von all dem gab ich nichts dem Armen
Und für seine Bedürfnisse habe ich nichts zur Seite gelegt:
Weder Nahrung für den Hungernden,
noch Kleidung für den Nackten.

Weder Obdach für den Heimatlosen,
noch Wohnstatt für den Fremden;
weder Zeit, um den Kranken zu besuchen,
noch Sorge um die Gefangenen (vgl. Mt 25,31f.).

Ich habe mich nicht gegrämt
Mit dem Traurigen, den das Leid niederdrückte,
Und auch die Freude des Fröhlichen habe ich nicht geteilt,
da ich vor Neid erblasste gegen ihn.

Alle diese Menschen sind ein anderer Lazarus...
Sie liegen vor meiner Tür...
Während ich, taub für ihr Flehen,
ihnen selbst die Abfälle meiner Tafelei nicht gönnte...

Die Hunde deines Gesetzes, draußen,
haben ihn wenigstens getröstet mit ihrer Zunge;
Und ich, der ich dein Gebot kenne, hatte nichts im Sinn,
als mit meiner Zunge meinen Nächsten zu verletzen, der dein Abbild ist (Mt 25,45)...

Schenke mir schon hier die Gnade der Zerknirschung,
damit ich büße für meine Sünden...
Auf dass diese Tränen auslöschen mögen
Den von leckenden Flammen glühenden Feuerofen...

Und dass in mir das Verhalten eines erbarmungslosen Menschen
Durch Dich in meinem tiefsten Inneren umgewandelt werde in barmherziges Mitleid,
damit ich deiner Barmherzigkeit mich würdig erweise
durch mein erbarmendes Handeln an dem, der als Armer zu mir kommt.

Nerses Snorhali (1102-1173), armenischer Patriarch
Jesus, der einzige Sohn des Vaters, 624 f.

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