Hab Erbarmen mit mir!

Hab Erbarmen mit mir!
Eine kanaanäische Frau kam zu Jesus und rief nur: „Hab Erbarmen mit mir!“ (Mt 15,22) Ihr Rufen wurde immer lauter und lockte eine Menge Leute an. Es war eine ergreifende Szene, wie da eine Mutter in großer Erregung für ihre Tochter flehte, ein Kind, dem ein Dämon böse zusetzte... Die Frau rief nicht: „Hab Erbarmen mit meiner Tochter!“ sondern: „Hab Erbarmen mit mir!“ „Meine Tochter ist sich ihres Unglücks nicht bewusst; ich dagegen leide tausend Qualen; ich bin krank, sie in einem solchen Zustand sehen zu müssen; ich werde beinahe verrückt bei ihrem Anblick“... Jesus antwortete ihr: „Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt“ (Mt 15,24). Und wie reagiert die Kanaanäerin auf diese Worte? Geht sie weg und hält den Mund? Verlässt sie der Mut? Ganz und gar nicht! Sie dringt weiter auf Jesus ein. Das ist nicht das, was wir tun: Wenn wir nicht erhört werden, ziehen wir uns entmutigt zurück, wo wir doch mit noch größerem Nachdruck bitten sollten. Wer freilich wäre bei dieser Antwort Jesu nicht entmutigt gewesen? Sein Schweigen schon hätte genügt, um alle Hoffnung aufzugeben... Aber diese Frau verliert den Mut nicht; im Gegenteil, sie tritt noch näher an Jesus heran, wirft sich zu Boden und sagt: „Herr, hilf mir!... Wenn ich ein Hündchen in diesem Haus bin, dann bin ich keine Fremde mehr. Ich weiß sehr wohl, dass Kinder Brot brauchen... aber es muss doch nicht verboten sein, die Krümel herzuschenken. Man darf sie mir doch nicht vorenthalten... denn ich bin das Hündchen, das man nicht abweisen kann.“ Weil Christus die Entgegnung der Frau schon voraussah, ließ er sich Zeit, ihre Bitte zu erfüllen... Seine Erwiderungen hatten nicht den Zweck, der Frau Kummer zu machen, sondern diesen verborgenen Schatz zu heben.


quelke: Johannes Chrysostomos
«Auch für die Hunde unter dem Tisch fällt etwas von dem Brot ab, das die Kinder essen»

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