Österreich: Reformierter Bischof will Karfreitag als Feiertag zurück

Österreich: Reformierter Bischof will Karfreitag als Feiertag zurück
Vor der letzten Nationalratswahl hätten viele Politikerinnen und Politiker Verständnis für das Anliegen der evangelischen Kirche gezeigt, den Karfreitag als Feiertag wieder einzuführen, am besten gleich für alle. Doch mittlerweile sei von dieser Unterstützung nichts mehr übrig, beklagt der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka.


Angesichts von Budgetdefiziten und Sparmaßnahmen bleibe die politische Bereitschaft zur Wiedereinführung des Feiertags aus – eine Entwicklung, die Chalupka enttäuscht. Dennoch kündigt er an, dass sich die evangelische Kirche weiterhin mit Nachdruck für die Rückkehr des Karfreitags als gesetzlichen Feiertag einsetzen werde.

Die Abschaffung des Feiertags im Jahr 2019 sei ein „Unrecht“, insbesondere gegenüber den evangelischen Kirchen in Österreich. Denn die Einführung des Karfreitags als Feiertag für Protestanten in den 1950er-Jahren war auch eine symbolische Anerkennung des schweren Unrechts, das diesen Gemeinschaften in der Vergangenheit widerfahren sei. Vor allem die Zeit der Gegenreformation sei geprägt gewesen von Vertreibungen und Deportationen evangelischer Gläubiger. Familien seien auseinandergerissen worden, Eltern deportiert und Kinder zwangsweise in einem anderen Glauben erzogen. Diese dunkle Phase der Geschichte habe in Österreich bis heute nicht den gebührenden Platz in der öffentlichen Erinnerung, kritisierte Chalupka. Eine Wiedereinführung des Karfreitag-Feiertags wäre daher nicht nur ein Zeichen der Anerkennung für die evangelische Kirche, sondern auch ein klares Bekenntnis der Regierung zur historischen Aufarbeitung und zum Schutz von Minderheiten.

Tiefes Unverständnis und wachsendes Bewusstsein
Seit der Abschaffung des Karfreitag-Feiertags im Jahr 2019 können evangelische, methodistische und altkatholische Christen diesen Tag zwar als „persönlichen Feiertag“ beantragen – allerdings ohne zusätzlichen Urlaubstag. Die Notwendigkeit, den Feiertag drei Monate im Voraus beim Arbeitgeber anzumelden, stößt in der evangelischen Kirche weiterhin auf großes Unverständnis. Chalupka beschreibt die Stimmung vieler evangelischer Christinnen und Christen als verärgert und enttäuscht. In nahezu jeder Pfarrgemeinde werde er darauf angesprochen – es sei das dominierende Thema.

Gleichzeitig habe sich das Bewusstsein innerhalb der evangelischen Gemeinschaft für diesen Feiertag intensiviert. Der Karfreitag sei heute umso stärker ein identitätsstiftendes Element für evangelische Gläubige. Chalupka hebt hervor: „Die Gottesdienste am Karfreitag sind voller, als sie jemals waren.“

Neben der kirchlichen Bedeutung sieht Chalupka den Karfreitag auch als eine gesellschaftlich wichtige Tradition, die an die Verletzlichkeit des menschlichen Lebens erinnere. Gerade in Zeiten globaler Krisen brauche es einen Moment des Innehaltens und des Nachdenkens über die Zerbrechlichkeit des Lebens. „Gott teilt das Leid der Menschen. Wir dürfen uns schwach und verletzlich zeigen, wir dürfen nach Hilfe verlangen, wenn doch Gott selbst sich schwach und verletzlich gezeigt hat. Der Karfreitag erlaubt uns dies – und zeigt dadurch am Horizont die Auferstehung und das Leben.“

(kap - mg)

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