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Zum Heiligen Jahr: Wozu? Was? Wieviele?

Zum Heiligen Jahr: Wozu? Was? Wieviele?
Am Heiligen Abend eröffnet Papst Franziskus feierlich die Heilige Pforte im Petersdom und damit das Heilige Jahr 2025. Was ist das, worum geht es, wozu ist es gut? Ein Kollegengespräch.


Die Eröffnung der Heiligen Pforte im Petersdom: Wie sieht diese Zeremonie aus?

Gudrun Sailer: Der Ritus zur Eröffnung der Heiligen Pforte ist der Christmette vorgeschaltet. Die Feier beginnt also draußen, vor dem Petersdom, mit liturgischen Gesängen und Gebeten. Und dann wird das Evangelium nach Johannes verkündet, in dem Jesus sagt: „Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden“. Die Schola singt einen Psalm, der Papst tritt von außen an die Heilige Pforte, er öffnet sie in Stille mit seinen Händen, drückt also die Torflügel nach innen, und verharrt im Gebet. Dann läuten die Glocken des Petersdomes, und der Papst durchschreitet die Pforte. Nach ihm kommen der Altardienst und einige Gläubige des Volkes Gottes aus den fünf Kontinenten, auch sie ziehen durch die Heilige Pforte ein. Und dann ist es eröffnet, das Heilige Jahr.

Heilige Pforte am Petersdom
Heilige Pforte am Petersdom
Die Öffnung einer Heiligen Pforte geschieht nicht so oft: Welche Besonderheiten gibt es dabei?

Gudrun Sailer: Zehn Kinder sind in dieser Prozession dabei, die gleich nach dem Papst durch die Heilige Pforte einzieht. Eines davon hat Eltern aus Österreich, es ist ein Erstkommunionkind, und es will ein Dirndl tragen, so wie auch die anderen Kinder von überall her jeweils in ihrer lokalen Tracht kommen. Das ist eine Besonderheit. Bei der letzten Eröffnung der Heiligen Pforte am Petersdom zu Weihnachten 2015 – zum außerordentlichen Heiligen Jahr der Barmherzigkeit – war es der emeritierte Papst Benedikt XVI., der gleich nach Papst Franziskus durch die Pforte durfte. Und noch etwas ist diesmal bemerkenswert: Papst Franziskus wird ein neues Ornat tragen, das eigens für diese Feier hergestellt worden ist. Das passiert fast nie, Franziskus greift sonst immer auf die Bestände in der Petersdom-Sakristei zurück. Heute hat er da eine Ausnahme gemacht.

Was bedeutet es, wenn man dann im Heiligen Jahr als Katholik oder Katholikin eine Heilige Pforte durchschreitet?

Gudrun Sailer: Das ist ein symbolischer Akt. Ein Tor – die Heilige Pforte ist ein Tor oder eine Tür – trennt ja innen und außen voneinander, es gibt ein Vorher und ein Nachher. Wer durch eine Heilige Pforte geht, wünscht sich ein neues Hineingehen in die Beziehung mit Gott und damit auch in die Beziehung mit den Mitmenschen. Es ist ein äußerlicher Akt, der für einen inneren Vorgang steht. Nämlich für den Wunsch nach innerer Erneuerung und nach Frieden. Und das ist zum einen Teil Gnade, also Geschenk, zum Teil muss man sich das erarbeiten und sich auch darauf vorbereiten. Genau dazu dient ja eine Pilgerfahrt, die mit dem Heiligen Jahr oft verbunden ist.

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Welche Bedeutung hat eigentlich das Heilige Jahr in der katholischen Kirche? Warum zieht es so viele Gläubige an?

Gudrun Sailer: Seit gut 700 Jahren, seit es die Heiligen Jahre gibt, ist das Leitmotiv im Grund dasselbe, nämlich: Vergebung und Versöhnung. Gläubige kommen pilgernd nach Rom, weil sie spüren, dass sie in ihrem Leben gerne mehr Frieden hätten. Und die Basisbausteine dafür sind nach christlichem Verständnis Vergebung und Versöhnung. Genau darum geht es in jedem Heiligen Jahr. Früher stand der Ablass im Vordergrund, also der Nachlass der zeitlichen Sündenstrafen, den man bei einer Pilgerfahrt nach Rom erwerben konnte und immer noch kann. Den Ablass gibt es nach wie vor, auch bei diesem Heiligen Jahr. Zugleich werden viele der Pilger und Pilgerinnen hier auch persönlich das Sakrament der Buße empfangen wollen, also sakramentale Versöhnung. Es geht darum, Vergebung zu suchen, und wer bei Gott ehrlich Vergebung sucht, der erhält sie nach katholischem Verständnis auch. Und kann dann versöhnt sich neu auf den Weg machen. Das ist der Sinn des Heiligen Jahres.

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Wie viele Heilige Pforten werden in Rom offen stehen?

Gudrun Sailer: Insgesamt fünf. Neben dem Petersdom hat auch jede der anderen drei sogenannten Papstbasiliken eine Heilige Pforte, also der Lateran, Santa Maria Maggiore und St. Paul vor den Mauern. Außerdem wird Papst Franziskus noch im römischen Gefängnis Rebibbia eine Extra-Heilige Pforte eröffnen.

Warum im Gefängnis?

Gudrun Sailer: Das ist dem Papst ein großes Anliegen: zu verdeutlichen, dass alle, auch überführte Straftäter, Gnade, Versöhnung und Vergebung erlangen können, und dass sie das auch ganz in ihrer Nähe haben. Das ist ihm so wichtig, dass er diese Pforte in Rebibbia selbst eröffnet, am 26. Dezember, dem Fest des ersten Märtyrers Stephanus. Da fährt der Papst in aller Frühe zum Gefängnis. Er wird überhaupt nur zwei der fünf Heiligen Pforten selber eröffnen, Petersdom und Rebibbia. Die anderen drei eröffnen anstelle des Papstes die jeweiligen Erzpriester: am 29. Dezember im Lateran, der Bischofskirche des Papstes, am 1. Januar – Hochfest der Gottesmutter Maria – in Santa Maria Maggiore und schließlich am 5. Januar in St. Paul vor den Mauern.

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Als Motto des Heiligen Jahres hat sich Papst Franziskus für „Pilger der Hoffnung“ entschieden. Warum?

Gudrun Sailer: Hoffnung ist das Erste, was abhanden kommt, wenn man eine x-beliebige Nachrichtensendung schaut: Kriege, Krisen, Aufrüstung, Armut, Migration, Klimawandel. Gerade da brauchen Menschen Hoffnung. Der Papst sieht die Hoffnung als starke innere Kraft, die sich auch einüben lässt, und diese Hoffnung im Glauben soll es ermöglichen, zuversichtlich und konstruktiv zu bleiben und neue Wege zum Frieden zu finden. Das soll im Idealfall im Heiligen Jahr entstehen. Deshalb Pilger der Hoffnung. Franziskus hat das alles in der Bulle beschrieben, also das feierliche Schreiben, mit dem er das Heilige Jahr ausgerufen hat. Die Bulle heißt „Spes non confundit“, „Die Hoffnung lässt nicht zugrunde gehen“.

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Was sind denn die Höhepunkte des Heiligen Jahres?

Gudrun Sailer: Das Heilige Jahr ist eine ganze Abfolge von Begegnungen in Rom. Die heißen dann: das Jubiläum der Künstler, das Jubiläum der Sicherheits- und Polizeikräfte, das Jubiläum der Arbeiter, das Jubiläum der Armen, das Jubiläum der Migranten, das Jubiläum der Armen und so weiter. Und es gibt wie immer ein großes Jubiläums-Jugendtreffen in Rom vom 28. Juli bis 3. August. Jubiläum ist übrigens ein Synonym für Heiliges Jahr.

 
Was sehen diese Großevents vor?

Gudrun Sailer: Das sind Begegnungen, bei denen einzelne Leute vor allen anderen sprechen über die Hoffnung, die sie erfüllt. Was immer auch dazugehört, ist das Durchschreiten der Heiligen Pforten in Rom, die Beichte, vielleicht noch die eine oder andere Frömmigkeitsübung, etwa die Siebenkirchenwallfahrt. Und immer dabei in diesem Paket der Sonderjubiläen ist eine Papstaudienz. Franziskus will außerdem die Zahl der Generalaudienzen verdoppeln, sodass dann pro Woche zwei davon stattfinden, eine wie gehabt am Mittwoch, die andere am Samstag. Er hat also mit seinen 88 Jahren ein dichtes Programm im Heiligen Jahr.

Praktische Informationen zum Heiligen Jahr und geistliche Betreuung in Rom auf einer Heilig-Jahr-Wallfart gibt es beim Deutschen Pilgerzentrum in der Nähe der Engelsbrücke. 

(vatican news – gs)

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Kommentare

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Klavierspielerin2 24.12.2024 19:12
Erlassjahr/ Jobeljahr- Gebot der Tora

https://www.christ-sucht-christ.de/christliches-forum/read/128904/
 
Klavierspielerin2 31.12.2024 15:11
Standpunkt

Ist das Heilige Jahr aus der Zeit gefallen? Keineswegs!


Bonn ‐ Im Heiligen Jahr pilgern viele Katholiken nach Rom. Auch wenn manche diese Tradition für veraltet halten, freut sich Schwester Gabriela Zinkl auf das anstehende Jahr. Sie wünscht sich offene Türen in der Kirche für alle Menschen.

Wenn das kein perfektes Timing ist: In guter alter Tradition öffnete Papst Franziskus am Abend des 24. Dezember die schweren Türen der Heiligen Pforte zum Petersdom. Nicht von ungefähr erinnerte das manche an das Öffnen der Türen des Adventskalenders. Dahinter verbirgt sich eine besondere Überraschung katholischer Art, denn im kommenden Jahr ist es wieder so weit: Annus Domini, das Jahr des Herrn 2025 wird als "Heiliges Jahr" begangen, in dem jeder und jede Gläubige zu einer Wallfahrt zu den heiligen Stätten der Christenheit nach Rom eingeladen ist.

Der Sinn dahinter ist, den Glauben zu vertiefen und zu erneuern. Da kann ein Besuch an den Gräbern des hl. Petrus, des hl. Paulus und vieler frühkirchlicher Märtyrerinnen und Märtyrer in Rom sicher nicht schaden. Die Pilgerfahrt dorthin, Gebet, Buße und Bekenntnis der Sünden sowie ein extra gewährter Jubiläums-Ablass tun womöglich ihr Übriges, um katholische Seelen zu dieser Höchstleistung zu motivieren. Der Rest der Welt, darunter viele Katholikinnen und Katholiken, fragt sich derweil: Wen interessiert's?

Auch wenn manchen die Praxis eines Heiligen Jahres heute etwas aus der Zeit gefallen zu sein scheint, heißt das nicht, dass man sie über den Haufen werfen muss. Papst Franziskus macht aktuell vor, wie man eine verstaubte und in die Jahre gekommene Tradition für heutige Zeit neu mit Sinn füllen kann. Jede Institution, Firma und Familie begeht mit Stolz besondere Jubiläen und Geburtstage. Denn Jubiläen, wie das Heilige Jahr alle 25 Jahre eines ist, zeugen von reicher Tradition, Beständigkeit und Zusammenhalt. Nicht anders ist es mit der Erfindung des Heiligen Jahres als Einladung zur Wallfahrt nach Rom. Die katholische Kirche feiert, bei aller Kulanz der Zeitrechnung, ein Jubiläumsjahr zum 2.025. Geburtstag Jesu, also 2025 Jahre Christentum. Das gründet auf gut biblischer Tradition der alttestamentlichen Jubel- und Sabbatjahre, bei denen Schulden erlassen werden. Die Heilige Pforte im Gefängnis Rebibbia ist dafür mehr als ein Symbol.

Das Heilige Jahr lädt ein zur Wallfahrt, das heißt, sich mit anderen gemeinsam auf den Weg zu machen zu den offenen Türen der Kirche. Es ist allen "Pilgern der Hoffnung", egal welchen Geschlechts, welcher Hautfarbe und Orientierung zu wünschen, dass ihnen die Türen nicht nur in Rom, sondern überall in der Kirche weit offenstehen und sie eingelassen werden.

Von Schwester Gabriela Zinkl


Die Autorin
Schwester Dr. Gabriela Zinkl SMCB ist Ordensschwester bei den Borromäerinnen, promovierte Theologin (Kirchenrecht) und in der Ordensleitung in Kloster Grafschaft.

Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.
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