Der evangelische Heilige
01.11.2024 13:26
Der evangelische Heilige
01.11.2024 13:26
Der evangelische Heilige
Bonn ‐ Evangelische Christen kennen im Grunde keine Heiligenverehrung. Dennoch nennt der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Wolfgang Huber, Dietrich Bonhoeffer einen "evangelischen Heiligen". Der Theologe und NS-Widerstandskämpfer, wird weit über die evangelische Kirche hinaus als Vorbild verehrt – vor allem wegen seines im Glauben begründeten politischen Engagements gegen die NS-Rassenideologie.
In dem zum Kirchenlied vertonten Gedicht "Von guten Mächten wunderbar geborgen..." klingt das unerschütterliche Gottvertrauen wider, das Bonhoeffer auch im Angesicht des drohenden Todes nicht verließ. Die Zeilen schrieb er zur Jahreswende 1944 während einer Bombennacht im Gestapo-Kellergefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße. Der als Trost gedachte Gruß an seine Verlobte Maria von Wedemeyer ist ein beeindruckendes Zeugnis von Zuversicht, aber auch von Leidensbereitschaft und Christus-Nachfolge.
Theologe aber noch kein Christ
Dabei fielen Bonhoeffer Glauben und Theologie keinesfalls in die Wiege. Dietrich, der eine Zwillingsschwester hatte, wuchs als sechstes von insgesamt acht Kindern in Breslau und in Berlin auf. Der Vater, ein aus Schwaben stammender Psychiater, war nicht besonders religiös. Die Mutter, eine Pfarrerstochter, vermittelte ihm zwar eine christliche Erziehung, aber ohne große kirchliche Bindung. Bonhoeffers Wunsch, Theologie zu studieren, löste in der Familie nicht gerade helle Begeisterung aus.
„Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muss die Verstoßung Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude.“
— Zitat: Dietrich Bonhoeffer
Dennoch begann er als 17-Jähriger 1923 - aus intellektuellem Interesse - in Tübingen mit dem Studium und legte eine akademische Blitzkarriere hin: Promotion mit 21, Habilitation mit 24 Jahren. Erst beim anschließenden Studienaufenthalt in den USA gewann er aber ein inneres Verhältnis zum Glauben. "Ich kam zum ersten Mal zur Bibel", schrieb er. Zuvor sei er zwar Theologe, aber "noch kein Christ" gewesen. Bonhoeffer entdeckte für sich die Bergpredigt als Aufruf zur konsequenten Jesus-Nachfolge und als Maßstab für den Umgang mit Verfolgten, besonders den Juden: Die Kirche sei allen, auch den nichtchristlichen "Opfern jeder Gesellschaftsordnung" verpflichtet. "Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muss die Verstoßung Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude."
Jahre im Exil
Aus diesem Geist heraus schloss er sich nach Hitlers "Machtergreifung" der Bekennenden Kirche an, welche die Entfernung so genannter Nichtarier aus Kirchenämtern nicht akzeptierte. Weil Bonhoeffer in der "häretischen Reichskirche" nicht Pfarrer sein wollte, ging er als Auslandspfarrer nach London. 1935 kehrte er trotz drohender Gefahren zurück, um das
Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde zu leiten. Dieses wurde zwei Jahre später geschlossen. Bonhoeffer bekam Lehr-, 1940 sogar Redeverbot. In diesem Jahr schloss er sich der Widerstandsgruppe um seinem Schwager, Reichsgerichtsrat Hans von Dohnanyi, und Generalmajor Hans Oster an. Offiziell galt er als Reiseagent der Militärischen Abwehr, tatsächlich aber weihte er Kirchenmänner im Ausland in die Putschpläne gegen Hitler ein.
Schmerzliche Trennung
Kurz nach seiner Verlobung wurde er am 5. April 1943 wegen seiner Kontakte zu NS-Gegnern des Hoch- und Landesverrats beschuldigt und zunächst in Tegel, dann im berüchtigten Gestapo-Kellergefängnis inhaftiert. Von dort wechselte er mit einer Verlobten Briefe - Versuche, sich trotz schmerzlicher Trennung Nähe zu geben. "Ich habe einen Kreidestrich um mein Bett gezogen etwa in der Größe Deiner Zelle", ließ Maria ihn wissen. "Ein Tisch und ein Stuhl steht da, so wie ich es mir vorstelle. Und wenn ich da sitze, glaube ich beinah, ich wär bei dir."
„Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens.“
— Zitat: Dietrich Bonhoeffer
Wenige Monate nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 fand die Gestapo Beweise für Bonhoeffers Verwicklung in die Umsturzpläne. Angesichts der herannahenden Roten Armee wurde er zunächst ins KZ Buchenwald bei Weimar, dann über Regensburg und Schönberg im Bayerischen Wald nach Flossenbürg gebracht, wo er am 9. April 1945 erhängt wurde. Der letzte von ihm überlieferte Satz lautet: "Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens."
Von Andreas Otto
" Nachfolge "(Buch - Taschenbuch)
Dietrich Bonhoeffer
Martin Kuske (Hrsg.)
Ilse Tödt
https://www.scm-shop.de/nachfolge-66800.html
In dem zum Kirchenlied vertonten Gedicht "Von guten Mächten wunderbar geborgen..." klingt das unerschütterliche Gottvertrauen wider, das Bonhoeffer auch im Angesicht des drohenden Todes nicht verließ. Die Zeilen schrieb er zur Jahreswende 1944 während einer Bombennacht im Gestapo-Kellergefängnis in der Berliner Prinz-Albrecht-Straße. Der als Trost gedachte Gruß an seine Verlobte Maria von Wedemeyer ist ein beeindruckendes Zeugnis von Zuversicht, aber auch von Leidensbereitschaft und Christus-Nachfolge.
Theologe aber noch kein Christ
Dabei fielen Bonhoeffer Glauben und Theologie keinesfalls in die Wiege. Dietrich, der eine Zwillingsschwester hatte, wuchs als sechstes von insgesamt acht Kindern in Breslau und in Berlin auf. Der Vater, ein aus Schwaben stammender Psychiater, war nicht besonders religiös. Die Mutter, eine Pfarrerstochter, vermittelte ihm zwar eine christliche Erziehung, aber ohne große kirchliche Bindung. Bonhoeffers Wunsch, Theologie zu studieren, löste in der Familie nicht gerade helle Begeisterung aus.
„Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muss die Verstoßung Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude.“
— Zitat: Dietrich Bonhoeffer
Dennoch begann er als 17-Jähriger 1923 - aus intellektuellem Interesse - in Tübingen mit dem Studium und legte eine akademische Blitzkarriere hin: Promotion mit 21, Habilitation mit 24 Jahren. Erst beim anschließenden Studienaufenthalt in den USA gewann er aber ein inneres Verhältnis zum Glauben. "Ich kam zum ersten Mal zur Bibel", schrieb er. Zuvor sei er zwar Theologe, aber "noch kein Christ" gewesen. Bonhoeffer entdeckte für sich die Bergpredigt als Aufruf zur konsequenten Jesus-Nachfolge und als Maßstab für den Umgang mit Verfolgten, besonders den Juden: Die Kirche sei allen, auch den nichtchristlichen "Opfern jeder Gesellschaftsordnung" verpflichtet. "Eine Verstoßung der Juden aus dem Abendland muss die Verstoßung Christi nach sich ziehen; denn Jesus Christus war Jude."
Jahre im Exil
Aus diesem Geist heraus schloss er sich nach Hitlers "Machtergreifung" der Bekennenden Kirche an, welche die Entfernung so genannter Nichtarier aus Kirchenämtern nicht akzeptierte. Weil Bonhoeffer in der "häretischen Reichskirche" nicht Pfarrer sein wollte, ging er als Auslandspfarrer nach London. 1935 kehrte er trotz drohender Gefahren zurück, um das
Predigerseminar der Bekennenden Kirche in Finkenwalde zu leiten. Dieses wurde zwei Jahre später geschlossen. Bonhoeffer bekam Lehr-, 1940 sogar Redeverbot. In diesem Jahr schloss er sich der Widerstandsgruppe um seinem Schwager, Reichsgerichtsrat Hans von Dohnanyi, und Generalmajor Hans Oster an. Offiziell galt er als Reiseagent der Militärischen Abwehr, tatsächlich aber weihte er Kirchenmänner im Ausland in die Putschpläne gegen Hitler ein.
Schmerzliche Trennung
Kurz nach seiner Verlobung wurde er am 5. April 1943 wegen seiner Kontakte zu NS-Gegnern des Hoch- und Landesverrats beschuldigt und zunächst in Tegel, dann im berüchtigten Gestapo-Kellergefängnis inhaftiert. Von dort wechselte er mit einer Verlobten Briefe - Versuche, sich trotz schmerzlicher Trennung Nähe zu geben. "Ich habe einen Kreidestrich um mein Bett gezogen etwa in der Größe Deiner Zelle", ließ Maria ihn wissen. "Ein Tisch und ein Stuhl steht da, so wie ich es mir vorstelle. Und wenn ich da sitze, glaube ich beinah, ich wär bei dir."
„Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens.“
— Zitat: Dietrich Bonhoeffer
Wenige Monate nach dem Stauffenberg-Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 fand die Gestapo Beweise für Bonhoeffers Verwicklung in die Umsturzpläne. Angesichts der herannahenden Roten Armee wurde er zunächst ins KZ Buchenwald bei Weimar, dann über Regensburg und Schönberg im Bayerischen Wald nach Flossenbürg gebracht, wo er am 9. April 1945 erhängt wurde. Der letzte von ihm überlieferte Satz lautet: "Dies ist das Ende, für mich der Beginn des Lebens."
Von Andreas Otto
" Nachfolge "(Buch - Taschenbuch)
Dietrich Bonhoeffer
Martin Kuske (Hrsg.)
Ilse Tödt
https://www.scm-shop.de/nachfolge-66800.html