Olmert und al-Kidwa beim Papst: Dialog für mögliche Wege zum Frieden

Olmert und al-Kidwa beim Papst: Dialog für mögliche Wege zum Frieden
Israels Ex-Premier Olmert und der ehemalige palästinensische Außenminister Al-Kidwa waren an diesem Donnerstag bei Papst Franziskus. Es sei ein „wichtiges und emotionales Treffen“ gewesen, sagte uns im Anschluss Ehud Olmert. Eine genaue Vorstellung von einem gelungenen Friedensschluss hatte auch Nasser Al- Kidwa.


Roberto Cetera - Vatikanstadt

„Der Heilige Vater zeigte außerordentliches Interesse an den Friedensbemühungen im Nahen Osten“, meinte Olmert, der gemeinsam mit dem ehemaligen Außenminister des palästinensischen Staates Nasser Al-Kidwa und einer Delegation von Friedensaktivisten bei Papst Franziskus war. Der 78-jährige Olmert, der bis 2009 Premierminister war, hat bei den Friedensverhandlungen im Nahen Osten bereits wichtige Erfolge zu verbuchen: Unter seiner Regierung wurde 2006 ein Waffenstillstand im Libanonkrieg unterzeichnet, und er war verantwortlich für den letzten wirklichen Versuch eines Zwei-Staaten-Abkommens mit dem palästinensischen Präsidenten Mohamud Abbas. Das als Weiterentwicklung der Osloer Abkommen von 1993 angesetzte Projekt wurde letztlich allerdings nicht erreicht. „Papst Franziskus schenkte uns mehr als eine halbe Stunde lang außerordentliche Aufmerksamkeit und erklärte, dass er jede Entwicklung des Konflikts täglich verfolge und jeden Tag mit den Christen in Gaza in Verbindung stehe“, so Olmert gegenüber unserem Korrespondenten.

„Haben dem Heiligen Vater unseren Friedensvorschlag für den Gazastreifen unterbreitet“

„Wir haben dem Heiligen Vater unseren Friedensvorschlag für den Gazastreifen unterbreitet, der einen sofortigen Waffenstillstand, die Freilassung der israelischen Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden, sowie die gleichzeitige Freilassung einer vereinbarten Anzahl palästinensischer Gefangener in israelischen Gefängnissen und die Wiederaufnahme von Verhandlungen über die Gründung zweier getrennter Staaten in Frieden miteinander vorsieht“, erklärte der ehemalige palästinensische Minister Al-Kidwa, der in Palästina nicht nur für seine friedensfreundlichen Positionen bekannt ist, sondern auch dafür, dass er der Neffe des historischen PLO-Führers Jassir Arafat ist.

Gerechte Aufteilung des umstrittenen Gebietes
Herr Olmert, wie können heute zwei Staaten entstehen, wenn es immer mehr illegale Siedlungen israelischer Siedler gibt?

„Wir stellen uns vor, dass Israel einen zu vereinbarenden Teil des Westjordanlands von Palästina annektiert, der vier Prozent des Westjordanlands entspricht, im Austausch für ein Gebiet gleicher Größe, das heute innerhalb der Grenzen Israels liegt. Ein derartiges, den Palästinensern zu überlassendes Gebiet würde einen Korridor zwischen dem Westjordanland und dem Gazastreifen ermöglichen.“

Herr Al-Kidwa, welche Lösung sehen Sie für Gaza?

„Israel muss sein Militär vollständig aus dem Gazastreifen abziehen und die Schaffung einer palästinensischen Entität zulassen, die das Gebiet verwaltet. Als vorübergehende und provisorische Lösung stellen wir uns einen Rat von Kommissaren vor, der sich aus anerkannten Technokraten und Fachleuten und nicht aus politischen Vertretern zusammensetzt. Dieser Rat sollte mit dem Ministerrat der Palästinensischen Autonomiebehörde verbunden sein, der schließlich innerhalb von 24 bis 36 Monaten allgemeine Wahlen in den palästinensischen Gebieten vorbereiten sollte.“

Friedenstruppen nötig
Herr Olmert, würde diese Demonstration guten Willens auf beiden Seiten Ihrer Meinung nach ausreichen, um eine sofortige Befriedung zu garantieren?

„Nein. Wir sind auch der Meinung, dass eine ,zeitweilige arabische Sicherheitspräsenz‘ (Temporary Arab Security Presence, TASP) im Gazastreifen stationiert werden muss, die gleichzeitig mit dem Abzug der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) die Lage stabilisieren könnte. Diese arabische Eingreiftruppe sollte mit den Sicherheitskräften der Palästinensischen Autonomiebehörde (PNA) in Verbindung stehen und vom Rat der Kommissare angeleitet werden. Ihre Hauptaufgabe sollte darin bestehen, weitere mögliche Angriffe auf Israel aus dem Gazastreifen zu verhindern.“

Herr Al-Kidwa, wie könnte die Zwei-Staaten-Lösung eine friedliche Zukunft garantieren?

„Durch die Verpflichtung des Staates Palästina, ein nicht-militarisierter Staat zu sein, mit Ausnahme seiner internen polizeilichen Notwendigkeiten.“

Der Status von Jerusalem
Damit würde, Herr Olmert, das zentrale Problem offen bleiben: der Status von Jerusalem…

„Dies ist der Punkt, der Papst Franziskus bei unserem heutigen Treffen am meisten interessiert hat. Wir denken an einen Sonderstatus für Jerusalem, der von einer Treuhandschaft von fünf Staaten (darunter natürlich Israel und Palästina) verwaltet werden sollte, die gemäß den vom UN-Sicherheitsrat wiederholt genannten Regeln volle Autorität über jeden Teil der Stadt hätte. Dabei würde dem Königreich Jordanien eine besondere Rolle zukommen, wie es bereits heute für den Tempelberg der Fall ist. Wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass die Altstadt der politischen Kontrolle entzogen werden sollte und den drei monotheistischen Religionen gewidmet sein sollte, die sie als heilige Gebetsstätte betrachten.“

Und was ist mit den Ansprüchen beider Seiten, Jerusalem als Hauptstadt ihres Staates zu haben?

Olmert: „Jerusalem kann die Hauptstadt Israels in den Teilen sein, die bereits vor dem 5. Juni 1967 zu Israel gehörten, zusätzlich zu den jüdischen Vierteln, die nach '67 gebaut wurden und die unter die 4,4 Prozent fallen, die ich oben erwähnt habe.“

Al-Kidwa: „Und Al Quds (arabischer Name für Jerusalem, Anm.), die Hauptstadt Palästinas, würde alle arabischen Stadtteile umfassen, die vor dem Krieg von 1967 nicht zu Israel gehörten.“

Eine wehrhafte Demokratie
Eine letzte Frage, Herr Olmert: Dieser gut formulierte Plan läuft Gefahr, Wunschdenken zu bleiben. Er steht völlig im Widerspruch zu den Absichten der derzeitigen israelischen Regierung…

„Diejenigen, die mich kennen, wissen, was ich von der von Netanjahu geführten Regierung halte, die dem extremistischen Fanatismus von Ben Gvir und Smotrich untergeordnet ist. Aber mich tröstet die Tatsache, dass 70 Prozent der Israelis dieser Koalition überdrüssig sind, des enormen Schadens, den sie Israel zugefügt hat und weiterhin zufügt. Israel ist eine starke Demokratie und wird diese Regierung auf demokratische Weise überwinden.“

Mit welchen Alternativen?

„Die Zivilgesellschaft, die seit zwei Jahren massiv gegen Netanjahu demonstriert, wird eine neue Führung zum Ausdruck bringen können, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können. Denn, ich wiederhole, Israel ist ein demokratisch lebendiges und solides Land.“

(osservatore romano - cs)

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