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Am Rande des Bürgerkriegs -- Chaos und Anarchie

Am Rande des Bürgerkriegs -- Chaos und Anarchie
BIP -- Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V.

Shir Hever --- August 6, 2024
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Am Rande des Bürgerkriegs

Chaos und Anarchie –  droht der Zusammenbruch des israelischen Staates?

Am 29. Juli, als die Militärpolizei israelische Soldaten verhaftete, die der Vergewaltigung und anderer Misshandlungen palästinensischer Gefangener beschuldigt werden, kam es zu gewalttätigen Angriffen rechtsextremer Aktivisten auf zwei israelische Militärstützpunkte, um eine Bestrafung der Soldaten zu verhindern. Die Ohnmacht der israelischen Polizei und das Versagen der Stützpunkte, sich gegen die Eindringlinge zu wehren, zeigen eine tiefe Spaltung der israelischen Gesellschaft und eine Gefahr für die Existenz des Staates.

Die israelischen Attentate auf Fuad Shukr von der Hisbollah in Beirut und Ismail Haniyeh, den Chef des politischen Flügels der Hamas in Teheran, in der vergangenen Woche haben internationale Aufmerksamkeit erregt, da Israels illegale Angriffe auf das Hoheitsgebiet anderer Staaten die Wahrscheinlichkeit eines umfassenden regionalen Krieges stark erhöht haben (siehe BIP-Aktuell #280). Sie machen es fast unmöglich, in den Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Gazastreifen und einen Gefangenenaustausch voranzukommen. Diese Provokationen müssen vor dem Hintergrund der tiefen politischen und rechtlichen Krise verstanden werden, die sich seit Montag, den 29. Juli 2024 in Israel abzeichnet.



Sde Teiman [Jemenfeld] ist ein Militärgefängnis im Negev, nicht weit von Beersheba entfernt. Palästinensische Gefangene werden dort unter grausamen Bedingungen festgehalten. Israel hat im Rahmen seiner Propaganda zur Rechtfertigung des Krieges in Gaza immer wieder auf die Gewalt der Hamas und anderer palästinensischer Widerstandsgruppen gegen israelische Zivilisten am 7. Oktober verwiesen. Diese angebliche Rechtfertigung hat die deutsche Regierung davon überzeugt, die Augen vor Israels Gräueltaten in Gaza zu verschließen. Jedoch sollte daran erinnert werden, dass die meisten der in Sde Teiman inhaftierten Palästinenser keines Verbrechens angeklagt sind. Der palästinensische Anwalt Khaled Mahajneh war der erste Anwalt, der Sde Teiman betreten durfte und berichtete, was er dort am 27. Juni sah. Er sagte aus, dass das Lager schlimmer sei als in  Guantánamo, da die Gefangenen täglich gefoltert, ausgehungert und gedemütigt würden. Die Häftlinge in dem Lager hätten nicht einmal gewusst, wo sie festgehalten werden,  sie hätten ihr Gefängnis „Todeslager“ genannt. 

Am 31. Juli veröffentlichte der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, einen detaillierten Bericht über die Haftbedingungen in Sde Teiman. Die Lektüre des Berichts ist schwer auszuhalten. Denn unter den vielen Grausamkeiten, die darin beschrieben werden, stellt der Bericht fest, dass mindestens 53 palästinensische Gefangene in der Haft an den Folgen von Vernachlässigung, Hunger, Folter und Verweigerung des Zugangs zu medizinischer Versorgung gestorben sind. Der Bericht beschreibt auch sexuelle Gewalt gegen die Gefangenen, einschließlich Vergewaltigungen.

Die israelischen Behörden wussten, dass der Bericht bald veröffentlicht werden würde, und beschlossen, gegen eine Gruppe von Soldaten und Gefängniswärtern zu ermitteln, die im Verdacht stehen, palästinensische Gefangene vergewaltigt zu haben. Ein palästinensischer Gefangener wurde angeblich mit Werkzeugen so sehr vergewaltigt, dass er dabei schwere  Verletzungen erltt. Er wurde ins Krankenhaus eingeliefert und nach Sde Teiman zurückgebracht. Wie Or Bassok in Haaretz (auf Hebräisch) schrieb, ist die angekündigte Untersuchung nur ein Lippenbekenntnis, da die israelischen Justizbehörden nicht einmal Anstrengungen unternehmen, um die Bombardierung des Gazastreifens und die Hungersnot (siehe BIP-Aktuell #311), die zum Tod von Zehntausenden von Menschen geführt hat, zu untersuchen. Bassok glaubt, dass lediglich eine symbolische Anzahl israelischer Soldaten angeklagt und vor ein Kriegsgericht gestellt wird, um den Anschein der Rechtsstaatlichkeit zu erwecken. Dies wird den Internationalen Strafgerichtshof aber nicht davon überzeugen, von der Ausstellung von Haftbefehlen gegen hochrangige israelische Politiker und Offiziere abzusehen.

Am Montag, den 29. Juli, um 13 Uhr veröffentlichten Soldaten aus Sde Teiman in den sozialen Medien, dass die Militärpolizei eingetroffen sei, um Verhaftungen vorzunehmen, und baten um Hilfe. Die Zeitung Haaretz veröffentlichte eine detaillierte Beschreibung (auf Hebräisch) der Ereignisse während der folgenden 12 Stunden. Israelische Knessetmitglieder publizierten Erklärungen, die Soldaten, die der Vergewaltigung und des Missbrauchs von Gefangenen beschuldigt werden, seien „unsere wahren Helden“ und die Militäranwälte, die versuchen, sie anzuklagen, seien Verbrecher. Knessetmitglieder und rechte Prominente hetzten gegen das Justizsystem und riefen die Öffentlichkeit auf, die Verdächtigten zu unterstützen. Einige Knessetmitglieder und ein Minister, Amichai Elyahu, kamen nach Sde Teiman und drangen mit einem wütenden und bewaffneten Mob in die Militärbasis ein, begleitet von schwer bewaffneten Milizionären mit vermummten Gesichtern. Soldaten, die die Tore bewachten, wurden zur Seite gedrängt. Ein Teil des Mobs waren Reservisten mit einem Hemd, das sie als improvisierte Uniform bedruckt hatten und sich als „Force 100“ ausgaben, eine Anspielung auf eine besonders gewalttätige Militäreinheit von Gefängniswärtern, die 2006 aufgelöst wurde.

Die Ereignisse wurden live im israelischen Fernsehen übertragen. Israels berühmtester Journalist Amit Segal ermunterte die Soldaten, die Palästinenser vergewaltigt hatten, amüsiert mit den Worten: „Wenn ihr Erfolg haben wollt, lasst euch nicht erwischen!“ (Quelle auf Hebräisch). Ein Journalist von Haaretz wurde in Sde Teiman von rechtsgerichteten Aktivisten angegriffen. Nachdem die Verdächtigten aus dem Gefängnis gebracht worden waren, folgte der Mob ihnen zum Militärstützpunkt Beit Lid in der Nähe von Netanya im nördlichen Israel. Auf dem Stützpunkt Beit Lid befindet sich das zentrale Militärgericht des israelischen Militärs. Rechte Demonstranten verbrannten Holz an den Toren des Stützpunkts und versuchten, ihn zu betreten, schlugen gegen die Zäune, einige versuchten, hineinzuklettern. Die israelische Polizei nahm niemanden fest und konnte die Unruhen, die bis Dienstag um 1 Uhr morgens andauerten, nicht verhindern.



Am nächsten Morgen berichteten israelische Zeitungen über die Unruhen als „Chaos“, „Anarchie“ und „Zusammenbruch des Staates“. Die Untätigkeit der Polizei wurde als Folge des Einflusses des rechtsextremen israelischen Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, gewertet, der in Echtzeit Erklärungen abgegeben hatte, in denen er die Verdächtigten unterstützte und den Versuch, sie vor Gericht zu stellen, verurteilte. Die Unruhen wurden mit dem Angriff auf das Kapitol am 6. Januar 2021 in den USA verglichen, weil in beiden Fällen die populistische Rechte einen gewaltsamen Versuch unternommen hat, die Rechtsstaatlichkeit zu untergraben.
Zwischen beiden Ereignissen besteht jedoch ein deutlicher Unterschied, denn dem Angriff auf das Kapitol gingen nachrichtendienstliche Ermittlungen voraus, und die Teilnehmer an den Ausschreitungen sowie diejenigen, die dazu aufriefen, wurden angeklagt. In Israel unternahm die Polizei keinen Versuch, die maskierten Angreifer zu identifizieren. Staatsanwältin Gali Baharav-Miara gab bekannt, dass die Knessetmitglieder, die an den Ausschreitungen beteiligt waren, keine parlamentarische Immunität genießen, und bereitet eine Anklage gegen sie vor.
Der israelische Journalist Nadav Eyal twitterte (in Anlehnung an Max Weber): „Die Definition eines Staates, auch eines nicht-demokratischen, basiert auf dem Gewaltmonopol. In Militärbasen einzubrechen […] und die Ermittlungsbehörden anzugreifen, sind Anzeichen für den Zerfall des Staates.“ (Quelle auf Hebräisch). Wenn Israels geschwächtes Justizsystem es nicht schafft, die Knessetmitglieder, den Minister Amichai Elyahu und die Mitglieder des Mobs, die die Unruhen angezettelt haben, strafrechtlich zu verfolgen, ist der Staat in seiner Existenz gefährdet.

Am 5. August veröffentlichte Haaretz weitere Informationen über die schrecklichen Bedingungen im Gefangenenlager Sde Teiman, die sich auf eine Untersuchung von B’tselem stützen.

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Kommentare

 
Autumn 10.08.2024 06:22

Zeugenaussagen israelischer Soldaten aus Gaza

Die Aussagen israelischer Soldaten zu den in Gaza begangenen Gräueltaten, der mangelnden Rechenschaftspflicht und der fehlenden militärischen Disziplin sind im Zusammenhang mit der systematischen Kampagne Israels, die Medienberichterstattung über Gaza zum Schweigen zu bringen, wichtig. Die in den Zeugenaussagen der Soldaten offengelegten Informationen beweisen, dass die deutsche Regierung nicht behaupten kann, die israelischen Streitkräfte würden innerhalb der Grenzen des Völkerrechts agieren.

Dieser Text wurde vom Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. (BIP) zusammengefasst. Angesichts der mangelnden Berichterstattung zu diesem Thema, hat acTVism Munich e.V. entschieden es heute zu veröffentlichen.

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Autumn 10.08.2024 06:33
https://news.antiwar.com/2024/08/05/smotrich-it-may-be-moral-and-justified-for-israel-to-starve-2-million-palestinians-to-death-in-gaza/

Dave DeCamp -- 05. Aug. 2024

Smotrich: Es kann ‘moralisch und gerechtfertigt’ sein,
dass Israel 2 Millionen Palästinenser in Gaza verhungern lässt



Der israelische Minister sagt, dass Israel nur aufgrund des internationalen Drucks Hilfsgüter nach Gaza lässt

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich sagte am Montag, dass es für Israel “moralisch und gerechtfertigt” sein könnte, zwei Millionen Palästinenser im Gazastreifen verhungern zu lassen, dass es aber aufgrund des internationalen Drucks nicht dazu kommen könne.

“Wir bringen Hilfe, weil wir keine andere Wahl haben”, sagte Smotrich auf einer von Israel Hayom veranstalteten Konferenz, wie die Times of Israel berichtet. “In der gegenwärtigen globalen Realität können wir keinen Krieg führen. Niemand wird zulassen, dass wir 2 Millionen Zivilisten verhungern lassen, auch wenn dies gerechtfertigt und moralisch vertretbar wäre, bis unsere Geiseln zurückgegeben werden.”

Smotrich fuhr fort: “Humanitäre Hilfe im Austausch für humanitäre Hilfe ist moralisch gerechtfertigt – aber was können wir tun? Wir leben heute in einer bestimmten Realität, wir brauchen internationale Legitimität für diesen Krieg.”

Smotrich wird in der israelischen Politik oft als Extremist am Rande des Geschehens dargestellt, doch als Finanzminister hat er erhebliche Macht und ist im Verteidigungsministerium auch für die Siedlungen im Westjordanland zuständig. Seine Drohungen, die Regierung zu verlassen, wenn ein Geiselabkommen mit der Hamas zustande kommt, sind ein Grund für die Fortsetzung des Angriffs auf den Gazastreifen.

Die völkermörderische Rhetorik israelischer Beamter wurde in der Völkermordklage Südafrikas gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) als Beweismittel verwendet. Als Israel nach dem 7. Oktober erstmals eine vollständige Absperrung des Gazastreifens verhängte, sagte Verteidigungsminister Yoav Gallant, das israelische Militär kämpfe gegen “menschliche Tiere”.

Israel hat zwar einige Hilfslieferungen in den Gazastreifen zugelassen, aber das war nur ein Rinnsal, und die Mehrheit der Palästinenser leidet unter schwerem Nahrungsmittelmangel. Auch Krankheiten breiten sich rasch aus, da die zivile Infrastruktur durch das israelische Bombardement zerstört wurde.

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Autumn 10.08.2024 18:13
Worauf es ankommt

von Erich Fried

Es kommt im Augenblick
nicht darauf an
wann es war
dass die Unterdrückerregierung
in Israel
sich verwandelt hat
in eine Verbrecherregierung

Aber es kommt darauf an
zu erkennen
dass sie jetzt eine
Verbrecherregierung ist

Es kommt auch nicht mehr
darauf an
darüber zu streiten
nach welchem Vorbild
sie ihre Verbrechen begeht.
Diese Verbrechen selbst
tragen sichtbar die Spur ihres Vorbilds.

Aber es kommt darauf an
nicht nur klagend oder erstaunt
den Kopf zu schütteln
über diese Verbrechen
sondern endlich
etwas dagegen zu tun

Es kommt nicht darauf an
was man ist
Moslem, Christ, Jude, Freigeist:

Ein Mensch
der ein Mensch ist
kann nicht schweigen
zu dem was geschieht.

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