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Petrus (3): Unsere Radio-Akademie

Petrus (3): Unsere Radio-Akademie
Unter dem Kreuz: eine Leerstelle. Simon Petrus, der Zeuge Jesu schlechthin, fehlt in der entscheidenden Stunde, auf Golgota. Maria ist da, einige weitere Frauen, auch der Apostel Johannes. Aber Petrus nicht. Was ist da passiert? Dieser Frage gehen wir in der dritten Folge unserer Sendereihe nach.


Zunächst zu den Fakten. Die Leidensgeschichten Jesu gehören zum ältesten Textbestand der Bibel, hier sind wir ganz nah dran an dem, was sich vor über 2.000 Jahren in Jerusalem abgespielt hat. Schon auf dem Weg hin zur heiligen Stadt ist Petrus übel aufgefallen, denn als Jesus seinen Begleitern ankündigt, er müsse in Jerusalem leiden und sterben, versucht der ungestüme Apostel ihn davon abzubringen – und fängt sich dafür einen scharfen Verweis des Herrn ein. Jetzt, beim letzten Abendmahl in der Stadt, geht Jesus noch einen Schritt weiter und lässt die Apostel wissen, sie alle würden in der kommenden Nacht Anstoß nehmen an ihm. Und wieder erweist sich Petrus als störrisch: „Selbst wenn alle Anstoß nehmen sollten – ich nicht! … Selbst wenn ich mit dir sterben müsste – ich werde dich nicht verleugnen!“

„Hier geht es um Leben und Tod. Um Zeugenschaft. Um Verlässlichkeit“

Diesmal lässt uns die Starrköpfigkeit des Petrus nicht lächeln; die Szene hat auch nichts Anekdotisches. Denn hier geht es, buchstäblich, um Leben und Tod und wieder Leben. Und um noch mehr: Um Zeugenschaft, um Verlässlichkeit. Darum, ob jemand im entscheidenden Moment zu Jesus steht… oder eben nicht. Es vergehen nur wenige Stunden, dann ist eingetreten, was der Herr vorhergesagt hat: Petrus hat seinen Meister verleugnet, aus Angst, ebenfalls verhaftet zu werden. In Bachs Matthäuspassion singt der Apostel, der von seinem Verrat zutiefst erschüttert und aufgewühlt ist: „Erbarme dich, mein Gott, um meiner Zähren willen!“ (Zähren, das bedeutet Tränen.) Schaue hier, Herz und Auge weint vor dir, bitterlich!“ 

Jesus am Kreuz
Jesus am Kreuz
Das schmähliche Versagen des Petrus
Was fangen wir nun an mit diesem schmählichen Versagen des Petrus, was bedeutet es für uns? Eine erste Antwort darauf gibt wieder Bach, und zwar diesmal in der Johannespassion. Der Text eines Chorals geht davon aus, dass sich der gefangene Jesus im Moment der Verleugnung umgewandt und Petrus einen Blick zugeworfen hat.

Petrus, der nicht denkt zurück,
seinen Gott verneinet,
der doch auf ein ernsten Blick
bitterlichen weinet,
Jesu, blicke mich auch an,
wenn ich nicht will büßen,
wenn ich Böses hab getan,
rühre mein Gewissen.

Bach macht da eine spannende Gleichung auf: Petrus, das sind in diesem Moment wir. Sie und ich. „Jesus, blicke mich auch an…“ Uns trifft, selbst im Augenblick des schlimmsten Scheiterns, der Blick Jesu. Und der Blick Jesu ist eine Berufung: Petrus und Andreas sind auf einen Blick Jesu hin von den Netzen weg in seine Nachfolge berufen worden. Petrus erlebt hier eine zweite Berufung, einen neuen Ruf in die Nachfolge. Der Blick Jesu hat deswegen zwar etwas Mahnendes, aber nicht Strafendes.

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Die Gegen-Szene zur Verleugnung
Das Johannes-Evangelium macht das deutlich. Als Jesus nach seiner Auferstehung den Elf am See Gennesaret erscheint, fragt er den Simon dreimal: „Liebst du mich?“ Damit stellt der Herr sozusagen die Szene des Verrats nach, in der der Hahn dreimal gekräht hatte. Petrus versteht die Anspielung denn auch und wird traurig. Aber Jesus spricht ihm genau in diese Situation der Verleugnung hinein neu seine Berufung zu: „Weide meine Lämmer! Weide meine Schafe!“ Gerade im Moment der Verleugnung und des Verrats lässt Jesus den Petrus nicht fallen, sondern bekräftigt den Ruf in seine Nachfolge, ja sogar seine herausgehobene Rolle in der Jüngerschar.

Aber noch einmal gefragt: Was heißt es für uns römisch-katholische Christen, dass der wichtigste Zeuge so ein unzuverlässiger Geselle ist? Und dass das Papsttum und die Kirche nicht auf dem intellektuellen Paulus fußen, auf dem frommen Jakobus oder dem Theologen Johannes, sondern ausgerechnet auf dem wankelmütigen Petrus? Wir müssen diese Gegebenheit auch theologisch ernstnehmen. Am Anfang war die Unzuverlässigkeit. Ob uns das gefällt oder nicht: Das gehört auch zum Charisma des Papsttums hinzu. Das Defizitäre, das Unzulängliche, es wird in der Nachfolgeschaft des Petrus geradezu institutionell.

Joseph Ratzinger, der spätere Benedikt XVI., hatte eine interessante Theorie zum Versagen des Petrus
Joseph Ratzinger, der spätere Benedikt XVI., hatte eine interessante Theorie zum Versagen des Petrus
Das Versager-Gen
Theologen machen aus dieser Not gern eine Tugend: Dieses Versager-Gen, so argumentieren sie, führt doch dazu, dass das Petrusamt nie zum Selbstzweck werden kann, sondern immer über den jeweiligen Amtsinhaber hinaus auf Jesus verweist. Joseph Ratzinger, der verstorbene Papst Benedikt XVI., las auch die glorreiche „Du bist Petrus“-Szene im Licht von Scheitern und Versagen: Es sei doch auffallend, dass Jesus ausgerechnet dem Petrus mit der Schlüsselgewalt die Vollmacht der Sündenvergebung zugesprochen habe; denn auf Vergebung gründe die Kirche, und gerade dafür stehe keiner so überzeugend wie der so häufig gestrauchelte Petrus.

Das Papsttum, das so gern mit Pauken und Trompeten an den „Du bist Petrus“-Moment erinnert, tut jedenfalls gut daran, den Verrat des Petrus nicht zu vergessen. Er gehört zu seiner DNA. Der Papst ist nicht nur Nachfolger von Petrus, dem glaubwürdigen Zeugen, sondern auch von Petrus, dem Versager.

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