So, so…..

So, so…..
So hat Jesus doch nie im Leben ausgesehen, dachte ich, als ich mir ein Abendmahl - Gemälde im Pfarrbüro ansah. Der war doch ein arabischer Jude, wieso sieht er denn auf den meisten Bildern aus wie einer von den Bee Gees?
Weiter kam ich in meinen Gedanken nicht, denn Pastor Gabriel betrat das Büro, ein älterer Herr mit Bart, einschüchternden Augen und tiefen Sorgenfalten, die sicherlich jeder bekommt, der über 30 Jahre Schäfchen hüten muss.. Ohne jegliche Begrüßung fragte er mich: „Liebst du ihn, Marie?“
„ Ja….ähem…klar liebe ich Jesus…. Großartiger Mann….“ antwortete ich. 
„ Ich meine den Mann, den du in meiner Kirche heiraten willst.“
„Ooh…“
Pastor  Gabriel  stellte immer so indiskrete Fragen. Die meisten Leute in unserem kleinen Örtchen Malente führten das darauf zurück, dass er sich ernsthaft für die Menschen interessierte. Ich hingegen glaubte, dass er schlicht und ergreifend, unglaublich neugierig war.
„ Ja“ erwiderte ich, „ natürlich liebe ich ihn“
„ Nimm Platz Marie“ , forderte mich Gabriel auf und schob einen Ledersessel an den Schreibtisch. Ich setze mich hin und versackte im dunklen 70 -Jahre -Leder, während Gabriel an seinem Tisch Platz nahm.
Ich musste zu ihm aufsehen, und mir war sofort klar: das ist eine von ihm durchaus beabsichtigte Blickachse.
„ Du willst also in der Kirche heiraten?“ fragte Gabriel.
Nein, im Hühnerstall hätte ich am liebsten geantwortet, erwiderte aber in möglichst netten Tonfall : „ Ja, darüber wollte ich mit Ihnen sprechen.“
„ Und warum willst du in der Kirche heiraten, Marie?“

Die ehrliche Antwort darauf wäre gewesen: weil es nichts unromantischeres gibt, als eine Hochzeit auf dem Standesamt. Und ich schon als kleines Mädchen von einer kirchlichen Hochzeit in weiß geträumt habe und es auch jetzt noch tue, obwohl ich vom Kopf her natürlich weiß, dass es nichts Kitschigeres gibt, aber wer interessiert sich bei einer Heirat schon über den Kopf? Doch dieses zu zu geben, schien mir nicht gerade förderlich für mein Anliegen zu sein. Daher stammelte ich mit dem besten Lächeln, dass ich nur zaubern konnte:“ Ich… Es ist mir ein tiefes Bedürfnis in der Kirche… vor Gott…“ 
„ Marie, ich sehe dich hier so gut wie nie in den Gottesdiensten.“ unterbrach mich Gabriel scharf.
„ Ich muss beruflich soviel tun.“ 
„ Am siebten Tag sollst du ruhen.“

Ich ruhte am siebten Tag, und auch am sechsten Tag, und manchmal feierte ich sogar krank, um an einem der ersten fünf Tage zu ruhen, aber das war wohl nicht das, was Gabriel meinte.

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