Türkei: Vikar von Istanbul vermutet religiöses Motiv bei Kirchenattacke
29.01.2024 08:06
Türkei: Vikar von Istanbul vermutet religiöses Motiv bei Kirchenattacke
29.01.2024 08:06
Türkei: Vikar von Istanbul vermutet religiöses Motiv bei Kirchenattacke
Bischof Massimiliano Palinuro, Apostolischer Vikar von Istanbul und Apostolischer Administrator von Konstantinopel, geht nach dem Attentat in der katholischen Kirche St. Maria Draperis in Istanbul von einer religiösen Motivation aus. Der Italiener äußerte sich in einer ersten Reaktion gegenüber Radio Vatikan.
„Die Motive sind nicht konkret bekannt, sie müssen noch überprüft werden, aber die Elemente, die sich bisher herauskristallisiert haben, deuten auf einen religiös motivierten Angriff hin, eine Motivation der religiösen Intoleranz", sagte Palinuro. Er bestätigte, dass bei der Messe am Sonntagmorgen während des Sanctus, „zwei bewaffnete Personen eintraten und viele Schüsse in die Luft abgaben". Ein Gläubiger mit psychischen Problemen habe „den Mut gehabt, gegen dieses Vorgehen protestieren“, so Palinuro. Daraufhin hätten die Maskierten den Mann erschossen.
„Als christliche Gemeinschaft bitten wir die Behörden, Klarheit zu schaffen“
Die Gemeinde sei zutiefst schockiert. Es sei nun eine „Zeit des Gebets, der Solidarität mit der katholischen Gemeinde von Büyükdere“. Der Bischof fügte hinzu, er erwarte sich rasche Aufklärung. „Als christliche Gemeinschaft bitten wir die Behörden, Klarheit zu schaffen und die Wahrheit zu suchen. Wir fordern natürlich nur Gerechtigkeit für diesen Menschen, der sein Leben verloren hat. Und gleichzeitig bitten wir um mehr Sicherheit, damit die Sicherheit der Gläubigen der christlichen Gemeinschaften sichergestellt ist, die im Glauben ausharren und die manchmal sogar sehr weite Strecken zurücklegen, um an der Eucharistiefeier teilzunehmen.“
„Die Ermittlungen unserer Polizei und Staatsanwaltschaft dauern an. Es gibt keine Verletzten, nur eine Person wurde angegriffen", berichtet unterdessen der Istanbuler Gouverneur Davut Gül, zitiert von „Hurriyet". Die Täter würden gefasst und vor Gericht gestellt werden. Präsident erdogan verfolge den Vorfall, so Gül weiter.
Die Generalstaatsanwaltschaft von Istanbul hat eine Untersuchung eingeleitet. Der stellvertretende Generalstaatsanwalt und zwei Staatsanwälte wurden damit beauftragt, den Vorfall aufzuklären. "Die Bemühungen zur Identifizierung und Festnahme der Verdächtigen, die den Anschlag verübt haben, gehen weiter. Die Ermittlungen werden mit großer Sorgfalt geführt", sagte der türkische Justizminister Yilmaz Tunç.
(vatican news – gs)
„Die Motive sind nicht konkret bekannt, sie müssen noch überprüft werden, aber die Elemente, die sich bisher herauskristallisiert haben, deuten auf einen religiös motivierten Angriff hin, eine Motivation der religiösen Intoleranz", sagte Palinuro. Er bestätigte, dass bei der Messe am Sonntagmorgen während des Sanctus, „zwei bewaffnete Personen eintraten und viele Schüsse in die Luft abgaben". Ein Gläubiger mit psychischen Problemen habe „den Mut gehabt, gegen dieses Vorgehen protestieren“, so Palinuro. Daraufhin hätten die Maskierten den Mann erschossen.
„Als christliche Gemeinschaft bitten wir die Behörden, Klarheit zu schaffen“
Die Gemeinde sei zutiefst schockiert. Es sei nun eine „Zeit des Gebets, der Solidarität mit der katholischen Gemeinde von Büyükdere“. Der Bischof fügte hinzu, er erwarte sich rasche Aufklärung. „Als christliche Gemeinschaft bitten wir die Behörden, Klarheit zu schaffen und die Wahrheit zu suchen. Wir fordern natürlich nur Gerechtigkeit für diesen Menschen, der sein Leben verloren hat. Und gleichzeitig bitten wir um mehr Sicherheit, damit die Sicherheit der Gläubigen der christlichen Gemeinschaften sichergestellt ist, die im Glauben ausharren und die manchmal sogar sehr weite Strecken zurücklegen, um an der Eucharistiefeier teilzunehmen.“
„Die Ermittlungen unserer Polizei und Staatsanwaltschaft dauern an. Es gibt keine Verletzten, nur eine Person wurde angegriffen", berichtet unterdessen der Istanbuler Gouverneur Davut Gül, zitiert von „Hurriyet". Die Täter würden gefasst und vor Gericht gestellt werden. Präsident erdogan verfolge den Vorfall, so Gül weiter.
Die Generalstaatsanwaltschaft von Istanbul hat eine Untersuchung eingeleitet. Der stellvertretende Generalstaatsanwalt und zwei Staatsanwälte wurden damit beauftragt, den Vorfall aufzuklären. "Die Bemühungen zur Identifizierung und Festnahme der Verdächtigen, die den Anschlag verübt haben, gehen weiter. Die Ermittlungen werden mit großer Sorgfalt geführt", sagte der türkische Justizminister Yilmaz Tunç.
(vatican news – gs)
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Arne 29.01.2024 08:14
Der IS hat sich meines Wissens bereits dazu bekannt? 😮
Arne 29.01.2024 08:16
"Mit ihrer Tat seien die Täter dem Aufruf der IS-Führung gefolgt, überall Christen und Juden zu töten, erklärte die Dschihadistenmiliz in ihrer Bekenner-Botschaft im Messengerdienst Telegram."
Klavierspielerin2 29.01.2024 08:19
Danke @Arne.
Ich halte auch weiter Ausschau in katholischen Medien und poste diese, sobald es neue Erkenntnisse gibt.
Ich halte auch weiter Ausschau in katholischen Medien und poste diese, sobald es neue Erkenntnisse gibt.
(Nutzer gelöscht) 29.01.2024 09:26
Gottes Liebe wird immer wieder angegriffen und ich bin tief erschüttert . Wir können nur durch Gebet um Frieden bitten . Gott wird alles f ü g e n .
Ein unschuldiger Mensch wurde getötet , weil er seinen Glauben praktiziert und gelebt hat . Möge er Gott ewig schauen dürfen .
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Danke werte @Klavier für den Beitrag , Gruß 😊
Ein unschuldiger Mensch wurde getötet , weil er seinen Glauben praktiziert und gelebt hat . Möge er Gott ewig schauen dürfen .
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Danke werte @Klavier für den Beitrag , Gruß 😊
(Nutzer gelöscht) 29.01.2024 12:12
Einen gesegneten Wochenstart !
Wenn man in einer Kirche nicht mehr sicher ist,
wo dann ?
Wie in Frankreich und anderswo. Schlimm.
Wenn man in einer Kirche nicht mehr sicher ist,
wo dann ?
Wie in Frankreich und anderswo. Schlimm.
Klavierspielerin2 29.01.2024 13:57
Türkei: IS bekennt sich zum Anschlag, Verdächtige verhaftet
Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) hat sich zu dem Attentat auf eine Kirche in Istanbul am vergangenen Sonntag bekannt. Türkische Behörden melden die Verhaftung von zwei Verdächtigen. Beide sollen laut Polizei zum IS gehören.
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Im Fall des Attentats auf eine Kirche in Istanbul während des Sonntagsgottesdienstes, bei dem ein Gläubiger zu Tode kam, hatte die türkische Polizei am Sonntagabend die Verhaftung zweier Verdächtiger bekanntgegeben. Es handelt sich demnach um einen Tschetschenen mit russischem Pass sowie einen Tadschiken. Laut türkischem Innenministerium sind beide mit der Terrormiliz „Islamischer Staat“ verbunden. Im Internet reklamierte der IS das Attentat für sich: „Zwei Kämpfer des Islamischen States haben eine christliche Kirche angegriffen, während die Ungläubigen ihren eigenen Riten folgten“. Die türkischen Behörden haben sich hierzu noch nicht geäußert. Es wäre die erste Attacke des IS auf türkischem Boden seit einem Angriff an Neujahr 2017.
Bizetti: „Christenfeindliche Attacke“
Während der Sonntagsmesse in der Kirche Santa Maria in Sariyer waren zwei bewaffnete Männer in das Gotteshaus eingedrungen und hatten Schüsse von sich gegeben. Als ein Gläubiger dagegen protestierte, wurde er von den Angreifern erschossen. Der Apostolische Vikar von Anatolien, Paolo Bizetti, bezeichnete den Angriff als christenfeindliche Attacke: „Ich habe das Video des Angriffes gesehen. Wie mir scheint, handelt es sich dabei um ein antichristliches Attentat mit religiöser Grundierung. Es handelt sich um ein Attentat gegen eine christliche Minderheit, eine der vielen, die es in der Türkei und im Nahen Osten gibt.“ In der Türkei seien die Christen seit Jahrzehnten die „größte Zielscheibe“ von Angriffen.
Papst Franziskus hatte den Angriff während seines Mittagsgebets am Sonntag scharf verurteilt. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus, hat sich in einem Schreiben zu den Angriffen geäußert: „Niemand darf zulassen, dass die Angst über den sozialen Frieden siegt und das harmonische Zusammenleben der Religionsgemeinschaften im Lande zerstört“, erklärte der Patriarch. Er hatte sich unmittelbar nachdem er die Nachricht über das Attentat erhalten hatte an den Apostolische Vikar von Istanbul, Bischof Massimiano Palinuro gewandt und den Hinterbliebenen sowie der gesamten Gemeinde seine und der Kirche Unterstützung und tief empfundenes Beileid ausgedrückt.
(sir – ww)
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Während der Sonntagsmesse in der Kirche Santa Maria in Sariyer waren zwei bewaffnete Männer in das Gotteshaus eingedrungen und hatten Schüsse von sich gegeben. Als ein Gläubiger dagegen protestierte, wurde er von den Angreifern erschossen. Der Apostolische Vikar von Anatolien, Paolo Bizetti, bezeichnete den Angriff als christenfeindliche Attacke: „Ich habe das Video des Angriffes gesehen. Wie mir scheint, handelt es sich dabei um ein antichristliches Attentat mit religiöser Grundierung. Es handelt sich um ein Attentat gegen eine christliche Minderheit, eine der vielen, die es in der Türkei und im Nahen Osten gibt.“ In der Türkei seien die Christen seit Jahrzehnten die „größte Zielscheibe“ von Angriffen.
Papst Franziskus hatte den Angriff während seines Mittagsgebets am Sonntag scharf verurteilt. Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus, hat sich in einem Schreiben zu den Angriffen geäußert: „Niemand darf zulassen, dass die Angst über den sozialen Frieden siegt und das harmonische Zusammenleben der Religionsgemeinschaften im Lande zerstört“, erklärte der Patriarch. Er hatte sich unmittelbar nachdem er die Nachricht über das Attentat erhalten hatte an den Apostolische Vikar von Istanbul, Bischof Massimiano Palinuro gewandt und den Hinterbliebenen sowie der gesamten Gemeinde seine und der Kirche Unterstützung und tief empfundenes Beileid ausgedrückt.
(sir – ww)
paloma 29.01.2024 20:12
Bislang waren die Großkirchen in der Türkei relativ sicher,im Gegensatz zu kl christlichen Gemeinden u Hauskreisen.
Ich hoffe u bete,dass dies ordentlich aufgeklärt u strafrechtlich verfolgt wird.Denn welche Kreise wird es sonst in Folge ziehen.Schon jetzt sind Christen sehr eingeschränkt,dürfen nicht missionieren.....
Unser Mitgefühl geht zur Fam.des Ermordeten,aber auch zu allen in dieser Kirche Anwesenden.Welches Entsetzen u Furcht das Attentat ausgelöst haben muss.
Ich hoffe u bete,dass dies ordentlich aufgeklärt u strafrechtlich verfolgt wird.Denn welche Kreise wird es sonst in Folge ziehen.Schon jetzt sind Christen sehr eingeschränkt,dürfen nicht missionieren.....
Unser Mitgefühl geht zur Fam.des Ermordeten,aber auch zu allen in dieser Kirche Anwesenden.Welches Entsetzen u Furcht das Attentat ausgelöst haben muss.
hansfeuerstein 29.01.2024 22:33
Ich hätte gerne einfach mal eine offizielle Antwort auf die Frage, warum Muslime Christen töten, nur weil sie Christen sind.
Klavierspielerin2 30.01.2024 13:02
WEITERE DETAILS ZU ANSCHLAG AUF GOTTESDIENSTBESUCHER BEKANNT
Todesopfer in katholischer Kirche in Istanbul war kein Christ
VERÖFFENTLICHT AM 30.01.2024 UM 12:36
ANKARA ‐ Am Sonntag wurde bei einem Anschlag auf eine katholische Kirche in Istanbul ein Gottesdienstbesucher getötet. Jetzt wurden zu der Tat neue Details bekannt. Auch Bischof Georg Bätzing äußerte sich.
Zwei Tage nach dem Anschlag auf Besucher einer katholischen Kirche in Istanbul werden weitere Details zu der Tat bekannt. Das Todesopfer, der 52-jährige Türke Tuncer Mura Cihan, sei kein Christ, sondern Alevit gewesen, gab der Apostolische Vikar von Istanbul, Massimiliano Palinuro, gegenüber Medien an. In der Pfarrgemeinde Santa Maria Draperis sei der an einer leichten Behinderung leidende Mann dennoch gut bekannt gewesen, da er dort regelmäßig die Gottesdienste besucht habe – so auch am Sonntag zum Tatzeitpunkt.
Aufnahmen der Überwachungskameras zeigen die Momente des Überfalls. Die beiden maskierten, inzwischen verhafteten Täter, die der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) zugerechnet werden und laut der türkischen Regierung aus Tadschikistan und Russland stammen, warteten demnach längere Zeit im Kirchenvorraum und öffneten dem Opfer, das erst nach Beginn der Heiligen Messe kam, sogar die Tür. Kurz darauf drangen sie in den Kirchenraum vor, worauf Cihan ihnen laut Aussagen des Gemeindepriesters "Was macht ihr hier?" zugerufen habe. Alle rund 40 Anwesenden seien daraufhin in Deckung gegangen.
Wie die Filmaufnahmen weiter zeigen, schlugen die Vermummten den 52-Jährigen nieder und schossen ihm in den Kopf. Als sie weitere Schüsse abfeuern wollten – den Untersuchungen zufolge wurden zwei Einschusslöcher an einer Kirchenbank und an einer Wand gefunden – waren ihre Waffen jedoch offenbar blockiert, woraufhin sie aus der Kirche flüchteten. Behördenangaben zufolge hätte der Angriff ansonsten noch mehr Todesopfer fordern können.
Bätzing: Anschlag gefährdet Zusammenleben
Nach dem tödlichen Angriff fürchtet Bischof Georg Bätzing negative Auswirkungen auf die Gesellschaft vor Ort. "Das Sicherheitsgefühl der kleinen christlichen Minderheit in der Türkei wird durch solche Taten weiter erschüttert und das gute Zusammenleben zwischen muslimischen und christlichen Gläubigen gefährdet", heißt es in einer am Montag auf der Plattform "X" (vormals Twitter) veröffentlichten Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Es sei wichtig, "dass Gewalttäter es nicht schaffen, die Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit in Feindschaft zu stürzen", betonte der Limburger Bischof. Als wichtiges Zeichen wertete er in diesem Zusammenhang, dass sowohl der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als auch der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, die kriminelle Tat verurteilt und der katholischen Gemeinde ihr Beileid ausgesprochen hätten. Dennoch bleiben laut Bätzing weiterhin Fragen zu dem Anschlag offen. "Hat nur technisches Versagen einer Waffe noch schlimmeres Unheil verhindert? Haben die beiden Täter im Auftrag der Terrororganisation 'Islamischer Staat' gehandelt?" Auch Bätzing sprach der Gemeinde sein Mitgefühl aus.
(tmg/KNA)
Todesopfer in katholischer Kirche in Istanbul war kein Christ
VERÖFFENTLICHT AM 30.01.2024 UM 12:36
ANKARA ‐ Am Sonntag wurde bei einem Anschlag auf eine katholische Kirche in Istanbul ein Gottesdienstbesucher getötet. Jetzt wurden zu der Tat neue Details bekannt. Auch Bischof Georg Bätzing äußerte sich.
Zwei Tage nach dem Anschlag auf Besucher einer katholischen Kirche in Istanbul werden weitere Details zu der Tat bekannt. Das Todesopfer, der 52-jährige Türke Tuncer Mura Cihan, sei kein Christ, sondern Alevit gewesen, gab der Apostolische Vikar von Istanbul, Massimiliano Palinuro, gegenüber Medien an. In der Pfarrgemeinde Santa Maria Draperis sei der an einer leichten Behinderung leidende Mann dennoch gut bekannt gewesen, da er dort regelmäßig die Gottesdienste besucht habe – so auch am Sonntag zum Tatzeitpunkt.
Aufnahmen der Überwachungskameras zeigen die Momente des Überfalls. Die beiden maskierten, inzwischen verhafteten Täter, die der Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) zugerechnet werden und laut der türkischen Regierung aus Tadschikistan und Russland stammen, warteten demnach längere Zeit im Kirchenvorraum und öffneten dem Opfer, das erst nach Beginn der Heiligen Messe kam, sogar die Tür. Kurz darauf drangen sie in den Kirchenraum vor, worauf Cihan ihnen laut Aussagen des Gemeindepriesters "Was macht ihr hier?" zugerufen habe. Alle rund 40 Anwesenden seien daraufhin in Deckung gegangen.
Wie die Filmaufnahmen weiter zeigen, schlugen die Vermummten den 52-Jährigen nieder und schossen ihm in den Kopf. Als sie weitere Schüsse abfeuern wollten – den Untersuchungen zufolge wurden zwei Einschusslöcher an einer Kirchenbank und an einer Wand gefunden – waren ihre Waffen jedoch offenbar blockiert, woraufhin sie aus der Kirche flüchteten. Behördenangaben zufolge hätte der Angriff ansonsten noch mehr Todesopfer fordern können.
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Nach dem tödlichen Angriff fürchtet Bischof Georg Bätzing negative Auswirkungen auf die Gesellschaft vor Ort. "Das Sicherheitsgefühl der kleinen christlichen Minderheit in der Türkei wird durch solche Taten weiter erschüttert und das gute Zusammenleben zwischen muslimischen und christlichen Gläubigen gefährdet", heißt es in einer am Montag auf der Plattform "X" (vormals Twitter) veröffentlichten Erklärung des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).
Es sei wichtig, "dass Gewalttäter es nicht schaffen, die Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit in Feindschaft zu stürzen", betonte der Limburger Bischof. Als wichtiges Zeichen wertete er in diesem Zusammenhang, dass sowohl der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan als auch der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, die kriminelle Tat verurteilt und der katholischen Gemeinde ihr Beileid ausgesprochen hätten. Dennoch bleiben laut Bätzing weiterhin Fragen zu dem Anschlag offen. "Hat nur technisches Versagen einer Waffe noch schlimmeres Unheil verhindert? Haben die beiden Täter im Auftrag der Terrororganisation 'Islamischer Staat' gehandelt?" Auch Bätzing sprach der Gemeinde sein Mitgefühl aus.
(tmg/KNA)
Klavierspielerin2 01.02.2024 12:53
Meldung vom 1.2.2024
Türkei: Hintergründe des Anschlags vom Sonntag
In der Marienkirche von Büyükdere nördlich von Istanbul ist an diesem Donnerstagabend eine Messe der Wiedergutmachung geplant. Damit setzt die kleine katholische Gemeinschaft nach dem Anschlag vom Sonntag einen neuen Anfang.
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Wir sprachen mit unserer Korrespondentin in Istanbul, Marion Sendker, über das Attentat. Hier sind ihre Einschätzungen.
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„Zumindest in der Westtürkei hat es schon sehr lange keine Anschläge oder gewalttätige Angriffe auf Kirchen mehr gegeben; trotzdem kann man sagen, dass viele dieser Anschlag jetzt in Istanbul nicht besonders überrascht hat. Die Stimmung in der Gesellschaft ist seit Monaten schon sehr stark polarisiert, es gibt brodelnde Unruhen, und wir wissen zum Beispiel aus einem Gesetzentwurf der Opposition, dass aktuell in der Türkei mehr als 35 Millionen nicht registrierte Waffen im Umlauf sind. Rechnet man das jetzt mal pro Kopf herunter, bedeutet das, dass theoretisch im Durchschnitt mindestens jeder zweite Erwachsene in der Türkei mittlerweile bewaffnet ist.
Nun leisten die Geheimdienste im Land in der Regel gute Arbeit; doch kommen seit einigen Jahren nichtöffentlichen Schätzungen von Instituten zufolge immer mehr Menschen ins Land, die radikal sind. Sie stammen gerade aus streng muslimischen Ländern, in denen eben ein ganz anderer, strengerer Islam als in der Türkei die Norm ist. Und da ist zum Teil auch die Rede von Kämpfern, die aus Syrien, aus Afghanistan oder aus Pakistan einreisen. Die werden dann als Migranten oder als Geflüchtete gezählt, gehen dann in der Türkei aber ein bisschen unter…“
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Also in der Bevölkerung gibt es da, glaube ich, weniger Schwierigkeiten und weniger Feindseligkeiten. Das größte Problem ist, denke ich, dass es der islamisch-konservativen Regierung in der Türkei nur vordergründig um Religion geht. Islam ist ein politisches Tool, und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat in den vergangenen mehr als zwanzig Jahren, die er jetzt an der Macht ist, gewissermaßen den politischen Islam als Instrument zum Machterhalt für sich gefunden und weitestgehend etabliert. Das ging natürlich auf Kosten von säkularen Werten im Staat – und eben zum Teil auch auf Kosten einiger Freiheiten für religiöse Minderheiten. Ein Beispiel: das Priesterseminar von Chalki. Früher wurden da orthodoxe Priester ausgebildet, heute ist es geschlossen. Das hat aber, wie ich vermute, weniger rein religiöse als vielmehr politische Gründe. Und das sehen auch andere Beobachter so: Christen sind in dem Fall eher in einer Art politischen Geiselhaft oder werden zum Faustpfand der großen Politik; und in dieser großen Politik scheint es gerade viele Machtkämpfe im Hintergrund zu geben, die sich dann auch auf das öffentliche Leben auswirken können.“
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Also, auch wenn diese Regierung Erdogan einen politisch-islamischen Schwerpunkt hat: Der Schutz von anerkannten religiösen Minderheiten hat immer noch Priorität in der Türkei, und ich denke, das hat etwas mit einem türkischen Reflex zu tun, das ist quasi die türkische Version des deutschen ‚Nie wieder‘. Denn in der Nacht auf den 7. September 1955 hat es in Istanbul ein Pogrom gegeben: Da machte ein Mob regelrecht Jagd auf nichtmuslimische Menschen. Griechen, Armenier, Juden wurden angegriffen, auch ermordet; und die Stimmung war damals in der Bevölkerung sehr angespannt. Man muss sagen, dass die Situation damals dem Staat, der Regierung einfach entglitten ist. Und diese Nacht gilt bis heute für strenge Muslime, aber auch für Nationalisten oder Atheisten diese als ein Schandfleck in der Geschichte der Türkei. Seitdem ist es dem Staat wahnsinnig wichtig, dass er nie wieder die Kontrolle verlieren darf und dass nie wieder Menschen anderen Glaubens so angegriffen werden dürfen.“
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Also in der Bevölkerung gibt es da, glaube ich, weniger Schwierigkeiten und weniger Feindseligkeiten. Das größte Problem ist, denke ich, dass es der islamisch-konservativen Regierung in der Türkei nur vordergründig um Religion geht. Islam ist ein politisches Tool, und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat in den vergangenen mehr als zwanzig Jahren, die er jetzt an der Macht ist, gewissermaßen den politischen Islam als Instrument zum Machterhalt für sich gefunden und weitestgehend etabliert. Das ging natürlich auf Kosten von säkularen Werten im Staat – und eben zum Teil auch auf Kosten einiger Freiheiten für religiöse Minderheiten. Ein Beispiel: das Priesterseminar von Chalki. Früher wurden da orthodoxe Priester ausgebildet, heute ist es geschlossen. Das hat aber, wie ich vermute, weniger rein religiöse als vielmehr politische Gründe. Und das sehen auch andere Beobachter so: Christen sind in dem Fall eher in einer Art politischen Geiselhaft oder werden zum Faustpfand der großen Politik; und in dieser großen Politik scheint es gerade viele Machtkämpfe im Hintergrund zu geben, die sich dann auch auf das öffentliche Leben auswirken können.“
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Türkei: Hintergründe des Anschlags vom Sonntag
30/01/2024
Türkei: Opfer des Anschlags in Istanbuler Kirche war Alevit
29/01/2024
Türkei: IS bekennt sich zum Anschlag, Verdächtige verhaftet
Paolo Affatato und Mario Galgano - Vatikanstadt
„Ich kann nur sagen, dass es einem Wunder zu verdanken ist, dass wir hier in Sicherheit sind: Ich habe es mit eigenen Augen gesehen und erlebt.“ Das Zeugnis von Bruder Anton Bulai, einem Franziskaner-Konventualen, hallt in den Mauern der Kirche Mariä Geburt in Büyükdere, einem Vorort von Istanbul, wider, wo am vergangenen Sonntag, dem 28. Januar, während der Morgenmesse ein Terroranschlag verübt wurde. Fr. Anton Bulai, Oberer der Gemeinschaft von drei Konventualen, denen die Kirche anvertraut ist, stand zum Zeitpunkt des bewaffneten Überfalls, der nicht nur die christliche Gemeinde, sondern „die gesamte türkische Bevölkerung schockierte und bestürzte, am Altar und zelebrierte die Messe“, sagte er. Am Freitagabend sprach der Geistliche während der „Wiedergutmachungsmesse“ und der Wiedereinweihung des Gebäudes und des Altars, die durch die Erschießung und den Mord an Tuncer Cihan, einem alawitischen Muslim, der bei dem Überfall getötet wurde, entweiht worden waren.
An der feierlichen Eucharistiefeier nahmen der Apostolische Nuntius in der Türkei, Erzbischof Marek Solczyński, und an seiner Seite die katholischen Bischöfe der verschiedenen Riten, Priester, Ordensleute, Vertreter der christlichen Kirchen anderer Konfessionen, der jüdischen und muslimischen Gemeinden, zivile Behörden und eine Versammlung von über 300 Gläubigen teil.
Messe auf Türkisch
Der Ritus begann mit der von Erzbischof Marek Solczyński vorgenommenen Segnung des Altars, der zu Beginn der Feier kahl war, und der Wände des Gebäudes. Die Messe wurde in türkischer Sprache von Massimiliano Palinuro, Bischofsvikar von Istanbul und Apostolischer Administrator von Konstantinopel, zelebriert, der in seiner Predigt betonte: „Unsere Gemeinschaft ist verwirrt und verängstigt, aber im Glauben geben wir uns nicht der Angst und Verzweiflung hin. Wir dürfen nicht der Versuchung erliegen, uns zu verschließen.“ Der Bischof dankte allen, „die uns in diesen schwierigen Tagen beigestanden haben“ und bat um Gebete für Tuncer Cihal, den 52-jährigen Mann, der den Alarm ausgelöst hatte, „um zu versuchen, alle zu retten“, aber getötet wurde. Er fügte hinzu: „Wir sind besorgt über die Zukunft. Das Böse der Welt ist sogar in einen heiligen Ort eingedrungen und hat Leid und Tod gesät.“ Aber, so erinnerte er, „vielleicht hätte hier ein Massaker stattgefunden, wenn nicht der Herr selbst die Mörder durch die Blockierung der Waffe aufgehalten hätte“.
Kirchen bleiben offen
Der Bischof kündigte an, dass die Kirchen in Istanbul geöffnet bleiben und die Liturgien nicht „hinter verschlossenen Türen“ gefeiert werden, wie einige vorgeschlagen hatten, weil die Gemeinschaft der Getauften „nicht vor dem Bösen kapituliert, sondern weiterhin auf Gott vertraut“. Diese schmerzlichen Umstände lehren uns, „der Versuchung des Hasses zu entgehen“, sagte er. „Unsere Herzen dürfen nicht vom Hass vergiftet werden“, auch nicht angesichts derer, die die Stadt Istanbul, „ein Symbol für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Kulturen“, entstellen wollen. Im Gegenteil, dieses schreckliche Ereignis muss alle - zivile und religiöse Autoritäten - ermutigen, „gemeinsam die Werte der Geschwisterlichkeit und der religiösen Toleranz zu fördern, angefangen bei den neuen Generationen“. Unterdessen bestätigte das türkische Justizministerium, dass 25 Personen im Zusammenhang mit dem Anschlag auf die katholische Kirche in Istanbul am 28. Januar festgenommen wurden. Unter den 25 Festgenommenen befinden sich auch die beiden Schützen, die in die Kirche eingedrungen sind und als Isis-Anhänger gelten. Es handelt sich um den tadschikischen Staatsbürger Amirjon Kholikov und den russischen Staatsbürger Davit Tanduev, denen „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und schwerer vorsätzlicher Mord“ zur Last gelegt werden.
(vatican news)
Mehr als 300 Gläubige sowie Bischöfe, Priester und Vertreter anderer Konfessionen haben an der vom Apostolischen Vikar geleiteten Feier in der Kirche Mariä Geburt in Büyükdere teilgenommen, wo am 28. Januar während des Morgengottesdienstes ein Terroranschlag verübt wurde. Nuntius Solczyński war ebenfalls anwesend.
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