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Der große Lauscher vor dem Herrn.

Der große Lauscher vor dem Herrn.
OTTO VON BISMARCK UND DER KONFLIKT ZWISCHEN REICH UND KIRCHE


Ein Höhepunkt des Kulturkampfs: 150 Jahre Mai-Gesetze

BONN ‐ Kaum hatte Bismarck das Deutsche Reich geschmiedet, brach er den Konflikt mit der katholischen Kirche vom Zaun. Ein Höhepunkt des Kulturkampfes waren die Maigesetze, die tief in die Rechte der Kirche eingriffen – und lange Nachwirkungen hatten.


Apostel-Skulpturen, fromm blickende Heilige und fratzenschneidende Dämonen: Viele Kirchenfassaden sind in Stein gemeißelte Glaubensbekenntnisse. Doch es gibt auch Skulpturen, die alles andere als fromme Aussagen transportieren.

Die romanische Westfassade der Kölner Kirche St. Andreas beweist das: Von den Konsolen des Rundbogenfrieses hoch oben grinst Reichskanzler Otto von Bismarck (1813-1898) auf die Kirchgänger herab – als großer Lauscher vor dem Herrn. Mit mächtigem Schnauzbart, Tränensäcken, einem vor Empörung geöffneten Mund und einem übergroßen, verdrehten Ohr vernimmt er die Ungehörigkeiten seiner Untertanen.

Die aus dem 19. Jahrhundert stammende Darstellung von Bismarcks großem Lauschangriff war nichts anderes als eine besondere Art des Kommentars zu den Kulturkampfgesetzen nach 1871, mit denen die Regierung des neugegründeten Deutschen Reichs die katholische Kirche in die Schranken weisen wollte.

Kein missionarischer Eifer, sondern politische Taktik

Den Protestanten Bismarck trieb kein missionarischer Eifer, sondern politische Taktik. Die neu entstandene katholische Zentrumspartei war ihm im Wege. Und außerdem wollte der Reichskanzler die Liberalen an sich binden, die – besonders nach dem gerade verkündeten päpstlichen Unfehlbarkeitsdogma – die katholische Kirche als Hort der Finsternis beschimpften.

Ein Höhepunkt des Kulturkampfes waren die sogenannten "Maigesetze" in Preußen und im Reich, die am 11. Mai 1873, vor 150 Jahren, erlassen wurden. Damit griff der Staat massiv in die inneren Belange der Kirche ein: Priester durfte nur noch werden, wer Gymnasium und Universität besucht und neben der theologischen Prüfung auch noch ein Examen in Philosophie, Geschichte und deutscher Literatur abgelegt hatte. Ohne die Zustimmung der Behörden durfte kein Geistlicher bestellt werden. Der Kirchenaustritt wurde erleichtert: Es genügte fortan eine einfache Erklärung vor einem Richter. Ein weiteres Gesetz vom 12. Mai 1873 setzte in Berlin einen königlichen Gerichtshof für die kirchlichen Angelegenheiten ein.

Bildnis Otto von Bismarcks
Bild: ©picture alliance//HIP/The Print Collector
Für Otto von Bismarck war der Kulturkampf politische Taktik.

Als die katholischen Bischöfe sich weigerten, die Maigesetze anzuerkennen, drehte Bismarck die Daumenschrauben noch fester: Ein im Mai 1874 verabschiedetes Gesetz erlaubte dem Staat, solche Geistliche an ihrer Tätigkeit zu hindern und aus Deutschland auszuweisen, die ihr Amt ohne Zustimmung der Behörden ausübten. Ein Jahr später folgte das sogenannte Brotkorbgesetz, das die Einstellung finanzieller Zuwendungen an die Kirche verlangte, solange die Maigesetze nicht beachtet wurden. Das preußische Gesetz vom 31. Mai 1875 verbot alle Orden oder ordensähnlichen Kongregationen, abgesehen von solchen, welche sich der Krankenpflege widmeten.

Doch Bismarck hatte die Widerstandskraft der Kirche unterschätzt. Klerus und Laien, vor allem das Zentrum unter Führung von Ludwig Windthorst, leisteten passiven Widerstand. Unter dem Druck des Staates blühten das katholische Vereinswesen und die Kirchenpresse auf; die Volksfrömmigkeit erwachte neu. Kein katholisches Seminar übernahm das staatliche Kulturexamen, und kein Bischof erfüllte die Anzeigenpflicht. Bis 1876 waren deshalb fast alle preußischen Oberhirten hinter Gittern oder in die Flucht getrieben. Weit über 1.000 Pfarrstellen waren zu dieser Zeit nicht besetzt, während die Geistlichen heimlich die Messe lasen oder Beichte hörten.

Schwerer innenpolitischer Fehler

Für Bismarck erwies sich der Kulturkampf als schwerer innenpolitischer Fehler. Bei den Land- und Reichstagswahlen von 1873 und 1874 verdoppelte das Zentrum seine Stimmanteile und machte sich auf den Weg zur ersten Massenpartei in Deutschland.

Eine Beilegung des Kulturkampfes bahnte sich schließlich nach dem Tod von Papst Pius IX. 1878 an. Sein Nachfolger Leo XIII. wollte die Konfrontation ebenso wie Bismarck beenden. Anfang der 80er Jahre kam es zu ersten Milderungsbestimmungen, 1886 und 1887 zu Friedensgesetzen, die den Kulturkampf offiziell beendeten. Manche Anordnungen blieben allerdings bis ins 20. Jahrhundert: das Verbot der Jesuiten bis 1917 und auch der Kanzelparagraph, mit dem der Konflikt 1871 begonnen hatte.

Das Gesetz, das Priester mit zwei Jahren Haft bedrohte, wenn sie Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise erörterten, wurde in der Bundesrepublik erst 1953 außer Kraft gesetzt. Zivilehe und staatliche Schulaufsicht, ebenfalls Früchte des Kulturkampfes, gelten noch heute.

Von Christoph Arens (KNA)

Kommentare

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Klavierspielerin2 24.01.2024 08:58
Vor 150 Jahren erließ Bismarck das Jesuitengesetz

https://www.christ-sucht-christ.de/christliches-forum/read/98930/
 
Klavierspielerin2 24.01.2024 09:00
Vor 150 Jahren erließ Bismarck das Jesuitengesetz

https://www.christ-sucht-christ.de/christliches-forum/read/98879/
 
done 24.01.2024 12:22
der steuermann hats nicht leicht.....
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