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HEILIGE IM EVANGELISCHEN KIRCHENJAHR

HEILIGE IM EVANGELISCHEN KIRCHENJAHR
( 500 Jahre später...)

Warum die Protestanten jetzt doch Nikolaus und Martin feiern


BONN ‐ Luther war kein großer Freund des heiligen Nikolaus – dabei hat er am Anfang selbst mit seinen Kindern den Gedenktag des Heiligen gefeiert. Trotzdem feiern Protestanten den Bischof von Myra: In der neuen Leseordnung hat er erstmals (2018) einen Gedenktag.


"Die Heiligen, uns weit voran, haben hier nichts erworben" – diese Worte könnten am Nikolaustag in evangelischen Gottesdiensten gesungen werden. Die neue Leseordnung, die zum 1. Advent in Kraft getreten ist, sieht erstmals auch vermeintlich katholische Heiligengedenktage in der Liturgie der Protestanten vor. Für die beiden Heiligenfeste – neben Nikolaus auch St. Martin – wird jeweils dieses Lied des niederländischen reformierten Kirchenmusikers Willem Vogel vorgeschlagen, dessen erste Strophe theologisch schon das Terrain absteckt: Für die Heiligen nach evangelischem Verständnis gibt es keine Vorzugsbehandlung im Himmel, auch für sie gilt Luthers "sola gratia", allein durch die Gnade Gottes sind sie erlöst, nicht durch ihre Werke.

Der Nikolaus-Gedenktag im neuen Lektionar der EKD
Bild: ©Hans Möhler/Luther-Verlag
"Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen" – unter dieses Motto stellt das Lektionar den Gedenktag des Bischofs von Myra.

Dass es nun zu einer neuen Prominenz der Heiligen in der evangelischen Liturgie kommt, liegt aber doch an ihren vorbildlichen Werken. Auch wenn sie schon lange gestorben sind: "Doch reden sie und zeugen noch, den Glauben uns zu stärken", geht das Lied später weiter. So sieht es auch Stephan Goldschmidt. Der Pastor ist Geschäftsführer der Liturgischen Konferenz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die die neue Perikopenordnung erarbeitet hat. "Für uns in der evangelischen Kirche sind die Heiligen Vorbilder des Glaubens und Glaubenszeugen." Martin etwa diene als Beispiel für diakonisches Engagement. "Er gibt die Hälfte seines Mantels dem Bettler – damit folgt er exemplarisch dem Gebot der Nächstenliebe. Er liebt seinen Nächsten wie sich selbst", erläutert Goldschmidt.

Luther war kein Freund des Nikolaus

Dass dieses Verständnis auch im Kirchenjahr seinen Wiederhall findet, war nicht selbstverständlich. Gerade um den heiligen Nikolaus wurde in der Reformationsgeschichte kontrovers gestritten. Bescherte Martin Luther selbst ursprünglich noch seine Kinder am Tag des Heiligen mit Geschenken, rückte er später davon ab. Spätestens ab 1531, so hat es die Lutherforscherin Erika Kohler herausgefunden, gab es im Hause Luther Geschenke vom "Heiligen Christ", und schon früher ist in seinen Schriften vom "Christkindlin" zu lesen. Im frühen 17. Jahrhundert predigte der lutherische Pfarrer Martin Behm gegen den Heiligen an, sah in Nikolausgeschenken einen "bösen Brauch": "weil dadurch die Kinder zum Heiligen gewiesen werden, da wir doch wissen, dass nicht Sankt Niklas, sondern das heilige Christkindlein alles Gute an Leib und Seele bescheret, welches wir auch allein darum anrufen sollten."

Auch bei der Revision der Leseordnung wurde daher in den evangelischen Gremien kontrovers diskutiert. Während die Liturgische Konferenz St. Martin und den Nikolaustag vorgeschlagen hatte, lehnte die "Arbeitsgruppe Texte" die Aufnahme zunächst ab. "Möglicherweise spielten bei dieser Zurückhaltung gewisse traditionelle Vorbehalte eine Rolle, wie zum Beispiel die Auffassung, dass beide Gedenktage doch eher in die katholische als in die evangelische Tradition gehören", verrät Goldschmidt. Dass es dann doch anders kam, war nur dank der guten ökumenische Zusammenarbeit möglich, die heute zwischen den Kirchen herrscht: "Ohne diese wäre es nicht denkbar gewesen, den Martintag oder den Nikolaustag in die neue Perikopenordnung aufzunehmen."

Nikolaus und Christkind kommen zu allen Kindern

Den Ausschlag gegeben hätten dann aber vor allem pragmatische Gründe: Während der Erprobungsphase in den Gemeinden sei deutlich geworden, dass es diese beiden Tage brauche. "Die Aufnahme der Festtage ist wesentlich aus der gemeindlichen Praxis heraus getroffen worden – was mich sehr freut", betont Goldschmidt. Heute kommt der Nikolaus (und Luthers Christkind) eben zu allen Kindern, ganz egal welcher Konfession.

Gottesdienste am Werktag haben in der evangelischen Kirche keine so große Tradition wie in der katholischen; wie und wo die Nikolaus-Texte also angenommen werden, wird sich erst noch zeigen müssen. Vor allem Kinder und Jugendliche in Kita- und Schulgottesdiensten dürften daher mit evangelischen Nikolausfeiern in Berührung kommen. Geeignet sind die Texte aber auch für die Beschäftigung mit dem Heiligen auf biblischer Basis in Hauskreisen, der Bibelgruppe oder der Jugendarbeit.

Biblischer Zugang zu den Heiligen

Bei den vorgeschlagenen Texten setzt die EKD auf einen adventlichen Klassiker, den Propheten Jesaja. Als Lesung aus dem Alten Testament wurde der Beginn des 61. Kapitels gewählt. "Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen" heißt es in der Lutherübersetzung. Auch wenn die jüdische Bibel natürlich noch nichts vom Bischof von Myra aus dem vierten Jahrhundert wissen kann: Die ihm zugeschriebenen Tugenden der Gerechtigkeit, der Nächstenliebe und der Fürsorge für die Armen sind gut biblisch. Passend zu Nikolaus, der heimlich Arme beschenkte, ist auch das gewählte Evangelium: "Wenn du nun Almosen gibst, sollst du es nicht vor dir ausposaunen." (Mt 6, 1–4)


Die evangelische Leseordnung geht damit sogar noch mehr auf den Heiligen ein als die katholische; im Advent sollen in der katholischen Liturgie Heiligenfeste eigentlich nur ausnahmsweise gefeiert werden, auch wenn für beliebte Heilige wie Nikolaus und Barbara Ausnahmen möglich sind. Im Messbuch findet sich für Nikolaus daher nur ein Tagesgebet, in dem auf die Fürsprache des Heiligen um ein großmütiges Herz gebetet wird, "damit wir anderen schenken, was wir empfangen", die Schriftlesungen sind entweder die adventlichen vom Tag oder aus den allgemeinen Formularen für heilige Bischöfe und Hirten.

Solche allgemeinen Heiligen-Formulare braucht es für die evangelische Leseordnung nicht. Anders als bei den Katholiken, wo unzählige Heilige das Kirchenjahr bevölkern, ist es im evangelischen Jahreskreis weniger gedrängt: Erst einmal bleibt es bei den nicht in der Bibel bezeugten Personen bei Martin und Nikolaus. Über den Valentinstag wurde zwar auch diskutiert – der hat es dann aber doch nicht offiziell ins evangelische Kirchenjahr geschafft.

Von Felix Neumann

Kommentare

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done 11.11.2023 12:20
vielleicht werden , doch manche ein wenig weiser, wenn das wort heilige erwähnt wird.🙂
 
Klavierspielerin2 11.11.2023 12:50
DIE VIER BELIEBTESTEN LIEDER FÜR DEN MARTINSZUG

Kinder singen Martinslieder


BONN ‐ "Laterne, Laterne" oder "Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind": Wenn Sie beim Martinszug mitlaufen, werden Sie um einige Lieder nicht herumkommen. Für katholisch.de haben Kinder sie bereits gesungen.


Rund um den Martinstag am 11. November ziehen traditionell viele Kinder mit ihren bunten Laternen durch die Straßen. Vier Lieder sind auf jedem dieser Martinszüge immer zu hören. Die Kinder der katholischen Kita "St. Martin" in Drove im Kreis Düren haben sie für katholisch.de gesungen.
https://youtube.com/watch?v=IGArNvBFkUg&feature=shared


Dieses beliebte Lied von Anfang des 20. Jahrhunderts erzählt die Geschichte von Martin von Tours, der im 4. Jahrhundert nach Christus gelebt hat. Er soll, einem Traum folgend, sich zum Christentum bekehrt und aus diesem Glauben heraus seinen Mantel mit einem Bettler geteilt haben. Das Lied hat insgesamt 20 Strophen, doch nur die ersten vier werden üblicherweise gesungen.
https://youtube.com/watch?v=TTGST1aYde8&feature=shared

"Ich geh' mit meiner Laterne" ist wohl eines der beliebtesten Martinslieder. Es geht zurück auf Lieder in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als das "Laternegehen" sich zunächst vor allem in Norddeutschland etablierte. Die Kindergartenkinder aus Drove singen das Lied mit weniger gebräuchlichen Strophen, die sich auf Sankt Martin beziehen.


https://youtube.com/watch?v=C8Nk6lHhiQ4&feature=shared

Dieses Lied wurde von dem deutschen Komponist Richard Rudolf Klein Anfang der 70er Jahre komponiert, den Text schrieb Lieselotte Holzmeister. Text und Melodie sind so eingängig, dass selbst kleine Kinder das Lied leicht auswendig lernen können.
https://youtube.com/watch?v=_e08LXb47Xc&feature=shared

Dieses Volkskinderlied ist wohl eines der ältesten unter den Martinsliedern: Es ist seit etwa 1740 in verschiedensten Varianten verbreitet. (jhe)
 
rosenwunder 11.11.2023 12:54
oooh wie herzig ❤, Kinderlieder - freut sich nicht nur sankt Martin.....
 
(Nutzer gelöscht) 11.11.2023 18:11
Das erinnert mich an meine Kindergartenzeit. Und ich besuchte einen evangelischen, bei dem wir St. Martins Lieder mit unseren gebastelten Laternen beim St. Martinsumzug durch die Straßen sangen.
 
Sherezade 11.11.2023 18:59
@Klavierspielerin,
muss gerade etwas lachen... vermute in meiner Familie hat man sich nicht so ganz um Luther und die Heiligen geschert... auch die lutherischen Pastorenkinder bekamen wie ich ( lutherisch- katholisch Eltern ) am 6 . 12 Geschenke und und natürlich sind wir am Martinstag  mit Laternen rumgetappert...
 
Klavierspielerin2 11.11.2023 21:19
😉
 
hansfeuerstein 12.11.2023 01:39
Wenn man sich die christlichen Kinder anschaut, sind sie wie kl. Engel im Vergleich zu dem was man andernorts zu sehen bekommt. Hoffentlich schützen die Erwachsenen sie auch entsprechend.
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